Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 1 KR 501/10

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen

Urteil vom 13.07.2011 (inzwischen geändert durch B 3 KR 14/11 R vom 16.05.2012)

  • Sozialgericht Braunschweig S 40 KR 532/07
  • Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 1 KR 501/10

Das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 7. September 2010 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 830,35 Euro nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29. September 2007 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge. Der Streitwert wird auf 830,35 Euro festgesetzt. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, die M., begehrt von der Beklagten die Zahlung von Krankenhausbehandlungskosten.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne von § 108 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – (SGB V) und behandelte dort den Versicherten der Beklagten N …

Dem am 12. Januar 1929 geborenen Versicherten wurde durch die Fachärzte für Allgemeinmedizin O., Braunschweig, am 31. August 2007 Krankenhausbehandlung wegen eines Schlaf-Apnoe-Syndroms verordnet. Die Klägerin führte in der Zeit vom 05. bis 07. September 2007 in ihrem Schlaflabor eine kardiorespiratorische Polysomnographie durch. In ihrem Bericht vom 7. September 2007 an Dr. Piest sind die Diagnosen “gemischtes Schlafapnoe-Syndrom, Adipositas, bek. art. Hypertonie, bek. HLP, Z.n. AKE-Op 2005, Vorhofflimmern-Marcumartherapie, Bailey-Block” aufgeführt. Die Aufnahmeanzeige wurde der Beklagten nach dem Vorbringen der Klägerin am 6. September 2007 übersandt.

Die Klägerin erstellte am 13. September 2007 eine Rechnung (DRG E63Z, Rechnungsbetrag: 830,35 EUR), die der Beklagten per Datenträgeraustausch nach § 301 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) übermittelt wurde. Eine Bezahlung durch die Beklagte erfolgte nicht.

In der Verwaltungsakte befindet sich ein Ausdruck aus dem Datenträgeraustauschverfahren u.a. mit folgendem Inhalt: “Anfrage vom: 4.10.2007; Nach BUB-Richtlinien ist die Leistung ambulant zu erbringen. Sollte eine med. Indikation für eine stationäre Behandlung vorliegen, bitten wir um Mitteilung.”

Die Klägerin hat am 21. Dezember 2007 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben. Sie hat Stellungnahmen des Herrn Dr. P., Medizin Controlling, vom 08. April 2008 sowie des Herrn Dr. Q., Klinik für Innere Medizin – Schlaflabor -, vom 28. April 2010 vorgelegt und vorgetragen, die Beklagte habe die Zahlung zu Unrecht verweigert. Sie – die Klägerin- hätte den Versicherten unstreitig stationär in ihrem Krankenhaus behandelt. Die im Schlaflabor durchgeführte Polysomnographie zur Diagnose eines Schlaf-Apnoe-Syndroms sei medizinisch notwendig gewesen. Diese hätte nicht ambulant durchgeführt werden können. Der Versicherte hätte unter einem massiven Übergewicht gelitten, so dass die Schlaflaboruntersuchung nur unter stationären Krankenhausbedingungen medizinisch vertretbar gewesen sei. Zudem hätte es in der Region keine ambulanten Schlaflabore gegeben, die die Mindestanforderungen an die ständige Anwesenheit von ärztlichem Personal erfüllt hätten. Die Klägerin sei zudem nach § 275 Abs. 1c SGB V mit allen Einwendungen ausgeschlossen, da sie nicht innerhalb der Sechs-Wochenfrist des § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) beauftragt hätte.

Die Beklagte hat im Klageverfahren ein Gutachten des MDK vom 10. Februar 2010 vorgelegt, wonach die stationäre Behandlung des Versicherten medizinisch nicht notwendig gewesen sei. Die Schlaflaboruntersuchung hätte ambulant durchgeführt werden können. Zahlreiche Einrichtungen hätten im Jahre 2007 Ermächtigungen zum Betrieb ihrer Schlaflabore als ambulante Einrichtungen gehabt. Es würde sich um eine grundsätzlich ambulant durchzuführende Leistung handeln, die stationäre Erforderlichkeit sei nur in ganz besonderen medizinischen Ausnahmefällen anzunehmen. In Kenntnis dieser Tatsache sei bereits im Jahre 2006 sowie fortlaufend in den als stationär gemeldeten Fällen Rücksprache gehalten worden. Die Klägerin hätte jedoch nicht zu erkennen gegeben, dass sie von der vollstationären Schlaflabordiagnostik hätte absehen wollen. Aus diesen Gründen sei auch der hier vorliegende Streitfall bei der Plausibilitätskontrolle auffällig geworden. Folgerichtig hätte die Beklagte die Kostenübernahme für den Behandlungsfall abgelehnt. Das Fehlen der Kostenübernahmeerklärung hätte zur Folge, dass die Klägerin die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nachweisen müsse. Neben der Tatsache, dass der Klägerin die Hintergründe für die Ablehnung der Kostenzusage aufgrund jahrelanger Auseinandersetzungen bekannt gewesen seien, hätte die Beklagte die Klägerin zudem erneut darauf hingewiesen, dass diese Leistung ambulant zu erbringen sei, verbunden mit der Aufforderung, ggf. die Indikation für eine stationäre Aufnahme mitzuteilen. Die Beklagte könne nicht darauf verwiesen werden, jede nur formal richtig gestellte Rechnung begleichen zu müssen. Dadurch, dass sie die Kostenübernahme von vornherein nicht erklärt hätte, hätte sie bereits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung deutlich gemacht. Sie sei deshalb nicht an der Geltendmachung von Einwendungen gehindert. Auf die Einleitung einer MDK-Prüfung komme es gar nicht mehr an. Die Klägerin hätte dadurch, dass sie die stationäre Aufnahme der Beklagten gegenüber nicht begründet hätte, ein möglicherweise einzuleitendes Überprüfungsverfahren selbst behindert. Auf den Datensatz mit der Anforderung einer medizinischen Begründung hätte die Klägerin nicht geantwortet. Erst eine genauere Begründung hätte die Beklagte überhaupt in die Lage versetzen können zu entscheiden, ob eine Prüfung durch den MDK hätte erfolgen müssen. Es müsse der Krankenkasse auch gestattet sein, detaillierte medizinische Begründungen und aussagekräftige Unterlagen anzufordern, um überhaupt Einwendungen erheben zu können. Der Klägerin seien die grundsätzlichen Einwendungen in der Sache bekannt gewesen.

