Sozialgericht Ulm S 13 KR 630/16

Sozialgericht Ulm Urteil vom 4.5.2017, S 13 KR 630/16

Zusammenfassung:

Bei der Beatmung mittels CPAP/ASB handelt es sich um maschinelle Beatmung im Sinne der Definition der DKR 2012. Nach der eng am Wortlaut erfolgten Auslegung der Abrechnungsbestimmungen beginnt eine Entwöhnung von der künstlichen Beatmung bereits mit deren Beginn, die jedoch nur dann erfolgreich verläuft, wenn der Patient über (hier) 24 Stunden vollständig ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet.

Tatbestand

1 Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Vergütung für eine stationäre Krankenhaus (KH)-Behandlung in Höhe von 10.033,41 EUR wegen der Frage der anrechenbaren Beatmungsstunden.

2 Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) zur Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassenes KH in H..

3 Die 1929 geborene, mittlerweile verstorbene und bei der beklagten Krankenkasse versichert gewesene Patientin M. Z. (P) wurde wegen zunehmender Rückenschmerzen sowie Schmerzen im Epigastrium und im linken Oberbauch zunächst am 28.08.2012 in der Medizinischen Klinik I der Klägerin stationär aufgenommen. Nachdem ein resektables Pankreaskarzinom diagnostiziert worden war, wurde P am 07.09.2012 zur Resektion in die Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie der Klägerin verlegt. Nach der partiellen pyloruserhaltenden Pankreatikoduodenektomie am 10.09.2012 wurde P auf der Intensivstation betreut. P entwickelte ein akutes Nierenversagen, der arterielle Sauerstoffpartialdruck (pO2) fiel am 12.09.2012 von 98.1 (Blutgasanalyse (BGA) von 13:44 Uhr) auf 84.7 (BGA von 17:29 Uhr) und 84.0 (BGA von 19:24 Uhr); gleichzeitig stieg der Kohlendioxidpartialdruck (pCO2) von 53,7 auf 56,9. Deshalb wurde P ab dem 12.09.2012 um 21:00 Uhr mit nichtinvasiver Beatmung beatmet; in den Intensivkurven ist hierzu vermerkt: NIV (Non-Invasive-Ventilation) mit einem PEEP (Positive EndExpiratory Pressure – positiver endexspiratorischer Druck) und ASB (Assisted Spontaneous Breathing – unterstützte Spontanatmung). Die Beatmung erfolgte in unregelmäßigen Abständen über die nächsten Tage, und zwar vom 12.09.2012 21:00 Uhr bis am 13.09.2012 um 02:30 Uhr, danach von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr. Am 14.09.2012 wurde mit der Beatmung um 21:00 Uhr begonnen und diese bis 01:00 Uhr des Folgetages fortgesetzt. Am 15.09.2012 wurde erneut von 17:30 Uhr bis 20:00 Uhr und von 21:00 Uhr bis 24:00 Uhr beatmet. Am 16.09.2012 folgten Beatmungen von 03:00 Uhr bis 05:00 Uhr, von 09:30 Uhr bis 10:00 Uhr, von 11:30 Uhr bis 14:15 Uhr und von 21:00 Uhr bis 05:00 Uhr des Folgetages. Es wurden zudem in unregelmäßigen Abständen BGA durchgeführt. Am 26.09.2012 wurde P entlassen.

4 Die Klägerin stellte der Beklagten für die Behandlung der P 23.334,72 EUR in Rechnung (Rechnung vom 12.11.2012), wobei sie DRG A13D wegen einer Beatmung zwischen 95 und 250 Stunden ansetzte. Die Beklagte überwies zunächst den Rechnungsbetrag und schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg zur Frage der abgerechneten Beatmungsstunden ein. Da Dr. D. im Gutachten vom 12.02.2013 ausführte, nur die dokumentierte Gesamtbeatmungszeit von 30 Stunden und 26 Minuten könne angesetzt werden, weshalb sich DRG H01B ergebe, bat die Beklagte mit Schreiben vom 14.02.2013 um Erstattung des Betrages von 10.033,41 EUR und rechnete am 19.02.2013 den Betrag mit einem unstreitigen Behandlungsfall auf.

