Sozialgericht Lüneburg S 9 KR 357/15

Sozialgericht Lüneburg

Urteil vom 08.02.2018 (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Lüneburg S 9 KR 357/15

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.146,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit dem 9. Juli 2015 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist ein Vergütungsanspruch der Klägerin.

In dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus wurde der bei der Beklagten versicherte H. (*I.) in der Zeit vom 4. August 2011 bis zu seinem Tod am 13. August 2011 behandelt. Der Versicherte erhielt während seines stationären Aufenthaltes eine Atemhilfe mittels CPAP (Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemdruck). Nach einer akuten Verschlechterung seines Gesundheitszustands wurde 13. August 2011 eine Intubation und maximale Beatmung notwendig. Kurz Zeit später verstarb der Versicherte. Die Beklagte berechnete eine Vergütung nach der DRG P03B (Neugeborenes, Aufnahmegewicht 1000 – 1499 g mit signifikanter OR-Prozedur oder Beatmung ) 95 Stunden, mit mehreren schweren Problemen, mit Beatmung ) 120 und ( 480 Stunden oder mit mehrzeitigen komplexen OR-Prozeduren, ohne Beatmung ) 479 Stunden) in Höhe von 21.835,20 EUR.

Die Beklagte beauftragte den MDK mit der Erstellung eines Gutachtens. In seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 12. Juli 2013 führte Gutachter des MDK aus, dass die Beatmung des Versicherten mit der CPAP-Atemhilfe nach einem Urteil des LSG Saarbrücken nicht als maschinelle Beatmung im Sinne von 1001h der Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutschen Kodierrichtlinien – DKR) in der Fassung des Jahres 2011 gelte und somit diese Zeit nicht bei der Bestimmung der Beatmungsdauer berücksichtigt werden dürfe, es sei denn, sie sei im Rahmen einer Entwöhnungsmethode von der maschinellen Beatmung erfolgt. Dies habe zur Folge, dass lediglich 4 Beatmungsstunden berücksichtigungsfähig seien. Die Beklagte bat unter Hinweis auf das Gutachten des MDK um eine Rechnungskorrektur unter Zugrundelegen der DRG P63Z.

Die Klägerin widersprach dem Gutachten des MDK und hielt daran fest, dass die Beatmungsstunden korrekt erfasst seien. Sie verwies darauf, dass auch die Maskenbeatmung als maschinelle Beatmung zu werten sei. In einer weiteren Stellungnahme blieb der Gutachter des MDK bei seiner Auffassung und führte aus, dass sowohl die DKR 1001h als auch der OPS, Version 2011, eindeutig zwischen CPAP-Atemunterstützung und invasiv-maschineller Beatmung unterscheide. Am 9. Juli 2015 verrechnete die Beklagte einen Betrag in Höhe von 5.146,15 EUR mit einer unstreitigen Forderung der Klägerin.

Am 21. Dezember 2015 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie vertritt die Auffassung, dass sie die Beatmungsdauer unter Einbeziehung der CPAP-Beatmung korrekt ermittelt habe, die Beklagte habe demgemäß den in Streit stehenden Betrag zu Unrecht verrechnet. Die CPAP-Beatmung falle sehr wohl unter die Definition der maschinellen Beatmung der DKR 1001h, da Gase mittels PEEP (positiv-expiratorischen Druck) in die Lunge des Neugeborenen bewegt würden. Auch müsse der Aspekt berücksichtigt werden, dass der Patient intensivmedizinisch versorgt worden sei, was dem Zusatz in der DKR 1001 auch entspreche. Bei der Ergänzung der DKR in 2013, nach der die CPAP-Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen bei der Ermittlung der Beatmungsstunden zu berücksichtigen sei, handele es sich um eine Klarstellung, also auch eine für die Vergangenheit geltende Aussage, die auch diesen Sachverhalt erfasse. Dies werde in den von der Beklagten zitierten Urteilen des LSG Saarbrücken und Hamburg verkannt. Innerhalb der Selbstverwaltung habe immer Einigkeit darüber bestanden, dass die CPAP-Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen bei der Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen sei. Die Klarstellung sei wegen des Urteils des Landessozialgerichts Saarbrücken erfolgt. Sie verweise insofern auf den Aufsatz der Dres. Fiori, Siam und Roeder in der Zeitschrift “das Krankenhaus”, Heft 5/2016, S 381ff. Dass es sich um eine Klarstellung gehandelt habe, ergebe sich auch aus der Übersicht über die “Änderungen” der DKR für das Jahr 2013.

