Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 27/96

 Bayerisches Landessozialgericht

Urteil vom 12.02.1998 (nicht rechtskräftig)

  • Sozialgericht Augsburg S 12 Kr 50/94
  • Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 27/96

 

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. November 1995 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme ärztlicher Behandlungsmaßnahmen, die u.a. nach Methoden der Außenseitermedizin erbracht worden sind bzw. erbracht werden sollen.

Der am …1968 geborene und bei der Beklagten versicherte Kläger leidet nach Angaben der Allgemeinärztin Dr … an Neurodermitis, Asthma bronchiale, Nahrungsmittelallergien, chronischer Sinusitis, chronischer Rhinoconjunctivitis, enteraler Dysbiose, Candida intestinalis, Heuschnupfen und Immunschwäche.

Er beantragte am 16.12.1993 unter Vorlage einer Bescheinigung von Dr … die Kostenübernahme der BICOM-Therapie (Bioresonanz-Therapie), Elektroakupunktur nach Voll, Eigenblutbehandlung, Darmsanierung und homöopathischer Behandlungsmethoden. Bereits am 14.10.1993 hatte der Kläger seinen Angaben nach 1.476,18 DM an Dr … für die Elektroakupunktur nach Voll mit Testspritzen und andere Maßnahmen gezahlt.

Das von der Beklagten eingeholte Gutachten nach Aktenlage des Internisten Dr … (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung in Bayern – MDK -) vom 07.02.1994 kam zu dem Ergebnis, daß bei den Diagnosen Asthma bronchiale, Nahrungsmittelallergie, Rhinoconjunctivitis und Sinusitis Methoden der Schulmedizin zur Verfügung stünden. Die Diagnosen enterale Dysbiose und Immunschwäche müßten vor Behandlungsbeginn genauer gefaßt werden. Die Bioresonanztherapie und die Elektroakupunktur nach Voll seien rational nicht begründbare Behandlungsmethoden; die Eigenblutbehandlung berge lebensbedrohliche gesundheitsschädliche Wirkungen, der therapeutische Nutzen der Symbioselenkung sei nicht erwiesen und bei den vorliegenden Erkrankungen sei die Homöopathie keine wirksame Behandlung.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11.02.1994 nach mündlicher Anhörung des Klägers eine Kostenübernahme mit der Begründung ab, nichtkonventionelle Behandlungsmethoden dürften nur dann verordnet werden, wenn anerkannte Behandlungsmethoden fehlten oder schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten vollständig ausgeschöpft worden oder im Einzelfall ungeeignet seien. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Bescheid vom 21.03.1994 unter Bezugnahme auf das Gutachten des MDK zurückgewiesen. Die Erkrankungen des Klägers könnten mit zahlreichen Methoden der Schulmedizin behandelt werden, soweit die Diagnosen gesichert seien. Die vom Kläger beantragten Behandlungen seien rein spekulative Verfahren bzw. wie die Eigenblutbehandlung zu riskant. Der Effekt der Substitutionstherapie mit Symbiontenkulturen könne auch durch den Verzehr von Joghurt oder Rohkost erreicht werden.

Der Kläger hat mit der Klage vom 28.03.1994 beim Sozialgericht Augsburg (SG), geltend gemacht, er leide seit seiner Kindheit u.a. an Schnupfen und Allergien, die mit den Methoden der Schulmedizin ohne Erfolg behandelt worden seien. Anerkannte Behandlungsmethoden stünden nicht zur Verfügung. Die von der behandelnden Ärztin attestierten Methoden seien auch kostengünstiger als die Therapien der Schulmedizin. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die bisherigen Behandlungskosten zu erstatten und auch die Kosten der künftigen Behandlungen zu übernehmen. Das SG hat Befundberichte von Dres …, Dr …, Dr … und Dr … eingeholt und mit Urteil vom 30.11.1995 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger hätte vor Behandlungsbeginn bei der Beklagten die Kostenübernahme beantragen müssen. Die BICOM-Therapie und Elektroakupunktur nach Voll seien nach den NUB-Richtlinien nicht anerkannte Heilmethoden und wirkungslos. Die Homöopathie werde als Sachleistung anerkannt, die Eigenblutbehandlung sei nach dem Gutachten des MDK zu riskant und der Erfolg der Substitutionstherapie könne auch mit Joghurt und Rohkost erreicht werden.