Das SG Braunschweig hat die Klage mit Urteil vom 07. September 2010 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Bezahlung nicht zustehe. Die Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch nach § 112 Abs. 2 Ziff. 1, 2, 4 und 5 des zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Verbänden der Krankenkassen geschlossenen Vertrages (Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag) in Verbindung mit § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V und den Regelungen der Bundespflegesatzverordnung sowie § 39 Abs. 1 SGB V hätten nicht vorgelegen.

Die Leistung sei nicht medizinisch erforderlich gewesen, sie hätte nicht vollstationär erbracht werden müssen, sondern das Behandlungsziel hätte durch ambulante Behandlung erreicht werden können. Zwar hätte der behandelnde Hausarzt eine Verordnung von Krankenhausbehandlung ausgestellt. Diese entbinde jedoch die Krankenhausärzte nicht von einer eigenständigen Prüfung der medizinischen Notwendigkeit vollstationärer Behandlung. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren sei, richte sich allein nach den medizinischen Erfordernissen. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit hätten im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig sei. Das Erfordernis der uneingeschränkten Überprüfbarkeit durch die Sozialgerichte ergebe sich aus dem Amtsermittlungsgrundsatz des sozialgerichtlichen Verfahrens (§ 106 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Dieser werde nicht durch § 275 SGB V eingeschränkt. Aus § 275 SGB V würde sich nicht ergeben, dass die Beklagte wegen Nichteinhaltens der dortigen Sechs-Wochen-Frist mit allen (insbesondere medizinischen) Einwendungen ausgeschlossen sei. Die Beklagte hätte nicht innerhalb der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c SGB V (nämlich gar nicht) eine MDK-Prüfung eingeleitet. Die sich aus § 275 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergebende Verpflichtung zur Prüfung korrespondiere mit dem Recht, vom Krankenhaus die dortigen Unterlagen zur Prüfung durch den MDK verlangen zu können. Daraus ergebe sich, dass bei Verletzung der Pflicht, die Prüfung binnen sechs Wochen einzuleiten, auch das entsprechende Recht erlöschen würde. Damit hätte die Krankenkasse jedoch lediglich ihr Recht auf medizinische Prüfung des Falls durch den MDK unter Mithilfe des Krankenhauses verloren. Dies bedeute für sie den erheblichen Nachteil, im Streitfall vor Gericht ihre Erfolgsaussichten nicht mehr medizinisch anhand der Krankenakten überprüfen zu können.

Weitergehende Sanktionen sehe das Gesetz nicht vor. Insbesondere sei nirgendwo bestimmt, dass es sich bei der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V um eine auch vom Gericht zu beachtende Einwendungsausschlussfrist handeln würde. Eine solche, über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehende Interpretation widerspreche insbesondere dem vom Großen Senat (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) aufgestellten Grundsatz, dass das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen hätte, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig sei. Auch würde eine solche Interpretation dem gesetzgeberischen Willen zuwiderlaufen, die Krankenhäuser von übermäßig vielen MDK-Prüfungen freizuhalten. Die Krankenhäuser könnten Nachfragen der Krankenkasse wegen unschlüssiger Datenmeldungen nach § 301 SGB V unbeantwortet lassen und sich nach sechs Wochen auch bei eklatant unrichtigen Abrechnungen auf den Einwendungsausschluss berufen. Die Krankenkassen müssten dann, um keine prozessfreien Rechtsverluste zu erleiden, auch in allen Fällen, in denen ihrer Ansicht nach einvernehmlich zu klärende Missverständnisse oder Eingabefehler vorliegen oder die Sachlage auch ohne MDK-Beratung eindeutig sei, diesen umgehend mit einer Prüfung beauftragen. Im sozialgerichtlichen Klageverfahren sei nicht mehr die Krankenkasse zur medizinischen Sachverhaltsaufklärung berufen, sondern diese obliege dem Gericht. Das Krankenhaus sei zur Herausgabe der Krankenakten an das Gericht verpflichtet.