Die Klägerin beantragt

die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 5146,15 EUR nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit dem 9. Juli 2015 an sie zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die Stellungnahmen des MDK sowie das Urteil des Landessozialgerichts Saarbrücken vom 14 Dezember 2011 (L2 KR 76/10), nach dem die Atemunterstützung mit CPAP bei Neugeborenen und Säuglingen nach den Kodierrichtlinien vor 2013 bei der Ermittlung der Beatmungsdauer nicht zu berücksichtigen sei. Nach dem Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 27. März 2014 (L1 KR 119/12) handele es sich bei der CPAP grundsätzlich nicht um eine maschinelle Beatmung. Denn wenn dem so wäre, hätte es keiner Regelung bedurft, nach der die CPAP Beatmungsdauer – im Falle der Entwöhnung – der maschinellen Beatmungsdauer hinzugerechnet werden könne. Auf diese rechtlichen Grundlagen sei der MDK in seinem Gutachten zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klinik angegebenen 210 Beatmungsstunden im Sinne der DKR 2011 nicht komplett nachvollziehbar seien, anrechenbar seien nur 4 Stunden. Bei der Regelung in der DKR 2013 handele es sich nicht um eine Klarstellung, sondern um eine Änderung. Die bis dahin geltende Kodierrichtlinie habe die Anrechnung von Stunden der Atemunterstützung mit CPAP nur bei der Entwöhnung von der künstlichen Beatmung vorgesehen. Die Regelung sei insoweit allein und unmissverständlich auf das “Weaning” bezogen gewesen. Die DKR 2013 stelle insoweit gar nichts klar, sondern erweitere an anderer Stelle – in einem vorhergehenden Absatz – die Berücksichtigung der Beatmungsdauer um die Atemunterstützung mit kontinuierlichem Atemwegsdruck (CPAP) bei Neugeborenen und Säuglingen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 5146,15 EUR. Zu Unrecht hat die Beklagte in dieser Höhe gegen eine andere unstreitige Forderung der Klägerin aufgerechnet. Es bestand keine Aufrechnungslage.

Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs der Klägerin auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Beklagte ist, was unstreitig ist, verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten im Krankenhaus der Klägerin im Zeitraum vom 4. August bis 13. August 2011 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistungen durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) erforderlich und wirtschaftlich ist. Die betroffene Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage.

Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs. 4 S 3 SGB V iVm § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Kodierrichtlinien vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt (vgl näher dazu u.a. BSG, Urteil vom 08. November 2011 – B 1 KR 8/11 R –, juris). Im vorliegenden Fall sind maßgebend – die getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 (FPV 2011) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2011.

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung. Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Nach der Rechtsprechung des BSG sind die Abrechnungsbestimmungen wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen sei, könne ihren Zweck nur erfüllen, so das BSG, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt werde und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belasse. Demgemäß seien Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen blieben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs. 2 S 1 KHG) und damit “lernendes” System angelegt sei, seien bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (u.a. BSG, Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 9/15 R –, juris, mwN).

Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Klägerin zu Recht die Beatmung per CPAP der Beatmungsdauer hinzugerechnet hat. Allein die Kodierung dieser Behandlungsleistung entscheidet darüber, ob die von der Klägerin in Rechnung gestellte Vergütung zutreffend ist.

In 1001h DKR 2011 wird die maschinelle Beatmung als ein Vorgang definiert, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden. Weiter heißt es in der Kodierrichtlinien: “Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistungen des Patienten. Bei der künstlichen Beatmung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend beatmet. Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese anstelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden.” 1001h Nr. 3 regelt, dass bei Neugeborenen und Säuglingen zusätzlich ein Code aus 8-711 Maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen anzugeben sei. Des Weiteren enthält die DKR 1001 ein Unterkapitel mit der Überschrift “Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (CPAP)”. Dort heißt es, dass Kodes aus 8-711.0 nur bei Neugeborenen und Säuglingen zu kodieren seien, unabhängig von der Behandlungsdauer. Seit 2013 findet sich dort der Zusatz, dass die Dauer der Atemunterstützung mit CPAP bei Neugeborenen und Säuglingen bei der Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen ist.

