Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 119/06
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 24.07.2008 (rechtskräftig)
- Sozialgericht München S 18 KR 328/03
- Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 119/06
- Bundessozialgericht B 1 KR 58/08 B
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten, die der verstorbenen Ehefrau des Klägers durch zwei stationäre Behandlungen mit dem Medikament Y-90-DOTATOC im Kantonsspital B. entstanden sind.
Die 1965 geborene und am 05.09.2003 verstorbene Ehefrau des Klägers litt an einem malignen Pheochromozytom mit Metastasierung. Nach Exsirpation am 12.10.1998 erfolgte eine percutane Radiation im Dezember 1998 und Januar 1999. Am 11.03.2002 beantragte die Verstorbene unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des Internisten Dr.D. vom 06.03.2002, eines Kostenvoranschlags und einer Therapiebeschreibung von Prof.M. vom Kantonsspital B. vom 20.04.2001 sowie eines Arztberichtes von Prof.Dr.B. von der Universitätsklinik M. vom 11.02.2002 die Übernahme der Kosten für eine Behandlung mit dem Medikament Y-90-DOTATOC im Kantonsspital B./Schweiz.
Zur beabsichtigten Ablehnung hörte die Beklagte die Ehefrau des Klägers an und verwies dabei insbesondere auf die Möglichkeit einer Therapie in der Klinik Bad B … Die von der Verstorbenen selbst in Betracht gezogene Therapie in M. hielt diese wegen der Anfahrtswege für nicht zumutbar.
Mit Bescheid vom 25.03.2002 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenübernahme ab. Der Medizinische Dienst sei in einem vergleichbaren Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich um eine hochexperimentelle Therapie handele, die außerhalb einer klinischen Prüfung nicht eingesetzt werden dürfe.
Zur Begründung des Widerspruchs wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Y-90-DOTATOC-Therapie sei nach Auskunft des Kantonsspital B. eine dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung, die auch in den Niederlanden, Italien und Österreich erfolgreich angewandt werde. Die beigefügte fachärztliche Bescheinigung von Prof.Dr.E. vom Klinikum G. vom 10.04.2002 bestätige die medizinische Notwendigkeit und die positive Therapieprognose. Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nach der Rechtsprechung des BSG zur sog. Außenseitermedizin seien damit erfüllt.
Nach Beiziehung eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nordrhein-Westfalen (MDK) vom 19.08.2002, welches durch Prof.Dr.H. erstellt wurde, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2002 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Erstattung der Kosten für die in der Schweiz durchgeführte Behandlung komme nicht in Betracht, weil diese nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Nach dem Gutachten des MDK Nordrhein-Westfalen stelle die Behandlung mittels DOTATOC eine experimentelle Therapie dar, die zur Zeit im Rahmen klinischer Studien evaluiert werde. Die vorgenannte Substanz sei weder in der Schweiz noch im Bereich der EU zur Behandlung zugelassen. Bei tumorassoziierten Beschwerden komme eine medikamentöse Behandlung mit Oktriotid oder Alpa-Interpheron in Betracht. Beide Medikamente seien für die Behandlung von Patienten mit Carzinoiden zugelassen. Ein Ansprechen der tumorassoziierten Beschwerden sei mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 % zu erwarten.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger insbesondere auf das Urteil des BSG vom 19.03.2002 – B 1 KR 37/00 R – zur Frage eines Off-Label-Use eines zugelassenen Arzneimittels verwiesen. Die Erkrankung gehöre zu den schweren Krankheiten, bei denen die Behandlung mit einer bislang nicht zugelassenen Therapie in Betracht komme. Eine verfügbare andere Therapie sei nicht ersichtlich. Die Rechtsprechung des BSG müsse im Ausnahmefall auch außerhalb des sogenannten Off-Label-Use für in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel bzw. Behandlungstherapien gelten.
Mit Urteil vom 15.12.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte die Übernahme bzw. Erstattung der Kosten für die im Kantonsspital B. durchgeführte Therapie abgelehnt, da es sich hierbei nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Weder lägen die Voraussetzungen des § 13 Abs.3 SGB V noch die des § 18 Abs.1 SGB V vor. Darüber hinaus ergebe sich auch kein Anspruch aus der Rechtsprechung des BSG zu den sog. Außenseitermethoden bzw. zum Off-Label-Use von Medikamenten.
Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung verweist der Kläger insbesondere auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 – 1 BvR 347/98. Dieser Beschluss betreffe die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für sog. neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung im Rahmen der ambulanten ärztlichen Versorgung. Die Notwendigkeit der stattgehabten Therapie habe Prof.E. in seiner fachärztlichen Bescheinigung vom 10.04.2002 festgestellt.
Der Kläger, der zuletzt mit seiner Frau in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat,
beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.12.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 25.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 9.194,94 Euro an Behandlungskosten für die beiden Klinikaufenthalte seiner Ehefrau in B. im Jahre 2002 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akte der Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidunsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Abs.2 SGG) und zulässig, erweist sich aber in der Sache als unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 25.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2003, mit dem diese die Kostenübernahme (bzw. nunmehr die Erstattung von Kosten) einer Y-90-DOTATOC-Therapie im Kantonsspital B. für die am 05.09.2003 verstorbene Ehefrau des Klägers abgelehnt hat.
