Gastbeitrag: Krieg beim BSG?
In unserer Reihe Nachlese zum 13. DRG-Forums präsentieren wir heute eine Zusammenfassung des Workshops „Abrechnungen vor Gericht“ von Dagmar Frank-Schmidt: Krieg beim BSG?
Einführungsvortrag (Prof. Dr. Steffen Gramminger)
Zunächst greift Prof. Gramminger in seinem Einführungsvortrag den Workshop-Titel des Vorjahres an gleicher Stelle auf: „Neue Wege braucht das Land“. Er beleuchtet die im Laufe des Jahres erfolgten Neuregelungen bzw. Aufträge des Gesetzgebers, die im Rahmen der Neufassung des §17c KHG festgelegt wurden. Während sein Fazit im letzten Jahr lautete: „Nur der Gesetzgeber kann helfen“ so formuliert er es in 2014 sinngemäß so: „Die geplanten Regelungen sind zum Teil zu begrüßen zum Teil aber auch entschieden ab zu lehnen“.
So begrüßt er z.B. die Inhalte der Absätze 2 + 3 (Regelung des Prüfverfahrens durch die Spitzenverbände und Schaffen eines Schlichtungsausschusses auf Bundesebene), lehnt aber das Einführen von Schlichtungsausschüssen auf Landesebene nach Abs.4 kategorisch ab. Dem Modell zur Auffälligkeitsprüfung mittels §21-Datensatz (Abs.4a) steht er abwartend gegenüber, hält aber insgesamt die formulierten Rahmenbedingungen in Abs. 4b zur Umsetzung der Absätze 2-4 für genauso praxisuntauglich wie den Abs.4 selbst. Sie stellen für ihn keine Verschlankung der Prozesse dar, sondern führen zu einem weiteren administrativen Mehraufwand. Sie lieferten keine verbindlichen Ergebnisse und riefen eine noch größere Verunsicherung hervor.
Insgesamt sei jedoch eine Abrechnungsprüfung durch eine unparteiische Instanz wie den Bundesschlichtungsausschuss unbedingt zu begrüßen.
Vortrag Dr. Ulrich Hambüchen
Der Hauptreferent Dr. Hambüchen, seines Zeichens (noch) vorsitzender Richter des 3. Senats des BSG, gab seinem Vortrag nicht nur den Untertitel „Look behind the scenes“ sondern gewährte eben diesen auch in unerwartet offener Art und Weise.
Er beschrieb nicht nur die Schwierigkeiten auch der Bundesrichter mit den häufig unpräzisen und schwammigen Formulierungen in den Gesetzestexten, sondern zeigte auch die großen Diskrepanzen in den Sichtweisen und Entscheidungskriterien des 1. + 3. Senates auf.
Neben deutlicher Kritik am Gesetzgeber, dem in seinen Augen zu großen Einfluss der Lobbyisten und der juristisch kritisch zu sehenden Delegation des Bundes von Aufgaben an das InEK (als privatrechtliche GmbH nicht justistiabel) und den BGA (Überlassung von Entscheidungen im Sinne einer Rechtsgebungsbefugnis), überraschte er auch mit seiner genauso deutlichen Maßregelung des MDK, den er weder für unabhängig, noch für unparteiisch hält.
Am erstaunlichsten aber waren Hambüchens Einlassungen vor allem im Rahmen der abschließenden Diskussionsrunde zur Arbeitsweise des 1. Senates, dessen ausschließliche Orientierung am Wirtschaftlichkeitsgebot und mangelnde Berücksichtigung der Entscheidungen des 3. Senates er deutlich kritisierte. Sogar offen empört zeigte er sich über dessen aktuelle vorgreifende Einmischung in die Urteilsfindung seines 3. Senates.
Zurück blieben die Teilnehmer mit der deutlichen Wahrnehmung: zwischen den beiden Senaten herrscht Krieg! Das Ausscheiden Hambüchens im kommenden Mai dürfte für die Krankenhäuser nichts Gutes von Seiten des BSG erwarten lassen. Und die große Verunsicherung im Umgang mit der Rechtsprechung wächst weiter.
Foto: © aerogondo – Fotolia.com
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