5 Die Klägerin verwies mit Schreiben vom 26.11.2015 auf ein vor dem Sozialgericht (SG) Ulm geführtes Verfahren (Az.: S 13 KR 1949/13). Die Beklagte hörte nochmals den MDK. Dr. S. führte am 25.01.2016 aus, es habe keine initiale Abhängigkeit vom Respirator mit dementsprechender Weaningphase bestanden. Somit könnten nur die einzeln durchgeführten Beatmungszeiten berücksichtigt werden.

6 Mit der am 24.02.2016 auf Zahlung von 10.033,41 EUR erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, aus den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) ergebe sich eindeutig, wie die Beatmungszeit zu berechnen sei, insbesondere sei die Dauer der Entwöhnung der Beatmungszeit hinzuzurechnen. P sei an Stelle der Intubation maschinell beatmet worden. Mithin sei das Maskensystem CPAP/ASB als künstliche Beatmung eingesetzt worden und nicht nur als Methode der Entwöhnung von der künstlichen Beatmung. Die Berechnung der Dauer beginne mit dem Einsetzen am 12.09.2012 um 21:00 Uhr. Das erste Beatmungsintervall habe 4,59 Stunden betragen. Das Ende des ersten Beatmungsintervalls sei aber nicht zugleich das Ende der Beatmung. Denn dieses liege erst mit der Beendigung der Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung. Der Begriff „Entwöhnung“ sei in den DKR nicht definiert, schließe sich aber denklogisch an eine vorhergehende „Gewöhnung“ an die Beatmung an. Der Begriff „Gewöhnung“ finde sich allerdings ebenso wenig wie der Begriff „Abhängigkeit vom Respirator“ oder eine Forderung nach einer Mindestdauer der Gewöhnung in den DKR. Deshalb reiche das erste Beatmungsintervall für eine Gewöhnung aus. Zu Recht habe die Klägerin daher alle anschließenden beatmungsfreien Intervalle der Beatmungszeit hinzugerechnet. Da P unter sieben Tage beatmet worden sei, betrage die Dauer der Entwöhnung nach den DKR 24 Stunden. Da die beatmungsfreien Intervalle allesamt unter dieser Zahl lägen, seien sie der Beatmungszeit hinzuzurechnen. Auch die Tatsache, dass P am 13. und 14.9.2012 nicht mindestens sechs Stunden täglich beatmet worden sei, ändere nichts an der Gesamtbeatmungsdauer. Denn nur für den speziellen Fall einer Entwöhnung mit Masken-CPAP sähen die DKR eine Mindeststundenzahl von sechs Stunden pro Kalendertag vor. P sei jedoch nicht mit Masken-CPAP (CPAP: Continuous Positive Airway Pressure – kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck) entwöhnt, sondern künstlich beatmet worden. Deshalb ergebe sich eine Beatmungszeit von 103 Stunden und 30 Minuten, welche auf 104 Stunden aufzurunden sei.

7 Die Klägerin beantragt,

8 die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.033,41 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.02.2013 zu zahlen.

9 Die Beklagte beantragt,

10 die Klage abzuweisen.

11 Sie hält ihre Entscheidung für zutreffend. Es könne hier nicht von einer Beatmung gesprochen werden, bei der die Pausen zwischen den einzelnen Beatmungs-Maßnahmen als „Entwöhnung“ bezeichnet werden könnten. Dies ergebe sich auch aus dem Urteil des SG Konstanz vom 16.04.2015 (Az.: S 2 KR 1708/13). Eine Entwöhnung könne nur vorliegen, wenn sich die die Beatmungsnotwendigkeit hervorrufende Grunderkrankung gebessert habe. Der Entwöhnungsprozess beginne daher erst nach ausreichender Behandlung der Grunderkrankung. Dies ergebe sich aus der S2k-Leitlinie Prolongiertes Weaning, wonach der Weaningprozess erst nach Behandlung der respiratorischen Insuffizienz beginne.

12 Das Gericht hat das Gutachten nach Aktenlage des Dr. med. R. vom 24.09.2016 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, P sei mittels CPAP/ASB unterstützt worden. Bei dieser Beatmungsform würden aktiv Gase bewegt, weshalb sie als maschinelle Beatmung zu werten sei. Die Beatmung sei an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie erfolgt, jeweils wegen wiederkehrender Abfälle des pO2 und Anstiege des pCO2. Weder aus den DKR noch der S3-Leitlinie „Nichtinvasive Beatmung als Therapie der akuten respiratorischen Insuffizienz“ werde eine Abhängigkeit vom Respirator vorgegeben. Das Ende des Weanings werde dagegen über das Zustandekommen einer respiratorisch stabilen Situation definiert. Deshalb ergebe sich eine Gesamtbeatmungsdauer von 104 Stunden.