Zulässig verfolgt der Kläger als Sonderrechtsnachfolger (§ 56 SGB I) seinen Klageanspruch (§ 123 SGG) mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage(§ 54 Abs.4 SGG).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung von insgesamt 9.194,94 Euro für die vom 15. bis 17.02. und 10. bis 12.06.2002 durchgeführten Y-90-DOTATOC-Behandlungen.
Für die begehrte Kostenerstattung kommt als Anspruchsgrundlage allein § 13 Abs.3 SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft.
§ 13 Abs.1 SGB V beruht auf dem Sachleistungsprinzip des § 2 Abs.1 Satz 2 SGB V, das besagt, dass sächliche Mittel und persönliche Dienste von der Krankenkasse beschafft und den Versicherten unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots in Natur zur Verfügung gestellt werden, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden können. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs.3 SGB V tritt an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung und besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind (BSG vom 14.12.2006 – SozR 4-2500 § 13 Nr.12 Rdnr.9 oder bereits BSG vom 24.09.1996 – BSGE 79, 125, 126).
Die genannten Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die in Frage stehende Therapie-Behandlung nicht zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind.
Unstreitig ist insoweit zwischen den Beteiligten, dass sich ein Anspruch des Klägers weder aus Art.22 Abs.1 c EWG-Verordnung 1408/71, noch aus Art.22 Abs.1 a der EWG-Verordnung 1408/71 ergibt. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass zwar der Gesetzgeber im Rahmen des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (VÄndG)den Anwendungsbereich der Regelungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs.4 bis 6 SGB V und § 140e SGB V zwischenzeitlich auf die Schweiz ausgedehnt hat. Diese Regelung gilt jedoch erst seit dem 01.01.2007, wohingegen die Antragstellung bereits am 11.03.2002 erfolgte. Nach Erweiterung des Anwendungsbereichs der Kostenerstattung können – wie bereits ausführt – ab 01.01.2007 in Deutschland gesetzlich Krankenversicherte im Wege der Kostenerstattung Leistungserbringer in der Schweiz ebenso in Anspruch nehmen wie bisher schon im europäischen Wirtschaftsraum und deutsche gesetzliche Krankenkassen zur Versorgung ihrer Versicherten Verträge auch mit schweizerischen Leistungserbringern abschließen (§ 140 e SGB V).
Auch ergibt sich kein Anspruch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Schließlich kommt eine Kostenerstattung gem. § 18 SGB V in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung nicht in Betracht.
Der vom Kläger geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch besteht nicht, weil die Auslandsbehandlung seiner verstorbenen Ehefrau nicht erforderlich im Sinne des § 18 Abs.1 Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung gewesen ist. Nach Würdigung des vorliegenden MDK-Gutachtens der Krankenversicherung Nordrhein-Westfalen vom 19.08.2002 steht fest, dass die Behandlungsmethode mittels DOTATOC noch keinen allgemein anerkannten Stand in der Therapie eines Carzinoids darstellt und auch nicht dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Die Therapie mit diesem Mittel befindet sich zur Zeit noch in einem experimentellen Stadium. In der medizinischen Literatur liegen bislang keine Daten vor, die einen Überlebensvorteil von Patienten, die mit DOTATOC behandelt werden, zeigen.
Handelt es sich aber nicht um eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung, bleibt für eine Ermessensentscheidung der Beklagten über die begehrte Kostenerstattung kein Raum. Eine Erweiterung der Leistungspflicht der Krankenkassen auf Behandlungsmethoden, die sich erst im Stadium der Forschung oder Erprobung befinden und (noch) nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, lässt das Gesetz auch bei schweren oder vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheiten grundsätzlich nicht zu.
Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (Az.: 1 BvR 347/98 BVerfGE 115, 25) folgt ebenfalls kein anderes Ergebnis. Zwar hat das BVerfG entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Art.2 Abs.1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art.2 Abs.2 Satz 1 GG nicht vereinbar sei, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zu Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Diese Aussage präzisiert das BVerfG in den
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Abs.2 SGG) und zulässig, erweist sich aber in der Sache als unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 25.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2003, mit dem diese die Kostenübernahme (bzw. nunmehr die Erstattung von Kosten) einer Y-90-DOTATOC-Therapie im Kantonsspital B. für die am 05.09.2003 verstorbene Ehefrau des Klägers abgelehnt hat.
Zulässig verfolgt der Kläger als Sonderrechtsnachfolger (§ 56 SGB I) seinen Klageanspruch (§ 123 SGG) mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage(§ 54 Abs.4 SGG).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung von insgesamt 9.194,94 Euro für die vom 15. bis 17.02. und 10. bis 12.06.2002 durchgeführten Y-90-DOTATOC-Behandlungen.
Für die begehrte Kostenerstattung kommt als Anspruchsgrundlage allein § 13 Abs.3 SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft.