Aus dem Inhalt der Krankenhausakte ergebe sich bereits nicht, dass die Durchführung der Polysomnographie im Schlaflabor medizinisch notwendig gewesen sei. Es sei darüber hinaus jedenfalls nicht medizinisch notwendig gewesen, diese im Schlaflabor der Klägerin im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung durchzuführen. Sie hätte auch ambulant durchgeführt werden können. Die Qualitätsanforderungen und die Voraussetzungen für die Durchführung der kardiorespiratorischen Polysomnographie in der vertragsärztlichen Versorgung seien durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) in Nr. 3 der Anlage 1 der “Richtlinie Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung” geregelt. Die dort aufgestellten Qualitätsanforderungen und Voraussetzungen seien auch im Rahmen der Krankenhausbehandlung anerkannter Standard.

Schlafbezogene Atmungsstörungen im Sinne der Richtlinie seien nach § 1 Abs. 2 Anlage 1 Nr. 3 die obstruktiven und zentralen Schlafapnoe- und Hypopnoe-Syndrome sowie obstruktive Rhonchopathien, die während des Schlafes zu bedrohlichen Apnoe- und Hypopnoe-Phasen, Sauerstoffentsättigungen des Blutes, Herzrhythmusstörungen und erheblichen, behandlungsbedürftigen Beeinträchtigungen der Schlafqualität führen könnten. Bei dem Versicherten sei es um die Diagnostik eines solchen Schlaf-Apnoe-Syndroms gegangen. Die Diagnose erfolge in vier Stufen. Erst wenn Anamnese, klinische Untersuchung und kardiorespiratorische Polygraphie keine Klärung gebracht hätten, könne die kardiorespiratorische Polysomnographie als ergänzende Diagnostik durchgeführt werden. Ob diese Voraussetzungen hier gegeben seien, lassen sich der Krankenhausakte nicht entnehmen. Es finde sich kein Hinweis auf eine zuvor durchgeführte Polygraphie. Die ergänzende Diagnostik der Stufe 4 sei deshalb medizinisch nicht erforderlich gewesen. Diese hätte aber auf jeden Fall auch ambulant durchgeführt werden können. Seit 11. November 2004 könnten auch Polysomnographien in zugelassenen Schlaflaboren ambulant durchgeführt werden und nicht mehr wie zuvor vollstationär im Krankenhaus. Zwar hätte der Versicherte neben der Schlafstörung noch an massivem Übergewicht gelitten. Dies sei jedoch keine Diagnose, die bei einer diagnostischen Untersuchung wie hier die besonderen Mittel eines Krankenhauses erfordere. Übergewicht liege bei einer Vielzahl von schlafgestörten Patienten begleitend vor. Auch ambulante Schlaflabore verfügten über entsprechendes Fachpersonal. Der Anwendungsfall der ambulant durchzuführenden Schlaflaboruntersuchung wäre auf ein Minimum reduziert, wenn bei häufig vorkommenden Begleitdiagnosen die ambulante Durchführung medizinisch nicht vertretbar wäre. Im Übrigen würde sich aus der Krankenakte ergeben, dass es sich um einen sehr selbstständigen Patienten gehandelt hätte.

Das Gericht orientiere sich bei seiner Entscheidung an der “Arbeitshilfe schlafbezogene Atmungsstörungen” der sozialmedizinischen Expertengruppe “Versorgungsstrukturen” des MDK vom September 2006. Gründe für eine vollstationäre Durchführung seien danach im Regelfall nur das Vorliegen einer schweren psychischen Erkrankung, eine bekannte, medikamentös unzureichend eingestellte Epilepsie und ein bekannter erhöhter Pflegebedarf, der in einem ambulanten Schlaflabor nicht abgedeckt werden könne. Für das Vorliegen einer solchen Erschwernis gäbe es hier keine Anhaltspunkte.

Die Möglichkeit der ambulanten Polysomnographie wäre auch nicht wegen unzureichender Versorgungsstrukturen im Jahr 2007 ausgeschlossen gewesen. Allein in der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), der auch die Klägerin angehöre, seien seit 2005 über 200 nach § 2 Anlage I Nr. 3 zur ambulanten Abrechnung zugelassene Schlaflabore akkreditiert, davon etliche im Umkreis von 100 km um R … Dem unsubstantiierten Einwand der Klägerin, diese erfüllten nicht die Mindestanforderungen, brauche das Gericht nicht nachzugehen, weil mit der Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung wegen § 2 Abs. 2 Anlage I Nr. 3 die Einhaltung der Qualitätsanforderungen unterstellt werden könne. Zwar gäbe es bei einigen dieser Schlaflabore längere Wartezeiten, dies würde aber nicht auf die großen Labore in S. und T. zutreffen. Der Versicherte hätte deshalb entweder warten können (ein Eilfall hätte nicht vorgelegen) oder eines der etwas weiter entfernt liegenden Schlaflabore aufsuchen können. Es seien keine Gründe für den Ausschluss der Reisefähigkeit des Versicherten ersichtlich.