13 Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, es habe sich lediglich um eine geplante intermittierende Beatmung gehandelt und erneut auf das Urteil des SG Konstanz verwiesen.

14 Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

15 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten der Beteiligten, insbesondere die Patientenakte der Klägerin, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16 Die gemäß §§ 87, 90 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Leistungsklage der Klägerin, über die die Kammer gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist begründet. Denn die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung der Vergütung in Höhe von 10.033,41 EUR und dementsprechend auch auf die Zahlung von Zinsen.

17 Die Klägerin hat einen weiteren Vergütungsanspruch für die Behandlung der bei der Beklagten versicherten P. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (Bundessozialgericht <BSG>, Urteile vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R –, SozR 4-2500 § 109 Nr 13 m.w.N.; und vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R –, SozR 4-5560 § 17b Nr 2 m.w.N.) und begründet.

18 Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Vergütung von KH-Behandlungsleistungen für andere Versicherte, der bezüglich der Höhe nicht streitig ist und deshalb keiner näheren Prüfung zu unterziehen ist (BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 8/15 R –, juris m.w.N.), ist durch die Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die KH-Behandlung der P analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch nicht erloschen (zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte KH-Vergütung vgl. z.B. BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R –, SozR 4-5560 § 17b Nr 2 m.w.N.), da der Beklagten ein Erstattungsanspruch nicht zusteht.

19 Der Klägerin steht wegen der stationären Behandlung der P neben dem von der Beklagten gezahlten und nicht zurückgeforderten Betrags ein weitergehender Vergütungsanspruch nach DRG A13D zu.

20 Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Erstattung sind nicht erfüllt. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt u.a. voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbracht hat (st.Rspr.; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28.09.2010 – B 1 KR 4/10 R –, SozR 4-2500 § 264 Nr 3; Urteil vom 03.07.2012 – B 1 KR 16/11 R –, SozR 4-2500 § 129 Nr 7). So liegt es hier nicht. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung der P in der von ihr geltend gemachten Höhe nach DRG A13D. Die Beklagte kann deshalb keine Erstattung beanspruchen.

21 Die Klägerin hat die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf KH-Vergütung erfüllt, indem sie P stationär behandelt hat. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen KH durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (st.Rspr., vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R –, SozR 4-2500 § 109 Nr 13 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

22 Die Höhe der Vergütung bemisst sich nach DRG A13D und nicht nach DRG H01B. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. §§ 7 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen – Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und dem Vertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg (Vertrag BW). Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 das KH für die Dauer des Vertrages zur KH-Behandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene KH ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur KH-Behandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet.

23 Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarung <FPV>) konkretisiert. Die Spitzenverbände der Krankenkassen (heute der Spitzenverband Bund der Krankenkassen) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als „Vertragsparteien auf Bundesebene“ mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG.

24 Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien <DKR>) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt (BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R –, SozR 4-5560 § 17b Nr 2). Im vorliegenden Fall sind maßgebend – jeweils normativ wirkend – die am 25.11.2011 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2012 (FPV 2012) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere: Anlage 1 <Fallpauschalen-Katalog gem. § 1 Abs. 1 Satz 1>) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2012 (vom 28.10.2011, <DKR 2012>). Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl. BSG a.a.O.). „Die Anwendung der DKR und der FPV einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs. 2 Satz 1 KHG) und damit „lernendes“ System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen“ (BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R –, SozR 4-5560 § 17b Nr 2 m.w.N.; auch z.B. Urteile vom 21.04.2015 – B 1 KR 9/15 R –, und vom 01.07.2014 – B 1 KR 29/13 R – beide juris m.w.N.). Medizinischen Begriffen kommt dabei der Sinngehalt zu, der ihnen im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch beigemessen wird (BSG, Beschluss vom 19.07.2012 – B 1 KR 65/11 B –, SozR 4-1500 § 160a Nr 32, SozR 4-5560 § 17b Nr 3).

25 Die DRG A13D nach FPV 2012 wird nur dann im Groupierungsvorgang angesteuert, wenn eine Beatmung von mehr als 95 und weniger als 250 Stunden erfolgt ist. Dies ist vorliegend der Fall.

