Abrechnungsprüfungen im Krankenhaus

In unserer Reihe Nachlese zum 13. DRG-Forum präsentieren wir heute einen weiteren Beitrag: Eine Zusammenfassung des Workshops „Abrechnungsprüfungen im Krankenhaus“.

Drei sehr unterschiedliche Perspektiven

Der Workshop stand unter der Leitung der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling; er wurde  von ihrem Stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, Herr Dr. von Schroeders moderiert. Die Redner beleuchteten die Thematik von sehr unterschiedlichen Standpunkten aus:

  • Herr Thieme (Ltr. Medizinische Prozesse – Sana Kliniken Landkreis Biberach und Administrator von Medinfoweb) präsentierte eine statistische Auswertung der Ergebnisse der Umfragen von Medinfoweb zum Thema „Abrechnungsprüfungen im Krankenhaus“.
  • Herr Mohr (Rechtsanwalt und Geschäftsführer Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz) stellte die rechtliche Situation im Zusammenhang mit den verschiedenen Schlichtungsausschüssen ausführlich dar.
  • Herr Wolff (Referatsleiter Krankenhausvergütung des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherungen) wiederum legte die Vorstellungen der Spitzenverbände dar. Er sprach dabei im Wesentlichen von den Regelungen zu den Einzelfallprüfungen und zu den Schlichtungsausschüssen.

Diese Herangehensweisen, die unterschiedlicher kaum sein konnten, führten dazu, dass eine wirklich inhaltliche Diskussion nicht zu Stande kam. Jeder der Vortragenden war auf seine Art interessant, aber ohne Pepp. Es hätte der DGfM gut zu Gesicht gestanden, wenn DKG und GKV mal live die Degen gekreuzt hätten!

Abrechnungsprüfungen im Krankenhaus: Schlichtungsausschüsse

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Sowohl Herr Mohr (Krankenhausgesellschaftssicht) als Herr Wolff (Kassensicht) referierten über die Schlichtungsausschüsse. Beide waren sich in dieser Sache einig, wie sonst selten oder nie. Vereinfacht dargestellt:

  • Bundesschlichtungsausschuss = super!
  • Landesschlichtungsausschüsse = doof!

Diese Einsicht erntete begeisterten Applaus beim Auditorium, das überwiegend aus Krankenhausvertreter zu bestehen schien.

Bundesschlichtungsausschuss

Der Bundesschlichtungsausschuss, der mittlerweile die Arbeit tatsächlich aufnehmen soll, wird von beiden Parteien als gute Lösung gesehen. Der  Grund dafür ist zweierlei (wenn man zwischen den Zeilen liest):

  1. Er ist eine Lösung für die vielen Fälle, in denen sich die Selbstverwaltungspartner bis heute wie die Kesselflicker streiten, ohne jemals eine konstruktive Lösung zu erreichen.
  2. Er tut das, ohne den Einfluss der Selbstverwaltung zu beschneiden.

Die Referenten haben das natürlich deutlich eleganter und verklausulierter dargestellt. Zum Beispiel erklärt Herr Wolff, welche Fragen der Ausschuss bearbeiten soll: „Eine Lösung der Thematik konnte innerhalb des nächsten erreichbaren Anpassungszyklus (DRG-System, Klassifikationen) nicht erreicht werden und seit erstmaliger Erörterung in den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene sind mindestens sechs Monate vergangen.“

Also wird nach mindestens sechs Monaten Streiterei der Weg zur Schlichtung frei. Da sich im Schlichtungsausschuss die Mitglieder für Kassen- und Krankenhausseite zahlenmäßig die Waage halten sollen, entscheidet am Ende fast immer der unabhängige Vorsitzende als „Zünglein an der Waage“. Das ist eine kleine Verbesserung der jetzigen Situation, in der scheinbar niemand entscheidet.

Es sind aber die MDK-Gutachter und Medizincontroller, die den Regelungsunwillen der Selbstverwaltung ausbaden müssen. Keiner der Selbstverwaltungspartner hat für diese aufgezwungene „Lösung“ Lob verdient! Wenn jemand Lob verdient hat, dann das BMG unter Daniel Bahr.

Landesschlichtungsausschuss

Dieses Thema bekommt von beiden Referenten sehr viel weniger Aufmerksamkeit. Herr Wolff hat nur eine Aussage: Fehlentwicklung. Herr Mohr beschreibt die rechtlichen Probleme und die Tatsache, dass es noch keine Ausschüsse gibt.

