Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 4 KR 17/11

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt

Urteil vom 17.01.2012 (am 16.05.13 vom BSG aufgehoben, siehe unser Kommentar)

  • Sozialgericht Halle (Saale) S 17 KR 71/07
  • Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 4 KR 17/11
  • Bundessozialgericht B 3 KR 32/12 R

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 1.337,84 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand:

Streitig ist ein Vergütungsanspruch für eine stationäre Krankenhausbehandlung in Höhe von 1.337,84 EUR.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolger des Landkreises M.-Q., dem vormaligen Träger des Klinikums M. (im Folgenden: Krankenhaus). Der bei der Beklagten versicherte 1962 geborene A. M. wurde am 20. November 2006 (einem Montag) gegen 9.12 Uhr im Krankenhaus aufgenommen. Die Entlassung erfolgte am 22. November 2006 gegen 16.00 Uhr. Die vom Krankenhaus an die Beklagte übermittelten Einweisungsdiagnosen lauteten:

  • Stenose (Verengung) des Anus und des Rektums,
  • Chron-Krankheit des Dickdarms,
  • Chron-Krankheit des Dünndarms,
  • psychische und Verhaltensstörung durch Tabak: schädlicher Gebrauch.

Nach den übermittelten Daten erfolgte beim Versicherten am 22. November 2006 ein endoskopischer Eingriff zur Erweiterung des Dickdarms. Das Krankenhaus rechnete den Behandlungsfall unter dem 27. November 2006 wie folgt ab:

  • DRG-FPG 48 Z Kolloskopie mit äußerst schweren oder schweren CC oder kompliziertem Eingriff vom 20. November 2006 bis 21. November 2006 2.024,50 EUR
  • zusammengefasster Zuschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen 15,79 EUR
  • Systemzuschlag vollstationär 0,90 EUR
  • Ausbildungszuschlag 39,35 EUR
  • GemBa-Zuschlag 0,65 EUR
  • Investitionszuschlag 24,00 EUR
  • Qualitätszuschlag Sachsen-Anhalt 1,16 EUR
  • Gesamtsumme: 2.093,59 EUR

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 teilte die Beklagte dem Krankenhaus mit, die Prüfung des Behandlungsfalls sei “auffällig”. Es habe sich um eine planbare Operation gehandelt, die nicht am Aufnahmetag erbracht worden sei. Es seien keine Gründe erkennbar, die einer Leistungserbringung noch am Aufnahmetag entgegen gestanden hätten. Mit der Einführung der sog. vor- und nachstationären Behandlung als Krankenhausleistung habe der Gesetzgeber die Kosten der stationären Versorgung reduzieren wollen. Der Versicherte werde in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandelt, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären, die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten oder im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (§ 115 a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung [SGB V]). Diese Intention des Gesetzgebers habe die Klägerin bei ihrer Abrechnung nicht beachtet. Die stationäre Behandlungsnotwendigkeit könne hier erst ab dem Operationstag anerkannt werden, was zu einer Rechnungskürzung von 1.337,84 EUR führe. Hiergegen machte das anwaltlich vertretene Krankenhaus mit Schreiben vom 14. Februar 2007 geltend: Das Vorgehen der Beklagten sei rechtswidrig. Sie sei verpflichtet, die Rechnungssumme in voller Höhe zu begleichen, wenn innerhalb der Zahlungsfrist keine substantiierten und der Höhe nach bezifferte Einwendungen erhoben würden. Auch müsse sie bei Zweifeln an der Rechnungslegung im Rahmen des Prüfverfahrens gemäß § 275 Abs. 1 SGB V eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) einholen. Dieser Pflicht sei sie nicht nachgekommen und daher zur Zahlung verpflichtet. Demgegenüber hielt die Beklagte am 16. Februar 2007 an ihrer Ansicht fest und führte aus: Ihr Schreiben vom 22. Dezember 2006 enthalte detaillierte Ausführungen dazu, welche Einwendungen gegen die streitige Abrechnung konkret erhoben werden. Die stationäre Behandlungsnotwendigkeit werde nicht in Zweifel gezogen. Es sei aber kein medizinischer Grund erkennbar, warum die Operation nicht schon am Aufnahmetag durchgeführt worden sei. Wörtlich heißt es weiter:

“Wir bitten deshalb Ihren Mandanten, unsere Einwendungen nochmals zu überprüfen. Sollten Gründe vorliegen, die unsere Auffassung widerlegen, können diese gerne dem Medizinischen Dienst unter nachfolgender Adresse schriftlich erläutert werden: M. D. des BEV

Vorberatungsstelle B.

K.-M.-A.

XXXXX B …

Am 5. März 2007 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben, die Zahlung von 1.337,84 EUR nebst Zinsen verlangt und ihre bisherige Rechtsauffassung bekräftigt.

Die Beklagte ist dem unter Hinweis auf ein Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Juli 2006 – L 1 KR 41/04 (zitiert nach juris) entgegengetreten. Sie habe substantiierte Einwendungen geltend gemacht und der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt, eine nachvollziehbare Begründung abzugeben. Auch im Schreiben vom 16. Februar 2007 habe sie erfolglos die Zusendung von aussagekräftigen Unterlagen an den M. Dienst BEV (MD BEV) angeregt. Damit seien die Voraussetzungen des § 275 SGB V eingehalten.

Das SG hat eine Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherten eingeholt und die Original-Patientenakte von der Klägerin beigezogen. Die Beklagte hat die Patientenakte durch den MD BEV auswerten lassen. Der beratende Arzt Dr. S. hat in der gutachterlichen Stellungnahme vom 19. März 2010 ausgeführt: Die Aufnahme des Versicherten am 20. November 2006 sei geplant erfolgt und habe der Durchführung einer Dilatation (Erweiterung) einer Rektumstenose bei Morbus Chron gedient. Die eigentliche Dilatation sei am 21. November 2006 durchgeführt und der Versicherte am 22. November 2006 entlassen worden. Die Rektumstenose-Dilatation sei zweifellos als medizinisch begründet anzusehen. Nicht notwendig sei jedoch die Aufnahme einen Tag vor der geplanten Maßnahme gewesen. Dringende medizinische Gründe für die Aufnahme des Versicherten zu diesem Zeitpunkt seien aus dem Aufnahmebefund und der Patientenakte nicht zu entnehmen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. November 2010 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Aufnahme des Versicherten am 20. November 2006 sei medizinisch nicht erforderlich gewesen. Dies sei zwischen den Beteiligten auch unstreitig und daher die Beklagte berechtigt, die Rechnung in entsprechender Höhe zu kürzen. Ein Verstoß gegen das Prüfverfahren sei nicht zu erkennen. Im Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R (zitiert nach juris) sei auf der zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung ein Prüfverfahren einzuleiten, wenn die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ohne weitere Abrechnungsvoraussetzungen den medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben des § 301 SGB V oder eines Kurzberichts sich nicht selbst erschließen. Hieraus sei der Umkehrschluss abzuleiten, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung auf der zweiten Stufe nicht geboten sei, wenn die Mitarbeiter der Krankenkasse ohne weiteres auf die fehlende Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen schließen könnten. Dies sei vorliegend der Fall gewesen und von der Beklagten auch im Schreiben vom 22. Dezember 2006 hinreichend dokumentiert worden.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 1. März 2011 zugestellte Urteil rechtzeitig am 31. März 2011 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und ergänzend vorgetragen: Sie stelle die medizinische Bewertung des MDK nicht in Abrede und gehe ebenfalls davon aus, dass ein präoperativer Behandlungstag medizinisch nicht notwendig gewesen sei. Maßgebend für die Bewertung des vorliegenden Rechtsstreits sei allein die Frage, ob die Beklagte aus verfahrensrechtlichen Gründen mit Einwendungen ausgeschlossen sei. Nach § 275 Abs. 1 SGB V sei die Krankenkasse bei Auffälligkeiten verpflichtet, eine Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung durch eine gutachterliche Stellungnahme des MDK durchzuführen. Dies habe sie jedoch unterlassen. Bei einem Massengeschäft – wie bei den Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten – könne nicht hingenommen werden, dass von einem Kassenmitarbeiter ohne jegliche medizinische Kenntnisse allein anhand von sog. Kodierauffälligkeiten eine medizinische Entscheidung eines behandelnden Arztes als falsch bewertet werden dürfe. Die BSG-Rechtsprechung stelle nicht auf den Grad der Zweifel des jeweiligen Mitarbeiters der Krankenkasse ab, sondern allein auf den Umstand, dass die betreffende Krankenkasse die Abrechnung nicht in Gänze nachvollziehen könne. Dies sei hier der Fall gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte auch das sog. Beschleunigungsverbot verletzt. Die Rechtsauffassung der Klägerin werde zudem durch den Nichtzulassungsbeschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. September 2011 (L 4 KR 21/11 NZB) in einem vergleichbaren Fall bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.337,84 EUR zzgl. 180,33 EUR Zinsen für den Zeitraum vom 27. Dezember 2006 bis 10. Mai 2010 sowie für die Zeit ab dem 23. November 2010 weitere Zinsen in Höhe von 4 % auf 1.337,84 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend, und meint, ihr sei keine Pflichtverletzung vorzuwerfen.