26 Wie dies zu berechnen ist, ergibt sich aus den DKR 2012, hier dem Teil „Spezielle Kodierrichtlinien“ unter Punkt 10, der auszugsweise wie folgt lautet:

27 10 KRANKHEITEN DES ATMUNGSSYSTEMS

28 1001h Maschinelle Beatmung

29 Definition

30 Maschinelle Beatmung („künstliche Beatmung”) ist ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden. Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten. Bei der künstlichen Beatmung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend beatmet.

31 Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden.

32 Kodierung

33 Wenn eine maschinelle Beatmung die obige Definition erfüllt, ist 1) zunächst die Dauer der künstlichen Beatmung zu erfassen. …

34 Berechnung der Dauer der Beatmung

35 Eine maschinelle Beatmung (siehe Definition, Abs. 1), die zur Durchführung einer Operation oder während einer Operation begonnen wird und die nicht länger als 24 Stunden dauert, zählt nicht zur Gesamtbeatmungszeit. Die maschinelle Beatmung während einer Operation im Rahmen der Anästhesie wird als integraler Bestandteil des chirurgischen Eingriffs angesehen.

36 Wenn die maschinelle Beatmung jedoch zur Durchführung einer Operation oder während einer Operation begonnen wird und länger als 24 Stunden dauert, dann zählt sie zur Gesamtbeatmungszeit. Die Berechnung der Dauer beginnt in diesem Fall mit der Intubation; die Intubation ist in diesem Fall zu kodieren, obwohl sie zur Operation durchgeführt wurde.

37 Eine Beatmung, die nicht zum Zweck einer Operation begonnen wurde, z.B. in der Intensivbehandlung nach einer Kopfverletzung oder einer Verbrennung, zählt unabhängig von der Dauer immer zur Gesamtbeatmungszeit. Werden bereits beatmete Patienten operiert, so zählt die Operationszeit zur Gesamtbeatmungszeit.

38 Bei einer/mehreren Beatmungsperiode(n) während eines Krankenhausaufenthaltes ist zunächst die Gesamtbeatmungszeit gemäß obigen Regeln zu ermitteln, die Summe ist zur nächsten ganzen Stunde aufzurunden. (s.a. DKR P012 Prozeduren, unterschieden auf der Basis von Größe, Zeit oder Anzahl (Seite 49) und DKR P005 Multiple/Bilaterale Prozeduren (Seite 44)).

39 Beginn

40 Die Berechnung der Dauer der Beatmung beginnt mit einem der folgenden Ereignisse:

41 – Endotracheale Intubation

42 Für Patienten, die zur künstlichen Beatmung intubiert werden, beginnt die Berechnung der Dauer mit dem Anschluss an die Beatmungsgeräte. Gelegentlich muss die endotracheale Kanüle wegen mechanischer Probleme ausgetauscht werden. Zeitdauer der Entfernung und des unmittelbaren Ersatzes der endotrachealen Kanüle sind in diesem Fall als Teil der Beatmungsdauer anzusehen; die Berechnung der Dauer wird fortgesetzt. Für Patienten, bei denen eine künstliche Beatmung durch endotracheale Intubation begonnen und bei denen später eine Tracheotomie durchgeführt wird, beginnt die Berechnung der Dauer mit der Intubation. Die Zeitdauer der Beatmung über das Tracheostoma wird hinzugerechnet.

43 – Maskenbeatmung

44 Die Berechnung der Dauer der künstlichen Beatmung beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem die maschinelle Beatmung einsetzt.

45 – Tracheotomie

46 (mit anschließendem Beginn der künstlichen Beatmung). Die Berechnung der Dauer der künstlichen Beatmung beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem die maschinelle Beatmung einsetzt.

47 – Aufnahme eines beatmeten Patienten

48 Für jene Patienten, die maschinell beatmet aufgenommen werden, beginnt die Berechnung der Dauer mit dem Zeitpunkt der Aufnahme (s.a. „Verlegte Patienten“, unten).

49 Ende

50 Die Berechnung der Dauer der Beatmung endet mit einem der folgenden Ereignisse:

51 – Extubation

52 – Beendigung der Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung.

53 Anmerkung:

54 Für Patienten mit einem Tracheostoma (nach einer Periode der Entwöhnung) gilt:

55 Bei beatmeten Patienten wird die Trachealkanüle für einige Tage (oder länger, z.B. bei neuromuskulären Erkrankungen) an ihrem Platz belassen, nachdem die künstliche Beatmung beendet wurde. Die Berechnung der Beatmungsdauer ist in diesem Fall zu dem Zeitpunkt beendet, an dem die maschinelle Beatmung eingestellt wird.