Die Beklagte beruft sich für ihre Auslegung der Kodierrichtlinie 1001h auf die Entscheidung des Landessozialgerichts für das Saarland vom 14. Dezember 2011. Dieses vertritt nach Auswertung eines im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens die Auffassung, dass die CPAP Behandlung nicht der Definition der maschinellen Beatmung in den Kodierrichtlinien entspreche. Denn, so die Begründung, die Definition der maschinellen Beatmung in den Kodierrichtlinien beschreibe lediglich eine Beatmungsweise, mit der Gas in die Lunge bewegt werde, der Patient sei hierbei passiv, eine eigene Atemaktivität sei hierbei nicht vorgesehen. CPAP hingegen werde in einem eigenen Unterpunkt behandelt und im Sinne der OPS 8-711.0 als Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck definiert. Dies enthalte schon dem Wortlaut nach eine – wenn auch nur geringe – eigene Atemaktivität, was der Definition einer maschinellen Beatmung widerspreche. Diese Auffassung hat sich das Landessozialgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 27. März 2014 (L1 KR 119/12) angeschlossen. Beide Gerichte sehen sich in ihrer Auffassung durch die Ergänzung der Kodierrichtlinien im Jahr 2013 bestätigt, die sie als Neuregelung und nicht als Klarstellung werten.

Die Definition der maschinellen Beatmung, wie sie in den genannten Entscheidungen vorgenommen wird, stützt sich ausschließlich auf Satz 1 der Definition in 1001 DKR und lässt die weiteren Sätzen unberücksichtigt. Dies stellt nach Auffassung der entscheidenden Kammer eine unzulässige Verkürzung dar und wird dem in der Definition beschriebenen Beatmungsvorgang nicht gerecht. Das Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg weist in seiner Entscheidung vom 20. November 2015 (L1 KR 36/13) zutreffend darauf hin, dass nach Satz 3 der Definition eine künstliche Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen könne, wenn der Patient intensivmedizinisch versorgt werde. Die zusätzliche Voraussetzung in den Kodierrichtlinien, dass das Maskensystem anstelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt worden sein müsse, bedeute nicht, so das LSG, dass im konkreten Behandlungsfall immer erst eine Intubation oder Tracheotomie vorgenommen worden sein müsse, ehe die Verwendung eines Maskensystems als künstliche Beatmung angerechnet werden könne. Nach Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg nehmen die Bestimmungen insoweit allgemein auf Fortentwicklungen der medizinischen Behandlungstechniken Bezug, sodass es nur darauf ankomme, ob früher in einem solchen Fall stets und von Anfang an eine Intubation oder Tracheotomie vorgenommen worden sein würde. Die so zu verstehende Bedingung werde durch ein Maskensystem als fortschrittliche nichtinvasive Behandlungstechnik stets erfüllt. Die Formulierung in den Kodierrichtlinien, dass Gase in die Lunge des Patienten maschinell bewegt werden müssten, schließe nicht aus, dass auch assistierende Atemsysteme als künstliche Beatmung im Sinne der Kodierrichtlinien angesehen werden könnten. Weiter heißt es in der zitierten Entscheidung: “Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten scheitert die Anrechnung als Beatmungszeit nicht daran, dass eine CPAP die Beatmung des Patienten nicht vollständig übernimmt, sondern nur ein Überdruck erzeugt wird, der dem Patienten das Atmen erleichtern soll. Für die Tatsache, dass bei der Behandlung der Versicherten tatsächlich ein Überdruck mittels CPAP erzeugt worden ist, bezieht sich der Senat auf die von der Klägerin vorgelegte Patientenakte. Die Formulierung in den Kodierrichtlinien, dass Gase in die Lunge des Patienten maschinell bewegt werden müssen, schließt nicht aus, dass auch assistierende Atemsysteme als künstliche Beatmung im Sinne der Kodierrichtlinien angesehen werden können. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass bei der assistierenden Beatmung der verwendete Überdruck mit einer Maschine erzeugt wird, so dass jedenfalls eine maschinelle Unterstützung der Atmung erfolgt. Selbst wenn der Überdruck nur unterstützend wirkt, kann der Einsatz der Maschine dazu beitragen, dass die Atemgase in die Lunge bewegt werden. Denn bei bestimmungsgemäßen Einsatz der Methode ist der erzeugte Überdruck eine Bedingung dafür, dass das Atmen erleichtert wird und der Patient mit der ihm noch verbliebenen Atemfähigkeit die Atemgase in die Lunge ziehen kann. Der Definition der künstlichen Beatmung in den Kodierrichtlinien ist nicht zu entnehmen, dass die Maschine der einzige Faktor sein muss, der für die Bewegung der Gase in die Lunge verantwortlich ist. Die Formulierung, dass die Bewegung in die Lunge “mittels” einer mechanischen Vorrichtung erfolgen muss, lässt ihrem Wortsinn nach auch zu, dass lediglich ein für die Fortdauer der Atmung kausaler Faktor gesetzt wird. Für dieses Verständnis spricht insbesondere, dass nach den Kodierrichtlinien für eine Unterstützung der Atmung neben dem Ersetzen der Atmung ausdrücklich auch das Verstärken der eigenen Atemleistung des Patienten ausreicht. Soweit das LSG für das Saarland in seinem Urteil v. 14. Dezember 2011 – L 2 KR 76/10 dazu eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, folgt der Senat dem nicht. Er hält die Auffassung des LSG für das Saarland insbesondere deswegen für nicht überzeugend, weil das LSG den Satz in den Kodierrichtlinien, dass auch eine Unterstützung der Atmung ausreicht, schlicht als missverständlich bezeichnet und ihn deswegen außer Betracht lässt (Urteil v. 14. Dezember 2011 – L 2 KR 76/10 – juris Rn 28). Diese Vorgehensweise ist mit der Vorgabe einer wortlautgetreuen Auslegung der Kodierrichtlinien nicht vereinbar. Die Definition der maschinellen Beatmung in den Kodierrichtlinien ist demnach weit genug, um die bei der Versicherten vorgenommene Nasen-CPAP zu erfassen.” (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. November 2015 – L 1 KR 36/13 –, Rn. 21, juris)