Auf gerichtliche Nachfrage hat die Klägerin die Budget- und Entgeltvereinbarung für das Jahr 2006 (BEV) vorgelegt. Dort wird in § 7 (Zahlungsregelungen) bestimmt:

“Der Rechnungsbetrag ist spätestens am 21. Kalendertag nach Eingang der Rechnung zu überweisen. Die Fälligkeit tritt am 25. Kalendertag ein. Nach Überschreitung des Fälligkeitstermins können Verzugszinsen in Höhe von 4 % p.a. erhoben werden.

 

Die Rechnungen sind kontinuierlich und vollständig mit den Daten nach § 301 SGB V auf elektronischem Wege oder maschinell verwertbar auf Datenträger zu übermitteln.”

Die Beklagte hat zur Erläuterung der von ihr gezahlten Summe einen sog. Grouperauszug zur Gerichtsakte gereicht.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Patientenakte haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten ergänzend verwiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG) und damit zulässig.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urt. v. 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urt. v. 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R; Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R; B 3 KN 1/08 KR R; Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R; B 1 KN 2/08 KR R; B 1 KN 3/08 KR R zitiert nach juris; stRspr.).

I. Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch aus der Rechnung vom 27. November 2006 zu. Rechtsgrundlage für einen Zahlungsanspruch ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006 und dem DRG-Katalog des Jahres 2006. Die Zahlungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht der zur Versorgung der Versicherten zugelassenen Krankenhäuser im Sinne des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträgern festgelegt wird (BSG, Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R, zitiert nach juris). Die Klägerin betreibt ein sog. Plankrankenhaus im Sinne des § 108 Nr. 2 SGB V, das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen wurde und für das deshalb der Abschluss eines Versorgungsvertrages gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V fingiert wird. Ein Sicherstellungsvertrag zwischen den Beteiligten besteht nicht. Da es hieran fehlt, verbleibt als vertragliche Regelung nur die Pflegesatzvereinbarung (vgl. BSG, Urt. v. 16.12.2008 – B 1 KN 2/08 KR R; Urt. v. 20.11.2008 – B 3 KN 4/08 KR R, jeweils m. w. N.). Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich alle allgemeinen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie speziell von Krankenhausbehandlung, insbesondere deren Erforderlichkeit, vorliegen.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Hierzu gehört nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V auch Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V wird Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsergebnis nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V; vgl. BSG, Urt. v. 28.07.2008 – B 1 KR 5/08 R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 6 RdNr. 48 ff.). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung.

Im vorliegenden Fall ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Krankenhausbehandlung des Versicherten im Krankenhaus für den 20. November 2006 medizinisch nicht erforderlich war und auch kein Fall einer vorstationären Behandlung gegeben ist. Die Klägerin ist der dies feststellenden Stellungnahme des MD BEV vom 19. März 2010, die auch der Senat für überzeugend hält, im gerichtlichen Verfahren nicht entgegengetreten und hat in der Berufungsbegründung die fehlende medizinische Notwendigkeit für eine vollstationäre oder auch nur vorstationäre Behandlung des Versicherten eingeräumt. Damit besteht für diesen Tag kein Leistungsanspruch des Versicherten und wegen des untrennbaren Zusammenhangs zur Vergütungsfrage dem Grunde nach auch kein eigener Zahlungsanspruch der Klägerin.

Der Ansicht der Klägerin, Mängel des Prüfungsverfahrens führten zu einem Ausschluss der Einwendungen der Beklagten, ist nicht zu folgen. Die Beklagte hat bereits das gesetzliche Prüfverfahren nicht verletzt (im Folgenden: 1.). Da keine Verletzung des Prüfungsverfahrens vorliegt, kann die Frage offenbleiben, ob derartige Verstöße überhaupt zu einem Vergütungsanspruch führen können, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht vorliegen (im Folgenden: 2.). Der Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus einer eventuell bestehende Vorleistungspflicht der Beklagten aus der bestehenden Entgeltvereinbarung (im Folgenden: 3.). Ein Zahlungsanspruch der Klägerin ist wegen eigenen treuwidrigen Verhaltens gegenüber der Beklagten ohnehin ausgeschlossen (im Folgenden 4.).

1. Die Beklagte hat das gesetzliche Prüfverfahren nicht verletzt. Im Prüfverfahren besteht kein Zwang der Krankenkassen in allen Fällen ohne Ausnahme den Medizinischen Dienst mit der Fallprüfung zu beauftragen und sich selbst jeder eigenen Bewertung zu enthalten (im Folgenden a.). Selbst wenn der Gestaltungsspielraum der jeweils prüfenden Sachbearbeiter der Krankenkassen tatsächlich so weit eingeschränkt wäre, hat die Beklagte im vorliegenden Fall konkludent einen Prüfauftrag an den MD BEV erteilt, der die Klägerin ihrerseits verpflichtete, die ausdrücklich angebotene und damit auch eingeleitete medizinische Prüfung der Beklagten aufzugreifen und sich aktiv am Prüfverfahren zu beteiligen. Stattdessen hat sie zu diesem Zeitpunkt jede Mitwirkung ohne nachvollziehbare Gründe verweigert (im Folgenden b.).

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, (zitiert nach juris) die Grundlagen des gesetzlichen Prüfverfahrens eingehend verdeutlicht. Zunächst hat das BSG in dieser Entscheidung den Grundsatz aufgestellt, dass das Krankenhaus aus den wechselseitigen Leistungsbeziehungen die Angaben zu machen oder die Unterlagen vorzulegen hat, die für die Beurteilung des Abrechnungsfalls erforderlich sind. Hierbei hat das Krankenhaus den Übermittlungspflichten nach § 100 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) und § 301 SGB V nachzukommen. Die Auskunftsverpflichtung der Klägerin ergibt sich grundsätzlich aus § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X und hier speziell aus § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V. Nach § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X ist das Krankenhaus verpflichtet, dem Leistungsträger “”im Einzelfall auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich”” ist und entweder der Betroffene eingewilligt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X) oder dies gesetzlich zugelassen ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X); ausgenommen hiervon sind nach § 100 Abs. 2 SGB X nur Angaben, die den Arzt oder ihm nahe stehende Personen der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Nach den zwingenden gesetzlichen Auskunftspflichten aus § 284 Abs. 1 Nr. 4 und 7 SGB V (in der Fassung vom 12. Dezember 1996, BGBl. I S. 1859, die vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2001 gültig war) war die Erhebung von Sozialdaten im Versorgungszeitraum für die Zwecke der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen, soweit sie nach Maßgabe der Prüfaufträge von Krankenkasse und MDK u. a. für die “”Prüfung der Leistungspflicht und die Gewährung von Leistungen an Versicherte (§§ 2 und 11)”” und für die “”Beteiligung des Medizinischen Dienstes (§ 275)”” erforderlich waren. Die Vorschrift ist auch im Folgenden insoweit im Wesentlichen unverändert geblieben. Gesetzlich im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X zugelassen und damit für den Krankenhausträger zwingend sind die Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V (in der insoweit unveränderten Fassung vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626). Danach sind die Krankenhäuser verpflichtet, der Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung u. a. den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung zu übermitteln (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Hiermit ist – auch zur Wahrung des Datenschutzes – abschließend und enumerativ aufgezählt, welche Angaben der Krankenkasse bei einer Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten auf jeden Fall zu übermitteln sind (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). In § 301 SGB V werden damit die Mindestangaben bezeichnet, die eine gesetzliche Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung und zur Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigt (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). Genügt die Anzeige schon diesen (Mindest)-Anforderungen nicht, fehlt es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02 R, zitiert nach juris).