56 – Entlassung, Tod oder Verlegung eines Patienten, der eine künstliche Beatmung erhält (s.a. „Verlegte Patienten”, unten).

57 Die Methode der Entwöhnung (z.B. CPAP, SIMV, PSV) von der künstlichen Beatmung wird nicht kodiert.

58 Die Dauer der Entwöhnung wird insgesamt (inklusive beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung) bei der Berechnung der Beatmungsdauer eines Patienten hinzugezählt. Es kann mehrere Versuche geben, den Patienten vom Beatmungsgerät zu entwöhnen. Das Ende der Entwöhnung kann nur retrospektiv nach Eintreten einer stabilen respiratorischen Situation festgestellt werden. Eine stabile respiratorische Situation liegt vor, wenn ein Patient über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet. Dieser Zeitraum wird wie folgt definiert:

59 – Für Patienten, die (inklusive Entwöhnung) bis zu 7 Tage beatmet wurden: 24 Stunden

– Für Patienten, die (inklusive Entwöhnung) mehr als 7 Tage beatmet wurden: 36 Stunden

60 Für die Berechnung der Beatmungsdauer gilt als Ende der Entwöhnung dann das Ende der letzten maschinellen Unterstützung der Atmung. …

61 Zur Entwöhnung vom Respirator zählt auch die maschinelle Unterstützung der Atmung durch intermittierende Phasen assistierter nichtinvasiver Beatmung bzw. Atemunterstützung wie z.B. durch Masken-CPAP/ASB oder durch Masken-CPAP jeweils im Wechsel mit Spontanatmung ohne maschinelle Unterstützung. Sauerstoffinsufflation bzw. -inhalation über Maskensysteme oder O2-Sonden gehören jedoch nicht dazu.

62 Im speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung ist eine Anrechnung auf die Beatmungszeit nur möglich, wenn die Spontanatmung des Patienten insgesamt mindestens 6 Stunden pro Kalendertag durch Masken-CPAP unterstützt wurde.

63 Die Berechnung der Beatmungsdauer endet in diesem Fall nach der letzten Masken-CPAPPhase an dem Kalendertag, an dem der Patient zuletzt insgesamt mindestens 6 Stunden durch Masken-CPAP unterstützt wurde.

64 Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (CPAP)

65 Kodes aus

8-711.0 Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) sind nur bei Neugeborenen und Säuglingen zu kodieren, unabhängig von der Behandlungsdauer (also auch unter 24 Stunden; bei OPS-Kode 8-711.00 mindestens aber 30 Minuten).

66 Wenn bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen eine Störung wie Schlafapnoe mit CPAP behandelt wird, sind Kodes aus 8-711.0 und 8-712.0 Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) sowie die Beatmungsdauer nicht zu verschlüsseln. Die Ersteinstellung einer CPAP-Therapie bzw. die Kontrolle oder Optimierung einer früher eingeleiteten CPAP-Therapie werden mit einem Kode aus 8-717 Einstellung einer nasalen oder oronasalen Überdrucktherapie bei schlafbezogenen Atemstörungen verschlüsselt.

67 Wenn CPAP bzw. Masken-CPAP als Entwöhnungsmethode von der Beatmung verwendet wird, sind Kodes aus 8-711.0 und 8-712.0 nicht zu verwenden; die Beatmungsdauer ist hingegen zu berücksichtigen (s.o.), d.h. zur gesamten Beatmungsdauer dazuzurechnen (siehe: Definition der „maschinellen Beatmung“; „Methode der Entwöhnung“; „Dauer der Entwöhnung“, „Ende der Beatmung“).01

68  Nach diesen Grundsätzen stellt die Beatmung der P eine maschinelle Beatmung im Sinne der DKR 2012 <1001h> dar. Hierzu stützt sich die Kammer auf die Patientenakte und das Gutachten des Sachverständigen Dr. R..

69 Zunächst ist die Beatmungsform zu klären. P wurde mittels CPAP/ASB beatmet. Denn in den Intensivkurven wurde die NIV (Non-Invasive-Ventilation) mit einem PEEP (positiver endexspiratorischer Druck) und ASB dokumentiert. Zwar können damit nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. R. sowohl CPAP/ASB als auch BIPAP (Biphasic Positive Airway Pressure – zweiphasische positive Atem-Druckunterstützung) dokumentiert sein. Jedoch erfordert BIPAP ein zweites (hier fehlendes) Druckniveau, so dass es sich bei der Beatmung der P um CPAP/ASB gehandelt hat. Dies wird durch den Vortrag der Klägerin ebenso bestätigt.