Gegen das ihr am 24. September zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Oktober 2010 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen erhoben. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Beklagte durch die Versäumung der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V mit ihren medizinischen Einwendungen gegen die hier streitige Krankenhausbehandlung endgültig ausgeschlossen sei. Die Krankenhausrechnung sei der Beklagten am 13. September 2007 per Datenträgeraustausch übermittelt worden, die Sechs-Wochen-Frist somit am 27. Oktober 2007 abgelaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte die Beklagte den MDK nicht mit einer Prüfung beauftragt. Die Einschaltung des MDK sei notwendig gewesen, da die Beklagte Zweifel an der Behandlungsnotwendigkeit gehabt hätte. Die stationäre Behandlungsnotwendigkeit sei eine medizinische Fachfrage, die von der Beklagten nicht ohne Beteiligung des MDK hätte beantwortet werden können.

Entgegen der Auffassung des SG könne nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V eine von der Beklagten versäumte Einschaltung des MDK durch Beiziehung der Krankenakten durch das Gericht und deren Auswertung durch den MDK nicht nachgeholt werden. § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V beschränke den sozialgerichtlichen Amtsermittlungsgrundsatz, da die Sechs-Wochen-Frist eine Ausschlussfrist darstelle. Sie schließe nach ihrem Ablauf jegliche Einwendungen der Beklagten aus, die die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung betreffen würden. Die Einschaltung des MDK im Klageverfahren sei somit verspätet gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 07. September 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 830,35 EUR nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. September 2007 zu zahlen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das Versäumen der Prüffrist führe nicht zum Einwendungsausschluss. Nach der Rechtsprechung des BSG hätte das jeweilige Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, ob und inwieweit eine Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig sei. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die gerichtliche Nachprüfung nach Würdigung aller Umstände rechtsmissbräuchlich wäre. Dies sei hier nicht der Fall. Es handele sich bei der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V nicht um eine Ausschlussfrist. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Frist seien in der Vorschrift selbst nicht niedergelegt. Der Gesetzgeber hätte diesen Umstand einzig und allein den Vertragspartnern überlassen. Der Niedersächsische Landesvertrag schweige jedoch hierzu. § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V stelle lediglich eine Ordnungsvorschrift dar. Die Beklagte hätte daher gegen den Vergütungsanspruch der Klägerin im Klageverfahren Einwendungen geltend machen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der den Versicherten N. betreffenden Krankenakte der Klägerin sowie den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegen- stand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung geworden.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 ff SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig.

Sie ist auch begründet.

Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG, denn bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse handelt es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z. B. BSGE 92, 300, 301 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 2; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr. 12 Rdnr. 10). Ein Vorverfahren ist nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

Die Klägerin hat auch ihren Antrag beziffert und damit den Anforderungen des BSG hinreichend Rechnung getragen (vgl. BSGE 92, 300, 301; BSGE 86, 166, 167 = SozR 3- 2500 § 112 Nr. 1).

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten die Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten in der Zeit vom 5. bis 7. September 2007 in Höhe von 830, 35 EUR beanspruchen.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit den Pflegesatzvereinbarungen der Beteiligten und dem zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und der Krankenhausgesellschaft geschlossenen Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs. 2 SGB V.

Die Zahlungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Die Krankenkasse ist bei einem zugelassenen Krankenhaus § 108 SGB V als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist (st. Rechtsprechung, vgl. BSGE 89, 104, 105 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 2 Rdnr. 7; BSG SozR-4-2500 § 39 Nr. 15 Rdnr. 12 ff).

Eine Kostenübernahmeerklärung hat für den Zahlungsanspruch des Krankenhauses hingegen keine konstitutive Bedeutung in dem Sinne, dass davon die Zahlungspflicht der Krankenkasse abhängt. Sie hat lediglich eine beweisrechtliche Funktion, falls sie abgegeben wird und den streitigen Behandlungszeitraum abdeckt. Dass die Beklagte im vorliegenden Fall ist eine Kostenübernahmeerklärung vor oder mit der stationären Aufnahme des Versicherten am 05. September 2007 nicht abgegeben hat, hat daher keinen Einfluss auf ihre Zahlungsverpflichtung.

Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen, wobei unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand zu verstehen ist, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (vgl BSG SozR 4-2500 § 39 Nr. 2 Rdnr. 9; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; BSG, Urteil vom 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R Rdnr. 13).

Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme durch Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

Die Entscheidung darüber, ob dem Versicherten ein Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung als Sachleistung zusteht und ob die stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, obliegt nicht dem Krankenhaus, sondern der Krankenkasse, gegen die sich der Anspruch richtet (vgl. Beschluss des GS des BSG vom 25. September 2007 – GS 1/06 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 10 Rdnr. 28 ff). Wird der Patient ohne vorherige Konsultation der Krankenkasse stationär aufgenommen, entscheidet diese über den Behandlungsanspruch indirekt, indem sie, erforderlichen Falls nach Einschaltung des MDK, eine in der Regel befristete Kostenzusage (Kostenübernahmeerklärung) erteilt. In allen Fällen hat die Krankenkasse vor ihrer Entscheidung die Erforderlichkeit der stationären Behandlung eigenständig und ohne Bindung an die Beurteilung des zuständigen Krankenhausarztes zu prüfen.

Die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung regeln die Verbände der Krankenkassen und die Vereinigungen der Krankenhausträger entsprechend der Ermächtigung in § 112 SGB V durch zweiseitige Verträge auf Landesebene und durch Rahmenempfehlungen ihrer Spitzenverbände. In diesem Zusammenhang können auch Vereinbarungen darüber getroffen werden, auf welchem Wege Meinungsverschiedenheiten zwischen Krankenhaus und Krankenkasse über die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung bereinigt werden sollen und welches Verfahren dazu einzuhalten ist. Derartige Vereinbarungen in den Normsätzungsverträgen auf Landesebene können aber nicht bewirken, dass die Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung entgegen dem Gesetz nicht nach objektiven Maßstäben getroffen wird, sondern der subjektiven Einschätzung des Krankenhausarztes überlassen bleibt (Beschluss des GS vom 25. September 2007, a. a. O.).

Die Beurteilung, ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach medizinischen Erfordernissen. Reicht nach dem Krankheitsbefund eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthaltes auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt und wegen des Fehlens einer geeigneten Einrichtung vorübergehend im Krankenhaus bleiben muss. Die Entscheidung des Krankenhausarztes ist darauf zu prüfen, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes eine Krankenhausbehandlung erforderlich war.

Krankenhausbehandlung ist dann erforderlich, wenn der kombinierte Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und eine stationäre Behandlung erforderlich machen. Der Anspruch auf Krankenhausbehandlung besteht nur dann, wenn der behandlungsbedürftigen Krankheit mit den spezifischen Mitteln des Krankenhauses begegnet werden muss und eine erforderliche Behandlung nicht in ebenso guter Weise ambulant durchgeführt werden kann oder wenn eine medizinische Rehabilitation möglich ist (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr. 2 Rdnr. 16).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen sowie der Stellungnahmen der behandelnden Ärzte der Klägerin und des MDK hat das SG zutreffend entschieden, dass die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten in dem streitigen Zeitraum medizinisch nicht erforderlich war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die ausführliche Begründung in dem Urteil des SG Bezug genommen, der sich der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang anschließt.

Gleichwohl ist die Beklagte mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V, dem Vertrag nach § 112 Abs 2 SGB V und den entsprechenden Vereinbarungen zur Zahlung der Krankenhausbehandlung verpflichtet. Sie ist mit dem Einwand der fehlenden medizinischen Notwendigkeit und der fehlenden Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung des Versicherten ausgeschlossen, denn sie hat die Prüfung der Erforderlichkeit nicht spätestens sechs Wochen nach Eingang der Rechnung eingeleitet.

Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen.

Nach § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V, eingefügt durch Gesetz vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) mit Wirkung ab 01. April 2007 – geändert durch Gesetz vom 17. März 2009 (BGBl. I S. 534), ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 eine Prüfung nach Abs. 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Gemäß § 275 Abs 1 c Satz 2 SGB V ist die Prüfung nach Satz 1 spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale von 100,00 EUR (seit März 2009: 300,00 EUR) zu entrichten.

Bei der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1 c Satz 2 SGB V handelt es sich um eine auch im Gerichtsverfahren zu beachtende Ausschlussfrist. Nach Ablauf dieser Sechs-Wochen-Frist nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse darf eine Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung (Abs. 1 Nr. 1) nicht mehr eingeleitet werden.

Dies ergibt sich zunächst aus dem eindeutigen Wortlaut des § 275 Abs 1 c Satz 2 SGB V “spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten”. Die Prüfung bezieht sich gemäß § 275 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V auf die “Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung”.

Diese Auslegung ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung im Gesetzesentwurf und dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift.

Nach der Begründung in dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-stärkungsgesetz – GKV-WSG -) (BT-Drucks. 16/3100 zu Nr. 185 (§ 275) S. 171) ist durch Satz 2 nach Eingang des Rechnungsdatensatzes bei der Krankenkasse eine Ausschlussfrist (Hervorhebung durch den Senat) von sechs Wochen eingeführt, innerhalb derer die Krankenkasse die Prüfung einzuleiten und der Medizinische Dienst dem Krankenhaus die Prüfung anzuzeigen hat. Prüfungen, die nach Ablauf dieses Zeitraums dem Krankenhaus angezeigt werden, sind nicht zulässig.