Die Klägerin hat die notwendigen Daten nach § 301 SGB V übermittelt, so dass eine Einzelfallprüfung auf der ersten Stufe durch die Beklagte erfolgen konnte und hier auch tatsächlich stattgefunden hat (vgl. Schreiben der Beklagten vom 22. Dezember 2006 und vom 16. Februar 2007).

a. Die vollständige Übermittlung der Daten nach § 301 SGB V bewirkt jedoch – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht das Recht des Krankenhauses, jegliche Begründung oder Mitwirkung gegenüber der Krankenkasse mit dem Hinweis auf eine formal fehlende Beauftragung oder Anfrage des MD BEK zu verweigern. § 301 SGB V regelt und begrenzt den Datenverkehr auf das für die Abrechnung einer Krankenhausbehandlung Unerlässliche, verbietet allerdings nicht generell die Anforderung und Übermittlung weiterer Daten, wenn diese für ein Prüfungsverfahren erforderlich sind (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 87/04 KR; Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 40/04 KR; Urteil vom 19. November 2009 – L 4 KR 76/05). Wären die Krankenkassen tatsächlich ausnahmslos verpflichtet, den MDK bei jeder Abrechnungsnachfrage in einem Einzelfall einzuschalten, würde das gesetzliche Prüfungsrecht der Beklagten wegen der damit verbundenen völlig unabsehbaren Zahl von Verfahren praktisch leerlaufen, da diese Aufgabe allein dem MDK vorbehalten bliebe. Angesichts der hohen Anzahl von Krankenhausabrechnungsvorgängen dürfte diese Verlagerung des Prüfverfahrens auf den MDK unpraktikabel sein, dem Gebot der Wirtschaftlichkeit widersprechen und das gesetzliche Prüfungsrecht der Krankenkassen aushöhlen. Auch das BSG hat immer wieder die herausgehobenen Gestaltungsmöglichkeiten der Krankenkassen bei der Durchführung des Prüfungsverfahrens nach § 275 SGB V herausgestellt. Allein die Krankenkasse ist bei der Prüfung von Krankenhausrechnungen “”Herrin”” des Begutachtungsauftrages an den MDK. In diesem Rahmen entscheidet sie nach Maßgabe der §§ 275 ff SGB V, ob und mit welcher konkreten Fragestellung sie den MDK bei der Klärung einer medizinischen Frage einschaltet. Sie kann den Begutachtungsauftrag jederzeit ändern, ergänzen oder beenden, wenn sie dies aufgrund neuer Erkenntnisse für angezeigt hält. So hat das BSG der Krankenkasse sogar ein eigenes Klagerecht auf Herausgabe medizinischer Unterlagen an den MDK zugebilligt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 12/06 R). Die “”Übermittlung der Sozialdaten”” im Sinne des § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V geschieht in der Regel durch die vorübergehende Überlassung der Behandlungsunterlagen, kann aber auch auf anderem Wege erfolgen. Dabei steht es dem Krankenhaus frei, ob es die Unterlagen direkt an den MDK aushändigt oder übersendet oder sie in einem verschlossenen Umschlag an die Krankenkasse zur Weiterleitung an den MDK schickt. In Anlehnung an die Entscheidungen des Senats (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 87/04 KR; Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 40/04 KR; Urteil vom 19. November 2009 – L 4 KR 76/05) sind von den Krankenhäusern außerhalb des Anwendungsbereichs von § 301 SGB V weitere Daten an die Krankenkassen nur zu übermitteln, wenn diese sich bei der Ausübung ihres Prüfungsrechtes an die gesetzlichen Voraussetzungen nach §§ 275, 276 SGB V halten. Gerade Abrechnungen, die zwar die Vorgaben des § 301 SGB V einhalten, jedoch bereits bei verständiger Würdigung auf medizinischer Laienebene berechtigte Schlüssigkeitsbedenken rechtfertigen können, verpflichten das Krankenhaus zu weiteren Erläuterungen oder zumindest zu einer aktiven Förderung des gesetzlichen Prüfverfahrens gegenüber der Krankenkasse.

 

Aufgrund der gemäß § 301 SGB V übermittelten Daten und der vorliegenden Abrechnung dürfte es aus medizinischer Laiensicht überprüfungswürdig erscheinen, warum der vom Krankenhaus planmäßig vorbereitete Eingriff nicht bereits am 20. November 2006 erfolgte bzw. nicht als vorstationärer Fall behandelt worden ist. Diese Fragen stehen mit der jeweiligen Rechnungshöhe auch in einem untrennbaren Zusammenhang. Dies gilt insbesondere für die gebotene rechtliche Differenzierung zwischen einer hier möglichen vor- oder auch nachstationäre Behandlung des Versicherten nach § 115 a SGB V und der notwendigen Abgrenzung zu einer vollstationären Krankenhausbehandlung gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Schließlich handelt es sich bei einer vor- oder nachstationären Behandlung um eine Sonderform der ambulanten Versorgung der Versicherten, für die sogar eine eigenständige Vergütungsregelung existiert (§ 115 a Abs. 3 SGB V).

Die Nachfragen der Beklagten vom 22. Dezember 2006 und vom 16. Februar 2007 sind vor diesem Hintergrund als nachvollziehbar und berechtigt anzusehen. Sie hat sich dabei keine ihr nicht zustehende medizinische Fachkompetenz angemaßt, sondern auf einer auch aus medizinischer Laiensicht nachvollziehbaren Bewertungsebene argumentiert, da sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht (Abgrenzung zwischen § 39 SGB V und § 115 a SGB V) offenkundige Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung bestanden haben. Diese Zweifel haben sich im Übrigen nach Auswertung der Patientenakte durch den MD BEV sowie nach späterer Einschätzung der Klägerin bestätigt.

Auch das BSG billigt den Krankenkassen einen gewissen eigenständigen Prüfungsrahmen in den Krankenhausabrechnungsfällen zu (vgl. Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 (a.a.O.). Danach ist ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (hier anwendbar ebenfalls in der insoweit unveränderten Fassung vom 22. Dezember 1999, BGBl I S. 2626) erst auf einer zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung einzuleiten, wenn sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den – medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten – Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V nicht selbst erschließen. Eine gutachterliche Stellungnahme des MDK ist erst einzuholen, wenn die vom Krankenhaus erteilten Informationen nach Voraussetzung, Art und Umfang der Krankenhausbehandlung nicht ausreichen. Dass die Krankenkassen kein Recht haben, selbst Einsicht in Behandlungsunterlagen zu nehmen, bedeutet nicht, dass die Krankenkassen nach Bundesrecht verpflichtet wären, Krankenhausrechnungen zu bezahlen, obwohl substantiierte Einwendungen dagegen erhoben worden sind (BSG a.a.O. Rdn. 18).