70 Bei der Beatmung mittels CPAP/ASB handelt es sich um maschinelle Beatmung im Sinne der Definition der DKR 2012.

71 Nach der Definition in Satz 1 ist maschinelle Beatmung ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden. Beatmung mittels CPAP bedeutet eine Spontanatmung mit einem gegenüber dem Atmosphärendruck dauerhaft erhöhten Druck innerhalb der Luftwege und der Lunge. Damit erfolgt nur eine isolierte Druckerhöhung zur Atemunterstützung. Dagegen wird der Patient bei einer CPAP/ASB-Beatmung zusätzlich unterstützt und der eigene Atemzug verstärkt im Sinne der Übernahme eines Teils der Atemarbeit durch den Respirator, also durch das Beatmungsgerät. Dies ergibt sich aus dem Gutachten Dr. R. und den Ausführungen in Psychrembel Online, Klinisches Wörterbuch, zum Stichwort Beatmung. Getriggert wird CPAP/ASB über eine Gasbewegung bei der Atmung. Atmet der Patient ein, liefert das Beatmungsgerät einen Gasfluss mit dem eingestellten Druck; folglich wird bei jedem eigenen Atemzug des Patienten die Atemluft mit einer einstellbaren Druckunterstützung in die Lunge gepresst. Da somit nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. R. aktiv Gase bewegt werden, liegt eine maschinelle Beatmung im Sinne des Satzes 1 der DKR 2012 <1001h> vor.

72 Zudem liegt die Voraussetzung des Satzes 4 der Definition der DKR 2012 <1001h> vor. Danach kann bei intensivmedizinisch versorgten Patienten eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden. Damit werden Maskensysteme nur dann akzeptiert, wenn diese an Stelle der Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden. Satz 4 ist nicht einschränkend dahin auszulegen, dass nur die Maskenbeatmung im Rahmen der Entwöhnung nach einer Tracheotomie oder Intubation zur maschinellen Beatmung gehört (so Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 21.03.2014 – L 4 KR 5233/12 – nicht veröffentlicht, zur Beatmung mittels CPAP). Denn für eine Auslegung dahingehend, dass Maskensysteme nur an Stelle der bei diesem Patienten zuvor erfolgten Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden können, fehlt es am entsprechenden Wortlaut. Entweder hätte es zusätzlich der Einfügung bedurft, dass es auf die an Stelle der „bei diesem Patienten“ bisher üblichen Intubation ankommt, oder an die Stelle der bisher „üblichen“ Intubation hätte an Stelle der „durchgeführten“ Intubation treten müssen. Eine streng am Wortlaut orientierte Auslegung führt damit schon dazu, dass nur eine verallgemeinernde Regelung getroffen worden ist, die aufgrund des medizinischen Fortschritts wegen des geringeren Eingriffs, den eine CPAP/ASB-Beatmung darstellt, aufgenommen worden ist.

73 Zwar ist seit den DKR 2009 unter dem Punkt „Ende“ eine Regelung zur Entwöhnung vom Respirator aufgenommen worden. Danach zählt zur Entwöhnung vom Respirator auch die maschinelle Unterstützung der Atmung durch intermittierende Phasen assistierter nichtinvasiver Beatmung bzw. Atemunterstützung wie z.B. durch Masken-CPAP/ASB oder durch Masken-CPAP jeweils im Wechsel mit Spontanatmung ohne maschinelle Unterstützung. Sauerstoffinsufflation bzw. -inhalation über Maskensysteme oder O2-Sonden gehören nicht dazu. Im speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP ist zudem eine Anrechnung auf die Beatmungszeit nur möglich, wenn die Spontanatmung des Patienten insgesamt mindestens 6 Stunden pro Kalendertag durch Masken-CPAP unterstützt wurde. Mit diesen Absätzen der DKR 2012 wird lediglich klargestellt, welche Beatmungsformen für eine Entwöhnung vom Respirator ausreichend sind. Auch eine Masken-CPAP-Beatmung kann demnach – obwohl sie keine maschinelle Beatmung im Sinne der Definition des Satzes 1 darstellt (siehe oben) – zur maschinellen Beatmung zählen, wenn sie zur Entwöhnung vom Respirator eingesetzt wird und über eine bestimmte tägliche Dauer erfolgt. Welcher Respirator, also welches Beatmungsgerät grundsätzlich als maschinelle Beatmung zählt, wird damit gerade nicht geregelt, sondern ist den allgemeinen Definition am Anfang der DKR 2012 <1001h> zu entnehmen. Denn nach dem Wortlaut der Definition reicht es aus, wenn eine moderne Beatmungsmaschine Atemanstrengungen des passiven Patienten erkennt und diese aktiv unterstützt (Atemassistenz)(BSG, Beschluss vom 10.03.2015 – B 1 KR 82/14 B –, nicht veröffentlicht, zum vorhergehend zitierten Urteil des LSG Baden-Württemberg, ohne auf dessen Auslegung einzugehen).

