2003-D012a Mehrfachkodierung
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Diese Version der Kodierrichtlinie ist die Ursprungsversion.
D012a Mehrfachkodierung
Anmerkung: Erläuterungen, die mit den entsprechenden Abschnitten aus dem Regelwerk für die WHOAusgabe der ICD-10 (Band II) identisch sind, sind am Ende mit „(WHO)“ gekennzeichnet.
Mehrfachkodierung ist in den folgenden Fällen erforderlich:
1. Ätiologie- und Manifestationsverschlüsselung: „Kreuz – Stern – System”
Schlüsselnummern für Ätiologie (zugrundeliegende Ursache) werden durch das Kreuz-Symbol (†) und Manifestations-Schlüsselnummern durch das Stern-Symbol (*) gekennzeichnet. Zu kodieren ist in derselben Reihenfolge, in der sie im Alphabetischen Verzeichnis oder ICD-10-SGB-V erscheinen, d.h. die Ätiologie-Schlüsselnummer, gefolgt von der Manifestations-Schlüsselnummer.
Beispiel 1
Diagnose: Epididymitis durch Gonokokken
Alphabet. Verz.: | Epididymitis, Gonokokken – A54.2† N51.1* | |
ICD-10-SGB-V: | A54.2† | Pelviperitonitis durch Gonokokken und Gonokokkeninfektionen sonstiger Urogenitalorgane Gonokokken: Epididymitis (N51.1*) |
N51.1* | Krankheiten des Hodens und des Nebenhodens bei anderenorts klassifizierten Krankheiten Gonokokken: Epididymitis (A54.2†) |
Rubriken, die Diagnosebezeichnungen mit einer Kreuz-Kennung enthalten, treten in unterschiedlichen Formen auf (WHO):
a) |
Das Symbol (†) und die zugehörige Stern-Schlüsselnummer erscheinen beide in der Rubriküberschrift. Sämtliche in dieser Rubrik zu klassifizierenden Bezeichnungen unterliegen der Doppelklassifizierung und haben alle dieselbe Sternschlüsselnummer, z. B.: |
Beispiel 2
A17.0† | Tuberkulöse Meningitis (G01*) Tuberkulöse Leptomeningitis Tuberkulose der Meningen (zerebral) (spinal) |
b) |
In der Rubriküberschrift erscheint das Symbol (†), aber nicht die zugehörige Stern-Schlüsselnummer. Sämtliche in dieser Rubrik zu klassifizierenden Bezeichnungen unterliegen der Doppelklassifizierung, haben jedoch unterschiedliche Stern-Schlüsselnummern (die bei jeder Bezeichnung aufgeführt sind), z. B.: |
Beispiel 3
A18.1† | Tuberkulose des Urogenitalsystems Tuberkulose: |
- Cervix uteri (N74.0*)
- Harnblase (N33.0*)
- männliche Genitalorgane (N51.-*)
- Niere (N29.1*)
- Ureter (N29.1*)
Tuberkulose im weiblichen Becken (N74.1*)
c) |
In der Rubriküberschrift erscheinen weder das Symbol (†) noch die zugehörige Sternschlüsselnummer. Die Rubrik als Ganzes unterliegt nicht der Doppelklassifizierung, jedoch können einzelne darunter aufgeführte Bezeichnungen doppelt klassifiziert werden. In diesen Fällen sind die Bezeichnungen mit dem Symbol (†) und ihrer Stern-Schlüsselnummer gekennzeichnet, z. B.: |
Beispiel 4
A54.8 | Sonstige Gonokokkeninfektionen durch Gonokokken: |
- Peritonitis† (K67.1*)
- Pneumonie† (J17.0*)
- Sepsis
- Hautläsionen
Die Kodes für Manifestationen, d.h. die Stern-Schlüsselnummern (*), können nicht als alleiniger Kode für die Hauptdiagnose verwendet werden, es sei denn eine spezielle Kodierrichtlinie schreibt etwas anderes vor.
