MDK-Reformgesetz beschlossen: Ein Überblick

MDK-Reformgesetz

© mipan

In der Nacht vom 07. auf den 08. November hat der Bundestag das MDK-Reformgesetz beschlossen und damit viele kurzfristige Änderungen zum Nachteil der Krankenhäuser übernommen. Welche Änderungen zu den vorherigen Entwürfen genau beschlossen wurden zeigen wir Ihnen hier.

MDK-Reformgesetz: Die Änderungen in letzter Minute

In den letzten Tagen hat sich die Leistungserbringerseite mehrfach zu Wort gemeldet um sich zu beschweren. Änderungsanträge der Regierungsparteien würden das MDK-Reformgesetz wesentlich zum Nachteile der Krankenhäuser verändern. Tatsächlich haben die Krankenhäuser plötzlich manche zusätzliche Kröte zu schlucken.

Das Gesetz ist nun entschieden und tritt am 01.01.2020 in Kraft. Machen Sie sich selbst von den jüngsten Änderungen in letzter Minute ein Bild:

  • Das "Aufrechnungsverbot"

    Das Aufrechnungsverbot (§ 109 SGB V) wird genauer gefasst: Es betrifft Aufnahmen ab dem 01.01.2020. Die Aufrechnung bleibt erlaubt, wenn die Kürzung unstrittig ist oder rechtskräftig festgestellt wurde (von einem Gericht). In anderen Fällen dürfen die Kassen ihre Rückforderungen nicht mehr gegen andere, unbestrittene Forderungen aufrechnen.

  • Prüffrist

    Was früher als “6-Wochen-Frist” bekannt war (§ 275c Abs. 1 SGB V), wurde in den Gesetzesentwürfen auf 3 Monate verlängert. In der endgültigen Form dürfen sich die Kassen bald mit einer Prüfungsentscheidung 4 Monate Zeit lassen!

  • Prüfquote im Jahr 2020

    Im Jahr 2020 haben alle Akutkrankenhäuser eine Prüfquote von höchstens 12,5 % (statt der früher geplanten 10 %) zu bewältigen (§ 275c Abs. 2 SGB V).

  • Strafzahlungen ("Aufschläge")

    Die Änderungen, die den Krankenhäusern den größten Schaden zufügen, sind die Strafzahlungen (§ 275c Abs. 3 SGB V), die deutlich erhöht wurden!

    • Im Jahr 2020 wird bei einer Rechnungsminderung durch den MDK ein Aufschlag von 10 % des Differenzbetrages, mindestens jedoch 300 €, zusätzlich fällig.
    • Ab dem Jahr 2021 sieht es dann so aus:
    Aufschlagsberechnung MDK-Reformgesetz

    © Medcontroller GmbH

  • Tagesbezogene Pflegeentgelte

    Bekanntlich werden Pflegekosten ab 2020 aus dem DRG-System herausgerechnet. Dafür werden diese Kosten als tagesgleiche Pauschale gesondert berechnet. Was passiert, wenn der MDK die Verweildauer nachträglich kürzen will (§ 275c Abs. 6 SGB V)?

    1. Wenn die stationäre Behandlung bestätigt wird, aber Tage gekürzt werden, hat das keinen Einfluss auf die Pflegeentgelte.
    2. Wenn der MDK eine primäre Fehlbelegung sieht, entfällt die Abrechnung von Pflegeentgelten komplett.
  • Strukturprüfungen

    Zu den Strukturprüfungen (§ 275d Abs. 4 SGB V) wird Folgendes ergänzt: Die Krankenhäuser müssen spätestens am 31.12.2020 eine Bescheinigung des MDK vorweisen können. Können sie das nicht aus Gründen, die nicht das Krankenhaus zu vertreten hat (Überlastung des MD zum Beispiel), dann darf die Komplexbehandlung weiterhin abgerechnet werden, bis die Strukturprüfung abgeschlossen ist.