Begründet wurde der Einführung des § 275 Abs 1 c SGB V damit, dass die Prüfungsmöglichkeit in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt worden sei. Dies habe zu unnötiger Bürokratie geführt. Für einzelne Kassenarten hätten Hinweise zu Prüfquoten im Rahmen der Einzelfallprüfung in Höhe von 45 % der Krankenhausfälle vorgelegen. Dies hätte den Verwaltungsablauf in den Krankenhäusern teilweise erheblich beeinträchtigt, für zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand gesorgt und in der Regel zu hohen und nicht gerechtfertigten Außenständen und Liquiditätsproblemen geführt. Eine zeitnahe Prüfung sei nicht immer gewährleistet gewesen. Teilweise wären weit zurückliegende Fälle aus Vorjahren geprüft worden. Dies hätte auch zu Unsicherheiten bei Erlösausgleichen und Jahresabschlüssen geführt.

Wörtlich ist in dem Gesetzesentwurf ausgeführt: “Als Beitrag zu dem angestrebten Bürokratieabbau werden Anreize gesetzt, um Einzelfallprüfungen zukünftig zielorientierter und zügiger einzusetzen. Sofern hohe Prüfquoten z. B. auf systematische Mängel bei der Abrechnung durch das Krankenhaus zurückgehen, können diese im Rahmen der verdachtsunabhängigen Stichprobenprüfung nach § 17c des Krankenhausfinanzierungsgesetzes geprüft und aufgedeckt werden. Die Stichprobenprüfung erfasst grundsätzlich Abrechnungen gegenüber allen Krankenkassen. Da von dieser Möglichkeit bislang nur wenig Gebrauch gemacht wird, wird parallel zu Änderungen bei der Einzelfallprüfung die Einleitung einer Stichprobenprüfung erleichtert sowie die Prüfung gleichgewichtiger ausgerichtet (vgl. a und b der Begründung zu § 17c KHG). Nach Satz 1 der Neuregelung ist eine Einzelfallprüfung zeitnah durchzuführen. Dies gilt für sämtliche Schritte der Einleitung durch die Krankenkasse unter Durchführung der Prüfung durch den Medizinischen Dienst. Bereits das Bundessozialgericht (BSG vom 13. Dezember 2001, B 3 KR 11/01 R) hat die für eine anschauliche Beurteilung erforderliche zeitnahe Prüfung unterstrichen und auf die ansonsten bestehende Gefahr einer sich verschlechternden Beweislage und eines erhöhten Aufwands verwiesen. Das BSG hebt hervor, dass die Einleitung des Verfahrens unter Einschaltung des MDK spätestens dann notwendig ist, wenn die Krankenkasse nach Vorlage der Rechnung und dem Fälligwerden der geforderten Vergütung Zweifel an der Behandlungsnotwendigkeit hat. Dabei entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (BSG vom 17. Mai 2000, B 3 KR 33/99 R). Zugleich ist es einer Krankenkasse nicht gestattet, bei beanstandeten Rechnungen lediglich den unbestrittenen Teil der Forderung gleichsam als Vorschusszahlung unter Zurückhaltung des bestrittenen Anteils bis zur abschließenden Klärung zu leisten (BSG 23.Juli 2002, B 3 KR 64/01)” (BT-Drucks. a. a. O., S. 171).”

Nach dem Wortlaut, der Begründung im Gesetzesentwurf und dem sich daraus ergebenden Sinn und Zweck der Vorschrift soll gerade die Prüfung nach § 275 Abs. 1 Satz 1 SGB V im Krankenhausbereich zielgerichtet und zügig durchgeführt werden. Die Krankenkasse soll nach Ablauf der Ausschlussfrist grundsätzlich an einer Prüfung der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung gehindert sein.

Die Zielrichtung der Neuregelung des § 275 Abs. 1c SGB V, eine Verzögerung des Rechnungsprüfungsverfahrens zu verhindern, würde geradezu in ihr Gegenteil verkehrt, wenn die Prüfung nach Ablauf der Ausschlussfrist zwar nicht mehr durch die Krankenkasse selbst vorgenommen werden dürfte, dafür aber in das Gerichtsverfahren verlagert werden könnte. Dadurch würde zudem die Belastung der Gerichte weiter verstärkt (vgl. SG Darmstadt, Urteil vom 20. Mai 2010 – S 18 KR 344/08, Rdnr. 21 – zitiert nach juris). Wenn die Krankenkasse es versäumt, unter Ausschöpfung ihrer eigenen Überprüfungsmöglichkeiten ihre Einwendungen zu konkretisieren, ist über die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung vom Gericht auch kein Beweis mehr zu erheben (so auch SG Augsburg, Urteil vom 22. Juli 2009 – S 12 KR 35/09 Rdnr. 30- zitiert nach juris).

Auch systematische Gründe sprechen gegen eine Überprüfbarkeit im Gerichtsverfahren nach Ablauf der Frist des § 275 Abs. 1 Satz 1 SGB V, denn damit würde eine materiellrechtliche Ausschlussfrist durch eine bloße verfahrensrechtliche Bestimmung, den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 106 SGG, ausgehebelt. Die Prüfung der Erforderlichkeit kann daher bei Versäumung der Sechs-Wochen-Frist entgegen der Ansicht des SG grundsätzlich nicht im Klageverfahren nachgeholt werden.