d) |
Wenn bei der Verschlüsselung der Diagnose die ICD-10-Verzeichnisse auf einen Stern-Kode (Manifestation) führen, dann muss anschließend die Ätiologie geklärt werden. Dazu sind in der Systematik und im Diagnosenthesaurus für viele Schlüsselnummern Hinweise aufgenommen worden (siehe Beispiel 5). Dabei können auch Schlüsselnummern zur Kodierung der Ätiologie benutzt werden, die in der ICD-Systematik keine Kreuz-Kodes sind. Auch sie werden in diesem Fall mit einem Kreuz (†) gekennzeichnet. |
Beispiel 5
G63.3* | Polyneuropathie bei sonstigen endokrinen und Stoffwechselkrankheiten (E00–E07†, E15–E16†, E20–E34†, E70–E89†) Hier findet sich in der Systematik ein Hinweis auf mögliche Schlüsselnummern zur Kodierung der Ätiologie, und zwar mit einem † gekennzeichnet, obwohl diese Schlüsselnummern, wie z.B. E05.0 Hyperthyreose mit diffuser Struma, in der Systematik nicht als Kreuzkode definiert sind. |
e) |
An anderer Stelle (siehe Beispiel 6) fehlen Hinweise auf mögliche Schlüsselnummern zur Kodierung der Ätiologie. Hier ist dann vom behandelnden Arzt die zugrundeliegende Krankheit zu bestimmen. |
Beispiel 6
J91* | Pleuraerguss bei anderenorts klassifizierten Krankheiten Hier findet sich kein Hinweis auf entsprechende Kreuzkodes. Jede Schlüsselnummer, die die Ätiologie des Pleuraergusses kodiert, kann verwendet werden, wie z.B. C50.4 Bösartige Neubildung der Brustdrüse, oberer äußerer Quadrant, und wird mit einem Kreuz (†) gekennzeichnet. |
2. Hinweise zur Doppelklassifizierung
Für bestimmte Situationen ist eine andere Form der Doppelklassifizierung als die des Kreuz-Stern-Systems anwendbar, um den Gesundheitszustand einer Person vollständig zu beschreiben. Der Hinweis im Systematischen Verzeichnis „Soll … angegeben werden, ist eine zusätzliche Schlüsselnummer zu benutzen“, kennzeichnet viele solcher Situationen (WHO).
Hier sind aufzuzählen:
-
Lokale Infektionen bei Zuständen, die den Kapiteln der „Organkrankheiten“ zuzuordnen sind. Schlüsselnummern des Kapitels I zur Identifizierung des Infektionserregers werden hinzugefügt, sofern dieser im Rubriktitel nicht enthalten ist. Am Ende von Kapitel I steht für diesen Zweck die Kategoriengruppe B95-B97 zur Verfügung (siehe Redaktionelle Hinweise, Tabelle 2).
-
Neubildungen mit funktioneller Aktivität. Eine geeignete Schlüsselnummer aus Kapitel IV kann zur Kennzeichnung der funktionellen Aktivität der jeweiligen Schlüsselnummer aus Kapitel II hinzugefügt werden.
-
Morphologie von Neubildungen. Obwohl der Morphologieschlüssel (siehe Band 1, Abschnitt „Morphologie der Neubildungen“) nicht Bestandteil der Hauptklassifikation ICD ist, kann er zur Kennzeichnung der Morphologie (Histologie) von Tumoren zusätzlich einer Schlüsselnummer von Kapitel II hinzugefügt werden.
-
Ergänzungen für Zustände, die Kapitel V, F00-F09 (Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen) betreffen. Die zugrundeliegende Krankheit, Verletzung oder andere Hirnschädigung kann durch Hinzufügen einer Schlüsselnummer aus einem anderen Kapitel angegeben werden.
-
Zwei Schlüsselnummern zur Beschreibung einer Verletzung, einer Vergiftung oder einer sonstigen Nebenwirkung. Zu einer Schlüsselnummer aus Kapitel XIX, die die Art der Verletzung beschreibt, kann auch eine Schlüsselnummer aus Kapitel XX für die Ursache zusätzlich angegeben werden.
Anmerkung: Sowohl die Kodes für die Morphologie von Neubildungen als auch die Kodes aus Kapitel XX sind für die DRG-Gruppierung nicht relevant.