  • Bevor wir klagen dürfen...

    Die Erörterung zwischen Kasse und Krankenhaus, die vor einer Klageerhebung erforderlich sein soll, wird etwas genauer beschrieben. Alles, was man vor Gericht vorzutragen gedenkt, muss vorher dem jeweiligen Gegenüber bei der Erörterung fristgerecht mitgeteilt worden sein (§ 17c Abs. 2b KHG). Sonst wird das Gericht die Argumente ignorieren dürfen.

  • PrüfvV

    Die PrüfvV soll um Regelungen für einzelfallbezogene Erörterung zwischen Kasse und Krankenhaus, bevor eine Leistungsklage erlaubt sein soll, erweitert werden (§ 17c Abs. 2 KHG). Dabei sollen insbesondere Fristen für Tatsachenvorträge gesetzt werden.

  • Schlichtungsausschuss

    Entscheidungen des Schlichtungsausschusses sind anzuwenden für Patienten, die ab dem zweiten Tag des übernächsten Monats nach der Veröffentlichung der Entscheidung aufgenommen werden (§ 19 KHG). Damit soll verhindert werden, dass Entscheidungen vom 31. des Monats schon am nächsten Tag umgesetzt werden müssen.

Wer es genau wissen will, kann es hier nachlesen:

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Trotz der Schmerzensschreie der Leistungserbringerseite bleibt das MDK-Reformgesetz eine Verbesserung zur derzeitigen “Freiwildsituation”. Insbesondere Spezialkliniken, die ausschließlich konservative Leistungen erbringen, wie beispielsweise Schmerztherapie, Naturheilverfahren, Geriatrie, Rheumatologie oder anthroposophische Medizin leiden unter Prüfquoten von bis zu 90 %. Sie sind eine leichte Beute, weil die Beanstandung des MDK sich regelhaft auf die Einschätzung der Dauer der akutstationären Behandlungsnotwendigkeit bezieht. Da stehen sich häufig zwei subjektive Meinungen gegenüber. Für manche Kliniken kann das MDK-Reformgesetz vielleicht sogar den wirtschaftlichen Untergang durch “Retaxierungen” der Kassen noch verhindern.

Andere Kliniken, insbesondere solche, die noch heute das Glück einer Prüfquote < 20 % haben (ja, es gibt sie tatsächlich!), werden sicherlich lauter mit den Zähnen knirschen. Aber es ist nicht zu erwarten, dass das Gesetz deren Prüfquoten nach oben schnellen lässt. Die Devise ist hier: Abwarten, was die Zukunft genau bringt.

Eine größere Verantwortung legt das Gesetz aber auf die medizinischen Dienste. Man darf sagen, dass der durchschnittliche Gutachter beim MD sich um eine ausgewogene und sachlich angemessene Begutachtung bemüht. Aber jeder MD hat auch seine “Problemfälle”: Gutachter, die groteske Ablehnungsquoten produzieren, indem sie nahezu jeden Fall beanstanden. Wir kennen da Varianten, die reichen von “geriatrische Frührehabilitation ist Unsinn und eigentlich immer eine Fehlbelegung” bis zu “Kodierrichtlinien sind Empfehlungen, die für mich unverbindlich sind”.

Solche “Extrem-Gutachten” werden bis heute unter der Fahne der Unabhängigkeit des Gutachters stillschweigend toleriert. Ab 2020 können solche Gutachter noch mehr Schaden anrichten als heute schon: Strafzahlungen und eine Erhöhung der Prüfquote sind die Folgen. Letzteres kann das Krankenhaus nicht einmal durch Gegenwehr gegen unangemessene Gutachten verhindern. Das liefert das Krankenhaus dem Gutachter aus, mehr als es heute schon der Fall ist.

Damit sind die medizinischen Dienste demnächst noch mehr in der Pflicht, Krankenhäuser im vorkommenden Fall gegen “Ablehnungskampagnen” einzelner Gutachter zu schützen.

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