2022-1001u Maschinelle Beatmung

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  • Ursprüngliche Version dieser Kodierrichtlinie: 2003

1001u Maschinelle Beatmung

Definition (im Sinne der Deutschen Kodierrichtlinien)

Maschinelle Beatmung („künstliche Beatmung”) ist ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden.

Beatmung kann invasiv über eine Trachealkanüle oder einen Tubus erfolgen. Beatmung kann auch nichtinvasiv über ein Maskensystem erfolgen.

Für die Berechnung von Beatmungsstunden bei Patienten, die das 6. Lebensjahr vollendet haben, sind nur Verfahren heranzuziehen, bei denen bei positiver Druckbeatmung eine Druckdifferenz zwischen Inspiration und Exspiration von mindestens 6 mbar besteht.

Kodierung

Beatmungsstunden sind nur bei „intensivmedizinisch versorgten“ Patienten zu kodieren, das heißt bei Patienten, bei denen die für das Leben notwendigen sogenannten vitalen oder elementaren Funktionen von Kreislauf, Atmung, Homöostase oder Stoffwechsel lebensgefährlich bedroht oder gestört sind und die mit dem Ziel behandelt, überwacht und gepflegt werden, diese Funktionen zu erhalten, wiederherzustellen oder zu ersetzen, um Zeit für die Behandlung des Grundleidens zu gewinnen. Das Grundleiden, das die intensivmedizinische Behandlung bedingt hat, muss in diesem Zusammenhang nicht mit der Hauptdiagnose identisch sein.

Diese intensivmedizinische Versorgung umfasst mindestens ein Monitoring von Atmung und Kreislauf und eine akute Behandlungsbereitschaft (ärztliche und pflegerische Interventionen zur Stabilisierung der Vitalfunktionen unmittelbar möglich).

Wenn eine maschinelle Beatmung die obige Definition und die o.g. Anforderungen erfüllt, ist

 

1)

zunächst die Dauer der künstlichen Beatmung zu erfassen. Hierfür steht ein separates Datenfeld im Datensatz nach § 301 SGB V (Sozialgesetzbuch Fünftes Buch) sowie § 21 KHEntgG (Krankenhausentgeltgesetz) zur Verfügung.

2)

Dann ist zusätzlich:

2a)

einer der folgenden Kodes

8-701 Einfache endotracheale Intubation
8-704 Intubation mit Doppellumentubus
8-706 Anlegen einer Maske zur maschinellen Beatmung
und/oder
2b) der zutreffende Kode aus
5-311 Temporäre Tracheostomie oder
5-312 Permanente Tracheostomie

anzugeben, wenn zur Durchführung der künstlichen Beatmung ein Tracheostoma angelegt wurde.

3) Bei Neugeborenen und Säuglingen ist zusätzlich ein Kode aus
8-711     Maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen
anzugeben.
Bei Kindern und Jugendlichen ist zusätzlich ein Kode aus
8-712     Maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Kindern und Jugendlichen
anzugeben.
4)

Bei heimbeatmeten Patienten, die über ein Tracheostoma beatmet werden, sind die Beatmungszeiten zu erfassen, wenn es sich im Einzelfall um einen „intensivmedizinisch versorgten Patienten“ handelt (Definition: s.o.).

5)

Für die Beatmungsentwöhnung und die Einstellung einer häuslichen Beatmung sind die passenden Kodes aus

8-718     Beatmungsentwöhnung [Weaning] bei maschineller Beatmung
und
8-716     Einstellung einer häuslichen maschinellen Beatmung
anzugeben
6)

Bei allen Patienten, die länger als 95 Stunden beatmet werden, ist gemäß der „Vereinbarung gemäß § 9 Absatz 1a Nummer 8 KHEntgG über das Nähere von Abschlägen bei Nichteinschätzung des Beatmungsstatus/Beatmungsentwöhnungspotentials und fehlender Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung (B-BEP-Abschlagsvereinbarung)“ der Status zur Beatmung bei Entlassung und zu der formlosen Verordnung gemäß § 3 der B-BEP-Abschlagsvereinbarung durch die Angabe eines passenden Entlassungs-/Verlegungs­grunds (Schlüsselverzeichnis 1. u. 2. Stelle 01 bis 04 oder 09 bis 11) in Verbindung mit der 3. Stelle des Entlassungs-/Verlegungsgrunds wie folgt anzugeben:

3
arbeitsfähig: keine Angabe; invasiv beatmet i.S. B-BEP-Abschlagsvereinbarung; keine Verordnung einer Anschlussversorgung zur Beatmungsentwöhnung
4
arbeitsfähig: keine Angabe; invasiv beatmet i.S. B-BEP-Abschlagsvereinbarung; Verordnung einer Anschlussversorgung zur Beatmungsentwöhnung
5
arbeitsfähig: keine Angabe; invasiv beatmet; B-BEP-Abschlagsvereinbarung nicht anwendbar; keine Verordnung

Berechnung der Dauer der Beatmung

Eine maschinelle Beatmung (siehe Definition, Abs. 1), die zur Durchführung einer Operation oder während einer Operation begonnen wird und die nicht länger als 24 Stunden dauert, zählt nicht zur Gesamtbeatmungszeit. Die maschinelle Beatmung während einer Operation im Rahmen der Anästhesie wird als integraler Bestandteil des chirurgischen Eingriffs angesehen.

Wenn die maschinelle Beatmung jedoch zur Durchführung einer Operation oder während einer Operation begonnen wird und länger als 24 Stunden dauert, dann zählt sie zur Gesamtbeatmungszeit. Die Berechnung der Dauer beginnt in diesem Fall mit der Intubation; die Intubation ist in diesem Fall zu kodieren, obwohl sie zur Operation durchgeführt wurde.

Eine Beatmung, die nicht zum Zweck einer Operation begonnen wurde, z.B. in der Intensivbehandlung nach einer Kopfverletzung oder einer Verbrennung, zählt unabhängig von der Dauer immer zur Gesamtbeatmungszeit. Werden bereits beatmete Patienten operiert, so zählt die Operationszeit zur Gesamtbeatmungszeit

Die Beatmungsdauer berechnet sich wie folgt:

  •  Liegen die Beatmungsstunden (gemäß der Definition in DKR 1001) pro Kalendertag unter 8 Stunden, werden nur die erbrachten Beatmungstunden (gemäß DKR 1001) entsprechend
    berechnet.
  •  Liegen die Beatmungsstunden (gemäß der Definition in DKR 1001) pro Kalendertag bei 8 Stunden oder mehr, werden 24 Beatmungsstunden für den Kalendertag berechnet.

Am Tag der Aufnahme und der Entlassung oder der Verlegung sind nur die erbrachten Beatmungsstunden zu berücksichtigen.

Solange ein Patient für mindestens 8 Stunden pro Kalendertag ein Verfahren erhält, bei dem bei positiver Druckbeatmung eine Druckdifferenz zwischen Inspiration und Exspiration von mindestens 6 mbar besteht (gilt nur für Patienten ab dem vollendeten 6. Lebensjahr), sind auch beatmungsfreie Intervalle an diesen Tagen mitzuzählen, unabhängig davon, ob sich der Patient bereits in der Entwöhnung von der Beatmung befindet oder nicht und unabhängig davon, ob der Patient während der beatmungsfreien Intervalle eine Sauerstoffinsufflation oder Sauerstoffinhalation erhält

Während eines Krankenhausaufenthaltes ist zunächst die Gesamtbeatmungszeit gemäß obigen Regeln zu ermitteln, die Summe ist zur nächsten ganzen Stunde aufzurunden.
(s.a. DKR P005 Multiple Prozeduren/Prozeduren, unterschieden auf der Basis von Größe, Zeit oder Anzahl/Bilaterale Prozeduren).

Beispiel 1

Ein 40-jähriger Patient wird seit dem 05.07. ab 21:00 Uhr intubiert über die Notaufnahme aufgenommen und in Folge fortlaufend invasiv mit einer Druckdifferenz > 6 mbar beatmet.

Am 08.07. um 07:00 Uhr wird der Patient extubiert und weiter nichtinvasiv mit einer Druckdifferenz > 6 mbar intermittierend beatmet.

Am 10.07. wird der Patient letztmalig insgesamt 7 Stunden (Druckdifferenz > 6 mbar) beatmet.