Die Beklagte hat aus den oben genannten Gründen substantiierte Bedenken im Sinne der Rechtssprechung des BSG gegenüber der Klägerin geltend gemacht und damit die erste Stufe des gesetzlichen Prüfungsverfahrens nicht verlassen. Die Klägerin musste auf diese berechtigten Nachfragen in geeigneter Weise reagieren, um die Berechtigung ihrer Abrechnung nachzuweisen bzw. zumindest das Prüfverfahren aktiv zu fördern. Beides hat sie pflichtwidrig unterlassen.

b. Selbst wenn der zugespitzten Argumentation der Klägerin zu folgen wäre, dass hier den Sachbearbeitern der Beklagten keinerlei eigene Prüfungskompetenz zugestanden hat, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Hierbei kommt insbesondere dem Schreiben der Beklagten vom 16. Februar 2007 eine besondere Bedeutung zu. Darin hat sie der Klägerin nicht nur die Anschrift des MD BEK mitgeteilt. Die von ihr gebrauchte Formulierung “können diese (Gründe) gerne dem Medizinischen Dienst erläutert werden” ist bei verständiger Würdigung nach objektivem Empfängerhorizont als konkludent erklärte Bereitschaft zur Einschaltung des MD BEV anzusehen, falls medizinische Gründe zu prüfen wären. Die Beklagte gab damit unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie einer medizinischen Überprüfung durch den MD BEV einschließlich der damit verbundenen Kostenfolge ausdrücklich zustimmt, sofern die Klägerin über medizinische Informationen verfügt, die ihre klar formulierten und auch nachvollziehbaren Abrechnungsbedenken hätten ausräumen können. Hierauf hat die Klägerin aber nicht reagiert, sondern stattdessen umgehend Klage erhoben. Spätestens nach der Mitteilung der Beklagten hätte es sich ihr aufdrängen müssen, dass diese das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V einzuleiten bereit war. Es wäre ihr auch ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen, die erbetene Begründung abzugeben oder auch die gesamten Unterlagen an die Beklagte im verschlossenen Umschlag zur Weiterleitung an den MD BEV zu schicken (vgl. BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, jeweils RdNr 17). Dies hat sie jedoch ohne nachvollziehbare Gründe verweigert.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich im Übrigen auch grundlegend von den Sachverhalten, in denen eine Krankenkasse unter Hinweis auf angebliche Begründungsdefizite die Einschaltung des MDK offenbar aus Kostengründen vermeiden wollte und ohne jede konkrete Prüfung des Einzelfalls nähere Erklärungen vom Krankenhaus verlangt hatte (vgl. z.B. Urteil des Senats vom 30. Juni 2011 – L 4 KR 1/10). Die von der Klägerin behauptete Vergleichbarkeit dieses Verfahrens mit dem Beschluss des Senats vom 26. September 2011 – L 4 KR 21/11 NZB hält einer Nachprüfung nicht stand. Der dortigen Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem eine Krankenkasse nach einer Krankenhausabrechnung von Juni 2006 zunächst beanstandungslos bezahlt hatte und erst Ende Mai 2007 den Fall wieder als prüfungswürdig aufgegriffen hatte. Bereits der lange Zeitablauf von fast einem Jahr zwischen der zunächst unbeanstandeten Zahlung und der ersten Prüfungsanzeige weicht vom vorliegenden Verfahren deutlich ab. Im Übrigen sind die Voraussetzungen für den Erfolg einer Berufung und dem einer Nichtzulassungsbeschwerde grundlegend verschieden.

2. Da kein Verstoß gegen das gesetzliche Prüfverfahren vorliegt, lässt es der Senat ausdrücklich offen, ob ein denkbarer Einwendungsausschluss einer Krankenkasse einen Vergütungsanspruch des Krankenhauses ermöglichen kann, wenn dessen Anspruchsvoraussetzungen materiell nicht gegeben sind.

Auf die Rechtsfrage, ob die Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V eine gesetzliche Ausschlussfrist ist, die es der Krankenkasse grundsätzlich verwehrt, Einwände gegen Vergütungsanspruche aus einer Krankenhausbehandlung von Versicherten nach Ablauf dieser Frist noch geltend zu machen (so Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13. Juli 2011 – L 1 KR 501/10, zitiert nach juris, als Revisionsverfahren anhängig beim BSG unter B 3 KR 14/11 R), kommt es hier nicht an, da diese Vorschrift für den vorliegenden Abrechnungsfall aus dem Jahr 2006 noch nicht anzuwenden war (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 3/08 KR R, Rdn. 37, zitiert nach juris). Gleiches gilt für einen denkbaren Einwendungsausschluss wegen eines Verstoßes gegen ein generelles (ungeschriebenes) Beschleunigungsgebot durch eine treuwidrig verzögerte Prüfung der Krankenkassen (vgl. BSG, Urteil vom 20. November 2008 – B 3 KN 1/08 KR R, RdNr. 15, zitiert nach juris). Denn die Beklagte hat hier nicht zögerlich, sondern zügig gehandelt.

3. Die Beklagte ist auch nach der Budget- und Entgeltvereinbarung nicht vorleistungspflichtig gewesen. Sie war nach Erhalt der Rechnung grundsätzlich zur Zahlung verpflichtet. § 7 Abs. 1 Satz 1 der zwischen den Beteiligten geltenden Budget- und Entgeltvereinbarung (2006) bestimmt, dass der Rechnungsbetrag spätestens am 21. Kalendertag nach Eingang der Rechnung zu überweisen ist; wobei die Fälligkeit am 24. Kalendertag unter Berücksichtigung eines Post- und Banklaufweges von drei Tagen ab Rechnungsdatum eintritt. Diese Regelung begründet eine Pflicht der Beklagten, nach Übermittlung der vollständigen Daten nach § 301 SGB V und der vollständigen Rechnung die Zahlung innerhalb der genannten Frist vorzunehmen. Hier hat die Beklagte jedoch ausführlich begründet, warum Bedenken gegen die Abrechnung vom 27. November 2006 bestanden haben. Dies schließt eine Vorleistungspflicht aus, da es nicht sinnvoll ist, die Beklagte zu einer Zahlung zu verpflichten, die sie wegen berechtigter Zweifel umgehend von der Klägerin zurück verlangen könnte. Dies zeigen die in der Praxis häufig aufgetretenen sog. Aufrechnungsfälle auch deutlich.

4. Der Klägerin ist bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände treuwidriges Verhalten vorzuhalten. Im Sozialrecht findet der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben seine Anwendung. Die Partner einer dauerhaften rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung – wie hier – haben wegen der Vielzahl von Fällen auf eine vertrauensvolle und professionelle Zusammenarbeit hinzuwirken. In Anbetracht der Größe dieser Aufgabe und der notwendigen intensiven Zusammenarbeit im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen bestehen weitgehende gegenseitige Rücksichtnahmepflichten der Beteiligten. Es kann in Anbetracht dieser sehr intensiven Vertrags- und Rechtsbeziehungen erwartet werden, dass die Beteiligten jeweils die wechselseitigen Interessenlagen des jeweils anderen berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 R, zitiert nach juris) und einseitige Interessenwahrnehmungen zu Lasten des Vertragspartners vermeiden.

Aus dem Gebot der Rücksichtnahme war die Klägerin wegen der nachvollziehbaren und, wie sie selbst im gerichtlichen Verfahren später einräumen musste, auch medizinisch begründeten Zweifel an der Abrechnung verpflichtet, sich aktiv an der Beantwortung der von der Beklagten berechtigterweise gestellten Fragen zu beteiligen. Da sie dies pflichtwidrig verweigert hat, hat sie die Rücksichtnahmepflichten in einer dauerhaften Rechtsbeziehung erheblich verletzt, und sich damit treuwidrig verhalten.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

III. Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen (§ 160 Abs. 2 SGG) hierfür fehlt. Das BSG hat die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch zahlreiche Entscheidungen umfassend geklärt.