Reihenfolge von Diagnoseschlüsseln bei Mehrfachkodierung
Nach den ICD-Regeln und den Kodierrichtlinien ist der mit einem Kreuz gekennzeichnete „Ätiologiekode“ stets vor den mit einem Stern gekennzeichneten „Manifestationskodes“ anzugeben (siehe DKR D012 Mehrfachkodierung). Das Gleiche gilt auch, wenn eine Diagnose, wie z.B. eine offene Fraktur, zusätzlich zum Fraktur-Kode mit einem weiteren Kode für die offene Verletzung (Ausrufezeichen-Kode) verschlüsselt werden muss.
ICD-Kodes ohne Kennzeichen oder mit einem Kreuz (Ätiologie, „†“) als Kennzeichen werden im folgenden als Primär-Diagnoseschlüssel bezeichnet, da diese alleine verwendet werden dürfen.
ICD-Kodes mit einem Stern (Manifestation, „*“) oder mit einem Ausrufezeichen (Sonstiges, „!“) als Kennzeichen werden im folgenden als Sekundär-Diagnoseschlüssel bezeichnet, da sie nie alleine verwendet werden dürfen, sondern nur in Kombination mit einem Primär-Kode.
Für die Reihenfolge der ICD-Kodes bei Mehrfachverschlüsselung mit Primär- und Sekundär-Diagnoseschlüssel gelten folgende Regeln:
-
Primär-Diagnoseschlüssel vor Sekundär-Diagnoseschlüssel
-
Ein Primär-Diagnoseschlüssel gilt für alle folgenden Sekundär-Diagnoseschlüssel bis zum Auftreten eines neuen Primär-Diagnoseschlüssels.
-
Eine Sekundär-Diagnoseschlüssel darf nie einem Sekundär-Diagnoseschlüssel zugeordnet werden. (D.h. ein Ausrufezeichenkode darf nie einem Sternkode zugeordnet werden und umgekehrt.)
Kreuz-Stern-System
In den Kodierrichtlinien, insbesondere in den Beispielen, sind die Diagnoseschlüssel gemäß obiger Regeln angeordnet.
Beispiel 7 (aus DKR 0401 Diabetes mellitus)
Ein Patient mit Diabetes Typ I mit peripheren vaskulären Komplikationen in Form einer Atherosklerose der Extremitätenarterien mit Ruheschmerz wird zur Bypass-Operation aufgenommen. Zusätzlich besteht eine Retinopathie mit erheblicher Einschränkung des Sehvermögens.
Hauptdiagnose: | E10.50† | Primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-IDiabetes] mit peripheren vaskulären Komplikationen, nicht als entgleist bezeichnet |
Nebendiagnose(n): | I79.2* | Periphere Angiopathie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten |
I70.22 | Atherosklerose der Extremitätenarterien mit Ruheschmerzen | |
E10.30† | Diabetes mellitus mit Augenkomplikationen, nicht als entgleist bezeichnet | |
H36.0* | Retinopathia diabetica |
Hinweis: Der Kode I70.22 Atherosklerose der Extremitätenarterien mit Ruheschmerzen dient in diesem Beispiel zur näheren Spezifizierung der durch das Kreuz-Stern-System beschriebenen Diagnose. Er ist nicht als Hauptdiagnose anzugeben.
Das Beispiel 7 ist gemäß Datenübermittlungsvereinbarung nach § 301 SGB V für die Entlassungsanzeige in der Segmentgruppe SG 1 (ETL-NDG) wie folgt aufzubereiten (siehe auch Redaktionelle Hinweise):
Zur Reduktion des Dokumentationsaufwandes und zur Vereinfachung der Darstellung gilt weiter, dass ein Primär-Diagnoseschlüssel auch für mehrere aufeinanderfolgende Sekundär-Diagnoseschlüssel gelten kann. In diesem Fall wird er vor den Sekundär-Diagnoseschlüsseln angegeben und gilt für alle folgenden Sekundär-Diagnoseschlüssel bis zum Auftreten eines neuen Primär-Diagnoseschlüssel (siehe Beispiele 7 und 8).