Die Berechnung der Gesamtbeatmungsdauer ergibt sich wie folgt

Datum Beatmung Beatmung von – bis Beatmung h/Tag ohne beatmungsfreie Intervalle Anzurechnende Beatmungsdauer
05.07. fortlaufend invasiv 21:00 Uhr – 24:00 Uhr 3 3
06.07. fortlaufend invasiv 00:00 Uhr – 24:00 Uhr 24 24
07.07. fortlaufend invasiv 00:00 Uhr – 24:00 Uhr 24 24
08.07. Wechsel auf NIV (um 07:00 Uhr) intermittierend 00:00 Uhr – 07:00 Uhr (invasiv)
07:00 Uhr – 24:00 Uhr (NIV)
davon insgesamt 12 h Beatmung mit Druck differenz (> 6 mbar)
7 +
12
24
09.07. NIV intermittierend 00:00 Uhr – 24:00 Uhr davon 10 h Beatmung 10 24
10.07. NIV intermittierend 00:00 Uhr – 24:00 Uhr davon 7 h Beatmung 7 7
Gesamtbeatmungsdauer: 106 Stunden

Beginn

Die Berechnung der Dauer der Beatmung beginnt mit einem der folgenden Ereignisse:

  •    Endotracheale Intubation

Für Patienten, die zur künstlichen Beatmung intubiert werden, beginnt die Berechnung der Dauer mit dem Anschluss an die Beatmungsgeräte.

Gelegentlich muss die endotracheale Kanüle wegen mechanischer Probleme ausgetauscht werden. Zeitdauer der Entfernung und des unmittelbaren Ersatzes der endotrachealen Kanüle sind in diesem Fall als Teil der Beatmungsdauer anzusehen; die Berechnung der Dauer wird fortgesetzt.

Für Patienten, bei denen eine künstliche Beatmung durch endotracheale Intubation begonnen und bei denen später eine Tracheotomie durchgeführt wird, beginnt die Berechnung der Dauer mit der Intubation. Die Zeitdauer der Beatmung über das Tracheostoma wird hinzugerechnet.

  •    Maskenbeatmung

Die Berechnung der Dauer der künstlichen Beatmung beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem die maschinelle Beatmung einsetzt.

  •    Tracheotomie

(mit anschließendem Beginn der künstlichen Beatmung). Die Berechnung der Dauer der künstlichen Beatmung beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem die maschinelle Beatmung einsetzt.

  •    Aufnahme eines beatmeten Patienten

Für jene Patienten, die maschinell beatmet aufgenommen werden, beginnt die Berechnung der Dauer mit dem Zeitpunkt der Aufnahme (s.a. „Verlegte Patienten“, unten).

 

Verlegte Patienten

Beatmete und/oder intubierte Patienten

Wenn ein beatmeter Patient verlegt wird, finden die folgenden Grundregeln Anwendung:

Das verlegende Krankenhaus erfasst die Dauer der dort durchgeführten Beatmung und gibt die zutreffenden Kodes an:

 

–    für den Zugang bei maschineller Beatmung (8-70),
–    für die Tracheostomie (5-311; 5-312),
–    für maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen (8-711),
–    für maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Kindern und Jugendlichen (8-712),
–    für Beatmungsentwöhnung (Weaning) (8-718)

wenn diese Maßnahmen von der verlegenden Einrichtung durchgeführt worden sind.
Das aufnehmende Krankenhaus erfasst die Dauer der dort durchgeführten Beatmung, bei Neugeborenen wird zusätzlich ein Kode aus 8-711 bzw. bei Kindern und Jugendlichen zusätzlich ein Kode aus 8-712 zugewiesen. Ein Kode für die Einleitung der Beatmung wird nicht angegeben, da diese Maßnahmen vom verlegenden Krankenhaus durchgeführt wurden.

Wenn ein nicht beatmeter intubierter oder tracheotomierter Patient verlegt wird, kodiert das verlegende Krankenhaus den Zugang bei maschineller Beatmung (8-70) sowie ggf. die Tracheostomie (5-311; 5-312). Das aufnehmende Krankenhaus kodiert diese bereits geleisteten Prozeduren nicht noch einmal.