74 Die maschinelle Beatmung ist an Stelle der bisher üblichen Intubation erfolgt. Denn die Werte der BGA bestätigen auch nach dem ersten Beatmungsintervall eine Notwendigkeit weiteren Eingreifens im Sinne einer Beatmung. Bei P fiel wiederkehrend der Sauerstoffpartialdruck (pO2) ab, während der Kohlendioxidpartialdruck (pCO2) anstieg. Vor der ersten Beatmung betrug der pO2-Wert 84,0 (bei einem Referenzbereich bei Frauen über 18 Jahren von 75-100 mmHg, https://www.gesundheit.gv.at/labor/laborwerte/blutgase-saeure-basen-haushalt/ unter Sauerstoffpartialdruck), der pCO2-Wert 54,8 (bei einem Referenzbereich bei Frauen über 18 Jahren von 35-45 mmHg (ebd. unter Kohlendioxid-Partialdruck). Während sich die Werte unter Beatmung besserten (z.B. BGA am 13.09.2012 um 02:40 Uhr pCO2: 52,8), verschlechterten sich diese nach Absetzen wieder (z.B. BGA am 13.09.2012 um 21:00 Uhr pO2: 86,2 und pCO2: 53,6, am 14.09.2012 um 20:54 Uhr pO2: 67,6 und pCO2: 53,4). Nach den Zeiten, die sich aus den Intensivkurven im Übrigen ergeben (wozu zum Teil unterschiedliche Angaben des MDK und des Sachverständigen vorliegen, die sich aus der zwangsläufig erforderlichen Interpretation der handschriftlichen Eintragungen erklären) und die am 17.09.2012 um 05:00 Uhr geendet haben, liegen damit maschinelle Beatmungszeiten über 30 Stunden und 15 Minuten vor.

75

Allerdings ist nach den DKR 2012 <1001h> nicht die reine Gesamtbeatmungszeit entscheidend, sondern die Berechnung ist vorzunehmen mit dem nach DKR 2012 definierten Beginn und Ende. Als Beginn ist bei Maskenbeatmung der Zeitpunkt anzusetzen, an dem die maschinelle Beatmung einsetzt (siehe DKR 2012 <1001h> zu „Beginn“ und Unterpunkt „Maskenbeatmung“, hier somit am 12.09.2012 um 21:00 Uhr. Als Ende ist nach den insoweit ebenfalls eindeutigen Regelungen der DKR 2012 <1001h> (zu „Ende“) die Beendigung der Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung zu berechnen. Denn das Ende wird definiert als Extubation oder Beendigung der Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung oder Entlassung, Tod oder Verlegung. Da bei Maskensystemen eine Extubation nicht stattfindet, kann sich das Ende nur aus der Beendigung der Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung ergeben.

76 Der Begriff der „Entwöhnung“ wird in den DKR nicht definiert, deshalb ist dieser nach dem medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch zu bestimmen (st.Rspr. BSG, siehe oben). Nach Pschyrembel Online ist darunter der Übergang zur Spontanatmung zu verstehen. Die Dauer der Entwöhnung ist in den DKR in dem Sinn geregelt, dass sie insgesamt inklusive beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung bei der Berechnung der Beatmungsdauer hinzugezählt wird und das Ende nur retrospektiv nach Eintreten einer stabilen respiratorischen Situation festgestellt wird. Dies liegt vor, wenn der Patient über einen längeren Zeitraum, hier 24 Stunden, vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet. Als Ende der Entwöhnung gilt dann das Ende der letzten maschinellen Unterstützung der Atmung (siehe DKR 2012 <1001h> zu „Dauer der Entwöhnung“).