Ob die Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V auch dann gilt, wenn eklatant unrichtige Abrechnungen, Eingabefehler oder Missverständnisse vorliegen, ist hier nicht zu entscheiden, da ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Es ging ausschließlich um die medizinische Erforderlichkeit einer stationär im Schlaflabor durchgeführten Polysomnographie, die, wie die von der Beklagten im Datenträgeraustauschverfahren übersandte Anfrage und das von ihr im Gerichtsverfahren vorgelegte ausführliche Gutachten des MDK vom 10. Februar 2010 zeigen, im Hinblick auf ihre medizinische Notwendigkeit durch den MDK zu begutachten gewesen wäre.

Eben so wenig ist hier zu entscheiden, ob die Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1 c Satz 2 SGB V auch gilt, wenn das Krankenhaus Nachfragen wegen unschlüssiger Datenmeldungen nach § 301 SGB V innerhalb der Frist unbeantwortet gelassen hat oder wenn das Krankenhaus die Einleitung des Prüfverfahrens durch die Krankenkasse erschwert hat (verneinend LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. September 2010 – L 5 KR 90/09, Breithaupt 2011, 292, 295). Auch ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin der Beklagten vielmehr nach ihrem unbestrittenen Vortrag die stationäre Aufnahme des Versicherten am 6. September 2007 angezeigt und am 13. September 2007 eine Rechnung über 830,35 EUR gestellt. Nach § 13 Abs 6 Satz 1 des Vertrages nach § 112 Abs 2 SGB V hat die Krankenkasse die Rechnung unverzüglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsdatum zu bezahlen. § 13 Abs 6 Satz 5 des Vertrages regelt, dass Beanstandungen sachlicher und rechnerischer Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht und Differenzbeträge verrechnet werden können.

Um den Krankenkassen die Prüfung zu ermöglichen, können diese vom Krankenhaus die Herausgabe von Behandlungsunterlagen an den MDK verlangen (BSG, Urteil vom 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R = SozR4-2500 § 109 Nr. 16 Rdnr 19 ff; BSGE 98, 142, 145 = SozR 4-2500 § 276 Nr. 1). Es dürfen detaillierte medizinische Begründungen und aussagekräftige Unterlagen angefordert werden, um überhaupt Einwendungen erheben zu können. § 275 Abs 1 Nr. 1 SGB V schreibt dem Krankenhaus dabei keinen bestimmten Weg vor, in welcher Weise das gesetzliche Begutachtungsverfahren einzuleiten ist. Das Krankenhaus ist auch zur Mitwirkung an der Überprüfung der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung verpflichtet (BSG SozR 4- 2500 § 109 Nr. 16 Rdnr. 19).

Die Beklagte hat nach den vorliegenden Unterlagen eine zügige Übersendung einer detaillierten medizinischen Begründung oder die Herausgabe von Unterlagen jedoch nicht angefordert oder angemahnt.

Tatsächlich hat die Beklagte weder die Rechnung bezahlt noch das Verfahren nach § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs 1c SGB V eingeleitet; eine Prüfung durch den MDK ist der Klägerin nicht angezeigt worden, obwohl nach dem Vortrag der Beklagten zwischen den Beteiligten seit Jahren Streit darüber besteht, ob und in welchen Einzelfällen die Behandlung im Schlaflabor stationär zu Lasten der Beklagten erbracht werden darf.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf ihren Datensatz hinweist, in dem sie sich auf die BUB-Richtlinien bezieht und um Mitteilung bittet, sollte eine medizinische Indikation für eine stationäre Behandlung vorliegen, ist darin weder eine Aufforderung zur Übersendung von Behandlungsunterlagen noch die Anzeige einer Prüfung im Sinne des § 275 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu sehen.

Zum Einen hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 23. August 2010 vorgetragen, eine entsprechende Anforderung der Beklagten nicht erhalten zu haben.

Zum Anderen regelt § 301 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 bis 9 SGB V abschließend, welche Angaben im Datenträgeraustauschverfahren übermittelt werden sollen. Die Vorschrift begrenzt den Datenverkehr auf das für das Abrechnungsverfahren Unerlässliche. Eine medizinische Begründung ist nach § 301 Abs 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V nur zu übermitteln, falls die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung überschritten wird. § 301 SGB V verbietet zwar nicht die Anforderung und Übermittlung weiterer Daten, wie sie für die Feststellung der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung benötigt werden. Welche Übermittlungsbefugnisse bei Überprüfungen, in denen die Krankenkasse zwingend den MDK einschalten muss, konkret bestehen, ergeben sich jedoch nicht aus § 301 Abs 1 Satz 1 SGB V, sondern speziell aus §§ 276, 275 SGB V (so ausdrücklich BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 16 Rdnr. 22).

Die von der Beklagten hier im Einzelnen gewünschten Angaben über die Indikation für eine stationäre Behandlung und die Übermittlung weiterer Begründungen können daher nicht im Datenträgeraustauschverfahren erfolgen.

