Bundessozialgericht B 1 KR 10/08 R
Bundessozialgericht
Urteil vom 16.12.2008
- Sozialgericht Hamburg S 48 KR 605/05
- Bundessozialgericht B 1 KR 10/08 R
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Februar 2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin auch im Revisionsverfahren. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Der Streitwert wird auf 5.702,94 Euro festgesetzt.
Gründe:
I
1
Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Zahlung von Krankenhausbehandlungskosten.
2
Die Klägerin betreibt das M. Krankenhaus in H. , das zur Versorgung der Versicherten zugelassen ist. Sie nahm den bei der beklagten AOK versicherten, 1951 geborenen Hans-Jürgen S. (Versicherter) am 2.6.2004 in bewusstlosem Zustand auf. Das Computertomogramm ergab eine Stammganglienblutung links mit Ventrikeleinbruch. Deshalb wurde der Versicherte noch am selben Tag in die neurochirurgische Abteilung der beigeladenen A. -Klinik A. verlegt. Ab 23.6.2004 bedurfte der Versicherte nicht mehr weiterer neurochirurgischer, wohl aber internistischer Krankenhausbehandlung wegen stupurösem Zustand mit Kontaktunfähigkeit, Verdacht auf Sprachstörung, Halbseitenlähmung rechts und unkoordinierter Beweglichkeit links. Deshalb veranlasste die Beigeladene seine Rückverlegung in das Krankenhaus der Klägerin, wo er bis zur Entlassung am 9.7.2004 in der Frührehabilitation vollstationär versorgt wurde.
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Die Klägerin berechnete der Beklagten für die Behandlung vom 23.6. bis 9.7.2004 insgesamt 5.702,94 Euro unter Berücksichtigung der DRG-Fallpauschale B70A (Apoplexie mit äußerst schwerem CC) und verschiedener Zuschläge (Rechnungen vom 13.7. und 17.8.2004). Die Beklagte wandte dagegen ein, entsprechend der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) habe für die Rückverlegung nach Abschluss der neurochirurgischen Versorgung bei der Beigeladenen „kein medizinisch zwingender Grund“ bestanden. Der Behandlungsfall sei insgesamt mit der bereits an die Beigeladene gezahlten Fallpauschale DRG A13Z (Langzeitbeatmung mehr als 95 und weniger als 144 Stunden) abgegolten.
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Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 5.702,94 Euro nebst 5 % Zinsen auf 5.632,94 Euro seit 4.8.2004 und auf weitere 70 Euro seit 8.9.2004 verurteilt: Nach § 1 Abs 1 Satz 2 Fallpauschalenverordnung 2004 (KFPV 2004) rechne jedes beteiligte Krankenhaus bei Verlegung eines Versicherten in ein anderes Krankenhaus eine Fallpauschale ab. Auf die Einwendung der Beklagten, dass die Verlegung hier nicht zwingend notwendig gewesen sei, komme es danach nicht an (Urteil vom 19.2.2008).
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Mit ihrer Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 2 Abs 4, 12 Abs 1 Satz 2, 39 Abs 1 Satz 3, 70 Abs 1 Satz 2, 108, 109 Abs 4 SGB V sowie § 17c Abs 1 Nr 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Sie trägt vor, die Behandlung des Versicherten habe nicht zu einem öffentlich-rechtlichen Vertrag geführt. Mit Übernahme der Behandlung am 2.6.2004 sei die Pflicht der Beigeladenen entstanden, dem Versicherten vollstationäre Behandlung zu gewähren. Der Krankenhausträger habe durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass eine vorzeitige Verlegung oder Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibe (§ 17c Abs 1 Nr 2 KHG iVm § 69 Satz 3 SGB V). Dies entspreche dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot des § 241 Abs 2 BGB. Deshalb habe die Beigeladene die gesamte vollstationäre Krankenhausbehandlung bis zur Entlassung in die Frührehabilitation zu leisten gehabt. Die Gesamtbehandlung vom 2.6. bis 9.7.2004 sei ein einheitlicher Behandlungsfall. Zwar sei die gesamte stationäre Behandlung medizinisch notwendig gewesen, nicht aber die Verlegung. § 4 Abs 1 Satz 6 des Vertrags „Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung“ der Beklagten mit der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft vom 19.12.2002 sehe dementsprechend vor, dass dann, wenn im Verlauf der Behandlung die medizinische Notwendigkeit der Durch- oder Fortführung der Krankenhausbehandlung festgestellt werde, die Verweisung bzw Verlegung des Versicherten in eines der nächsten erreichbaren geeigneten und nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser unverzüglich zu veranlassen sei. Erst die medizinische Notwendigkeit der Verlegung begründe eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem aufnehmenden Krankenhaus. Diese Frage sei in den abrechnungstechnischen Vorschriften Vorschriften der KFPV 2004 nicht geregelt, sondern diesen Vorschriften gegenüber vorgreiflich. Anderes würde bedeuten, den Krankenhäusern einen Fehlanreiz für medizinisch nicht indizierte Verlegungen zu geben und einem erlösoptimierenden Patiententourismus Vorschub zu leisten. Sie (die Beklagte) habe mit ihrer Zahlung an die Beigeladene ihre Verpflichtung erfüllt.