Beispiel 8 (aus DKR 0401 Diabetes mellitus)
Ein Patient mit Diabetes Typ I mit multiplen Komplikationen in Form einer Atherosklerose der Extremitätenarterien, einer Retinopathie und einer Nephropathie wird wegen einer schweren Entgleisung der Stoffwechsellage aufgenommen.
Hauptdiagnose: | E10.71† | Primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-IDiabetes] mit multiplen Komplikationen, als entgleist bezeichnet |
Nebendiagnose(n): | I79.2* | Periphere Angiopathie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten |
H36.0* | Retinopathia diabetica | |
N08.3* | Glomeruläre Krankheiten bei Diabetes mellitus |
Anmerkung: Der Kode E10.71 ist mit einem „†“ zu kennzeichnen, da er die Ätiologie der nachfolgenden Stern-Kodes (Manifestationen) kodiert. Gemäß den Regeln ist der „Ätiologiekode“ stets vor den „Manifestationskodes“ anzugeben. Gilt ein Ätiologiekode für mehrere Manifestationen, wie in diesem Beispiel, so gilt er für alle folgenden Stern-Kodes (Manifestationen) bis zum Auftreten eines neuen Kreuz-Kodes oder eines Kodes ohne Kennzeichen. Somit ist mit E10.71† die Ätiologie der Manifestationen I79.2*, H36.0* und N08.3* kodiert.
Das Beispiel 8 ist gemäß Datenübermittlungsvereinbarung nach § 301 SGB V für die Entlassungsanzeige in der Segmentgruppe SG 1 (ETL-NDG) wie folgt aufzubereiten (siehe auch Redaktionelle Hinweise):
Ausrufezeichenkodes
Beispiel 9 (aus DKR 1903b Fraktur und Luxation)
Ein Patient kommt zur Behandlung einer offenen Humeruskopffraktur mit (offener) Schulterluxation nach vorne.
Hauptdiagnose: | S42.21 | Fraktur eines sonstigen Mittelhandknochens, Schaft |
Nebendiagnose(n): | S41.81! | Offene Wunde (jeder Teil der Schulter und des Oberarms) mit Verbindung zu einer Fraktur |
S43.01 | Luxation des Humerus nach vorne |
Das Beispiel 9 ist gemäß Datenübermittlungsvereinbarung nach § 301 SGB V für die Entlassungsanzeige in der Segmentgruppe SG 1 (ETL-NDG) wie folgt aufzubereiten (siehe auch Redaktionelle Hinweise):
Es kann vorkommen, dass ein Ausrufezeichenkode unter klinischen Aspekten mehreren Primär-Diagnoseschlüsseln zugeordnet werden kann (siehe Beispiel 10). In diesem Fall ist es notwendig den Sekundär-Diagnoseschlüssel einmal anzugeben und ihn ans Ende der Liste der zutreffenden Primär-Diagnoseschlüssel zu stellen.
Beispiel 10 (aus DKR 1908a Offene intrathorakale/intraabdominelle Verletzungen)
Ein Patient wird mit offener Verletzung mit vollständiger Zerreißung des Nierenparenchyms und Milzriss mit Parenchymbeteiligung sowie kleinen Risswunden an mehreren Dünndarmabschnitten mit Heraustreten von Eingeweiden durch die Bauchwand aufgenommen.
Hauptdiagnose: | S37.03 | Komplette Ruptur der Nierenparenchyms |
Nebendiagnose(n): | S36.03 | Rissverletzung der Milz mit Parenchymbeteiligung |
S36.49 | Verletzung des Dünndarmes, sonstiger und mehrere Teile des Dünndarmes | |
S31.83! | Offene Wunde (jeder Teil des Abdomens, der Lumbosakralgegend und des Beckens) mit Verbindung zu einer intraabdominalen Verletzung |
Das Beispiel 10 ist gemäß Datenübermittlungsvereinbarung nach § 301 SGB V für die Entlassungsanzeige in der Segmentgruppe SG 1 (ETL-NDG) wie folgt aufzubereiten (siehe auch Redaktionelle Hinweise):