Blutungsanämie: Blut einkreuzen reicht nicht

BlutungsanämieDas Bundessozialgericht hat über die Kodierfähigkeit der ICD D62 Akute Blutungsanämie geurteilt. Auf den ersten Blick ein einleuchtendes Urteil (B 1 KR 41/14 R vom 17.11.2015). Wir schauen aber zweimal hin.

Blutungsanämie und “Aufwand”

Bei einem 84-jähriger Patient mit pAVK wurde eine Thrombendarteriektomie und Patch-Plastik am Oberschenkel vorgenommen. Routinemäßig wurden zwei Konserven eingekreuzt. Nach der OP kam es zu einer Nachblutung und Hämatomausräumung; es wurde eine Blutungsanämie festgestellt.

Eine Behandlung der Blutarmut wurde nicht veranlasst. Das Krankenhaus verschlüsselte D62 Akute Blutungsanämie und machte bei der Rechnungsprüfung die Bereitstellung von Blutkonserven als Aufwand gemäß Kodierrichtlinie D003 geltend.

Beim SG Fulda bekam das Krankenhaus Recht (S 4 KR 75/10). Das Hessische LSG kassierte dieses Urteil und gab der Kasse Recht (L 8 KR 370/11 ).

Blutungsanämie und das BSG

Selbständige Arbeit als Kodierfachkraft / MD-Managerin / Beraterin.

Klingt das für dich nach einer guten Idee?
Dann ist unser Partnerprogramm für dich gemacht!

Das Bundessozialgericht bestätigt die Sichtweise der Darmstädter Richter und damit hat die Klinik endgültig den Kürzeren gezogen:

Die bestehende Blutungsanämie bewirkte nämlich keinen weiteren therapeutischen Aufwand. Das präoperative Bereitstellen gekreuzter Blutkonserven genügt hierfür nicht. Es ist lediglich ein allgemeiner, hier therapeutisch nicht ausgenutzter Vorsorgeaufwand.

Spezielle Fragen zur Kodierung und im MD-Management ohne aufwendige Recherche beantworten?
Unser online Praxis-Handbuch!

Blutungsanämie und der FoKA/SEG 4

Die SEG 4 des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) und der FoKA der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling (DGfM) haben sich schon 2007 mit der Materie befasst: KDE 129. Die Kodierempfehlungen des MDK beschreiben immer einen konkreten Fall.

Vorliegend wurde eine akute Magenblutung angenommen; es wurden notfallmäßig 4 Konserven gekreuzt, aber nicht verabreicht. Der MDK sieht keine Kodierfähigkeit einer Anämie, wenn keine Transfusionen gegeben wurden und auch keine anderen Behandlungsmaßnahmen durchgeführt werden.

Der FoKA sieht das anders:

Im vorliegenden Fall entsteht ein diagnostischer Mehraufwand durch das notfallmäßige und nicht routinemäßige Kreuzen der Blutkonserven, dadurch ist die Definition der Nebendiagnosen gemäß DKR D003d erfüllt und D62 kann hier kodiert werden.

Der Fall, der vom BSG jetzt abgeurteilt wurde, betraf tatsächlich die Bereitstellung von Konserven als Routinemaßnahme. Der Fall, der hier durch die Instanzen geklagt wurde, war daher als Exempel vielleicht nicht ganz glücklich gewählt.

Es ist allerdings die Frage, ob die Sozialrichter den Unterschied zwischen Routine und Notfall auch so differenziert machen wollen, wie der FoKA es tut.

Blutungsanämie und MDK-Gutachter

Wir können davon ausgehen, dass eine gekreuzte Konserve in Zukunft keinen MDK-Gutachter mehr überzeugen wird. Allerdings ist die Gabe von Eisenpräparate wieder eine andere Geschichte. Das wird vom MDK regelmäßig als Aufwand i. S. der DKR anerkannt.

Allerdings nicht immer: Wir haben einen Gutachter erlebt, der die Gabe von Eisen nicht als Aufwand anerkennen wollte. Bei einer akuten Blutungsanämie liege kein Eisenmangel vor, so das Argument. Dass die Gabe von Eisen die Erschöpfung der Eisenreserven in Folge der verstärkten Blutbildung verhindern solle, ließ er nicht gelten. Das war aber eine Einzelmeinung und letztlich ließ sich diese Argumentation nicht halten.

Foto: © Gina Sanders – Fotolia

Online Schulungen Kodierung für Profis und Anfänger?
Schauen Sie sich unsere E-Learning-Angebote an!