Bald kein Geld mehr von ausländischen Patienten?

c michaklootwijk Fotolia Rumänische FahneGenerell ist es deutschen Krankenhäusern innerhalb der EU erlaubt, ausländische Patienten (EU-Bürger) zu behandeln. Die Kosten übernehmen dann die ausländischen Krankenkassen. Dazu sind diese durch Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (EuGH) verpflichtet, sofern die Leistung nicht im eigenen Land ausreichend schnell angeboten werden kann.

Dieses Geschäftsmodell (“Hüften für die Holländer”) ist für einige Krankenhäuser Deutschlands eine wichtige Einkommensquelle und dazu noch unbudgetiert. In den letzten Jahren kommen die Auslandspatienten aber zunehmend aus EU-Ländern, mit einer schwachen Infrastruktur und das macht Probleme: Diese Länder halten die betreffenden Gesundheitsleistungen nicht vor, weil das wirtschaftlich (noch) nicht tragbar wäre. Das ist grundlegend anders als z. B. in den Niederlanden, wo es um Engpässe (Wartelisten) in der Behandlung geht.

Die Gesundheitssysteme in den wirtschaftlich schwächeren EU-Ländern jedoch, werden durch die vergleichsweise hohen Behandlungskosten im Ausland überfordert. Die dortige Krankenversicherung alimentiert ausländische Krankenhäuser und dadurch fehlen Mittel, mit denen dringend erforderliche Verbesserungen der Gesundheitsfürsorge im Inland bezahlt werden sollen.

Klage aus Rumänien

Eine Patientin war bereits 2007 erfolglos an den Kranzgefäßen operiert worden. 2009 wurde ihr in einer Herzklinik in Temeswar (Rumänien) eine weitere Operation (Mitralklappenersatz und zwei Koronarstents) geraten.

Die Patientin traute das der Klinik nicht zu: Es fehlte dort schon an Basisausstattung wie Analgetika, Desinfektionsmittel und sterilen Verbänden. Das Haus platzte aus den Nähten: Pro Krankenhausbett gab es drei stationäre Patienten. Eine Behandlung im Ausland lehnte die Krankenkasse (Casa Naţională de Asigurări de Sănătate) aber ab.

Die Patientin ließ die Operation trotzdem in Deutschland durchführen und verlangt nun von ihrer Kasse die Erstattung der Behandlungskosten in Höhe von 17.715 Euro. Das rumänische Gericht in Sibiu (Siebenbürgen) legte den Streit dem EuGH vor.

 Sicht des Generalanwalts

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Der europäische Generalanwalt Cruz Villalón hat am 19. Juni seine Schlussanträge in der Rechtssache C-268/13 gestellt. Seine Sicht der Dinge könnte eine Wende in der beschriebenen Vergütungspraxis für ausländische Patienten bedeuten. Er formuliert eine Einschränkung, der die Mitgliedsländer vor einem gefährlichen Aderlass der Krankenkassen schützen soll.

Ein Mitgliedstaat soll nicht verpflichtet sein, die Erbringung einer ärztlichen Leistung in einem anderen Staat zu genehmigen, wenn durch eine solche Genehmigung das Funktionieren des eigenen Leistungssystems in Frage gestellt wird.

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Auswirkungen

Die Chance, dass die Sicht des unparteiischen Generalanwalts das letztendliche Urteil vorwegnimmt, ist groß: Ca. 75% der Anträge der Generalanwälte werden erfahrungsgemäß vom Gericht übernommen.

Dadurch werden ausländische Patienten, insbesondere solche aus den schwächeren Mitgliedsstaaten der EU, zu echten Selbstzahlern. Sie können kaum darauf hoffen, Arztrechnungen aus dem teuren Ausland zu Hause einzuklagen. Krankenhäuser werden in einer solchen Lage von den Patienten in Zukunft wahrscheinlich eine Vorauszahlung fordern.

Die Kehrseite dieser wichtigen Schutzmaßnahme ist natürlich die Klassenmedizin, die durch ein solches Urteil zementiert würde. In dem beschriebenen Krankenhaus möchte ich mich persönlich auch nicht am Herzen operieren lassen. Rumänen, die sich nicht “mal eben” schlappe 20.000 € aus der eigenen Tasche leisten können, haben da keine andere Möglichkeit. Bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen (netto) von weniger als 400 €, dürfte das die allermeisten Rumänen betreffen.

Aber die “Hüften für die Holländer”, zumindest das wird weiter funktionieren. Und wird, zusammen mit den “reichen Russen” und den “Scheichs”, wohl reichen müssen: Wir wollen nicht auf Kosten der Ärmeren leben, oder wie sehen Sie das?
Foto: © michaklootwijk – Fotolia

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