Respiratorische Insuffizienz

Respiratorische Insuffizienz (J96.-) ist eine Nebendiagnose, die in der Regel deutliche Erlösrelevanz hat. Da der Begriff nicht besonders eindeutig definiert ist, gibt es hier genug Anlass für Meinungsverschiedenheiten mit dem MDK. Hier ein neues Kapitel aus dem Handbuch Fallprüfungen im Krankenhaus.Respiratorische Insuffizienz © blauviolette-Fotolia

Setzt respiratorische Insuffizienz eine arterielle BGA voraus?

Häufig wird eine BGA (arteriell oder kapillar) verlangt, um die J96 kodieren zu dürfen. Diese Forderung kommt nicht etwa aus den amtlichen Katalogen oder aus den Kodierrichtlinien. Sie wurde vom MDK (SEG 4) bedacht. In der Kodierempfehlung 37 um genau zu sein (siehe KDE 37 bei der DGfM). Der MDK definiert: Luftnot ohne Veränderung der Blutgase sei keine respiratorische Insuffizienz.

Die DGfM setzt dem ihre eigene Meinung gegenüber: Eine pathologische BGA sei nicht Bedingung für die Kodierung der respiratorischen Insuffizienz. Die Kodierung hänge vielmehr davon ab, ob klinische Zeichen eines gestörten Gasaustausches vorliegen. Diese können, müssen aber nicht, durch eine BGA nachgewiesen werden.

In der Regel werden Sie also bei der MDK-Prüfung Probleme bekommen, wenn Sie keine BGA vorlegen können. Manchmal haben Sie aber dennoch gute Gründe, eine respiratorische Insuffizienz anzunehmen (Zyanose, Tachy- Dyspnoe, stark pathologische Werte der Sauerstofffsättigung in der Pulsoxymetrie). Dann können Sie sich bei einem Gerichtsverfahren durchaus trotzdem Hoffnung machen. Eine BGA sollte arteriell oder kapillar darf und niemals venös sein.

Ist respiratorische Insuffizienz mit Lungenversagen gleichzusetzen?

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Manchmal wird eine recht dramatische Definition für die Verschlüsselung der J96 verlangt: Der Prüfer setzt die respiratorische Insuffizienz mit einem akuten Lungenversagen gleich. Das wird begründet mit dem alphabetischen Verzeichnis der ICD 10, in dem es einen Eintrag gibt: Versagen – Lunge: J96.99. Allerdings sind die Eintragungen im alphabetischen Verzeichnis immer dem systematischen Verzeichnis untergeordnet und sie unterstützen die Verschlüsselung nach dem systematischen Verzeichnis lediglich (DKR D014).

Insgesamt gibt es im alphabetischen ICD-Verzeichnis ca. 30 Verweise auf die J96. Unter anderem unter Dyspnoe – respiratorisch, unter Ateminsuffizienz und Postnarkotisch – Ateminsuffizienz. In der genannten Logik könnte man hier genau so gut schließen, dass die J96 immer einen Zustand nach einer Narkose voraussetzt. Das wäre genau so unsinnig, wie die Forderung, dass ein Lungenversagen vorliegen muss.

Das heißt auch, dass die Kodierung der J96 keine dramatische diagnostische oder therapeutische Handlungen voraussetzt. Es muss nicht intubiert und beatmet werden, noch nicht mal eine Verlegung auf die Intensivstation muss erfolgen. Es reicht, wenn Sauerstoff insuffliert wurde. Die Überwachung mit einem Pulsoxymeter macht die Diagnose natürlich plausibler; verlangt wird auch das aber grundsätzlich nicht.

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Welche Kriterien gelten für Kinder?

Die GKinD ist eine sehr aktive Fachgesellschaft, die schon früh einen Kodierleitfaden herausgegeben hat. Solche Leitfäden sind natürlich nicht bindend. Allerdings ist es schwer, sich als Krankenhaus gegen die Empfehlungen der GKinD zu stellen. Genau so schwer, wie es für einen MDK-Gutachter ist, sich gegen die SEG-4 zu stellen. GKinD verknüpft die respiratorische Insuffizienz mit Sauerstoffgabe.[quote]Patienten, die aufgrund ihrer pulmonalen Erkrankung eine akute respiratorische Insuffizienz erleiden und somit einer Sauerstofftherapie bedürfen, fallen in diese Kategorie (gabe von Sauerstoff, erhöhter Überwachungsbedarf durch Pulsoxymetrie, Kontroller der kapillären Blutgasanalyse in Intervallen).[/quote]

Um die Kodierung der J96 etwas zu bremsen (interessanterweise sind Fachgesellschaften häufig damit beschäftigt, Kodierung zu verhindern ;-) ), hat die GKind die folgende Regel aufgestellt: Die J96.- soll kodiert werden dürfen, wenn ein kontinuierlicher Sauerstoffbedarf für mindestens 4 Stunden bestanden hat, um die transkutan gemessene Sauerstoffsättigung über 92% zu halten. Wie gesagt: Nicht bindend aber dennoch ein Pflock der eingeschlagen ist.

Kann respiratorische Insuffizienz auch Hauptdiagnose sein?

Das letzte Problem, das manchmal auftritt, ist die Frage, ob die J96.- hauptdiagnosenfähig ist. In der Regel ist die respiratorische Insuffizienz das Symptom einer klar diagnostizierten Krankheit und wird daher als Nebendiagnose kodiert. Es kann aber auch anders kommen: Wenn eine Abteilung Pulmonologie einen lange beatmeten Patienten uim Weaning übernimmt, kann es durchaus sein, dass sich keine eindeutig ursächliche Diagnose (mehr) stellen lässt: „Erschöpfung der Atempumpe“ eben. In solchen Fällen kann die J96.- auch als Hauptdiagnose eingesetzt werden.

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