Der Kläger hat am 12.02.1996 beim SG Berufung eingelegt und gleichzeitig Prozeßkostenhilfe beantragt. Er macht geltend, zur Begründung der Berufung und des Antrags auf Prozeßkostenhilfe benötige er einen auf diesem Gebiet spezialisierten Anwalt. Der Senat hat mit Beschluss vom 12.09.1996 Prozeßkostenhilfe abgelehnt, weil der Kläger keine Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.11.1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.02.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, DM 1.476,18 für die im Oktober 1993 bei Frau Dr … privatärztlich durchgeführte Behandlung zu erstatten und festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm zukünftig Behandlungen nach den folgenden Methoden zu gewähren: Eigenblutbehandlung, Bio-Resonanz-Therapie, Elektroakupunktur nach Voll und ggf. eine nicht schulmedizinische Darmsanierung.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.11.1995 zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz) ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes überschreitet schon bezüglich der Kostenerstattung 1.000,- DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Damit liegt der Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes gleichfalls über dieser Grenze.

Die Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil und die Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden.

Gemäß § 13 Abs.3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) setzt eine Kostenerstattung voraus, daß die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind.

Außerdem muß die Leistung notwendig gewesen sein. Eine unaufschiebbare Leistung liegt nicht vor, da hierunter Notfälle und andere dringliche Bedarfslagen fallen. Sie setzen voraus, daß eine Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen und der Versicherte daher auf die Hilfe eines Nicht-Vertragsarztes angewiesen gewesen ist (Kasseler Kommentar-Höfler, § 13 SGB V, Rdnr.8 mit weiteren Nachweisen (mwN) auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG -). Ein dringender Fall hat schon deswegen nicht vorgelegen, weil die behandelnde Ärztin Dr … zur vertrags- ärztlichen Versorgung zugelassen ist und der Kläger die notwendige und zweckmäßige Behandlung durch Dr … als Sachleistung hätte in Anspruch nehmen können (§§ 11 Abs.1 Nr.4, 12 Abs.1, 27 SGB V iVm § 2 Abs.1, 2 SGB V).

Die Beklagte hat die im Zeitpunkt der Antragstellung durchgeführten Therapien auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Denn eine Kostenerstattung scheitert bereits an der fehlenden Antragstellung vor Behandlungsbeginn. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10.02.1993 = SozR 3-2200 Nr.15; Urteil vom 16.12.1993 – SozR 3-2500 § 12 Nr.4; Beschluss vom 15.04.1997 – 1 BK 31/96, SozSich 1998, S.38; Urteil vom 24.09.1996 = BSGE 79, 125 ) sind die Kosten für eine selbst beschaffte Leistung im Regelfall nicht zu erstatten, wenn der Versicherte sich die Leistung besorgt, ohne zuvor mit der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen und deren Entscheidung abzuwarten. Einer der Beschaffung vorgeschalteten Entscheidung der Krankenkasse bedarf es hier unabhängig davon, welcher Art die in Anspruch genommene Leistung ist und in welcher Höhe dafür Kosten anfallen. Damit schließt § 13 Abs.3 SGB V eine Kostenerstattung für die Zeit vor der Leistungsablehnung generell aus (BSG vom 10.05.1995, SozR 3-2500 § 33 Nr.15).

Das weitere Rechtsschutzbegehren des Klägers, nämlich die künftige Kostenübernahme von Leistungen nach den streitigen Therapiemethoden, enthält eine Anfechtungs- und Leistungsklage, die im sozialgerichtlichen Verfahren auch auf künftige Leistungen gerichtet sein kann (BSG vom 25.06.1991, BSGE 69, 76 ff mwN; Meyer-Ladewig, SGG, 5.Aufl., § 54 Anm.38-40; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2.Aufl., S.141). Diese Klageart setzt voraus, daß der Versicherungsfall – hier die Krankheit (§ 11 I Nr.4 SGB V) – eingetreten ist (BSG vom 25.06.1991, aaO). Ob die oben genannten Krankheiten noch und gegebenenfalls wie lange bestehen, kann aber offen bleiben, da der Kläger jedenfalls auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten hat (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG). Das berechtigte Interesse kann rechtlicher und/oder wirtschaftlicher Art sein (Meyer-Ladewig, aaO, § 55 Anm.15; BSG vom 16.07.1958, BSGE 8, 1).

Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf Übernahme der beantragten Therapien (§ 27 SGB V). Nach dieser gesetzlichen Bestimmung haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung als Rahmenrecht (BSG vom 16.12.1993 – SozR 3-2500 § 13 SGB V Nr.4 mwN; BSG vom 16.09.1997, 1 RK 28/95) umfaßt u.a. die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arznei-, Verbands-, Heil- und Hilfsmitteln. Dieser grundsätzlich als Sachleistung gewährte Anspruch (§§ 2 Abs.2, 13 Abs.1 SGB V) wird, worauf die Verwendung des Begriffs “notwendig” und die Rechtssystematik hinweisen, durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V modifiziert. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Im Zusammenhang mit dem Teilgebot der zweckmäßigen Leistungserfüllung stehen § 2 Abs.1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen haben und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen müssen und im Anschluß daran die Vorschriften der Qualitätssicherung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 135 Abs.1 SGB V). Das übergreifende Gebot der Wissenschaftlichkeitsklausel im Sinne des § 2 Abs.1 Satz 3 SGB V gilt für alle Leistungen, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden (sollen), somit auch für die besonderen Therapiemethoden. Nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB V sind Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen zwar nicht ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat aber diesen Begriff in § 34 Abs.2 SGB V konkretisiert und als besondere Therapierichtungen die Homöopathie, Phytotherapie und Anthroposophie anerkannt (zur Begriffsbestimmung allgemein s. Höfler in KassKomm, § 12 SGB V, Rdnr.9 ff und BSG vom 16.09. 1997, 1 RK 28/95). Insoweit kann in der Regel von einem allgemeinen Nachweis der Wirksamkeit dieser Behandlungsrichtungen ausgegangen werden.

Der Gesetzgeber hat ferner zur Konkretisierung und Präzisierung des Gebotes der Wirtschaftlichkeit und der Wissenschaftlichkeitsklausel die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen mit der Beschließung von Richtlinien u.a. über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) beauftragt (§§ 92 Abs.1 Satz 1, 2 Nr.5, § 135 Abs.1 SGB V). Die Richtlinien sind insoweit verbindlich, als sie mit höherrangigem Recht übereinstimmen und die ihnen zugrundeliegenden ärztlichen Erfahrungssätze medizinisch vertretbar sind. Das BSG hat bezüglich der (Methadon)-Richtlinien entschieden, daß diese die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte und Leistungsansprüche der Versicherten mit bindender Wirkung regeln (BSG vom 16.12. 1993, SozR 3-2500, § 13 Nr.4; BSG vom 20.03.1996, BSGE 78, 70; BSG vom 16.09.1997, 1 RK 28/95).

