Aufwandspauschale bei Entbindungen – Es ist amtlich

Aufwandspauschale bei EntbindungenSeit Jahren streiten sich Krankenhäuser und Krankenkassen über die Aufwandspauschale bei Entbindungen: Die 300 Euro sollten bei Fallprüfungen, die Entbindungen betreffen, vielleicht nicht bezahlt werden.

Da die “Entbindungsanstaltspflege” in der Reichsversicherungsordnung (RVO) und nicht im Sozialgesetz (hier: SGB V) geregelt ist, gab es die folgenden Fragen:

  1. Hat ein Krankenhaus Recht auf die Aufwandspauschale, die im SGB V beschrieben ist?
  2. Wenn nicht, darf dann der MDK überhaupt solche Fälle nach SGB V prüfen (MDK-Verfahren)?
  3. Ist das eine oder andere vielleicht von Krankheit der Mutter abhängig?

Das LSG Schleswig-Holstein (L 5 KR 34/11) sah keine Zahlungspflicht für die Aufwandspauschalen, äußerte sich aber nicht über das Prüfverfahren: MDK ja, oder nein? Das SG Darmstadt (S 10 KR 763/10) gab jedoch dem Krankenhaus Recht und ließ die Sprungrevision zu. Wir haben natürlich auch schon darüber berichtet. Das Bundessozialgericht (B 3 KR 10/13 R) hat jetzt ihre Urteilsbegründung im letzten Fall abgegeben. Es ist ein Urteil, das die Kassenposition stärkt.

Argument des Sozialgerichtes

Das Sozialgericht Darmstadt argumentierte, dass die RVO keine Definition von Krankenhausbehandlung (wie etwa § 39 SGB V) liefert. Deswegen sei die stationäre Behandlung gemäß RVO eigentlich auch eine Behandlung gemäß § 39 SGB V. Damit seien die Rechte und Pflichten der MDK-Prüfung (§§ 275 ff SGB V) hier auch anzuwenden. Die Kasse verweist auf den eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung.

Argumentation des dritten Senats

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Das Bundessozialgericht sieht die Sache eindeutig im Sinne der Kassen geregelt. Eine Aufwandspauschale bei Entbindungen gibt es nicht. Die Begründung bezieht sich auf den genauen Wortlaut von § 275 SGB V.  Im Einzelnen:

  1. Sechs-Wochen-Frist und Aufwandspauschale (§ 275 Abs. 1c SGB V) sind ausdrücklich mit Behandlungsfällen nach  § 39 SGB V verknüpft. Entbindungen gehören eindeutig nicht dazu.
  2. Dennoch hat der MDK ein Prüfrecht in solchen Fällen: Die Beschreibung der Fallprüfungen selbst (§ 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) erwähnt § 39 eben nicht. Dort steht, dass die Kasse zur Prüfung verpflichtet ist “bei Erbringung von Leistungen“, die auffällig sind.
  3. Weil Schwangerschaft und Entbindung keine “Krankheit” i. S. des Sozialgesetzes sind, ist eine Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) nicht vorgesehen. Stattdessen heißt es dann “Entbindungsanstaltspflege” (RVO). Das gilt auch, wenn Krankheit durchaus eine Rolle spielt, etwa nach Kaiserschnitt oder bei mütterlichen Komplikationen von Schwangerschaft oder Entbindung.

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Fazit

Im Jahr 2007 wurde die RVO angepasst: Die Kassen waren dazu übergegangen, die Kostenübernahme für gesunde Säuglinge ab dem 7. Behandlungstag abzulehnen (Stichwort: “Begleitperson”). Das wurde mit einer Fristsetzung im RVO begründet: Wenn die Krankheit der Mutter (etwa nach Kaiserschnitt) einen längeren Verbleib im Krankenhaus begründete, sollte für das Baby nicht mehr bezahlt werden.

Das hat der Gesetzgeber entschärft, indem die genannte Frist von sechs Tagen aus der RVO verschwand. Damit sieht das Gericht jetzt gleichzeitig bestätigt, dass auch längere (=krankheitsbedingte) Aufenthalte im Zusammenhang mit einer Entbindung strikt nach RVO behandelt werden. Ohne Aufwandspauschale also.

Das bedeutet, dass Krankenhäuser nunmehr MDK-Prüfungen bei Entbindungsfällen hinnehmen müssen und gleichzeitig eine Zahlungsverweigerung, wenn es um Aufwandspauschalen geht, zu akzeptieren ist.

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Foto: © Anyka – Fotolia

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