§ 13 Abs.1 SGB V beruht auf dem Sachleistungsprinzip des § 2 Abs.1 Satz 2 SGB V, das besagt, dass sächliche Mittel und persönliche Dienste von der Krankenkasse beschafft und den Versicherten unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots in Natur zur Verfügung gestellt werden, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden können. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs.3 SGB V tritt an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung und besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind (BSG vom 14.12.2006 – SozR 4-2500 § 13 Nr.12 Rdnr.9 oder bereits BSG vom 24.09.1996 – BSGE 79, 125, 126).
Die genannten Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die in Frage stehende Therapie-Behandlung nicht zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind.
Unstreitig ist insoweit zwischen den Beteiligten, dass sich ein Anspruch des Klägers weder aus Art.22 Abs.1 c EWG-Verordnung 1408/71, noch aus Art.22 Abs.1 a der EWG-Verordnung 1408/71 ergibt. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass zwar der Gesetzgeber im Rahmen des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (VÄndG)den Anwendungsbereich der Regelungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs.4 bis 6 SGB V und § 140e SGB V zwischenzeitlich auf die Schweiz ausgedehnt hat. Diese Regelung gilt jedoch erst seit dem 01.01.2007, wohingegen die Antragstellung bereits am 11.03.2002 erfolgte. Nach Erweiterung des Anwendungsbereichs der Kostenerstattung können – wie bereits ausführt – ab 01.01.2007 in Deutschland gesetzlich Krankenversicherte im Wege der Kostenerstattung Leistungserbringer in der Schweiz ebenso in Anspruch nehmen wie bisher schon im europäischen Wirtschaftsraum und deutsche gesetzliche Krankenkassen zur Versorgung ihrer Versicherten Verträge auch mit schweizerischen Leistungserbringern abschließen (§ 140 e SGB V).
Auch ergibt sich kein Anspruch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Schließlich kommt eine Kostenerstattung gem. § 18 SGB V in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung nicht in Betracht.
Der vom Kläger geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch besteht nicht, weil die Auslandsbehandlung seiner verstorbenen Ehefrau nicht erforderlich im Sinne des § 18 Abs.1 Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung gewesen ist. Nach Würdigung des vorliegenden MDK-Gutachtens der Krankenversicherung Nordrhein-Westfalen vom 19.08.2002 steht fest, dass die Behandlungsmethode mittels DOTATOC noch keinen allgemein anerkannten Stand in der Therapie eines Carzinoids darstellt und auch nicht dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Die Therapie mit diesem Mittel befindet sich zur Zeit noch in einem experimentellen Stadium. In der medizinischen Literatur liegen bislang keine Daten vor, die einen Überlebensvorteil von Patienten, die mit DOTATOC behandelt werden, zeigen.
Handelt es sich aber nicht um eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung, bleibt für eine Ermessensentscheidung der Beklagten über die begehrte Kostenerstattung kein Raum. Eine Erweiterung der Leistungspflicht der Krankenkassen auf Behandlungsmethoden, die sich erst im Stadium der Forschung oder Erprobung befinden und (noch) nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, lässt das Gesetz auch bei schweren oder vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheiten grundsätzlich nicht zu.
Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (Az.: 1 BvR 347/98 BVerfGE 115, 25) folgt ebenfalls kein anderes Ergebnis. Zwar hat das BVerfG entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Art.2 Abs.1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art.2 Abs.2 Satz 1 GG nicht vereinbar sei, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zu Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Diese Aussage präzisiert das BVerfG in den Entscheidungsgründen dahingehend, dass Fallgestaltungen gemeint seien, für die eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiere, der behandelnde Arzt jedoch eine Methode zur Anwendung bringe, die nach seiner Einschätzung im Einzelfall den Krankheitsverlauf positiv zugunsten des Versicherten beeinflusse (BVerfG, a.a.O., Rz 62).
Gerade dies war bei der Versicherten nicht der Fall. So lagen durchaus alternative Behandlungsmöglichkeiten vor. In diesem Zusammenhang sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass eine alternative Behandlung in der Zentralklinik Bad B. möglich war. Diese Möglichkeit wurde der Versicherten aufgezeigt; eine Kontaktaufnahme, wie empfohlen, mit Prof.Dr.B. erfolgte jedoch ihrerseits nicht. Die weitere Alternativmöglichkeit einer Behandlung in M. hielt sie für nicht zumutbar wegen der Anfahrtswege. Darüber hinaus ist auch im Gutachten des MDK vom 19.08.2002 festgehalten, dass als alternative Behandlungsmöglichkeit die medikamentöse Therapie mit den Medikamenten Oktreotid und Alpha-Interpheron in Betracht käme. Zusätzlich wurde auf die zytostatischen Behandlungsmöglichkeiten mit Doxorubizin, Streptozotozin, Melfalan oder 5-Fluorurazil hingewiesen. Die genannten Therapieformen wären durch die Beklagte als Sachleistung erbracht worden, so dass gerade keine Alternativlosigkeit der Therapiemöglichkeit, die Grundlage der Entscheidung des BVerfG gewesen ist, gegeben war.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.12.2005 zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten, weil der Kläger unterlegen ist (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.