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Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Februar 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
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Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
II
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Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist nicht begründet.
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Zu Recht hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin 5.702,94 Euro nebst Zinsen zu zahlen, da die Klägerin hierauf Anspruch wegen der Behandlung des Versicherten vom 23.6. bis 9.7.2004 hat. Alle Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs sind erfüllt. Nach der hier maßgeblichen Abrechnungsregelung des § 1 Abs 1 Satz 2 KFPV 2004 kommt es nicht darauf an, dass die Verlegung am 23.6.2004 vom Krankenhaus der Beigeladenen in das Krankenhaus der Klägerin nicht medizinisch zwingend notwendig gewesen ist (dazu 2.). Die dagegen erhobenen Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch (dazu 3.).
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1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf Zahlung der Vergütung für die Krankenhaus(KH-)behandlung eines Versicherten gegen die Beklagte mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers wie der Klägerin auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen ist und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 10.4.2008 – B 3 KR 19/05 R – RdNr 10, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2).
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2. Die Voraussetzungen des streitigen Vergütungsanspruchs sind erfüllt. Es besteht zwischen den Beteiligten kein Streit darüber, dass der Versicherte vom 23.6. bis 9.7.2004 überhaupt der KH-Behandlung bedurfte (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V) und dass die erbrachte Behandlungsleistung der Klägerin die Voraussetzungen der abgerechneten Positionen – DRG B70A (Apoplexie mit äußerst schwerem CC), Systemzuschlag ZUQW, DRG-Systemzuschlag DRGSYS sowie Zuschlag Qualitätssicherung QS – als solche erfüllte. Das entspricht auch den Feststellungen des SG. Die Beteiligten streiten ausschließlich darüber, ob der Anspruch der Klägerin zusätzlich voraussetzt, dass die Verlegung des Versicherten von der Beigeladenen zur Klägerin am 23.6.2004 medizinisch zwingend notwendig gewesen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Notwendigkeit der Verlegung keine Anspruchsvoraussetzung. Das folgt aus Wortlaut (dazu a), Entstehungsgeschichte (dazu b), Regelungszweck (dazu c) und -system (dazu d).
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a) Nach dem Wortlaut aller die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs begründenden und bildenden Normen ist die Verlegungsnotwendigkeit keine zusätzliche Vergütungsvoraussetzung für den Anspruch des aufnehmenden Krankenhauses bei erfolgter Verlegung des Versicherten. § 1 Abs 1 KFPV 2004 bestimmt (nur) Folgendes: „Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalenkatalog und den dazugehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet. Im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus rechnet jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab. Diese wird nach Maßgabe des § 3 gemindert; dies gilt nicht für Fallpauschalen, die im Fallpauschalen-Katalog als Verlegungs-Fallpauschalen gekennzeichnet sind. Eine Verlegung im Sinne des Satzes 2 liegt vor, wenn zwischen der Entlassung aus einem Krankenhaus und der Aufnahme in einem anderen Krankenhaus nicht mehr als 24 Stunden vergangen sind.“ Danach kommt es auch bei dem Versicherten nach Abs 1 Satz 2 der Regelung allein auf den – näher definierten – Umstand der „Verlegung“ als solchen an.
