Was ist eine angeborene Infektion?

Angeborene InfektionEin Thema für Häuser mit einer pädiatrisch / neonatologischen Abteilung: Was genau ist eine angeborene Infektion? Regelmäßig haben wir Meinungsverschiedenheiten mit der Kostenträgerseite über diese Frage. (Sind Sie in Eile? Hier geht es zum Fazit dieses Artikels)

Warum ist das wichtig?

Es ist mal wieder ganz einfach: Es geht um Geld. Eine (unspezifische) Infektion, die in der Perinatalphase auftaucht, kann kodiert werden mit:

  • P39.9 Infektion, die für die Perinatalperiode spezifisch ist, nicht näher bezeichnet (nicht erlösrelevant) oder
  • P37.9 Angeborene infektiöse oder parasitäre Krankheit, nicht näher bezeichnet (stark erlösrelevant)

Wie der MDK das sieht

Diese etwas vage Materie wird vom MDK in typischer Weise angegangen: Wenn ich es nicht verstehe, muss das Krankenhaus es mir ‘plausibel dokumentieren’. In den Gutachten steht häufig, dass eine angeborene Infektion “nicht nachgewiesen” sei. Wie genau eine Infektion als “angeboren” zu beweisen ist, bleibt offen: Der schwarze Peter liegt bei der Klinik. Übrigens: Eine Kodierempfehlung der SEG 4 des MDK, oder eine Stellungnahme der FoKA der DGfM liegen bis dato nicht vor.

Wie es die ICD beschreibt

Die Kodegruppe, zu der sowohl die P39 als auch die P37 gehören, trägt den Titel: “Infektionen, die für die Perinatalperiode spezifisch sind” (Bild).

Angeborene Infektion

Aus der ICD 2014 online Version – Quelle: www.dimdi.de

Der Schlüssel P37 beschreibt dabei die Sonstige angeborene infektiöse und parasitäre Krankheiten. P39 beschreibt Sonstige Infektionen, die für die Perinatalperiode spezifisch sind (Resteklasse).

Die ICD beschreibt nicht, was genau “angeborene Infektion” bedeuten soll. Vieles bleibt offen, nur zwei wichtige Dinge werden klar:

  1. Beide Kodes können Infektionen beschreiben, die vor oder während der Geburt erworben wurden.
  2. P39 (nicht erlösrelevant) kommt nur zum Tragen, wo die P37 nicht kodiert werden kann / darf.

Was die Kodierrichtlinien sagen

Nur soviel:

Die Perinatalperiode beginnt mit Vollendung der 22. Schwangerschaftswoche (154 Tage; die Zeit, in der das Geburtsgewicht normalerweise 500 g beträgt) und endet mit der Vollendung des 7. Tages nach der Geburt.

Was ist eine angeborene Infektion?

Die ganze Problematik lässt sich auf eine einzige Frage reduzieren: Wann darf eine Infektion als vor oder während der Geburt erworben, betrachtet werden? Dann nämlich ist die Infektion “angeboren” und mit P37 zu kodieren. Andere, nicht angeborene, Infektionen die in der Perinatalperiode entstanden sind können dann z. B. mit P39 kodiert werden.

Die Wissenschaft sieht eine Infektion als “angeborene Infektion” oder “early onset” an, wenn sie sich innerhalb von 72 Stunden nach der Geburt offenbart. Bei einer so kurzen Frist ist von einer Keimübertragung vor oder während der Geburt auszugehen.  Siehe dazu als Beispiel das Supplement zum Epidemiologischen Bulletin Nr. 42 vom Robert-Koch-Institut. Die entsprechende Stelle finden Sie in Abschnitt 7.1 (Seite 13).

Fazit


Wir gehen davon aus, dass die folgenden Entscheidungsregeln eine nachvollziehbar korrekte Kodierung ergeben:

  1. Wenn eine Infektion vorliegt, die sich innerhalb von 72 Stunden nach der Entbindung durch erhöhte Infektionsparameter im Blut, durch Fieber, Keimnachweis oder anderen Symptome offenbart hat, dann handelt es sich definitionsgemäß um eine angeborene Infektion. Diese wird verschlüsselt durch P37.- Sonstige angeborene infektiöse und parasitäre Krankheiten. Wenn ein genauer Infektionsherd nicht festgestellt wird (was häufig der Fall ist), wird P37.9 Angeborene infektiöse oder parasitäre Krankheit, nicht näher bezeichnet kodiert.
  2. Zeigen sich Zeichen einer Infektion später als 72 Stunden aber vor dem 8. Tag nach der Geburt, dann handelt es sich um eine perinatale Infektion, die nicht angeboren ist. Kodiert wird dann P39.- Sonstige Infektionen, die für die Perinatalperiode spezifisch sind.
  3. Noch später auftretende Infektionen werden nicht mit einem Kode aus dem Kapitel XVI ICD-10 (“P-Kodes”) verschlüsselt.

 

Foto: © Dron – Fotolia

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