Mit der Würdigung aller in der Definition in der DKR 1001 beschriebenen Kriterien dürfte das LSG Berlin-Brandenburg den in der Kodierrichtlinie definierten Beatmungsvorgang zutreffender erfassen als das LSG Saarland.

Ungeachtet der Frage, ob die CPAP-Beatmung die Kriterien der Definition der maschinellen Beatmung erfüllt, ergibt sich deren Berücksichtigungsfähigkeit nach Auffassung der entscheidenden Kammer jedoch eindeutig aus 1001h Nr. 3 der auf den OPS-Kode 8-711 verweist. Dieser OPS Kode in der im Jahr 2011 geltenden Fassung lautet “Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen”. Diesem Kode zugeordnet ist unter 8-711.0 die “Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP)”. Nach dem Verständnis im OPS-Katalog (Version 2011) gehört die CPAP Beatmung demnach zur maschinellen Beatmung ungeachtet dessen, ob die Definition in den Kodierrichtlinien das Wirkprinzip der CPAP-Beatmung unter medizinisch-physikalischen Gesichtspunkten definitorisch einschließt. Angesichts dessen, dass die Kodierrichtlinien für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen sind und für die Kodierfachkräfte handhabbar sein müssen, ist der Definition im OPS-Katalog für die Auslegung dessen, was als maschinelle Beatmung zu werten ist, größerer Bedeutung beizumessen zu als der medizinischen Definition in 1001 DKR.

Erst in der Fassung für das Jahr 2013 wurde der OPS 8-711 neugefasst und lautet seitdem “Maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen”. Gleichzeitig wurde die DKR 1001 um die Regelung über die Berücksichtigung der Beatmungsdauer für die CPAP-Beatmung ergänzt. Möglicherweise wurde mit dieser Ergänzung die enge Definition der maschinellen Beatmung, wie sie das LSG Saarland vorgenommen hat, bestätigt. Denn wenn nach der dargelegten Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg die CPAP-Maskenbeatmung von der Definition der maschinellen Beatmung erfasst würde, hätte es dieser Erweiterung des OPS nicht bedurft, zumindest nicht im Hinblick auf die DKR 1001. Insofern ist nicht auszuschließen, dass für Abrechnungsfälle nach 2013 neue Streitfälle entstehen, sofern es sich nicht um eine Beatmung mittels CPAP handelt, für die ab 2013 die Berücksichtigung bei der Beatmungsdauer ausdrücklich geregelt ist.

