Bayerisches Landessozialgericht L 5 KR 354/07
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 13.01.2009 (nicht rechtskräftig)
- Sozialgericht Regensburg S 14 KR 276/06
- Bayerisches Landessozialgericht L 5 KR 354/07
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27. Juni 2007 sowie der Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2006 aufgehoben und die Beklagten verpflichtet, dem Kläger Behandlungskosten in Höhe von 6.676,52 Euro zu erstatten.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Behandlungskosten mit dem Medikament Lenalidomid bei der Versicherten E. A. in Höhe von 6.676,53 Euro.
Der Kläger ist Ehemann und Rechtsnachfolger der 1953 geborenen Versicherten E. A., die am 12. Juni 2006 verstorben ist. Diese war bei der Beklagten Mitglied und im Juli 2000 an einem Mammakarzinom erkrankt. Nach intensiver stationärer Polychemotherapie kam es zu einer sekundären akuten myeloischen Leukämie (AML). Da alle zur Verfügung stehenden palliativen Chemotherapien nicht ansprachen, eine Fremdspendertransplantation nicht in Betracht kam und ein Spender weltweit auch nicht zur Verfügung stand, beantragte der behandelnde Arzt der onkologischen Abteilung der Universitätsklinik A-Stadt Dr. V. eine Kostenzusage für einen individuellen Therapieversuch mit Lenalidomid, einem Medikament, welches in den USA zur Behandlung sämtlicher Formen des MDS bereits zugelassen sei.
In der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom 31. Mai 2006 vertrat Dr. S. die Auffassung, dass unter Berücksichtigung der vom behandelnden Arzt mitgeteilten bereits durchgeführten Therapien es für Frau A. in der Tat weder im zugelassenen noch im Studienbereich verfügbare therapeutische Alternativen gebe. Allerdings müsse ganz klar darauf hingewiesen werden, dass es sich bei dem Einsatz von Lenalidomid bei der Indikation AML um eine hoch experimentelle Therapie handele, für die keine validen Daten zur Verfügung stünden. Auch der behandelnde Arzt Dr. V. spreche von einem individuellen Therapieversuch. Es gebe in Deutschland kein zugelassenes wirkstoffgleiches Arzneimittel für die vorliegende Erkrankung. Allerdings sei das Arzneimittel auch in den USA nur für andere Erkrankungen zugelassen, nämlich für einen bestimmten Subtyp des myelodysplastischen Syndroms (MDS). Für diese Erkrankung sei inzwischen bei der EU-Zulassungsbehörde ein Zulassungsantrag gestellt, der zur Prüfung zugelassen worden sei.
Mit Bescheid vom 2. Juni 2006 lehnte die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten ab mit der Begründung, das eingesetzte Mittel besitze zur Zeit keine Zulassung in Deutschland, damit sei eine Kostenübernahme leider ausgeschlossen.
Der Ehemann der Versicherten legte Widerspruch gegen die Ablehnung ein. Er teilte mit, er habe die Kosten für das Medikament bezahlt, laut der von ihm vorgelegten Rechnung beliefen sich diese auf 6.676,52 Euro.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2006 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für das Arzneimittel Lenalidomid ab mit der Begründung, es handle sich dabei um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel, das bisher weder durch die deutsche Zulassungsbehörde noch durch die europäische Arzneimittelagentur zugelassen sei. Deshalb sei die Kostenübernahme ausgeschlossen.
Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 31. August 2006 zum Sozialgericht Regensburg erhobene Klage. Zu deren Begründung wurde vorgetragen, die Übernahme der Kosten nach § 13 Abs. 3 SGB V müssen entsprechend dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 erfolgen. Zum einen habe bei der Versicherten eine lebensbedrohliche und regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorgelegen, es habe außerdem eine anerkannte dem medizinischen Standard entsprechende Therapie gefehlt und es habe eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Alle diese Voraussetzungen hätten bei der Versicherten vorgelegen, wie der behandelnde Arzt Dr. V. in einem Bericht an den MDK vom 23. Mai 2006 unter Darlegung des Therapieverlaufs ausgeführt habe. Bei der Versicherten sei dokumentiert, dass verschiedene Chemotherapien zur Anwendung gekommen seien, wegen Komplikationen aber immer wieder abgebrochen werden mussten. Das in den USA auch als Revlimid zugelassene Medikament sei in zwei großen Studien der Phase III auf seine Wirksamkeit untersucht worden. Mittlerweile habe die EMEA die Zulassung zur Behandlung des multiplen Myeloms empfohlen. Ein entsprechender Bericht wurde mit der Klagebegründung vorgelegt.
Zusammenfassungen über diese Studien legte der Klägerbevollmächtigte vor. Ebenso einen ausführlichen Bericht des Klinikums der Universität A-Stadt vom 23. Mai 2006.
Das Sozialgericht richtete eine Anfrage an den Gemeinsamen Bundesausschuss Arzneimittel sowie an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Während der Gemeinsame Bundesausschuss keine Fragen zu einem möglicherweise laufenden Zulassungsverfahren beantworten konnte, teilte das Bundesinstitut mit, dass bisher keine Arzneimittel mit diesem Wirkstoff durch eine Bundesbehörde oder eine Kommission der Europäischen Gemeinschaften zugelassen worden seien. Im Übrigen habe sich die Expertengruppe noch nicht mit diesem Medikament beschäftigt.
Mit Urteil vom 27. Juni 2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es war der Auffassung, dass keine Kostenerstattung zustehe. Neue Behandlungs- und Untersuchungsmethoden dürften nach § 135 SGB V nur in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien eine positive Empfehlung gegeben habe. Die Kammer sei nicht davon überzeugt, dass die Leistung notwendig gewesen sei, es sei kein Systemversagen erkennbar. Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom
6. Dezember 2005 komme eine Kostenerstattung nicht in Betracht, auch wenn es sich zweifellos um eine lebensbedrohliche Erkrankung gehandelt habe, die auch nach der Stellungnahme des MDK mit den Möglichkeiten des medizinischen Standards nicht mehr zu behandeln gewesen sei. Das Arzneimittel Lenalidomid befinde sich in einer hoch experimentellen Phase. Das Medikament sei zwar in den USA für bestimmte Formen des MDS zugelassen, nicht jedoch für die bei der Versicherten bestehende AML. Insoweit sei der Einsatz des Medikaments im sogenannten Off-label-use erfolgt. Es habe aber im vorliegenden Fall aufgrund der jetzt angegebenen Datenlage keine begründete Aussicht bestanden, dass mit dem Medikament ein Behandlungserfolg gerade bei der AML zu erzielen sei. Aus den Ermittlungen, die der Kläger vorgelegt habe, ergebe sich nur eine Testung an MDS-Patienten. Auch unter Beachtung der Grundsätze des sogenannten Tomotex-Urteils (BSGE 89, 184) bestehe keine Leistungsverpflichtung der Beklagten.
Dagegen richtet sich die Berufung, zu deren Begründung das Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt wurde.
Der Senat hat Dr. V. schriftlich als Zeugen einvernommen. Dabei hat dieser über die bei der Versicherten durchgeführten Behandlungen seit Februar 2004 berichtet. Es habe sich bei der Behandlung mit Lenalidomid um eine Therapie in palliativer, das heißt lebensverlängernder Intention gehandelt. Das Medikament sei zwar für das myelodysplastische Syndrom zugelassen, es liege aber auch eine günstige Prognose bei einem sogenannten 5q-Syndrom vor. Für die Wirksamkeit bei akuter myeloischer Leukämie könnten naturgemäß keine Fakten einer großen Phase II oder Phase III-Studie vorliegen. Da für die Versicherte aber keinerlei therapeutische Option mehr zur Verfügung gestanden habe, sei ein individueller Therapieversuch gerechtfertigt erschienen.
