MDK-Prüfungen werden neu geregelt

(c) Scott Maxwell FotoliaDie Politik hat jetzt die Nase voll: Die ewigen Streitereien zwischen Krankenhäusern und Kassen sollen endlich aufhören. Und es wird das Misserfolgsrezept der Vergangenheit wiederholt: Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sollen Klarheit schaffen über den Umgang mit §275 SGB V (MDK-Prüfungen).

Es steht zu befürchten, dass dieser Arbeitsauftrag zu keinem Ergebnis führen wird. Zumindest haben diese Parteien in der Vergangenheit kein Ruhmesblatt geschrieben, wenn es um die Klärung von Zweideutigkeiten in den Deutschen Kodierrichtlinien oder bei der Verfassung von Fallpauschalenvereinbarungen ging.

KHEntgG und KHG sollen geändert werden

Im Entwurf für das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung wird ein Änderungsparagraph aufgenommen, der Folgendes  ins Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) aufnehmen lassen will: [quote style=”boxed”][typography font=”Arial” size=”12″]Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft regeln das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. [/typography][/quote]Es werden folgende Punkte in die Agenda der Selbstverwaltung geschrieben:

  • Vereinbarungen über den Zeitpunkt der Vorlage von “zahlungsbegründenden” Behandlungsunterlagen.
  • Umgang mit Abrechnungsproblemen vor Einschaltung des MDK.
  • Regelung, wann der MDK einzuschalten ist.
  • Vereinbarungen über die Prüfungsbeschleunigung / Dauer der Prüfung
  • Regelungen für Begehungslösungen.
  • Abwicklung von Rückforderungen, Zulässigkeit von Aufrechnungen.

Im gleichen Atemzug soll das tot geborene Kind der  Stichprobenprüfungen aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) gestrichen werden.

Schlichtungs- und Schiedsverfahren

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Die Vertragsparteien sollen für eine Einigung über die Punkte Zeit bis zum Ende des Jahres 2013 bekommen. Sollte eine Einigung nicht möglich sein, wird die Bundesschiedsstelle den Knoten (verbindlich) durchhacken. Außerdem soll ein lang gehegter Wunsch der DGfM in Erfüllung gehen: Ein paritätischer Schlichtungsausschuss, der grundsätzliche Kodierfragen beantwortet.

Schlichtungsausschuss auf Bundesebene

Die Schlichtungsstelle soll Kodierempfehlungen aussprechen, die die Selbstverwaltung in Kodierrichtlinien und Abrechnungsbestimmungen berücksichtigen muss. Angerufen wird sie von den Krankenhausgesellschaften und Kassen auf Landesebene.

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Sekundäre Fehlbelegung

Die ehrgeizigste und spannendste Änderung gibt es für die Verweildauerprüfung “oGvd” (sekundäre Fehlbelegung): An Stelle der geübten Praxis “Beweisen Sie, dass die letzte Übernachtung zwingend in einem Krankenhaus erfolgen musste, sonst haben Sie falsch abgerechnet” soll ein statistisches Verfahren treten. Wenn ein Krankenhaus eine statistisch (auf § 21 – Daten aufsetzend) auffällig lange Verweildauer hat, sollen Sanktionen greifen. Wie das genau gehen soll, müssen die Vertragsparteien bis zum Ende des Jahres ausknobeln, sonst entscheidet die Bundesschiedsstelle. Der Ansatz ist aus Sicht des Verfassers interessant und könnte in der Tat eine beiderseits akzeptable Lösung für ein hemmungsloses Ausschlachten minimaler Dokumentationsschwächen ergeben. Sicherlich werden sich die Vertragsparteien hier mal wieder trefflich streiten.

