Verjährungsfrist: Schutz vor dem BSG!
Ein Raunen geht durch die Lande: Das Gerücht kursiert, dass die Verjährungsfrist für Krankenhausleistungen bald auf zwei Jahre verkürzt wird. Lesen Sie hier, worum es dabei genau geht, was damit beabsichtigt wird und was es für die Krankenhäuser bedeutet.
Verjährungsfrist 2 Jahre?
Das BSG spricht schon so lange von der „kurzen vierjährigen Verjährung“ im Krankenhausleistungsrecht, dass wir uns schon an die vier Jahre gewöhnt haben. Eigentlich ist die Frist aber falsch. Das BSG beruft sich auf eine allgemeine Verjährungsfrist gemäß § 45 SGB I. Dabei sollte eigentlich die Verjährung gemäß BGB (also 3 Jahre) zur Anwendung kommen, so regelt es der § 69 SGB V. Manches Sozialgericht hält die Rechtsprechung des BSG an diesem Punkt sogar für verfassungswidrig.
Nun soll die Frist schon zum Jahresende auf nicht 4, nicht 3, sondern 2 Jahre verkürzt werden, wenn es nach dem Willen der GroKo geht! Einen entsprechenden Änderungsantrag zum PpSG haben CDU und SPD eingereicht.
Der Effekt wäre, dass am kommenden Sylvester alle offenen Forderungen aus den Jahren 2014, 2015 und 2016 verjähren!
Warum tun die das?
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Eine solche Änderung wird die meisten Krankenhäuser (und von den Anwaltskanzleien mal zu schweigen!) vor große Herausforderungen stellen. Wer jetzt eine weitere böswillige Attacke auf die Krankenhauserlöse wittert, tut dem Gesetzgeber Unrecht. Der Begründung des Antrags können wir entnehmen, dass eigentlich Schutz vor Rechtsprechungs-Willkür des BSG geschaffen werden soll!
In den vergangenen Jahren haben die Krankenhäuser leidvolle Erfahrungen mit fragwürdigen Entscheidungen aus Kassel machen müssen. Der erste Senat des BSG fällt gerne Urteile, die bestehende Regelungen „auf den Kopf stellen“. So beispielsweise geschehen bei den Aufwandspauschalen, bei der geriatrischen Komplexbehandlung und bei der Behandlung des akuten Schlaganfalls.
Diese Urteile sollen, so Senatspräsident Prof. Hauck, Rückwirkung entfalten: Sie sollen bloß eine Rechtslage erklären, die eigentlich „schon immer“ so war. Wir Bürger haben anscheinend oft falsch verstanden, was im Sozialgesetz eigentlich gemeint war. ;-)
Diese Rückwirkung hat die Krankenhäuser üblen Rückforderungswellen ausgesetzt: Eine einzelne große Kasse hat den Ton gesetzt und viele sind gefolgt. Bis zu vier Jahre rückwirkend werden Rückforderungen formuliert. Viele Krankenhäuser haben bezahlt, obwohl diese Rückforderungen auch gerne mal vor Gericht scheitern! Der Änderungsantrag ist wohl von der Furcht vor einem rückwirkenden „Vernichtungsschlag“ der Kassen gegen die Schlaganfallbehandlung inspiriert.
Diese Rückforderungsorgien sollen durch die Gesetzesänderung eingedämmt werden. Auf Kassenseite ist Hektik ausgebrochen: Man strebt „einvernehmliche Lösungen“ mit den Krankenhäusern an und man feilt gerade auf höchster Ebene an Stellungnahmen, die noch vor der zweiten Gesetzeslesung im Bundestag (08.11.18) publiziert werden sollen. Der Wolf frisst gerade Kreide.
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Dürfen die das?
Eine kritische Frage muss allerdings zum Änderungsantrag gestellt werden: Darf ein Gesetz, das am 01.01.2019 in Kraft tritt, Regelungen für die Zeit davor treffen? Das wäre eine sogenannte echte Rückwirkung. Im Änderungsantrag wird eine Begründung angeführt und das Vertrauen auf eine Verjährungsfrist ist vielleicht nicht schutzwürdig. So oder so ist zu erwarten, dass der Eine oder Andere auf die Idee kommt, eine Verfassungsbeschwerde einzureichen.
Damit ist Rechtssicherheit erst einmal weit zu suchen. Also: Ob die das dürfen werden wir sehen…
Was ist zu tun?
Es ist natürlich nicht sicher, dass es bei der Änderung der Verjährungsfrist bleibt, aber als gemeinsames Projekt der Regierungsparteien ist die nötige „Wasserverdrängung“ dahinter. Möglicherweise wird die Regelung später vom Verfassungsgericht gekippt, aber das wird ggf. noch Jahre dauern.
Um eine Verjährung zu hemmen gibt es mehrere Möglichkeiten. Allerdings kommt im Krankenhausleistungsrecht als sichere Hemmung nur die Klage in Betracht, es sei denn die Parteien einigen sich auf einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung.
Wenn sich Krankenhäuser den angebotenen Schutz gegen (zukünftige?) Rückforderungen aus alten Leistungen nicht verbauen wollen, sollten sie mit Verzichtserklärungen auf die Einrede der Verjährung zurückhaltend sein! Die Kassen haben mehr Probleme mit der neuen Regelung als die Krankenhäuser, und so ist es auch gedacht. Daher muss die Lösung eine einseitige sein: Räumen sie jetzt den Keller mit den alten Negativgutachten auf!
Unsere Empfehlung:
- Prüfen Sie, wie viele offene Posten Sie (durch Fallprüfungen) aus 2014, 2015 und 2016 noch haben.
- Entscheiden Sie zeitnah, welche Fälle Sie einer Klage zuführen wollen und welche sie Ausbuchen.
- Bringen Sie Klagen vor Ende Dezember auf den Weg.
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