 

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt

Urteil vom 17.01.2012 (nicht rechtskräftig)

  • Sozialgericht Halle (Saale) S 17 KR 71/07
  • Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 4 KR 17/11
  • Bundessozialgericht B 3 KR 19/12 B

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 1.337,84 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist ein Vergütungsanspruch für eine stationäre Krankenhausbehandlung in Höhe von 1.337,84 EUR.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolger des Landkreises M.-Q., dem vormaligen Träger des Klinikums M. (im Folgenden: Krankenhaus). Der bei der Beklagten versicherte 1962 geborene A. M. wurde am 20. November 2006 (einem Montag) gegen 9.12 Uhr im Krankenhaus aufgenommen. Die Entlassung erfolgte am 22. November 2006 gegen 16.00 Uhr. Die vom Krankenhaus an die Beklagte übermittelten Einweisungsdiagnosen lauteten:

Stenose (Verengung) des Anus und des Rektums,

Chron-Krankheit des Dickdarms,

Chron-Krankheit des Dünndarms,

psychische und Verhaltensstörung durch Tabak: schädlicher Gebrauch.

Nach den übermittelten Daten erfolgte beim Versicherten am 22. November 2006 ein endoskopischer Eingriff zur Erweiterung des Dickdarms. Das Krankenhaus rechnete den Behandlungsfall unter dem 27. November 2006 wie folgt ab:

DRG-FPG 48 Z Kolloskopie mit äußerst schweren oder schweren CC oder kompliziertem Eingriff vom 20. November 2006 bis 21. November 2006 2.024,50 EUR

zusammengefasster Zuschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen 15,79 EUR

Systemzuschlag vollstationär 0,90 EUR

Ausbildungszuschlag 39,35 EUR

GemBa-Zuschlag 0,65 EUR

Investitionszuschlag 24,00 EUR

Qualitätszuschlag Sachsen-Anhalt 1,16 EUR

Gesamtsumme: 2.093,59 EUR

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 teilte die Beklagte dem Krankenhaus mit, die Prüfung des Behandlungsfalls sei “auffällig”. Es habe sich um eine planbare Operation gehandelt, die nicht am Aufnahmetag erbracht worden sei. Es seien keine Gründe erkennbar, die einer Leistungserbringung noch am Aufnahmetag entgegen gestanden hätten. Mit der Einführung der sog. vor- und nachstationären Behandlung als Krankenhausleistung habe der Gesetzgeber die Kosten der stationären Versorgung reduzieren wollen. Der Versicherte werde in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandelt, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären, die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten oder im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (§ 115 a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung [SGB V]). Diese Intention des Gesetzgebers habe die Klägerin bei ihrer Abrechnung nicht beachtet. Die stationäre Behandlungsnotwendigkeit könne hier erst ab dem Operationstag anerkannt werden, was zu einer Rechnungskürzung von 1.337,84 EUR führe. Hiergegen machte das anwaltlich vertretene Krankenhaus mit Schreiben vom 14. Februar 2007 geltend: Das Vorgehen der Beklagten sei rechtswidrig. Sie sei verpflichtet, die Rechnungssumme in voller Höhe zu begleichen, wenn innerhalb der Zahlungsfrist keine substantiierten und der Höhe nach bezifferte Einwendungen erhoben würden. Auch müsse sie bei Zweifeln an der Rechnungslegung im Rahmen des Prüfverfahrens gemäß § 275 Abs. 1 SGB V eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) einholen. Dieser Pflicht sei sie nicht nachgekommen und daher zur Zahlung verpflichtet. Demgegenüber hielt die Beklagte am 16. Februar 2007 an ihrer Ansicht fest und führte aus: Ihr Schreiben vom 22. Dezember 2006 enthalte detaillierte Ausführungen dazu, welche Einwendungen gegen die streitige Abrechnung konkret erhoben werden. Die stationäre Behandlungsnotwendigkeit werde nicht in Zweifel gezogen. Es sei aber kein medizinischer Grund erkennbar, warum die Operation nicht schon am Aufnahmetag durchgeführt worden sei. Wörtlich heißt es weiter:

“Wir bitten deshalb Ihren Mandanten, unsere Einwendungen nochmals zu überprüfen. Sollten Gründe vorliegen, die unsere Auffassung widerlegen, können diese gerne dem Medizinischen Dienst unter nachfolgender Adresse schriftlich erläutert werden: M. D. des BEV

Vorberatungsstelle B.

K.-M.-A.

XXXXX B …”

Am 5. März 2007 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben, die Zahlung von 1.337,84 EUR nebst Zinsen verlangt und ihre bisherige Rechtsauffassung bekräftigt.

Die Beklagte ist dem unter Hinweis auf ein Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Juli 2006 – L 1 KR 41/04 (zitiert nach juris) entgegengetreten. Sie habe substantiierte Einwendungen geltend gemacht und der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt, eine nachvollziehbare Begründung abzugeben. Auch im Schreiben vom 16. Februar 2007 habe sie erfolglos die Zusendung von aussagekräftigen Unterlagen an den M. Dienst BEV (MD BEV) angeregt. Damit seien die Voraussetzungen des § 275 SGB V eingehalten.

Das SG hat eine Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherten eingeholt und die Original-Patientenakte von der Klägerin beigezogen. Die Beklagte hat die Patientenakte durch den MD BEV auswerten lassen. Der beratende Arzt Dr. S. hat in der gutachterlichen Stellungnahme vom 19. März 2010 ausgeführt: Die Aufnahme des Versicherten am 20. November 2006 sei geplant erfolgt und habe der Durchführung einer Dilatation (Erweiterung) einer Rektumstenose bei Morbus Chron gedient. Die eigentliche Dilatation sei am 21. November 2006 durchgeführt und der Versicherte am 22. November 2006 entlassen worden. Die Rektumstenose-Dilatation sei zweifellos als medizinisch begründet anzusehen. Nicht notwendig sei jedoch die Aufnahme einen Tag vor der geplanten Maßnahme gewesen. Dringende medizinische Gründe für die Aufnahme des Versicherten zu diesem Zeitpunkt seien aus dem Aufnahmebefund und der Patientenakte nicht zu entnehmen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. November 2010 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Aufnahme des Versicherten am 20. November 2006 sei medizinisch nicht erforderlich gewesen. Dies sei zwischen den Beteiligten auch unstreitig und daher die Beklagte berechtigt, die Rechnung in entsprechender Höhe zu kürzen. Ein Verstoß gegen das Prüfverfahren sei nicht zu erkennen. Im Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R (zitiert nach juris) sei auf der zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung ein Prüfverfahren einzuleiten, wenn die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ohne weitere Abrechnungsvoraussetzungen den medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben des § 301 SGB V oder eines Kurzberichts sich nicht selbst erschließen. Hieraus sei der Umkehrschluss abzuleiten, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung auf der zweiten Stufe nicht geboten sei, wenn die Mitarbeiter der Krankenkasse ohne weiteres auf die fehlende Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen schließen könnten. Dies sei vorliegend der Fall gewesen und von der Beklagten auch im Schreiben vom 22. Dezember 2006 hinreichend dokumentiert worden.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 1. März 2011 zugestellte Urteil rechtzeitig am 31. März 2011 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und ergänzend vorgetragen: Sie stelle die medizinische Bewertung des MDK nicht in Abrede und gehe ebenfalls davon aus, dass ein präoperativer Behandlungstag medizinisch nicht notwendig gewesen sei. Maßgebend für die Bewertung des vorliegenden Rechtsstreits sei allein die Frage, ob die Beklagte aus verfahrensrechtlichen Gründen mit Einwendungen ausgeschlossen sei. Nach § 275 Abs. 1 SGB V sei die Krankenkasse bei Auffälligkeiten verpflichtet, eine Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung durch eine gutachterliche Stellungnahme des MDK durchzuführen. Dies habe sie jedoch unterlassen. Bei einem Massengeschäft – wie bei den Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten – könne nicht hingenommen werden, dass von einem Kassenmitarbeiter ohne jegliche medizinische Kenntnisse allein anhand von sog. Kodierauffälligkeiten eine medizinische Entscheidung eines behandelnden Arztes als falsch bewertet werden dürfe. Die BSG-Rechtsprechung stelle nicht auf den Grad der Zweifel des jeweiligen Mitarbeiters der Krankenkasse ab, sondern allein auf den Umstand, dass die betreffende Krankenkasse die Abrechnung nicht in Gänze nachvollziehen könne. Dies sei hier der Fall gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte auch das sog. Beschleunigungsverbot verletzt. Die Rechtsauffassung der Klägerin werde zudem durch den Nichtzulassungsbeschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. September 2011 (L 4 KR 21/11 NZB) in einem vergleichbaren Fall bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.337,84 EUR zzgl. 180,33 EUR Zinsen für den Zeitraum vom 27. Dezember 2006 bis 10. Mai 2010 sowie für die Zeit ab dem 23. November 2010 weitere Zinsen in Höhe von 4 % auf 1.337,84 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend, und meint, ihr sei keine Pflichtverletzung vorzuwerfen.

