2023-D003u Nebendiagnosen
- Diese Version der Kodierrichtlinie ist bis jetzt aktuell.
- Kleine Anpassungen: 2007, 2006
- Änderungen der Ursprungsversion: 2013, 2010, 2005, 2022
- Ursprüngliche Version dieser Kodierrichtlinie: 2003
D003u Nebendiagnosen
Die Nebendiagnose ist definiert als:
„Eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt.”
Für Kodierungszwecke müssen Nebendiagnosen als Krankheiten interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussen, dass irgendeiner der folgenden Faktoren erforderlich ist:
- therapeutische Maßnahmen
- diagnostische Maßnahmen
- erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand
Bei Patienten, bei denen einer dieser erbrachten Faktoren auf mehrere Diagnosen (entweder Hauptdiagnose und Nebendiagnose(n) oder mehrere Nebendiagnosen) ausgerichtet ist, können alle betroffenen Diagnosen kodiert werden. Somit ist es unerheblich, ob die therapeutische(n)/diagnostische(n) Maßnahme(n) bzw. der erhöhte Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand auch in Bezug auf die Hauptdiagnose geboten waren.
Beispiel 1
Ein Patient wird für die Nebendiagnosen koronare Herzkrankheit, arterieller Hypertonus und Herzinsuffizienz mit einem Betablocker behandelt.
Nebendiagnose(n): | Koronare Herzkrankheit Arterieller Hypertonus Herzinsuffizienz |
Krankheiten, die z.B. durch den Anästhesisten während der präoperativen Beurteilung dokumentiert wurden, werden nur kodiert, wenn sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Sofern eine Begleitkrankheit das Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur beeinflusst, wird diese Krankheit als Nebendiagnose kodiert.
Anamnestische Diagnosen, die das Patientenmanagement gemäß obiger Definition nicht beeinflusst haben, wie z.B. eine ausgeheilte Pneumonie vor 6 Monaten oder ein abgeheiltes Ulkus, werden nicht kodiert.
Beispiel 2
Eine Patientin wird zur Behandlung einer chronischen myeloischen Leukämie (CML) stationär aufgenommen. In der Anamnese gibt sie eine Knieoperation vor 10 Jahren wegen eines Außenmeniskusschadens an. Danach war sie beschwerdefrei. Eine bekannte koronare Herzkrankheit wird medikamentös weiterbehandelt. Die sonografische Untersuchung der abdominellen Lymphknoten zeigt auch ein bekanntes Uterusmyom, das keine weitere Diagnostik und Behandlung erfordert. Während des stationären Aufenthaltes kommt es zu einer depressiven Reaktion mit Therapie durch Antidepressiva. Wegen anhaltender Lumbalgien wird die Patientin krankengymnastisch betreut.
Hauptdiagnose: | Chronisch myeloische Leukämie (CML) |
Nebendiagnose(n): | Depressive Reaktion Lumbalgien Koronare Herzkrankheit |
Die Nebendiagnosen erfüllen die obige Definition (Ressourcenverbrauch) und sind deshalb zu dokumentieren.
Die sonstigen Diagnosen (Uterus myomatosus, Z.n. OP nach Außenmeniskusschaden) erfüllen diese Definition nicht und werden deshalb für das DRG-System nicht dokumentiert. Sie sind jedoch für die medizinische Dokumentation und die ärztliche Kommunikation von Bedeutung.
Beispiel 3
Ein Patient, der wegen einer Pneumonie stationär aufgenommen wird, hat zusätzlich einen Diabetes mellitus. Das Pflegepersonal prüft täglich den Blutzucker, und der Patient bekommt eine Diabetes-Diät.
Hauptdiagnose: | Pneumonie |
Nebendiagnose(n): | Diabetes mellitus |
Beispiel 4
Ein 60 Jahre alter Patient mit Varikose wird zur Behandlung von Ulzera am Unterschenkel aufgenommen. Aufgrund einer früheren Unterschenkelamputation benötigt der Patient zusätzliche Unterstützung durch das Pflegepersonal.
Hauptdiagnose: | Variköse Ulzera am Bein |
Nebendiagnose(n): | Unterschenkelamputation in der Eigenanamnese |
Beispiel 5
Eine adipöse, ältere Patientin wird wegen Cholezystolithiasis zur Cholezystektomie aufgenommen. Postoperativ erleidet sie eine Lungenembolie.
