Keine Behandlung für Dicke und Raucher

Dicke und Raucher sollen in England ohne Behandlung bleibenIn Großbritannien kämpft die öffentliche Gesundheitsfürsorge (NHS) mit massiven Geldsorgen. Die Ausgaben-Prognose für 2016 heißt, eine Überziehung des geplanten Budgets um knapp 3 Milliarden Euro – ein Rekord. Jetzt wird Einspar-potential gesucht und gefunden: Dicke und Raucher.

Gesundheitsrationierung in England

Das Steuer-finanzierte System bietet den Managern wenig Möglichkeiten, die Einnahmeseite aufzubessern. Ein Parkplatz für einen Krankenbesuch in England kostet schnell mal 5 € – was für Unmut in der Bevölkerung gesorgt hat – aber das reicht als Zubrot beilange nicht.

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Mehr Erfolg versprechen Initiativen, die Ausgaben zu senken. Seit einiger Zeit werden gewisse Leistungen für adipöse Patienten in Hertfordshire rationiert. In Merseyside gibt es sogar Überlegungen, aus finanziellen Gründen die elektiven Krankenhausaufnahme komplett zu verbieten. Manche Experten sehen (schon wieder) das Ende des britischen National Health System (NHS) kommen.

Bestrafung für Dicke und Raucher

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Ein Sturm der Entrüstung hat jetzt der Plan der Vale of York Clinical Commissioning Group (CCG) ausgelöst: Patienten mit einem BMI > 30 sollen von gewissen Behandlungen ausgeschlossen werden. Besonders Knie- und Hüftprothesen stehen auf der Verbotsliste, aber weitere Indikationen folgen. Diese Patienten müssen ein Jahr warten und in der Zwischenzeit mindestens 10 % ihres Körpergewichts abgenommen haben.

Für Raucher gilt eine Wartezeit von 6 Monaten vor jeglicher elektiven Chirurgie. Außerdem müssen sie das Rauchen einstellen (oder sich zumindest dazu bereit erklären). Als Rechtfertigung für diese Diskriminierung wird ins Feld geführt, dass Operationen für Dicke und Raucher überdurchschnittlich gefährlich seien. Offen bleibt, ob die erzwungene Wartezeit das Risikoprofil verbessert: Arthrotische Kniegelenke dürften für eine sportliche Betätigung nicht gerade förderlich sein.

Kritische Ärzte erkennen in den Maßnahmen keinen medizinischen Sinn und vergleichen sie mit Rassendiskriminierung. Mittlerweile wurden die Pläne unter dem Druck der öffentlichen Meinung zur weiteren Prüfung durch den NHS ausgesetzt.

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Probleme der britischen NHS

Der National Health Service ist eins der wenigen übrig gebliebenen rein staatlichen Gesundheitssysteme; diese werden nicht nur ausschließlich durch Steuern finanziert, sondern die Regierung ist auch Eigentümer der Krankenhäuser und Arbeitgeber der Ärzte. Wo eine Regierung eine derart monolithische Gesundheitsfürsorge betreibt, ist sie gezwungen, die Ausgaben zu priorisieren. Nirgends ist Rationierung von Gesundheitsleistungen ein so prominentes Thema, wie in Großbritannien. Seit Jahrzehnten hat die NHS mit systemimmanenten Problemen  und Skandalen zu kämpfen:

  • Fortschrittliche Krebs-Behandlungen, die von der NHS nicht bezahlt werden, wurden von Ärzten unter den Teppich gekehrt. Man wollte die Patienten nicht beunruhigen oder verwirren.
  • Wenn ein Patient als terminal (“close to death”) eingestuft wird, werden teuere lebenserhaltende Maßnahmen eingestellt. Es gab Warnungen, dass diese Entscheidung, die ohne den Angehörigen getroffen wird, zu großzügig getroffen wurden, um Geld zu sparen.
  • Die Regierung beschloss 2008, dass ein teures neues Medikament gegen Erblindung durch Maculadegeneration zugelassen wird. Die NHS gab eine Leitlinie heraus, die den Einsatz nur erlaubte, wenn der Patient bereits einseitig blind war. Mit einem Auge könne man doch noch prima sehen, so die Argumentation.
  • Es gibt eine offiziell garantierte maximale Wartedauer von 18 Wochen (außer man ist adipös oder Raucher, oder adipöser Raucher) für eine Behandlung. Dennoch gibt es regelmäßig Berichte über eine große Anzahl Patienten, die länger als ein Jahr auf eine Operation warten müssen. In Einzelfällen gibt es Wartezeiten bis zu drei Jahren.

Seit der Brexit-Entscheidung gibt es Berichte, dass EU-Ärzte ihre Koffer packen. Es besteht die Sorge, dass der Abzug ausländischer Ärzte die Krankenhausleistungen der NHS ernsthaft beeinträchtigen könnten.
Foto: © Olly – Fotolia

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