Sozialgericht München S 15 KR 1283/15

Sozialgericht München vom 21.12.2017

Urteil (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht München S 15 KR 1283/15

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.811,96 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2015 zu zahlen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 4.811,96 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Vergütung für eine stationäre Krankenhaus (KH)-Behandlung in Höhe von 4.811,96 EUR wegen der Frage der anrechenbaren Beatmungsstunden.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) zur Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassenes KH. Der 1937 geborene und bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient C. (P) wurde am 10.01.2011 um 14:16 Uhr im KH der Kl. wegen Lungenbeschwerden aufgenommen. Eine vorgenommene antibiotische Therapie war zunächst nicht erfolgreich; wegen Verschlechterung der Lungenfunktion musste P auf die Intensivstation aufgenommen werden und wurde dort seit dem 11.01.2011 um 0:05 Uhr maskenbeatmet. Diese erfolgte – mit intermittierenden Phasen von Spontanatmung – bis zum 13.01.2011 (08:00 Uhr). Danach wurde mit abnehmender Dauer eine CPAP (continuous positive airway pressure) durchgeführt, die jeweils – mit Ausnahme des letzten Intervalls am 18.01.2011 – über 6 Stunden pro Tag lag.

Die Kl. rechnete die DRG A13G unter Zugrundelegung von 175 h Beatmungsdauer ab. Die Bekl. beglich die Rechnung zunächst, rechnete dann aber mit einem behaupteten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen unstrittige Forderungen der Kl. in streitgegenständlicher Höhe auf, da lediglich 39 Beatmungsstunden anzurechnen seien. Entsprechend würde die DRG E40C angesteuert, die Rechnung wäre entsprechend zu kürzen. Nach erfolgter Aufrechnung erhob die Kl. am 29.09.2015 Klage zum Sozialgericht München. Sie vertritt die Auffassung, dass die CPAP-Phasen einzubeziehen seien, da es sich hierbei um eine Entwöhnung der Beatmung (Weaning) handeln würde.

Sie beantragt:

I Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.811,96 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2015 zu zahlen.

  1. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Bekl. beantragt unter Verweis auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des MDK, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beauftragung von Dr. D., der sein Sachverständigengutachten vom 19.06.2017 dem Gericht vier Tage später vorlegte. Dr. D. unterstützte die Auffassung der Kl. weitgehend. Nach den  KR 2011 sei die Beatmung dann beendet, wenn bei P für 24 Stunden eine stabile respiratorische Situation -retrospekiv festgestellt – vorgelegen hat. Bei Masken-CPAP sei eine Anrechnung auf die Beatmungszeit nur möglich, wenn die Spontanatmung insgesamt mindestens sechs Stunden pro Tag mit CPAP unterstützt würde.

Dies sei nur am 18.01.2011 nicht der Fall gewesen, so dass die drei Stunden Beatmung an diesem Tag nicht auf die Dauer der Beatmung angerechnet werden dürften. Die Beatmung habe daher am 11.01.2011 um 00:05 Uhr begonnen und am 17.01.2011 um 14:00 Uhr begonnen. Die Beatmungsdauer sei damit aufgerundet 158 Stunden und nicht der von der Kl. angegebene Wert von 175 Stunden. Gleichwohl würde die DRG A13G angesteuert.

Der MDK habe bereits verkannt, dass die NIV (Maskenbeatmung) nicht am 12.01.2011 (15:00 Uhr), sondern erst am 13.01.2011 endete. Zudem seien im oben bezeichneten Rahmen die CPAP-Intervalle als Weaning-Zeiten vol anzurechnen. Der MDK habe zwar behauptet, aber nicht einmal begründet, weshalb ein Weaning nicht vorliegen würde. Die Bekl. verweigerte ein Anerkenntnis, sondern regte ein Ruhen des Verfahrens an, bis das BSG unter dem Az. B 1 KR 18/17 R eine Entscheidung getroffen habe. Dies wurde von der Kl. abgelehnt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, auf die Patientenakte von P sowie die Gerichtsakte des hiesigen Verfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 87, 90 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Leistungsklage der Klägerin ist begründet. Denn die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung der Vergütung in tenorierter Höhe und dementsprechend auch auf die Zahlung von Zinsen.SG M Urteil – 21.12.2017 – S 15 KR 1283/15 2 / 4 Die Klägerin hat einen weiteren Vergütungsanspruch für die Behandlung des bei der Beklagten versicherten P. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 13 m.w.N.; und vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R -, SozR 4-5560 § 17b Nr 2 m.w.N.) und begründet.

Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Vergütung von KH-Behandlungsleistungen für andere Versicherte, der bezüglich der Höhe nicht streitig ist und deshalb keiner näheren Prüfung zu unterziehen ist (BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 8/15 R -, juris m.w.N.), ist durch die Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die KH-Behandlung des P nicht analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch erloschen (zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte KH-Vergütung vgl. z.B. BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R -, SozR 4-5560 § 17b Nr 2 m.w.N.), da der Beklagten ein Erstattungsanspruch nicht zusteht.

Der Klägerin steht wegen der stationären Behandlung des P neben dem von der Beklagten gezahlten und nicht zurückgeforderten Betrags ein weitergehender Vergütungsanspruch nach DRG A13G zu. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Erstattung sind nicht erfüllt. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt u.a. voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbracht hat (st.Rspr.; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28.09.2010 – B 1 KR 4/10 R -, SozR 4-2500 § 264 Nr 3; Urteil vom 03.07.2012 – B 1 KR 16/11 R -, SozR 4-2500 § 129 Nr 7). Dies ist  nicht der Fall. Denn die Kl. hat gegen die Bekl. einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des P in der von ihr geltend gemachten Höhe nach DRG A13G.

Die Klägerin hat die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf KH-Vergütung erfüllt, indem sie P stationär behandelt hat. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen KH durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (st.Rspr., vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 13 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Die Höhe der Vergütung bemisst sich nach DRG A13G und nicht nach DRG E40C.

Die Vergütung für Krankenhausbehandlungen des Versicherten bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs. 4 S. 3 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17 b KHG. Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Fallpauschalenvereinbarungen) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Fallpauschalenvereinbarungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KHEntgG.

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert. Die Anwendung der zwischen den Vertragspartnern auf Bundesebene beschlossenen Deutschen Kodierrichtlinien (DKR – hier Version 2011) und der Fallpauschalenabrechnungsbestimmungen einschließlich der OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Nur dann kann eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, ihren Zweck erfüllen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes und damit lernendes System angelegt ist, sind bei zu Tage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (st. Rspr. des BSG, vgl. Urteil vom 17.11.2015, B 1 KR 41/14 R).

Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien (DKR)) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt (BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R -, SozR 4-5560 § 17b Nr 2). Im vorliegenden Fall sind maßgebend – jeweils normativ wirkend – die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 (FPV 2011) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2011 (DKR 2011). Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nichtaus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl. BSG a.a.O.). “Die Anwendung der DKR und der FPV einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sindSG M Urteil – 21.12.2017 – S 15 KR 1283/15 3 / 4 gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen

auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs. 2 Satz 1 KHG) und damit “lernendes” System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen” (BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R -, SozR 4-5560 § 17b Nr 2 m.w.N.; auch z.B. Urteile vom 21.04.2015 – B 1 KR 9/15 R -, und vom 01.07.2014 – B 1 KR 29/13 R – beide juris m.w.N.). Medizinischen Begriffen kommt dabei der Sinngehalt zu, der ihnen im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch beigemessen wird (BSG, Beschluss vom 19.07.2012 – B 1 KR 65/11 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr 32, SozR 4-5560 § 17b Nr 3).

Die DRG A13G nach FPV 2011 wird nur dann im Groupierungsvorgang angesteuert, wenn eine Beatmung von mehr als 95 und weniger als 250 Stunden erfolgt ist. Dies ist vorliegend der Fall. Wie dies zu berechnen ist, ergibt sich aus den DKR 2011, hier dem Teil “Spezielle Kodierrichtlinien” unter Punkt 10.

Die Dauer der Entwöhnung (Weaning) wird insgesamt (inklusive beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung) bei der Berechnung der Beatmungsdauer eines Patienten hinzugezählt. Es kann mehrere Versuche geben, den Patienten vom Beatmungsgerät zu entwöhnen. Das Ende der Entwöhnung kann nur retrospektiv nach Eintreten einer stabilen respiratorischen Situation festgestellt werden. Eine stabile respiratorische Situation liegt vor, wenn ein Patient über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet. Dieser Zeitraum wird wie folgt definiert:

– Für Patienten, die (inklusive Entwöhnung) bis zu 7 Tage beatmet wurden: 24 Stunden – Für Patienten, die (inklusive Entwöhnung) mehr als 7 Tage beatmet wurden: 36 Stunden Zur Entwöhnung vom Respirator zählt auch die maschinelle Unterstützung der Atmung durch intermittierende Phasen assistierter nichtinvasiver Beatmung bzw. Atemunterstützung wie z.B. durch Masken-CPAP/ASB oder durch Masken-CPAP jeweils im Wechsel mit Spontanatmung ohne maschinelle Unterstützung.

Im speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung ist eine Anrechnung auf die Beatmungszeit nur möglich, wenn die Spontanatmung des Patienten insgesamt mindestens 6 Stunden pro Kalendertag durch Masken-CPAP unterstützt wurde. Die Berechnung der Beatmungsdauer endet in diesem Fall nach der letzten Masken-CPAP-Phase an dem Kalendertag, an dem der Patient zuletzt insgesamt mindestens 6 Stunden durch Masken-CPAP unterstützt wurde. Nach diesen Grundsätzen stellt die anfängliche Beatmung des P (nichtinvasive Maskenbeatmung – NIV) bis zum 13.01.2011 (8:00 Uhr) eine maschinelle Beatmung im Sinne der DKR 2011 (1001h) dar. Hierzu stützt sich die Kammer auf die Patientenakte und das Gutachten des Sachverständigen Dr. D … Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht strittig.

Zudem liegt die Voraussetzung des Satzes 4 der Definition der DKR 2011 (1001h) vor. Danach kann bei intensivmedizinisch versorgten Patienten eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden. Damit werden Maskensysteme nur dann akzeptiert, wenn diese an Stelle der Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden. Satz 4 ist nicht einschränkend dahin auszulegen, dass nur die Maskenbeatmung im Rahmen der Entwöhnung nach einer Tracheotomie oder Intubation zur maschinellen Beatmung gehört (so Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 21.03.2014 – L 4 KR 5233/12 – nicht veröffentlicht, zur Beatmung mittels CPAP). Denn für eine Auslegung dahingehend, dass Maskensysteme nur an Stelle der bei diesem Patienten zuvor erfolgten Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden können, fehlt es am entsprechenden Wortlaut (ausführlich SG Ulm, Urteil vom 04. Mai 2017 – S 13 KR 630/16 -, Rn. 72, juris).

Dr. D. führte anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen überzeugend aus, dass eine maschinelle Unterstützung der Atmung durch einen kontinuierlichen Atemwegsdruck (mittels Ventilmechanismus, gegen den der Patient ausatmen muss: CPAP) in der Zeit vom 11.01.2011 (00:05 Uhr) bis zum 17.01.2011 (14:00 Uhr) mit einer Dauer von jeweils über sechs Stunden CPAP-Beatmung in der Weaning-Phase für die Zeit vom 13.01.2011 (9:00 Uhr) bis zum 17.01.2011 (13:00 Uhr) vorgelegen hat. Dies ergibt eine Summe von 156,92 h (im Gutachten wird fehlerhaft eine Summe von 157,92 h ausgewiesen, hierbei handelt es sich aber um einen bloßen Rechenfehler). Der Begriff der Entwöhnung wird in den DKR nicht definiert und ist daher nach dem medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch zu bestimmen (so auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2016 – L 11 KR 4054/15 -, Rn. 36, juris). Anästhesistisch ist darunter der Übergang zur Spontanatmung zu verstehen. Die Dauer der Entwöhnung ist in den DKR in dem Sinn geregelt, dass sie insgesamt inklusive beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung bei der Berechnung der Beatmungsdauer hinzugezählt wird und das Ende nur retrospektiv nach Eintreten einer stabilen respiratorischen Situation festgestellt werden kann. Diese liegt vor, wenn der Patient über einen längeren Zeitraum, hier 24 Stunden, vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet. Deshalb beginnt bei einer eng am Wortlaut vorzunehmenden Auslegung die Entwöhnung mit jedem Absetzen der Masken-Beatmung, die jedoch nur dann erfolgreich verläuft, wenn der Patient über 24 Stunden vollständig ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet. Das ist hier bis zumSG M Urteil – 21.12.2017 – S 15 KR 1283/15 4 / 4 18.01.2011 (7:00 Uhr) nicht der Fall gewesen. Durch die Vorgabe in DKR 2011 (1001h) zur “Dauer der Entwöhnung” für den speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung ist eine Anrechnung auf die Beatmungszeit jedoch nur möglich, wenn die Unterstützung durch Masken-CPAP mindestens sechs Stunden kalendertäglich erfolgt ist. Dies ist hier bis zum 17.01.2011 (14:00 Uhr) der Fall.

Dem Terminbericht vom 19.12.2017 zum Urteil B 1 KR 18/17 R des Bundessozialgerichts kann nicht entnommen werden, dass die von der Kammer vorgenommene tatsächliche und rechtliche Würdigung unzutreffend ist. Da mithin eine Beatmungsdauer von 156,92 h und damit mehr als 95 h und weniger als 250 h festzustellen ist, ist die Klage der Kl. begründet. Die ursprüngliche Leistung der Bekl. erfolgte nicht ohne Rechtsgrund, so dass ein Erstattungsanspruch nicht besteht.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten.

Die Kostenentscheidung entspricht dem Ausgang des Verfahrens und folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG, § 154 Abs. 1 VwGO). Der Streitwert war in Höhe von 4.811,96 EUR festzusetzen, da die Zahlung des oben genannten Betrags streitig war und dieser nach § 52 Abs. 3 GKG zu Grunde zu legen ist.