Auf gerichtliche Nachfrage hat die Klägerin die Budget- und Entgeltvereinbarung für das Jahr 2006 (BEV) vorgelegt. Dort wird in § 7 (Zahlungsregelungen) bestimmt:

“Der Rechnungsbetrag ist spätestens am 21. Kalendertag nach Eingang der Rechnung zu überweisen. Die Fälligkeit tritt am 25. Kalendertag ein. Nach Überschreitung des Fälligkeitstermins können Verzugszinsen in Höhe von 4 % p.a. erhoben werden.

Die Rechnungen sind kontinuierlich und vollständig mit den Daten nach § 301 SGB V auf elektronischem Wege oder maschinell verwertbar auf Datenträger zu übermitteln.”

Die Beklagte hat zur Erläuterung der von ihr gezahlten Summe einen sog. Grouperauszug zur Gerichtsakte gereicht.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Patientenakte haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG) und damit zulässig.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urt. v. 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urt. v. 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R; Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R; B 3 KN 1/08 KR R; Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R; B 1 KN 2/08 KR R; B 1 KN 3/08 KR R zitiert nach juris; stRspr.).

I.

Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch aus der Rechnung vom 27. November 2006 zu. Rechtsgrundlage für einen Zahlungsanspruch ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006 und dem DRG-Katalog des Jahres 2006. Die Zahlungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht der zur Versorgung der Versicherten zugelassenen Krankenhäuser im Sinne des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträgern festgelegt wird (BSG, Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R, zitiert nach juris). Die Klägerin betreibt ein sog. Plankrankenhaus im Sinne des § 108 Nr. 2 SGB V, das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen wurde und für das deshalb der Abschluss eines Versorgungsvertrages gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V fingiert wird. Ein Sicherstellungsvertrag zwischen den Beteiligten besteht nicht. Da es hieran fehlt, verbleibt als vertragliche Regelung nur die Pflegesatzvereinbarung (vgl. BSG, Urt. v. 16.12.2008 – B 1 KN 2/08 KR R; Urt. v. 20.11.2008 – B 3 KN 4/08 KR R, jeweils m. w. N.). Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich alle allgemeinen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie speziell von Krankenhausbehandlung, insbesondere deren Erforderlichkeit, vorliegen.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Hierzu gehört nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V auch Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V wird Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsergebnis nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V; vgl. BSG, Urt. v. 28.07.2008 – B 1 KR 5/08 R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 6 RdNr. 48 ff.). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung.

Im vorliegenden Fall ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Krankenhausbehandlung des Versicherten im Krankenhaus für den 20. November 2006 medizinisch nicht erforderlich war und auch kein Fall einer vorstationären Behandlung gegeben ist. Die Klägerin ist der dies feststellenden Stellungnahme des MD BEV vom 19. März 2010, die auch der Senat für überzeugend hält, im gerichtlichen Verfahren nicht entgegengetreten und hat in der Berufungsbegründung die fehlende medizinische Notwendigkeit für eine vollstationäre oder auch nur vorstationäre Behandlung des Versicherten eingeräumt. Damit besteht für diesen Tag kein Leistungsanspruch des Versicherten und wegen des untrennbaren Zusammenhangs zur Vergütungsfrage dem Grunde nach auch kein eigener Zahlungsanspruch der Klägerin.

Der Ansicht der Klägerin, Mängel des Prüfungsverfahrens führten zu einem Ausschluss der Einwendungen der Beklagten, ist nicht zu folgen. Die Beklagte hat bereits das gesetzliche Prüfverfahren nicht verletzt (im Folgenden: 1.). Da keine Verletzung des Prüfungsverfahrens vorliegt, kann die Frage offenbleiben, ob derartige Verstöße überhaupt zu einem Vergütungsanspruch führen können, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht vorliegen (im Folgenden: 2.). Der Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus einer eventuell bestehende Vorleistungspflicht der Beklagten aus der bestehenden Entgeltvereinbarung (im Folgenden: 3.). Ein Zahlungsanspruch der Klägerin ist wegen eigenen treuwidrigen Verhaltens gegenüber der Beklagten ohnehin ausgeschlossen (im Folgenden 4.).

1. Die Beklagte hat das gesetzliche Prüfverfahren nicht verletzt. Im Prüfverfahren besteht kein Zwang der Krankenkassen in allen Fällen ohne Ausnahme den Medizinischen Dienst mit der Fallprüfung zu beauftragen und sich selbst jeder eigenen Bewertung zu enthalten (im Folgenden a.). Selbst wenn der Gestaltungsspielraum der jeweils prüfenden Sachbearbeiter der Krankenkassen tatsächlich so weit eingeschränkt wäre, hat die Beklagte im vorliegenden Fall konkludent einen Prüfauftrag an den MD BEV erteilt, der die Klägerin ihrerseits verpflichtete, die ausdrücklich angebotene und damit auch eingeleitete medizinische Prüfung der Beklagten aufzugreifen und sich aktiv am Prüfverfahren zu beteiligen. Stattdessen hat sie zu diesem Zeitpunkt jede Mitwirkung ohne nachvollziehbare Gründe verweigert (im Folgenden b.).

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, (zitiert nach juris) die Grundlagen des gesetzlichen Prüfverfahrens eingehend verdeutlicht. Zunächst hat das BSG in dieser Entscheidung den Grundsatz aufgestellt, dass das Krankenhaus aus den wechselseitigen Leistungsbeziehungen die Angaben zu machen oder die Unterlagen vorzulegen hat, die für die Beurteilung des Abrechnungsfalls erforderlich sind. Hierbei hat das Krankenhaus den Übermittlungspflichten nach § 100 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) und § 301 SGB V nachzukommen. Die Auskunftsverpflichtung der Klägerin ergibt sich grundsätzlich aus § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X und hier speziell aus § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V. Nach § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X ist das Krankenhaus verpflichtet, dem Leistungsträger “”im Einzelfall auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich”” ist und entweder der Betroffene eingewilligt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X) oder dies gesetzlich zugelassen ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X); ausgenommen hiervon sind nach § 100 Abs. 2 SGB X nur Angaben, die den Arzt oder ihm nahe stehende Personen der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Nach den zwingenden gesetzlichen Auskunftspflichten aus § 284 Abs. 1 Nr. 4 und 7 SGB V (in der Fassung vom 12. Dezember 1996, BGBl. I S. 1859, die vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2001 gültig war) war die Erhebung von Sozialdaten im Versorgungszeitraum für die Zwecke der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen, soweit sie nach Maßgabe der Prüfaufträge von Krankenkasse und MDK u. a. für die “”Prüfung der Leistungspflicht und die Gewährung von Leistungen an Versicherte (§§ 2 und 11)”” und für die “”Beteiligung des Medizinischen Dienstes (§ 275)”” erforderlich waren. Die Vorschrift ist auch im Folgenden insoweit im Wesentlichen unverändert geblieben. Gesetzlich im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X zugelassen und damit für den Krankenhausträger zwingend sind die Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V (in der insoweit unveränderten Fassung vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626). Danach sind die Krankenhäuser verpflichtet, der Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung u. a. den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung zu übermitteln (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Hiermit ist – auch zur Wahrung des Datenschutzes – abschließend und enumerativ aufgezählt, welche Angaben der Krankenkasse bei einer Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten auf jeden Fall zu übermitteln sind (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). In § 301 SGB V werden damit die Mindestangaben bezeichnet, die eine gesetzliche Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung und zur Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigt (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). Genügt die Anzeige schon diesen (Mindest)-Anforderungen nicht, fehlt es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02 R, zitiert nach juris).