Die Krankenkasse hat selbst die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs durch eine Prüfung festzustellen. Daran hat auch die Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems nichts geändert. Neben der Möglichkeit der Stichprobenprüfung nach § 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz besteht die Möglichkeit der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 SGB V. In beiden Fällen hat die Krankenkasse zur Prüfung den medizinischen Dienst einzuschalten (BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 – B1 KR 29/09 Rdnr. 16). Da es der Kasse vor Einschaltung des MDK in der Regel an medizinischem Sachverstand fehlt, kommt zunächst nur eine einfache Plausibilitätskontrolle in Betracht, etwa bei offenbaren Diskrepanzen zwischen Aufnahme, Diagnose und Verweildauer, der stationären Aufnahme in Behandlungsfällen, die üblicherweise ambulant durchgeführt werden, oder etwa einer Diskrepanz zwischen Aufnahmediagnose und Fallpauschale nach den DRG.

Bestehen jedoch Zweifel an der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung, muss sich die Krankenkasse zur Prüfung dieser Zweifel des MDK bedienen. Die Frage der Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung ist eine medizinisch zu beantwortende Frage. Eine andere Möglichkeit, die fehlende Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zu beweisen, als durch die Überprüfung des MDK, hat die Krankenkasse nicht. Aufgrund der datenschutzrechtlicher Regelungen der §§ 276, 301 SGB V, 67 ff SGB X können keine medizinischen Daten des Versicherten unmittelbar an die Krankenkasse weitergegeben werden. § 301 SGB V sieht nur eine eingeschränkte Datenübermittlung vor. Lediglich im Rahmen der Überprüfung durch den MDK hat dieser nach § 276 Abs 2 Satz 1 SGB V, nicht aber die Krankenkasse, die Möglichkeit, die Behandlungsdokumentation einzusehen, die allein den Nachweis für die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung erbringen kann. Das Krankenhaus selbst hat diese Befugnis nicht, vielmehr muss der MDK durch die Krankenkasse eingeschaltet werden. Unterlässt die Krankenkasse die Einschaltung des MDK, so ist sie mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die vorrangig einer Nachprüfung durch den MDK zugänglich sind.

Die Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen verpflichten im Übrigen zur gegenseitigen Rücksichtnahme nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und diese Sonderrechtsbeziehung kann auch wechselseitig bestehende Ansprüche begrenzen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 KR 1/10 R Rdnr. 20; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 19 Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 12/08 R Rdnr. 10).

Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass Krankenkassen mit Einwendungen ausgeschlossen sind. Haben sie z. B. ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben haben, sind sie mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die sie bei Abgabe der ersten Übernahmeerklärung kannten, oder mit denen sie zumindest rechnen mussten (BSGE 86, 166, 170 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil vom 24. Januar 2008 – B 3 KR 6/07 R Rdnr. 28).

Das BSG hat ferner entschieden, dass die Krankenkasse nach Treu und Glauben mit Einwendungen ausgeschlossen sein kann, wenn sie das zur Klärung vorgesehene Verfahren nicht rechtzeitig einleitet (BSGE 89, 104, 110 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2 S. 10, 16 “Berliner Fälle”; BSG Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KA 12/08 R Rdnr. 10). Das BSG hat ausgeführt, dass bereits den landesrechtlichen Verträgen ein generelles Gebot zur zügigen Abwicklung verwaltungsmäßiger Vorgänge (Beschleunigungsgebot) immanent ist (BSG SozR 4-2500 § 112 Nr. 6 Rdnr. 13).

In § 275 Abs 1 c Satz 2 SGB V ist nun ausdrücklich eine sechswöchige Ausschlussfrist für die Einleitung der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 Satz 1 SGB V normiert worden, mit der Folge, dass diese gesetzliche Frist zur Überprüfung der Abrechnung oder der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung einzuhalten sind. Die Ausschlussfrist ist, wie oben dargelegt, auch im Gerichtsverfahren zu beachten. Eine weitere gerichtliche Sachaufklärung der Behandlungsnotwendigkeit findet dann nicht mehr statt (vgl. BSGE 89, 104, 2. Leitsatz).

Die Beklagte ist nach alledem mit den im Gerichtsverfahren aufgrund des Gutachtens des MDK vom 10. Februar 2010 erhobenen Einwendungen ausgeschlossen und zur Zahlung der streitigen Krankenhausbehandlung ihres Versicherten verpflichtet.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 13 Abs 7 des Vertrages nach § 112 Abs 2 SGB V. Wenn der Zahlungseingang nicht innerhalb von 21 Tagen erfolgt, kann das Krankenhaus Zinsen in Höhe von 2 % über dem Diskontsatz ab Fälligkeitstag verlangen, ohne dass es einer Mahnung bedarf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht §§ 63, 52 Abs. 1 und 3, 47 Gerichtskostengesetz.

Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Frage, ob die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung durch das Sozialgericht auch dann uneingeschränkt geprüft werden kann, wenn die Krankenkasse innerhalb der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V keine Prüfung eingeleitet hat, von grundsätzlicher Bedeutung und noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist.