Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 227/08
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 10.09.2009 (nicht rechtskräftig)
- Sozialgericht Würzburg S 3 KR 45/05
- Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 227/08
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 31. März 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Kosten für die Anzüchtung und Lieferung von autologen Chondrocyten in Höhe von 4.173,00 EUR streitig.
Die 1961 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Am 27.04.2004 wurde bei ihr durch Dr. D. W., Chirurg und Durchgangsarzt, wegen eines Knorpelschadens im linken Knie eine Arthroskopie durchgeführt. Am 29.04.2004 beantragte Dr. W. bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Anzüchtung und Lieferung von autologen Chondrocyten (Laborleistungen) zur Behandlung des Knorpelschadens des linken Knies durch Chondrocyten-Transplantation im Rahmen eines stationären Aufenthalts in der H.-Klinik in S … Die Biopsieentnahme sei für den 06.05.2004 geplant. Die entsprechende ärztliche Verordnung datiert vom 05.05.2004.
Die Beklagte wandte sich aufgrund der Antragstellung an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Die Fachärztin für Orthopädie, Chirotherapie und Sozialmedizin Dr. E. wies am 04.05.2004 darauf hin, dass die autologe Chondrocytentransplantation in der Anlage B der BuB-Richtlinien aufgeführt und somit ambulant als vertragsärztliche Leistung ausgeschlossen sei. Bei einer stationären Durchführung – wie geplant – seien die Leistungen über DRG abzurechnen. Zusätzliche Kostenabrechnungen seien nicht möglich. Ob aber eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit bestehe, gehe aus den Unterlagen nicht hervor, zumal die Klägerin bereits am 26.04.2004 arthroskopiert worden sei.
Dr. B. vom MDK führte zu den von Dr. W. vorgelegten Unterlagen am 05.05.2004 ergänzend an, bei einer Chondromalazie gebe es eine breite Palette von wissenschaftlich anerkannten vertraglichen OP-Möglichkeiten. Für eine außervertragliche Behandlungsmethode gebe es keinen Grund, zumal weder die Wirksamkeit der ACT bisher wissenschaftlich belegt sei noch gar die Überlegenheit dieser Methode gegenüber der Standardmöglichkeit.
Mit streitigem Bescheid vom 05.05.2004 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kostenübernahme ab, wobei sie sich zur Begründung auf die Ausführungen des MDK stützte.
Gegen den Bescheid vom 05.05.2004 erhob die Klägerin am 14.06.2004 Widerspruch und stellte die Begründung durch Dr. W. in Aussicht. Die Beklagte wandte sich erneut an den MDK. In seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 17.05.2004 kam Dipl.-Med. E. zu dem Ergebnis, die stationäre Behandlung der Klägerin zur Durchführung einer Knorpelknochentransplantation könne medizinisch bestätigt werden. Die beantragte Chondrocytenimplantation könne unverändert aus sozialmedizinischer Sicht nicht empfohlen werden, da diese Methode noch nicht anerkannt sei.
Vom 18.05. bis 25.05.2004 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der H.-Klinik, wo am 19.05.2004 die autologe Chondrocyten-Transplantation durchgeführt wurde.
Am 24.05.2004 ging bei der Beklagten Kostenübernahmeantrag der H.-Kliniken mit einem Pflegesatz 4000 bei der Beklagten ein. Diese übernahm für den stationären Aufenthalt die DRG-Fallpauschale, womit sämtliche Kosten der stationären Behandlung abgegolten wurden. Für die Anzüchtung und Lieferung der autologen Chondrocyten stellte die Firma A. AG der Klägerin am 19.05.2004 4.137,00 EUR in Rechnung, die von der Klägerin beglichen wurde.
Den Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für die Züchtung und Fertigung der Chondrocyten wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2005 als unbegründet zurück. Mit der Übernahme der Kosten für den stationären Aufenthalt vom 18.05. bis 25.05.2004 seien sämtliche Kosten abgegolten. Mit der Zahlung der Pflegesätze an das Krankenhaus habe die Krankenkasse nicht nur ihre Verpflichtung gegenüber dem Krankenhaus gemäß § 10 Abs.2 Bundespflegesatzverordnung, sondern auch ihre Verpflichtung gegenüber dem Versicherten erfüllt. Im Übrigen würden die Grenzen der von der Kasse zu gewährenden Leistungen durch § 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V – ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich – bestimmt.
Zur Begründung des gegen den Widerspruchsbescheid beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vortragen lassen, sie habe eine Vielzahl von Therapien auf Kosten der Beklagten versucht, ohne jedoch eine Linderung ihrer Beschwerden zu erreichen. Von daher sei die durchgeführte Chondrocyten-Trans-plantation als medizinisch notwendig zu erachten. Nachdem die Beklagte sämtliche mit der Transplantation verbundenen Kosten übernommen habe, sei es nicht nachvollziehbar, dass sie nicht auch die Kosten für das herzustellende Transplantat übernommen habe. Die Chondrocyten-Transplantation sei auch notwendig und wirtschaftlich gewesen, da die Klägerin seitdem beschwerdefrei sei.
Mit Urteil vom 31.03.2008 hat das SG die Klage abgewiesen und sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen. In den Entscheidungsgründen hat es insbesondere Bezug genommen auf die Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 19.07.2004 – L 4 KR 63/02 und 14.09.2006 – L 11 KR 44/06 sowie das Verfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) – B 1 KR 25/04 R -, in dem die Revision nach Erörterung der Sach- und Rechtslage gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen – L 5 KR 63/02 – zurückgenommen wurde.
Gegen das Urteil des SG Würzburg vom 31.03.20008 richtet sich die Berufung der Klägerin. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 31.03.2008 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 05.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die Züchtung und Lieferung von autologen Chondrozyten in Höhe von EUR 4.173,00 zu bezahlen.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akten sowie der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, deren Wert die Grenze des § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) übersteigt, ist zulässig (§§ 143, 151 SGG).
Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 05.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2005, mit dem diese die Kostenübernahme für die Züchtung und Lieferung von autologen Chondrocyten in Höhe von 4.173 EUR abgelehnt hat.
Zulässig verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch (§ 123 SGG) mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs.4 SGG).
Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 31.03.2008 die Klage abgewiesen, da die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 05.05.2004 und 11.01.2004 nicht zu beanstanden sind.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten in Höhe von 4.173,00 EUR.
Für die begehrte Kostenerstattung käme als Anspruchsgrundlage allein § 13 Abs.3 SGB V (grundsätzlich) in Betracht. Danach sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft hat.
Einer näheren Prüfung der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen der genannten gesetzlichen Vorschrift bedarf es hier jedoch nicht, da nach dieser Vorschrift ein Kostenerstattungsanspruch nur für solche medizinischen Maßnahmen besteht, die ihrer Art nach von der gesetzlichen Krankenversicherung als Sachleistung zu erbringen sind (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr.14, 22. SozR 3-2500 § 92 Nr.12). Das liegt hier nicht vor.
Die Beklagte hat vielmehr mit der Zahlung der DRG-Fallpauschale ihre Leistungspflicht gemäß den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen erfüllt. Sie war gerade nicht verpflichtet, neben dem allgemeinen Pflegesatz für die Herstellung des Knochenzellentransplantats eine gesonderte Leistung an das Vertragskrankenhaus zu erbringen. Denn diese Leistungen waren durch die Pflegesätze abgegolten.
Nach § 2 Abs.1 Satz 1 Bundespflegesatzverordnung gehören zu den Krankenhausleistungen die ärztlichen Behandlungen, die Krankenpflege, die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Unterkunft und Verpflegung. Darüber hinaus sind die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter durch die in der Bundespflegesatzverordnung vorgesehenen Leistungen mit abgegolten.
Die Klägerin hat sich hier auch nicht gegenüber dem Krankenhaus (etwa als Wahlleistung) zur Bezahlung der Kosten der Zellzüchtung verpflichtet, sondern gegenüber dem Hersteller, Firma A. AG und auch an diesen den geforderten Betrag gezahlt.
Andere Kosten, wie etwa die Verpflichtung gegenüber einem anderen als dem krankenversicherungsrechtlich zulässigen Leistungserbringer lösen keinen Anspruch gegenüber der Beklagten aus, weil sonst die krankenversicherungsrechtliche Bindung an die zulässigen Formen der Leistungserbringung durch den Anspruch auf Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden könnte (BSGE 80, 181, 182; 86, 66, 69). Da die Firma A. AG als Hersteller der Knorpelzellen ersichtlich nicht zu den im 4. Kapitel des SGB V genannten Leistungserbringern zählt, scheidet insgesamt eine Kostenerstattung der Klägerin wegen der Chondrocytenzüchtung aus.
Im Übrigen schließt sich der Senat gemäß § 153 Abs.2 SGG den zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Abschließend wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das vom SG u.a. zitierte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen unter dem Az.: L 5 KR 63/02 rechtskräftig geworden ist, nachdem im Revisionsverfahren vor dem BSG die Revision zurückgenommen wurde (B 1 KR 25/04 R).
Somit ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 31.03.2008 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 SGG liegen nicht vor.