77 Deshalb beginnt bei einer eng am Wortlaut der DKR vorzunehmenden Auslegung die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung bereits mit deren Beginn (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2016 – L 11 KR 4054/15 –, juris, NZB hierzu anhängig unter B 1 KR 96/16 B), die jedoch nur dann erfolgreich verläuft, wenn der Patient über hier 24 Stunden vollständig ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet. Dr. S. kann daher in ihrer Ansicht, eine initiale Abhängigkeit vom Respirator mit dementsprechender Weaningphase liege nicht vor, nicht gefolgt werden. Die DKR 2012 <1001h> bestimmen im Punkt „Berechnung und Dauer der Beatmung“ in drei Absätzen Voraussetzungen, die sich ausdrücklich auf Beatmungen vor oder während einer Operation beziehen. Diese Absätze sind daher im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da keine Operation stattgefunden hat. Lediglich der letzte Absatz dieses Punktes ist ein allgemein gehaltener Absatz, der bestimmt, dass bei einer/mehreren Beatmungsperiode(n) während eines KH-Aufenthaltes zunächst die Gesamtbeatmungszeit zu ermitteln und die Summe zur nächsten Stunde aufzurunden ist. Eine Übertragung der anderen drei – sich auf Operationen beziehenden – Absätze auf vorliegenden Fall verbietet sich allerdings bei einer streng am Wortlaut orientierenden Auslegung. Eine Mindestdauer der maschinellen Beatmung wird damit für andere Fälle gerade nicht vorausgesetzt; es liegt in der Hand der beteiligten Vertragspartner, dies ggf. zu ändern. Aus denselben Gründen scheidet auch aus, als zusätzliche Voraussetzung einer anrechenbaren Entwöhnung zu verlangen, dass sich die die Beatmungsnotwendigkeit hervorrufende Grunderkrankung gebessert hat und andernfalls nur die tatsächliche Beatmungszeit der Kodierung zugrunde zu legen (so SG Konstanz, Urteil vom 16.04.2015 – S 2 KR 1708/13 –, nicht veröffentlicht). Denn eine strenge Trennung von Beatmung im Rahmen einer Entwöhnung und Beatmung aufgrund der vorliegenden Grunderkrankungen erscheint selbst medizinisch kaum möglich, vielmehr überschneiden sich die Phasen und eine Entwöhnung erfolgt nicht erst nach Abschluss der kurativen Behandlung. Auch die Regelung in den DKR 2012 <1001h>, wonach die Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung endet, zeigt, dass die Entwöhnung zur Beatmung gehört (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2016 a.a.O.).

78 Die Entwöhnung ist vorliegend zu keinem Zeitpunkt bis 17.09.2012 erfolgreich verlaufen, da P nie 24 Stunden ohne maschinelle Beatmung geatmet hat.

79 Nicht zu prüfen ist schließlich die Vorgabe der DKR 2012 <1001h> zur „Dauer der Entwöhnung“, dass im speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung eine Anrechnung auf die Beatmungszeit nur möglich ist, wenn die Spontanatmung des Patienten insgesamt mindestens sechs Stunden pro Kalendertag durch Masken-CPAP unterstützt wurde (so noch SG Ulm, Urteil vom 06.08.2015 – S 13 KR –, juris). Denn wie oben schon erwähnt, unterscheiden die DKR sehr genau nach den unterschiedlichen Maskensystemen. Da vorliegend eine Beatmung nicht mittels CPAP sondern CPAP/ASB stattgefunden hat, sind die Regelungen zur intermittierenden Unterstützung durch CPAP hier nicht einschlägig. Unerheblich ist daher, dass die Beatmung am 12.09., 13.09., 14.09. und 17.09. jeweils unter sechs Stunden täglich gelegen hat. Damit endet die Beatmungsdauer am 17.09.2012 um 05:00 Uhr. Vom 12.09.2012 21:00 Uhr bis 17.09.2012 05:00 Uhr liegen mehr als 95 Stunden, nämlich 104 Stunden.

80 Da somit die Voraussetzung der DRG A13D erfüllt ist, ergibt sich der Zahlungsanspruch der Klägerin in der von ihr geltend gemachten Höhe.

81 Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 19 Abs. 1 und 3 Vertrag BW.

82 Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3 GKG.