Intubation ohne maschinelle Beatmung

Eine Intubation kann auch durchgeführt werden, wenn keine künstliche Beatmung erforderlich ist, z.B. wenn es notwendig ist, den Luftweg offen zu halten. Kinder können bei Diagnosen wie Asthma, Krupp oder Epilepsie intubiert werden, und Erwachsene können in Fällen von Verbrennungen oder schwerem Trauma intubiert werden.

Eine Intubation ist in diesen Fällen mit einem Kode aus

8-700 Offenhalten der oberen Atemwege
8-701 Einfache endotracheale Intubation

zu verschlüsseln.

Atemunterstützung: Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (CPAP), High flow nasal cannula (HFNC) und Humidified high flow nasal cannula (HHFNC)

Kodes aus

8-711.0 Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP)
8-711.4 Atemunterstützung durch Anwendung von High-Flow-Nasenkanülen [HFNC-System]

sind nur bei Neugeborenen und Säuglingen zu kodieren, unabhängig von der Behandlungsdauer (also auch unter 24 Stunden; bei OPS-Kode 8-711.00 mindestens aber 30 Minuten).

Die Dauer der Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) ist bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern bis zum vollendeten 6. Lebensjahr für die Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen, sofern diese intensivmedizinisch versorgt sind.

Die Dauer der Atemunterstützung mit High flow nasal cannula (HFNC) und Humidified high flow nasal cannula (HHFNC) ist bei Neugeborenen und Säuglingen für die Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen, sofern diese intensivmedizinisch versorgt sind.

Wenn diese Atemunterstützung (HFNC/HHFNC bis zum vollendeten 1. Lebensjahr/CPAP bis zum vollendeten 6. Lebensjahr) weniger als 8 Stunden pro Kalendertag beträgt und eine intensivmedizinische Versorgung stattfand, sind nur die erbrachten Atemunterstützungsstunden als Beatmungsstunden zu berechnen.

Wenn diese Atemunterstützung (HFNC/HHFNC bis zum vollendeten 1. Lebensjahr/CPAP bis zum vollendeten 6. Lebensjahr) 8 oder mehr Stunden pro Kalendertag beträgt und eine intensivmedizinische Versorgung stattfand, sind 24 Beatmungsstunden zu berechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Patient während der Intervalle ohne Atemunterstützung eine Sauerstoffinsufflation oder Sauerstoffinhalation erhält.

Am Tag der Aufnahme, der Entlassung oder der Verlegung sind nur die erbrachten Beatmungsstunden zu berücksichtigen.

Beispiel 2

Ein drei Monate alter intensivmedizinisch versorgter Säugling erhält seit dem 06.07. (Aufnahmetag) ab 12:00 Uhr Atemunterstützung mit HFNC.

Seit dem 10.07. wird die Atemunterstützung mit HFNC schrittweise reduziert

am 11.07. erfolgt HFNC für insgesamt 6 Stunden
am 12.07. erfolgt HFNC für insgesamt 4 Stunden

Die Berechnung der Beatmungsdauer ergibt sich wie folgt:

Datum Atemunter
stützung
Atemunterstützung
von – bis
Beatmung
h/Tag ohne
beatmungsfreie
Intervalle
Anzurechnende
Beatmungsdauer
06.07. HFNC 12:00 Uhr – 24:00 Uhr 12 12
07.07. HFNC 00:00 Uhr – 24:00 Uhr 24 24
08.07. HFNC 00:00 Uhr – 24:00 Uhr 24 24
09.07. HFNC 00:00 Uhr – 24:00 Uhr 24 24
10.07. HFNC Insgesamt 10 h HFNC 10 24
11.07. HFNC Insgesamt 6 h HFNC 6 6
12.07. HFNC Insgesamt 4 h HFNC 4 4
Gesamtbeatmungsdauer: 118 Stunden

Wenn bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen eine Störung wie Schlafapnoe mit CPAP behandelt wird, sind Kodes aus 8-711.0 und 8-712.0 Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck [CPAP] sowie die Beatmungsdauer nicht zu verschlüsseln. Die Ersteinstellung einer CPAP-Therapie bzw. die Kontrolle oder Optimierung einer früher eingeleiteten CPAP-Therapie werden mit einem Kode aus 8-717 Einstellung einer nasalen oder oronasalen Überdrucktherapie bei schlafbezogenen Atemstörungen verschlüsselt.