Wenn man auch hier zwischen den Zeilen liest, hat die Selbstverwaltung einfach kein Interesse an den Schlichtungsausschüssen auf Landesebene. Sie machen viel Arbeit, schaffen unverbindliche Ergebnisse und die Finanzierung ist nicht geklärt. Unsere Prognose: es wird niemals einen solchen Ausschuss geben.

Für den geneigten Leser interessant: Herr Mohr listet auf, in welchen Fällen mit einem Streitwert bis 2.000 € der Schlichtungsausschuss nicht angerufen werden muss. Nämlich in allen Fällen, in denen der Streit nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer MDK-Prüfung gemäß den §§ 275 ff. SGB V steht. Das sind zum Beispiel:

  • Interpretation des Versorgungsauftrags.
  • Strukturvoraussetzungen bei Komplexbehandlungen.
  • Mögliche Verstöße gegen Qualitätsvorgaben.
  • Off-Lable Behandlungen.
  • Psychiatrie (PIA).
  • Aufwandspauschalen.
  • Ambulante Entgelte.

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Änderungen des MDK-Prüfverfahrens

Bekanntlich hat die Selbstverwaltung auch den Auftrag bekommen, das MDK-Verfahren auszugestalten. Beispielsweise sollen Regelungen über Prüfungsdauer, Prüfungsort und Abwicklung von Rückforderungen getroffen werden.

An diesem Punkt, soviel wird klar, sind wir wieder mal beim üblichen Fingerhäkeln der Selbstverwaltungspartner angelangt. Keine Lösungen in Sicht. Wie immer wird der Streit auf dem Rücken der „Frontkämpfer“ von Krankenhäusern und MDK ausgetragen.

Während sich Herr Mohr mit nur 2 Folien vornehm zurück hält, widmet Herr Wolff mehr als die Hälfte seines Vortrags diesem Thema. Er schildert, was die Krankenkassen gerne hätten. Ein einseitiges Bild fürwahr, das für die Leistungserbringer nur Nachteile bringt. Ein kleiner Griff in das Kabinett des Grauens:

  • „Symmetrische“ Aufwandspauschalen.
  • Zusätzlich Strafzahlungen der Krankenhäuser (150 % der Rückforderungssumme).
  • Von vorne herein Teilzahlungen („unstrittige Summe“) der Kassen.

Von einem „fairen“ Verhandlungsansatz keine Spur. Im Gegenteil: Die Forderungen werden mit einem Drohszenario verknüpft. Wenn die Krankenhausseite sich nicht kooperativ zeigt, wird die Verleumdungskampagne in der Presse mit dem Ziel eines Imageschadens der Krankenhäuser weiter fortgesetzt. „Die GKV wird die Entscheidung suchen, so oder so.“

Prüfverhalten der Kassen

Last, but not least möchten wir vom ersten  Vortrag berichten.  Herr Thieme sollte die Thematik durch eine statistische Darlegung des Prüfverhaltens und d essen Ergebnisse einleiten. Er berichtete über nunmehr sieben Jahre Umfragen (Medinfoweb / myDRG).  Diese Informationsquelle ist in seiner Art einzigartig und die Gemeinschaft der Krankenhäuser schuldet den Autoren dafür Dank. Herr Thieme stellt dar, dass die Informationsgewinnung nicht einfach sei: Die Krankenhäuser liefern ihre Daten nur sehr zögerlich. Zu Unrecht!

Die MDK-Prüfquote hat sich bundesweit in diesen Jahren nicht dramatisch bewegt. Sie liegt nach wie vor zwischen 10% und 15%. Bemerkenswert ist eine unerwartet große Prüfungshäufigkeit ohne MDK-Beteiligung, also Besprechungen  mit den Kassen. Hierdurch wird für 2013 eine Prüfhäufigkeit von insgesamt 21% errechnet!

Die Prüfungen enden in ca. 60% der Fälle ohne Erlösminderung und deshalb mit Anspruch auf eine Aufwandspauschale. Dieses Ergebnis ändert sich ebenfalls nicht dramatisch über die Jahre. Der Erlösverlust pro Prüffall jedoch steigt an: von 390 € (2007) auf 500 € (2013).

Der Anteil MDK-Prüfungen vor Ort (Begehung oder Visitation) beträgt relativ stabil etwas mehr als ein Drittel der Prüfungen. Der Aufwand, den Krankenhäuser für MDK-Prüfungen betreiben müssen, steigt jedoch scheinbar an: von 42 (2008) auf 66 (2013) Personalminuten pro Fall. Allerdings ist dieser Effekt wahrscheinlich eher einer Verbesserung der Zeiterfassung geschuldet und nicht einer tatsächlichen Zunahme des Aufwands.

Sämtliche Ergebnisse sind auch in den Veröffentlichungen von Medinfoweb nachzulesen.

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