Hat der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen eine negative Empfehlung noch nicht beschlossen, bedarf es nach der neueren Rechtsprechung des BSG anstelle des Nachweises eines Behandlungserfolges im Einzelfall bzw. der Möglichkeit der Wirksamkeit nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft eines wissenschaftlichen Bedingungen genügenden Nachweises, nämlich des Behandlungserfolges in einer ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen, ablesbar aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken im Sinne einer aussagefähigen Dokumentation über die Zahl der behandelten Fälle und der Wirksamkeit der Methode. Hinsichtlich der Qualität, z.B. der damit verbundenen Nebenwirkungen, dürfen im Hinblick auf die erreichbaren Behandlungserfolge keine durchgreifenden Bedenken bestehen (BSG vom 05.07.1995, SozR 3-2500 § 27 SGB V Nr.5). Hieran hat das BSG auch in den neuen Entscheidungen vom 16.09.1997 festgehalten (BSG vom 16.09.1997, Die Leistungen 1997, S.295 ff.): Hat der Bundesausschuß bereits eine positive oder negative Empfehlung über die Anerkennung der neuen Behandlungsmethode abgegeben, so ist seine Entscheidung von der Verwaltung und von den Gerichten zu beachten. Der Versicherte, der sich eine in den Richtlinien ausgeschlossene Behandlung auf eigene Rechnung beschafft, kann im Kostenerstattungsverfahren nicht mit Recht einwenden, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in seinem konkreten Fall wirksam gewesen. Liegt eine Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die streitige Therapie nicht vor, hängt eine Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenkassen nach wie vor von einem wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit der Therapie ab. Bei Erkrankungen, deren Entstehung und Verlauf weitgehend unerforscht sind und die auch mit herkömmlichen Mitteln nachhaltig nicht wirksam zu beeinflussen sind, ist für die Anerkennung der therapeutischen Zweckmäßigkeit einer neuen Methode notwendig, aber auch ausreichend, daß sich die Behandlungsweise in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat. Davon ist auszugehen, wenn sie in der medizinischen Fachdiskussion eine breite Resonanz gefunden hat und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewendet wird.

Unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen und der og Rechtsprechung des BSG ergibt sich für die beantragten Behandlungsmaßnahmen folgendes:

Hinsichtlich der Bioresonanztherapie und der Elektroakupunktur nach Voll hat der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden – sog. NUB-Richtlinien – (§§ 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5, 135 Abs.1 Nr.1 SGB V) entschieden, daß diese Methoden für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht erforderlich sind, so daß die Voraussetzungen für eine Anerkennung des diagnostischen und/oder therapeutischen Nutzens der Methode nicht vorliegen und diese Verfahren deshalb in der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung nicht angewendet werden dürfen (Anlage 2 zu den NUB-Richtlinien Nrn.1, 17). Das BSG hat mit Urteil vom 16.09.1997 (1 RK 28/95) die maßgebende Bedeutung der NUB-Richtlinien für die Behandlung nach den besonderen Therapiemethoden (und neuen Behandlungsmethoden allgemein) hervorgehoben und auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese rechtliche Konstruktion verneint. Selbst wenn derartige Bedenken durchgreifen würden, könnte sich für den Kläger ein Leistungsanspruch nicht ergeben.

Nach den vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen beigezogenen ärztlichen Gutachten gibt es keinen Nachweis der Wirksamkeit dieser Behandlungsmethoden und sie haben sich auch nicht in der medizinischen Praxis durchgesetzt. Zur Elektroakupunktur nach Voll hat das BSG bereits mit Urteil vom 23.03.1988 (USK 8836) zwar für Recht erkannt, daß Außenseitermethoden in Erwägung zu ziehen sind, deren Wirksamkeit nicht gesichert ist, jedoch für möglich gehalten werden muß. Diese Rechtsprechung ist aber zum Recht der RVO ergangen und in der Folge vom BSG angesichts der strengeren Anforderungen der §§ 2 Abs.1, 27 SGB V nicht mehr aufrecht erhalten worden. Aufgrund der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2500 § 13 Nr.4) ist der Senat nicht verpflichtet, ein ärztliches Sachverständigengutachten über die Wirksamkeit dieser Außenseitermethoden einzuholen. Er stützt sich insoweit auf die überzeugenden Ausführungen von Dr … (MDK) im Gutachten vom 07.02.1994, der einen rational nachvollziehbaren Nachweis der Wirksamkeit verneint hat. Es ist nach Auffassung des BSG nicht Aufgabe der Gerichte, in medizinisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzungen ihre am Einzelfall mittels Sachverständigen gefundene Ansicht an die Stelle des Regelwerks des vom Gesetz autorisierten besonders sachkundigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu setzen (s. hierzu auch BSG vom 16.09.1997, 1 RK 28/95). Ungeachtet der Frage, ob die Richtlinien verbindlich sind wie Rechtsnormen (s. dazu BayLSG vom 12.02.1998, L 4 KR 67/96 mwN), geht der Senat zumindest davon aus, daß die Richtlinien generalisierte, gutachtliche Aussagen über die Effektivität und Effizienz der Untersuchungs- und Behandlungsmethoden enthalten und deswegen im Leistungsstreit zu beachten sind.

Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, die Kosten der Eigenblutbehandlung und der Substitutionstherapie (in der vom Kläger gewünschten Form) zu übernehmen. Zur Eigenblutbehandlung hat der Internist Dr … (MDK) festgestellt, daß angesichts der erheblichen Risiken wie z.B. Blutvergiftung, Fieber, Schockreaktionen die möglichen Komplikationen den Nutzen der Behandlung bei weitem übersteigen. Daraus haben die Beklagte und das SG zu Recht den Schluß gezogen, daß diese konkrete Behandlung für den Kläger nicht zweckmäßig ist (§ 12 SGB V). Einwendungen hiergegen hat der Kläger nicht vorgebracht, so daß sich auch der Senat dieser Beurteilung ohne weiteres anschließt. Hinsichtlich der von Dr … vorgeschlagenen Darmsanierung mit Hilfe sogenannter Symbiontenkulturen hat Dr … (MDK) ausgeführt, daß der Therapie allenfalls der Wert einer unspezifischen Reiztherapie zukommt, deren Effekte durch den Verzehr von z.B. Joghurt oder durch eine rohkostreiche Ernährung weitaus billiger zu erreichen sind. Abgesehen davon ist der therapeutische Nutzen der Symbioselenkung auch nicht annähernd bewiesen. Daraus ergibt sich für den Senat, daß die ärztliche Behandlung insoweit nicht notwendig ist (§ 27 Abs.1 in Verbindung mit § 12 Abs.1 SGB V). Da der gleiche Therapieeffekt durch eine kostengünstigere Maßnahme erreicht werden kann, würde die Kostenübernahme gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen. Dies gilt auch dann, wenn die preiswertere Alternative nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern wie im vorliegenden Fall auf Kosten des Versicherten geht. Denn gemäß § 1 Satz 2 SGB V sind die Versicherten für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen u.a. durch eine gesundheitsbewußte Lebensführung, wozu auch eine entsprechende Ernährung zählt, dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben gemäß § 1 Satz 3 SGB V auch die Aufgabe, durch Aufklärung und Beratung auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken. Nach § 2 Abs.1 SGB V haben die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung zu stellen, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Daraus muß geschlossen werden, daß das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht nur zu einer Kostenreduzierung bei Behandlungsalternativen, sondern auch zu einem völligen Wegfall der Leistungsverpflichtung der Krankenkasse führen kann.

Soweit der Kläger darüber hinaus die allgemeine Feststellung der Leistungspflicht einer nicht schulmedizinischen Darmsanierung begehrt, fehlt das konkrete Feststellungsinteresse (Meyer-Ladewig, aaO, § 55 Anm.5). Für eine Klage auf Feststellung der künftigen Leistungspflicht der Beklagten ist das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG) nicht gegeben, wenn das Rechtsverhältnis nicht ausreichend konkretisiert ist (Meyer-Ladewig, § 55 SGG, Anm.8) Da es für diese Behandlung zahlreiche Möglichkeiten gibt, ist das Rechtsverhältnis zu unbestimmt, um ein Feststellungsinteresse zu bejahen. In diesem Fall kann aus prozeßökonomischen Gründen die Klage als unbegründet abgewiesen werden (Meyer-Ladewig, § 55 SGG, Anm.3 am Ende). Die Konkretisierung des Behandlungsanspruchs mittels Maßnahmen der Schulmedizin oder anerkannter Außenseitermethoden ist angesichts des Spektrums therapeutischer Möglichkeiten nicht Aufgabe der Beklagten bzw. des Senats, sondern des Vertragsarztes (s. auch BSG vom 16.09.1997, 1 RK 28/95).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1, 2 SGG).