Die Sonderregelungen zur CPAP am Ende des Kapitels 1001h bestätigen nach Auffassung der entscheidenden Kammer die hier vertretene Auslegung, nach der die CPAP Beatmung den Beatmungsstunden hinzuzurechnen ist. Im letzten Absatz dieses Abschnitts heißt es: “Wenn CPAP bzw. Masken-CPAP als Entwöhnungsmethode von der Beatmung verwendet wird, sind Kodes aus 8-711.0 und 8-712.0 nicht zu verwenden; die Beatmungsdauer ist hingegen zu berücksichtigen (s.o.), d.h. zur gesamten Beatmungsdauer dazuzurechnen.” Das LSG Saarland versteht den letzten Absatz in diesem Kapitel dahingehend, dass die CPAP-Beatmung nur im Falle der Entwöhnung bei der Beatmungsdauer zu berücksichtigen ist. Diese Auslegung ist jedoch nicht zwingend, der Absatz könnte vom Wortlaut her auch anders verstanden werden. Sein eigentlicher Aussagegehalt könnte sich auf die Regelung beschränken, dass bei einer CPAP-Beatmung im Falle der Entwöhnung Kodes aus 8-711.0 und 8-712.0 nicht verschlüsselt werden dürften und würde damit ausschließlich eine Ausnahme zu DKR 1001 Nr. 3 definieren. Der zweite Halbsatz verweist durch die Verwendung der Formulierung “hingegen” darauf, dass bei der Berücksichtigung der Beatmungsdauer keine Ausnahme zu der üblichen Verfahrensweise gemacht werden solle. Dies würde wiederum bedeuten, dass üblicherweise die Beatmungsstunden berücksichtigt werden.

Für eine Berücksichtigung der CPAP-Beatmung bei der Beatmungsdauer spricht auch die Regelung im zweiten Absatz des letzten Kapitels, der sich mit der Kodierung der CPAP-Beatmung bei Schlafapnoe befasst. Wird danach die CPAP Beatmung bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen zur Behandlung der Schlafapnoe eingesetzt, sind die Kodes aus 8-711.0 und 7-712.0 sowie die Beatmungsdauer nicht zu verschlüsseln. Welcher Kodes bei einer bestimmten Konstellation zu verschlüsseln ist, wird im nachfolgenden Satz erläutert. Die Vorschrift regelt damit einen weiteren Fall, bei dem die CPAP-Beatmungsdauer nicht berücksichtigt wird. Auch dieser Ausnahmeregelung hinsichtlich der Beatmungsdauer hätte es nicht bedurft, würde die CPAP-Beatmung ohnehin nicht von der Definition der maschinellen Beatmung erfasst werden und die Dauer der CPAP-Beatmung generell unberücksichtigt bleiben.

Für die dargelegte Auslegung der Kodiervorschrift 1001h spricht auch die Kommentierung der Deutschen Krankenhausgesellschaft zur Änderung der Kodierrichtlinien in der Fassung für das Jahr 2013, die in Reaktion auf die Entscheidung des LSG Saarland als Klarstellung gedacht war (s. Fiori u.a., a.a.O., LG Dortmund, Urteil vom 3. März 2016-2U 400/14, juris; Schlottmann/Kaczmarek, Kommentierung Deutsche Kodierrichtlinien, Version 2013) ).

Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass die CPAP Beatmung des Versicherten im vorliegenden Fall in vollem Umfang zu berücksichtigen ist und der Klägerin der geltend gemachte Anspruch zusteht. Das Gericht hat den von der Klägerin in Rechnung gestellten Betrag zugrunde gelegt, weil der sich aus den vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage unter Berücksichtigung des für das Krankenhaus der Klägerin maßgeblichen Basisfallwerts und weiteren Rechnungsposten errechnet. Wenn – wie hier – Rechnungsposten von (normen)vertraglichen Vereinbarungen zahlenförmigen Inhalts mit abhängen und beide Beteiligte insoweit eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen, wenn die Berechnungsergebnisse keinem Streit zwischen den Beteiligten ausgesetzt sind und sonstige konkrete Umstände keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung ergeben (BSG, Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 9/15 R –, BSGE 118, 225-238, SozR 4-2500 § 109 Nr 45, Rn. 29) So liegt der Fall hier. Die Beteiligten haben die Höhe des aus der DRG P03B resultierenden Betrags zu keinem Zeitpunkt im Verfahren in Zweifel gezogen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 VwGO.