Widerspruchsfrist der Kasse ist unwirksam

Widerspruchsfristen unwirksamEigentlich war uns das schon lange klar, aber das BSG hat es nun bestätigt (B 1 KR 47/12 R vom 01.07.2014): Eine von der Kasse gesetzte Widerspruchsfrist ist nicht wirksam.

Widerspruchsfrist: Der Fall

Ein hessisches Krankenhaus berechnete im Jahr 2008 eine geriatrische Komplexbehandlung mit einer Verweildauer von 26 Tagen. Der MDK hielt davon ganze 9 Tage für medizinisch notwendig und strich damit faktisch die Prozedur für die Komplexbehandlung (Mai 2009). Die Kasse, die AOK Hessen, setzte eine Widerspruchsfrist, die vom Krankenhaus ignoriert wurde.

Anschließend holte sich der Kostenträger 76% des Rechnungsbetrages durch Aufrechnung zurück. Erst nach knapp zwei Jahren, im Februar 2011, wehrte sich das Krankenhaus gegen die Erlösminderung.

Weil die Kasse meinte, der Anspruch sei verwirkt, kam es zum Prozess beim SG Darmstadt (S 8 KR 77/11). Da die AOK nach erneuter Prüfung der Behandlungsakte die Notwendigkeit der Behandlungsdauer bestätigte, wurde sie zur Zahlung verurteilt.

Sprungrevision

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Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob eine Widerspruchsfrist in dieser Form überhaupt zulässig sei, hat das Sozialgericht eine Sprungrevision beim BSG erlaubt. Das ist sinnvoll, wenn die Sachaufklärung eindeutig und nicht strittig ist, wie hier.

Das Bundessozialgericht ermittelt den Sachverhalt nämlich nicht, das ist Aufgabe der Vorinstanzen. Der erste Senat hat entschieden: dieses Mal bekommt das Krankenhaus Recht. Genau so hatte der Senat auch schon für die Kasse entschieden, als es um Rechnungsprüfung kurz vor der Verjährung ging (wir berichteten), also gilt dieses Prinzip in beide Richtungen. Auch Krankenhäuser dürfen sich mit einer Erwiderung Zeit lassen.

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Bedeutung für das neue Prüfverfahren ab 2015

Interessant dürfte in diesem Zusammenhang das MDK-verfahren ab dem 01.01.2015 sein. In der Vereinbarung ist nämlich zu lesen (§ 8): [quote style= “boxed” ] Die Mitteilungen nach Satz 1 und 2 haben innerhalb von 9 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Absatz 3 zu erfolgen.[/quote] Gemeint  ist hier, dass die Kasse das Ergebnis der MDK-Prüfung spätestens nach 9 Monaten mitteilen muss. Wohlgemerkt: Das ist eine Ausschlussfrist.

Die Kassen frohlocken und schreiben uns schon fröhliche Briefe: In Zukunft soll es kein Widerspruchsrecht mehr geben. Waffe fallen lassen und Hände hoch!

Das kann man so sehen, muss man aber nicht. Natürlich können wir dem armen MDK keine Verfahrensverschleppung vorwerfen, wenn es die Krankenhäuser sind, die ihre Post nicht flott beantworten. Das heißt, das Prüfergebnis muss zu Stande kommen, egal ob das Krankenhaus sich im Austausch mit dem MDK dynamisch verhält oder nicht.

Andererseits kann es nicht sein, dass Krankenhäuser das MDK-Ergebnis jetzt schicksalsergeben akzeptieren müssen. Selbstverständlich wird es Einwände geben und die Kassen sollten diese auch beherzigen. Sonst bliebe nur noch der Rechtsweg offen (der bleibt immer offen). Wie wir alle jedoch wissen, sind die Gerichte erstens überlastet und zweitens für die meisten Abrechnungsfragen nur bedingt kompetent.

Das genannte Urteil bestätigt, dass sich auch das höchste Sozialgericht mit Fristen schwer tut und das ist, in diesem Zusammenhang, auch gut so.

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