Hauptdiagnose: | Cholezystolithiasis |
Nebendiagnose(n): | Lungenembolie Adipositas |
Entscheidung des Schlichtungsausschusses zu der KDE 400, veröffentlicht am 25.11.2020
Frage: Ein Neugeborenes wird wegen persistierendem Ikterus ins Krankenhaus aufgenommen. Bei der Sonographie erfolgt auch eine Beurteilung der ableitenden Harnwege. Dabei wird ein bekannter Megaureter bestätigt. Während des Aufenthaltes erfolgen diesbezüglich keine weiteren diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen. Kann hier der ICD-Kode Q62.2 Angeborener Megaureter als Nebendiagnose angegeben werden?
Entscheidung: Wenn ein Neugeborenes wegen persistierendem Ikterus in ein Krankenhaus aufgenommen wird und eine sonographische Beurteilung der ableitenden Harnwege bei bekanntem Megaureter erfolgt, anschließend in Bezug auf den Megaureter aber keine weiteren diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen während des stationären Aufenthaltes erfolgen, ist der Kode Q62.2 Angeborener Megaureter gemäß DKR D003 Nebendiagnosen als Nebendiagnose anzugeben.
Entscheidung des Schlichtungsausschusses zu der KDE 556, veröffentlicht am 25.11.2020
Frage: Wiederaufnahme eines Patienten wegen einer Wundheilungsstörung im Bereich des Rückens nach knöcherner Dekompression bei schwerer Spinalkanalstenose bei Achondroplasie. Aktuell erfolgt eine Wundrevision und Verschluss eines Liquorlecks. Ist Q77.4 Achondroplasie als Nebendiagnose zu kodieren?
Entscheidung: In dem vorliegenden Fall (KDE 556) der Aufnahme eines Patienten wegen einer Wundheilungsstörung im Bereich des Rückens nach vorheriger knöcherner Dekompression bei schwerer Spinalkanalstenose bei Achondroplasie, bei dem aktuell eine Wundrevision und Verschluss eines Liquorlecks erfolgt, ist weder die Wundheilungsstörung noch das Liquorleck eine spezifische Manifestation der Achondroplasie. Die Kodierung der Achondroplasie richtet sich daher nach DKR D003 Nebendiagnosen.
Die Nebendiagnose ist danach abhängig vom Aufwand zu kodieren, welcher sich jedoch an Hand der hier zum Sachverhalt vorliegenden Informationen allein nicht abschließend sicher bestimmen lässt.
Symptome als Nebendiagnose
Für Symptome gelten die Regelungen zur Kodierung von Nebendiagnosen entsprechend.
Beispiel 6
Ein Patient wird zur Behandlung einer fortgeschrittenen alkoholischen Leberzirrhose stationär aufgenommen. Es besteht ein ausgeprägter Aszites, der Auswirkungen u. a. auf die Atmung sowie auf die Nierenfunktion hat. Er wird u. a. mittels Entlastungspunktionen behandelt.
Hauptdiagnose: | Alkoholische Leberzirrhose |
Nebendiagnose(n): | Aszites |
Reihenfolge der Nebendiagnosen
Es gibt keine Kodierrichtlinie, die die Reihenfolge der Nebendiagnosen regelt. Jedoch sollten die bedeutenderen Nebendiagnosen, insbesondere Komplikationen und Komorbiditäten, zuerst angegeben werden, da die Anzahl der zur Verfügung stehenden Schlüsselnummer-Felder begrenzt ist. Wird zur Verschlüsselung einer Diagnose mehr als ein Kode benötigt (z.B. Kreuz-Stern-System), so ist für die Reihenfolge DKR D012 Mehrfachkodierung zu beachten.
Abnorme Befunde
Abnorme Labor-, Röntgen-, Pathologie- und andere diagnostische Befunde werden nicht kodiert, es sei denn, sie haben eine klinische Bedeutung im Sinne einer therapeutischen Konsequenz oder einer weiterführenden Diagnostik (nicht allein Kontrolle der abnormen Werte).
Beispiel 7
Ein Patient wird wegen einer Pneumonie stationär aufgenommen. Im Labortest wird eine leicht erhöhte Gamma-GT, die ausschließlich kontrolliert wird und keine weiteren diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen nach sich zieht, gefunden.
Hauptdiagnose: | Pneumonie |
Anmerkung: Die erhöhte Gamma-GT erfüllt nicht die Definition einer Nebendiagnose und wird deshalb für das DRG-System nicht dokumentiert. Sie ist jedoch für die medizinische Dokumentation und die ärztliche Kommunikation von Bedeutung.