Die Klägerin hat die notwendigen Daten nach § 301 SGB V übermittelt, so dass eine Einzelfallprüfung auf der ersten Stufe durch die Beklagte erfolgen konnte und hier auch tatsächlich stattgefunden hat (vgl. Schreiben der Beklagten vom 22. Dezember 2006 und vom 16. Februar 2007).

a. Die vollständige Übermittlung der Daten nach § 301 SGB V bewirkt jedoch – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht das Recht des Krankenhauses, jegliche Begründung oder Mitwirkung gegenüber der Krankenkasse mit dem Hinweis auf eine formal fehlende Beauftragung oder Anfrage des MD BEK zu verweigern. § 301 SGB V regelt und begrenzt den Datenverkehr auf das für die Abrechnung einer Krankenhausbehandlung Unerlässliche, verbietet allerdings nicht generell die Anforderung und Übermittlung weiterer Daten, wenn diese für ein Prüfungsverfahren erforderlich sind (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 87/04 KR; Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 40/04 KR; Urteil vom 19. November 2009 – L 4 KR 76/05). Wären die Krankenkassen tatsächlich ausnahmslos verpflichtet, den MDK bei jeder Abrechnungsnachfrage in einem Einzelfall einzuschalten, würde das gesetzliche Prüfungsrecht der Beklagten wegen der damit verbundenen völlig unabsehbaren Zahl von Verfahren praktisch leerlaufen, da diese Aufgabe allein dem MDK vorbehalten bliebe. Angesichts der hohen Anzahl von Krankenhausabrechnungsvorgängen dürfte diese Verlagerung des Prüfverfahrens auf den MDK unpraktikabel sein, dem Gebot der Wirtschaftlichkeit widersprechen und das gesetzliche Prüfungsrecht der Krankenkassen aushöhlen. Auch das BSG hat immer wieder die herausgehobenen Gestaltungsmöglichkeiten der Krankenkassen bei der Durchführung des Prüfungsverfahrens nach § 275 SGB V herausgestellt. Allein die Krankenkasse ist bei der Prüfung von Krankenhausrechnungen “”Herrin”” des Begutachtungsauftrages an den MDK. In diesem Rahmen entscheidet sie nach Maßgabe der §§ 275 ff SGB V, ob und mit welcher konkreten Fragestellung sie den MDK bei der Klärung einer medizinischen Frage einschaltet. Sie kann den Begutachtungsauftrag jederzeit ändern, ergänzen oder beenden, wenn sie dies aufgrund neuer Erkenntnisse für angezeigt hält. So hat das BSG der Krankenkasse sogar ein eigenes Klagerecht auf Herausgabe medizinischer Unterlagen an den MDK zugebilligt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 12/06 R). Die “”Übermittlung der Sozialdaten”” im Sinne des § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V geschieht in der Regel durch die vorübergehende Überlassung der Behandlungsunterlagen, kann aber auch auf anderem Wege erfolgen. Dabei steht es dem Krankenhaus frei, ob es die Unterlagen direkt an den MDK aushändigt oder übersendet oder sie in einem verschlossenen Umschlag an die Krankenkasse zur Weiterleitung an den MDK schickt. In Anlehnung an die Entscheidungen des Senats (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 87/04 KR; Urteil vom 13. August 2009 – L 4 KN 40/04 KR; Urteil vom 19. November 2009 – L 4 KR 76/05) sind von den Krankenhäusern außerhalb des Anwendungsbereichs von § 301 SGB V weitere Daten an die Krankenkassen nur zu übermitteln, wenn diese sich bei der Ausübung ihres Prüfungsrechtes an die gesetzlichen Voraussetzungen nach §§ 275, 276 SGB V halten. Gerade Abrechnungen, die zwar die Vorgaben des § 301 SGB V einhalten, jedoch bereits bei verständiger Würdigung auf medizinischer Laienebene berechtigte Schlüssigkeitsbedenken rechtfertigen können, verpflichten das Krankenhaus zu weiteren Erläuterungen oder zumindest zu einer aktiven Förderung des gesetzlichen Prüfverfahrens gegenüber der Krankenkasse.

Aufgrund der gemäß § 301 SGB V übermittelten Daten und der vorliegenden Abrechnung dürfte es aus medizinischer Laiensicht überprüfungswürdig erscheinen, warum der vom Krankenhaus planmäßig vorbereitete Eingriff nicht bereits am 20. November 2006 erfolgte bzw. nicht als vorstationärer Fall behandelt worden ist. Diese Fragen stehen mit der jeweiligen Rechnungshöhe auch in einem untrennbaren Zusammenhang. Dies gilt insbesondere für die gebotene rechtliche Differenzierung zwischen einer hier möglichen vor- oder auch nachstationäre Behandlung des Versicherten nach § 115 a SGB V und der notwendigen Abgrenzung zu einer vollstationären Krankenhausbehandlung gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Schließlich handelt es sich bei einer vor- oder nachstationären Behandlung um eine Sonderform der ambulanten Versorgung der Versicherten, für die sogar eine eigenständige Vergütungsregelung existiert (§ 115 a Abs. 3 SGB V).

Die Nachfragen der Beklagten vom 22. Dezember 2006 und vom 16. Februar 2007 sind vor diesem Hintergrund als nachvollziehbar und berechtigt anzusehen. Sie hat sich dabei keine ihr nicht zustehende medizinische Fachkompetenz angemaßt, sondern auf einer auch aus medizinischer Laiensicht nachvollziehbaren Bewertungsebene argumentiert, da sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht (Abgrenzung zwischen § 39 SGB V und § 115 a SGB V) offenkundige Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung bestanden haben. Diese Zweifel haben sich im Übrigen nach Auswertung der Patientenakte durch den MD BEV sowie nach späterer Einschätzung der Klägerin bestätigt.

Auch das BSG billigt den Krankenkassen einen gewissen eigenständigen Prüfungsrahmen in den Krankenhausabrechnungsfällen zu (vgl. Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 (a.a.O.). Danach ist ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (hier anwendbar ebenfalls in der insoweit unveränderten Fassung vom 22. Dezember 1999, BGBl I S. 2626) erst auf einer zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung einzuleiten, wenn sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den – medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten – Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V nicht selbst erschließen. Eine gutachterliche Stellungnahme des MDK ist erst einzuholen, wenn die vom Krankenhaus erteilten Informationen nach Voraussetzung, Art und Umfang der Krankenhausbehandlung nicht ausreichen. Dass die Krankenkassen kein Recht haben, selbst Einsicht in Behandlungsunterlagen zu nehmen, bedeutet nicht, dass die Krankenkassen nach Bundesrecht verpflichtet wären, Krankenhausrechnungen zu bezahlen, obwohl substantiierte Einwendungen dagegen erhoben worden sind (BSG a.a.O. Rdn. 18).