In der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2008 trug die Beklagte vor, das Klinikum wäre verpflichtet gewesen, alle notwendigen Medikamente im Rahmen der bis zum Tod erfolgten stationären Behandlung zu verabreichen. Die Ermittlungen des Senats beim behandelnden Klinikum der Universität A-Stadt und der Beklagten ergaben, dass während der Behandlung mit Lenalidomid keine stationäre oder teilstationäre Aufnahme erfolgt war. Aufgrund der nicht geklärten Kostenübernahme habe er ein privatärztliches Rezept ausgestellt, teilte Dr. V. mit. Die Verordnung sei in Hinblick auf die Leitsätze des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts erfolgt, da eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf nicht auszuschließen gewesen sei.
Die Beklagte vertrat weiterhin die Auffassung, die Stellungnahme von Dr. V. zeige, dass es weder Ergebnisse einer Studie Phase II oder Phase III-Studie gebe. Daher habe der durchgeführte individuelle Heilversuch, wie es schon der MDK dargestellt habe, experimentellen Charakter gehabt. Die Beklagte sehe daher weder die Kriterien zur bisherigen Rechtsprechung zum Off-label-use noch zum Einzelimport nicht zugelassener Arzneimittel als erfüllt an.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27. Juni 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Au- gust 2006 aufzuheben und an den Kläger 6.676,52 Euro zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Regensburg und des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form -und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat der Kläger Anspruch auf Erstattung der verauslagten Kosten in Höhe von 6.676,52 Euro für die Behandlung seiner verstorbenen Ehefrau mit dem Medikament Lenalidomid.
Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch V (SGB V), wonach die gesetzliche Krankenversicherung bei einer rechtswidrigen Leistungsablehnung die Kosten der selbstbeschafften Leistung erstatten muss, soweit die Leistung notwendig war und die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Kosten entstanden sind.
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass es sich bei dem Medikament Lenalidomid um ein in der Bundesrepublik bzw. dem europäischen Raum noch nicht zugelassenes Medikament handelt, so dass eine Verpflichtung der Beklagten nach § 31 SGB V ausgeschlossen ist.
In den USA ist, nach der vom MDK unwidersprochenen Auskunft des behandelnden Arztes, das Medikament Lenalidomid zur Behandlung eines bestimmten Subtyps des myelodysplastischen Syndroms (MDS) zugelassen. Bei der EU-Zulassungsbehörde EMEA ist, wie der MDK bestätigt, zwischenzeitlich die Prüfung eines vom Hersteller gestellten Zulassungsantrags genehmigt. Auch diese beantragte Zulassung umfasst offenbar nicht sämtliche Formen des myelodysplastischen Syndroms.
Aufgrund der fehlenden Zulassung des Medikaments in der Bundesrepublik und EU-weit kann der Kläger die Erstattung nicht unmittelbar nach den Grundsätzen des sogenannten 0ff-label-use beanspruchen. Und dies obwohl die übrigen Voraussetzungen für den 0ff-label-use, nämlich die Behandlung einer schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Erkrankung sowie das Fehlen eine anderen möglichen Therapie und deren möglicher Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) vorliegen bzw. nicht ausgeschlossen sind (siehe dazu BSG Urteil vom 26. September 2006, Az.: B 1 KR 14/06 R Rn. 10).
Die Erstattung kann allerdings unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts insbesondere der vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 47/98 SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) formulierten Erwägungen erfolgen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in dem genannten Beschluss zu einer ärztlichen Behandlungsmethode entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet insoweit eine verfassungswidrige Auslegung der Vorschriften des SGB V durch das BSG. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der GKV ausgeschlossen, weil der zuständige Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt hat, verstößt nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegen das Grundgesetz, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
– es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor,
– bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung,
– bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (BVerfGE a.a.O: Rn. 33).
Das BSG hat in mehreren seither ergangenen Entscheidungen diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt und dabei betont, dass bei Würdigung der verfassungsrechtlichen Schutzpflichten aber dem Arztvorbehalt und den Regeln der ärztlichen Kunst Rechnung zu tragen sei ,so dass zwar nicht auf den sonst in der GKV vorausgesetzten medizinischen Standard (also die Anerkennung oder Zulassung) abzustellen ist, aber doch eine Wirksamkeit zu erwarten sein muss (BSG Urteil vom 7. November 2006, B 1 KR 24/06 R, Rnrn. 21, 22, 23, 24).
Das BSG hat aber auch entschieden, dass eine verfassungskonforme Auslegung des Leistungsrechts der GKV auch bezüglich der Arzneimittelversorgung zu gelten hat (Urteil vom 26. September 2006, B 1 KR 1/06 R Rn. 26). Dies gelte sowohl für einen kurativen als auch palliativen Einsatz des Medikaments.
Unzweifelhaft und unwidersprochen bestand bei der Ehefrau des Klägers bereits zum
Zeitpunkt der Antragstellung eine lebensbedrohliche Erkrankung, die innerhalb weniger Wochen auch zum Tode geführt hat und zu deren Behandlung zu diesem Zeitpunkt keine anerkannten und zugelassenen Behandlungen mehr zur Verfügung gestanden haben. Auch der MDK hat in seiner ersten Stellungnahme vom 31. Mai 2006 bestätigt, dass es unter Berücksichtigung des Therapieverlaufs weder eine zugelassene noch eine im Studienbereich verfügbare therapeutische Alternative gab.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann im Hinblick auf die in den USA
erfolgte Zulassung und die beantragte Zulassung, deren Prüfung vom zuständigen Bundesausschuss schon genehmigt wurde, nicht davon ausgegangen werden, dass für das Medikament im Rahmen der Zulassung die Wirksamkeit nicht nachgewiesen wurde. Vielmehr zeigt die Genehmigung des Prüfungsverfahrens, das offenbar entsprechende sog. Phase-III Studien vorliegen, die sich auf die Behandlung bei MDS (mit einer Deletion im langen Arm von Chromosom 5) als einer bestimmten Form des myelodysplastischen Syndroms beziehen.
Der behandelnde Arzt Dr. V. hat in Beantwortung der vom Senat gestellten Fragen deutlich gemacht, dass für die Behandlung mit dem Medikament Lenalidomid zwar in Bezug auf die genannten 5q-Syndrome eine günstige Prognose vorhergesagt werden kann, eine Wirkung für andere myelodysplastische Syndrome nur mit deutlich geringeren Prozentsatz zu erwarten ist. Dies bedeutet aber, dass trotzdem im Einzelfall eine Wirksamkeit erwartet werden kann, so dass aus diesem Grund die Behandlung mit dem Medikament nicht versagt werden darf. Der behandelnde Arzt Dr. V. hat darüber hinaus auch begründet, dass bei der Patientin zunächst eine komplette Remmission erreicht werden konnte, aber wegen der Unverträglichkeiten beziehungsweise der aufgetretenen Nebenwirkungen die schulmedizinisch zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden abgebrochen werden mussten.
Hervorgehoben wurde von ihm aber auch, dass die Patienten sich ansonsten in einem guten Allgemeinzustand befunden hat, so dass zumindest eine lebensverlängernde Wirkung möglich war. Dass er deshalb bei Antragstellung dies einen „individuellen Therapieversuch“ genannt hat, bedeute nicht, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung beziehungsweise des Beginns der Behandlung nicht die Möglichkeit der Wirksamkeit gegeben gewesen sei. Dass dieser Therapieversuch vom MDK als hoch experimentelle Therapie eingestuft wurde, steht nach Auffassung des Senats nicht entgegen, handelt es sich doch schließlich bei allen Studien zumindest bis zur Stufe III um experimentelle Untersuchungen im Rahmen von Erprobungs-Studien.
Die Ausführungen des behandelnden Onkologen und Hämatologen Dr. V. überzeugen den Senat, so dass durch dessen Stellungnahme nachvollziehbar eine Möglichkeit der Besserung durch die Behandlung mit Lenalidomid begründet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.