MDS ist dagegen

Der Medizinische Dienst der Spitzenverbände hat sich zu den Plänen in einer Stellungnahme geäußert. Sie schiebt dunkle Wolken der Ablehnung vor sich her und lässt nichts Gutes ahnen, wenn tatsächlich eine Einigung verhandelt werden soll. Der MDK fürchtet eine Erschwerung der Abrechnungsprüfungen und argumentiert mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Im Einzelnen:

  • Das Gesetz sehe keine Strafzahlungen für Krankenhäuser vor. Ohne Anreiz, die Falschabrechnungen einzudämmen, ergebe eine Verfahrensregelung keinen Sinn.
  • Das Gesetz regle zu viel: Der Gesetzgeber solle nicht vorgeben, welche Punkte genau zu regeln seien.
  • Ein Schlichtungsausschuss bringe keinen Vorteil: Der MDS erwartet, dass ein Schlichtungsausschuss nicht zur Klärung von Kodierfragen beitragen können wird. Stattdessen setzt der MDS eher auf Sozialgerichtsverfahren.
  • Statistische Prüfungen statt MDK-Prüfungen im Einzelfall wird vom MDK kategorisch abgelehnt. Er fürchtet, dass der Referenzwert für die Verweildauer schon viele Fehlbelegungen enthält. “Bei nahezu allen Kliniken Deutschlands werden erhebliche Rechnungskorrekturen wegen sekundärer Fehlbelegung durchgesetzt.

Kommentar

Der Gesetzgeber greift ein Thema auf, das dringenden Handlungsbedarf aufweist. In nicht unerheblichem Maße hat die Sozialgerichtsbarkeit diesen Regelungsbedarf mitbegründet: Eindeutige Formulierungen im SGB V werden in den Entscheidungen des BSG scheinbar beliebig umgedeutet. Man denke dabei zum Beispiel an die Rechtsprechung über Aufwandspauschalen und über die vorstationären Behandlungen.

Das DRG-System hat viele Vorteile und schafft die Voraussetzungen für eine gerechte Steuerung der stationären Behandlungen. Es ist allerdings, insbesondere in der deutschen Variante, zu einem schwer verständlichen Ungetüm geworden, dessen Handhabung auf allen Ebenen Spezialisten erfordert. Kein Wunder, dass die Sozialgerichtsbarkeit mit den Fragestellungen im Detail überfordert ist. Nichtzuletzt, weil bestellte Sachverständige häufig einen medizinischen Sachverstand haben, jedoch mit Abrechnungsregeln nicht besonders qualifiziert umzugehen wissen.

Ein Schlichtungsausschuss, der mit der entsprechenden Fachkompetenz ausgestattet wird, ist die logische Antwort auf ein solches Dilemma. Auch wenn das paritätische Modell (Kassen und Krankenhäuser haben die gleiche Stimmenanzahl und der unabhängige Vorsitzende ist das Zünglein an der Waage) wohl eher Knoten durchhacken wird und weniger einvernehmliche Lösungen finden wird. Insgesamt kann man nur begrüßen, dass die Selbstverwaltung aufgerufen ist, eine Lösung herbeizuführen. Der MDS wirft sich in die Bresche und lehnt jede Initiative aus dem Gesetzesentwurf ab. Allzu offensichtlich versucht er  dabei eine Gemengelage, die für die Kostenträger durchaus vorteilhaft ist, zu schützen. Der Dauerstreit bietet den Kassen eben trotz Aufwandspauschalen deutliche finanzielle Vorteile.

Bleibt zu hoffen, dass die destruktive Verhandlungsweise, die zwischen Krankenhausgesellschaft und Spitzenverbänden schon Tradition zu haben scheint, in dieser Sache endlich überwunden werden kann. Weil die  Krankenhausausgaben schon lange gedeckelt sind, geht es nicht um “Sieg” in jedem Detail. Diejenigen, die sich tagtäglich über Krankenhausabrechnungen streiten müssen, sind nur selten mit an den Verhandlungstischen geladen. Aber sie haben einen dringenden Wunsch: Das größte Geschenk, das die Selbstverwaltung uns machen kann, ist eine einfache, glockenklare Regelung, an die sich alle halten. Einfachheit geht hier über Vorteile für das eine oder andere Lager.

Remco Salomé



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