Die Beklagte hat aus den oben genannten Gründen substantiierte Bedenken im Sinne der Rechtssprechung des BSG gegenüber der Klägerin geltend gemacht und damit die erste Stufe des gesetzlichen Prüfungsverfahrens nicht verlassen. Die Klägerin musste auf diese berechtigten Nachfragen in geeigneter Weise reagieren, um die Berechtigung ihrer Abrechnung nachzuweisen bzw. zumindest das Prüfverfahren aktiv zu fördern. Beides hat sie pflichtwidrig unterlassen.

b. Selbst wenn der zugespitzten Argumentation der Klägerin zu folgen wäre, dass hier den Sachbearbeitern der Beklagten keinerlei eigene Prüfungskompetenz zugestanden hat, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Hierbei kommt insbesondere dem Schreiben der Beklagten vom 16. Februar 2007 eine besondere Bedeutung zu. Darin hat sie der Klägerin nicht nur die Anschrift des MD BEK mitgeteilt. Die von ihr gebrauchte Formulierung “können diese (Gründe) gerne dem Medizinischen Dienst erläutert werden” ist bei verständiger Würdigung nach objektivem Empfängerhorizont als konkludent erklärte Bereitschaft zur Einschaltung des MD BEV anzusehen, falls medizinische Gründe zu prüfen wären. Die Beklagte gab damit unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie einer medizinischen Überprüfung durch den MD BEV einschließlich der damit verbundenen Kostenfolge ausdrücklich zustimmt, sofern die Klägerin über medizinische Informationen verfügt, die ihre klar formulierten und auch nachvollziehbaren Abrechnungsbedenken hätten ausräumen können. Hierauf hat die Klägerin aber nicht reagiert, sondern stattdessen umgehend Klage erhoben. Spätestens nach der Mitteilung der Beklagten hätte es sich ihr aufdrängen müssen, dass diese das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V einzuleiten bereit war. Es wäre ihr auch ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen, die erbetene Begründung abzugeben oder auch die gesamten Unterlagen an die Beklagte im verschlossenen Umschlag zur Weiterleitung an den MD BEV zu schicken (vgl. BSGE 98, 142 = SozR 4-2500 § 276 Nr 1, jeweils RdNr 17). Dies hat sie jedoch ohne nachvollziehbare Gründe verweigert.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich im Übrigen auch grundlegend von den Sachverhalten, in denen eine Krankenkasse unter Hinweis auf angebliche Begründungsdefizite die Einschaltung des MDK offenbar aus Kostengründen vermeiden wollte und ohne jede konkrete Prüfung des Einzelfalls nähere Erklärungen vom Krankenhaus verlangt hatte (vgl. z.B. Urteil des Senats vom 30. Juni 2011 – L 4 KR 1/10). Die von der Klägerin behauptete Vergleichbarkeit dieses Verfahrens mit dem Beschluss des Senats vom 26. September 2011 – L 4 KR 21/11 NZB hält einer Nachprüfung nicht stand. Der dortigen Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem eine Krankenkasse nach einer Krankenhausabrechnung von Juni 2006 zunächst beanstandungslos bezahlt hatte und erst Ende Mai 2007 den Fall wieder als prüfungswürdig aufgegriffen hatte. Bereits der lange Zeitablauf von fast einem Jahr zwischen der zunächst unbeanstandeten Zahlung und der ersten Prüfungsanzeige weicht vom vorliegenden Verfahren deutlich ab. Im Übrigen sind die Voraussetzungen für den Erfolg einer Berufung und dem einer Nichtzulassungsbeschwerde grundlegend verschieden.

2. Da kein Verstoß gegen das gesetzliche Prüfverfahren vorliegt, lässt es der Senat ausdrücklich offen, ob ein denkbarer Einwendungsausschluss einer Krankenkasse einen Vergütungsanspruch des Krankenhauses ermöglichen kann, wenn dessen Anspruchsvoraussetzungen materiell nicht gegeben sind.

Auf die Rechtsfrage, ob die Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V eine gesetzliche Ausschlussfrist ist, die es der Krankenkasse grundsätzlich verwehrt, Einwände gegen Vergütungsanspruche aus einer Krankenhausbehandlung von Versicherten nach Ablauf dieser Frist noch geltend zu machen (so Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13. Juli 2011 – L 1 KR 501/10, zitiert nach juris, als Revisionsverfahren anhängig beim BSG unter B 3 KR 14/11 R), kommt es hier nicht an, da diese Vorschrift für den vorliegenden Abrechnungsfall aus dem Jahr 2006 noch nicht anzuwenden war (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 3/08 KR R, Rdn. 37, zitiert nach juris). Gleiches gilt für einen denkbaren Einwendungsausschluss wegen eines Verstoßes gegen ein generelles (ungeschriebenes) Beschleunigungsgebot durch eine treuwidrig verzögerte Prüfung der Krankenkassen (vgl. BSG, Urteil vom 20. November 2008 – B 3 KN 1/08 KR R, RdNr. 15, zitiert nach juris). Denn die Beklagte hat hier nicht zögerlich, sondern zügig gehandelt.

3. Die Beklagte ist auch nach der Budget- und Entgeltvereinbarung nicht vorleistungspflichtig gewesen. Sie war nach Erhalt der Rechnung grundsätzlich zur Zahlung verpflichtet. § 7 Abs. 1 Satz 1 der zwischen den Beteiligten geltenden Budget- und Entgeltvereinbarung (2006) bestimmt, dass der Rechnungsbetrag spätestens am 21. Kalendertag nach Eingang der Rechnung zu überweisen ist; wobei die Fälligkeit am 24. Kalendertag unter Berücksichtigung eines Post- und Banklaufweges von drei Tagen ab Rechnungsdatum eintritt. Diese Regelung begründet eine Pflicht der Beklagten, nach Übermittlung der vollständigen Daten nach § 301 SGB V und der vollständigen Rechnung die Zahlung innerhalb der genannten Frist vorzunehmen. Hier hat die Beklagte jedoch ausführlich begründet, warum Bedenken gegen die Abrechnung vom 27. November 2006 bestanden haben. Dies schließt eine Vorleistungspflicht aus, da es nicht sinnvoll ist, die Beklagte zu einer Zahlung zu verpflichten, die sie wegen berechtigter Zweifel umgehend von der Klägerin zurück verlangen könnte. Dies zeigen die in der Praxis häufig aufgetretenen sog. Aufrechnungsfälle auch deutlich.

4. Der Klägerin ist bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände treuwidriges Verhalten vorzuhalten. Im Sozialrecht findet der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben seine Anwendung. Die Partner einer dauerhaften rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung – wie hier – haben wegen der Vielzahl von Fällen auf eine vertrauensvolle und professionelle Zusammenarbeit hinzuwirken. In Anbetracht der Größe dieser Aufgabe und der notwendigen intensiven Zusammenarbeit im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen bestehen weitgehende gegenseitige Rücksichtnahmepflichten der Beteiligten. Es kann in Anbetracht dieser sehr intensiven Vertrags- und Rechtsbeziehungen erwartet werden, dass die Beteiligten jeweils die wechselseitigen Interessenlagen des jeweils anderen berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 R, zitiert nach juris) und einseitige Interessenwahrnehmungen zu Lasten des Vertragspartners vermeiden.

Aus dem Gebot der Rücksichtnahme war die Klägerin wegen der nachvollziehbaren und, wie sie selbst im gerichtlichen Verfahren später einräumen musste, auch medizinisch begründeten Zweifel an der Abrechnung verpflichtet, sich aktiv an der Beantwortung der von der Beklagten berechtigterweise gestellten Fragen zu beteiligen. Da sie dies pflichtwidrig verweigert hat, hat sie die Rücksichtnahmepflichten in einer dauerhaften Rechtsbeziehung erheblich verletzt, und sich damit treuwidrig verhalten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

III.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen (§ 160 Abs. 2 SGG) hierfür fehlt. Das BSG hat die zugrunde liegenden Rechtsfragen durch zahlreiche Entscheidungen umfassend geklärt.