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§ 1 Abs 1 KFPV 2004 ist für den Vergütungsanspruch der Klägerin für die stationäre Behandlung des Versicherten in ihrem Krankenhaus vom 23.6. bis 9.7.2004 maßgeblich. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist nämlich § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V und § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG (Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen idF durch Art 2 Nr 5 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientiertem Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) iVm der Anlage 1 Teil a) der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 (Fallpauschalenverordnung 2004 – KFPV 2004 vom 13.10.2003, BGBl I 1995) iVm § 17b Abs 1 Satz 1 KHG (Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Krankenhausfinanzierungsgesetz – idF durch Art 13 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) vom 14.11.2003, BGBl I 2190, in Kraft getreten am 1.1.2004). Nach § 17b Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Comorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (Satz 2). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (Satz 3). Nach § 17b Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert. Nach § 17b Abs 6 Satz 1 KHG wird das Vergütungssystem für alle Krankenhäuser mit einer ersten Fassung eines deutschen Fallpauschalenkatalogs verbindlich zum 1.1.2004 eingeführt. Gemäß § 17b Abs 7 KHG wird das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung (BMGS) ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats 1. Vorschriften über das Vergütungssystem zu erlassen, soweit eine Einigung der Vertragsparteien nach Abs 2 ganz oder teilweise nicht zustande gekommen ist und eine der Vertragsparteien insoweit das Scheitern der Verhandlungen erklärt hat;. Nach § 1 Abs 1 KHEntgG werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Satz 1 KHEntgG bestimmt: „Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), 2. Zusatzentgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9),.“ Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Satz 2 KHEntgG). Nach § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG werden Fallpauschalen für die Behandlungsfälle berechnet, die in dem Fallpauschalenkatalog nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bestimmt sind. Nach § 9 Abs 1 Nr 1 KHEntgG vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der DKG (Vertragsparteien auf Bundesebene) mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 insbesondere einen Fallpauschalenkatalog nach § 17b Abs 1 Satz 10 KHG einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und deren Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge,. Kommt eine Vereinbarung zu Abs 1 Satz 1 Nr 4 bis 6 und Satz 2 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Abs 6 KHG; in den übrigen Fällen gilt § 17b Abs 7 KHG (§ 9 Abs 2 KHEntgG). Weil hier eine Vereinbarung der Vertragsparteien nach § 17b Abs 2 KHG nicht zustande gekommen ist und eine der Vertragsparteien, die DKG, insoweit das Scheitern der Verhandlungen erklärt hat, hat das BMGS die KFPV 2004 erlassen.
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b) Auch die Entstehungsgeschichte des § 1 Abs 1 KFPV 2004 belegt, dass der Vergütungsanspruch eines aufnehmenden Krankenhauses bei Verlegung eines Patienten nicht von der Verlegungsnotwendigkeit abhängt. Danach gibt § 1 Abs 1 Satz 2 KFPV 2004 vor, dass bei Verlegungen „jedes der beteiligten Krankenhäuser eigenständig eine Fallpauschale abrechnet“. Dies gilt „unabhängig davon, ob ein Patient nach Hause entlassen oder verlegt“ wird. Wird zB in einer Klinik eine Herzoperation durchgeführt, rechnet diese eine entsprechend hohe operative DRG ab. Wörtlich heißt es: „Nach Verlegung der Patienten in ein weiterbehandelndes, oft wohnortnahes Krankenhaus rechnet dieses eigenständig eine weitere, nicht-operative Fallpauschale ab“ (vgl Begründung zum Referentenentwurf KFPV 2004, Stand 2.9.2003, zu B. Einzelbegründung zu § 1 Abs 1 Satz 2, recherchiert am 26.11.2008 unter http://www.dkgev.de/media/file/2532.122.pdf).
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c) Der Zweck der Regelung in § 1 Abs 1 Satz 2 KFPV 2004 zielt darauf ab, entsprechend den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlagen in § 17b Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 2 KHG (vgl oben) das Abrechnungssystem praktikabel auszugestalten, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen. Kostenneutralität ist dadurch gesichert, dass nach § 17b Abs 6 Satz 3 KHG das Vergütungssystem für das Jahr 2004 budgetneutral umgesetzt wird. Dies bedeutet, dass die Höhe der DRG-Vergütung sich grundsätzlich noch nicht auf die Höhe des Krankenhausbudgets auswirkt (vgl Begründung, aaO, A. Allgemeiner Teil S 1). Das Krankenhausbudget (Gesamtbetrag) wird noch nach den Regeln des bisher geltenden Rechts mit den Krankenkassen verhandelt (§ 6 Abs 1 Bundespflegesatzverordnung (BPflV)), also in seiner Höhe noch nicht durch die DRG-Fallpauschalen bestimmt. Das Budget wird mit den neuen DRG-Fallpauschalen gegenüber den einzelnen Krankenkassen oder gegenüber den Patientinnen oder Patienten abgerechnet. Die Fallpauschalen sind somit lediglich Abschlagszahlungen auf das vereinbarte Budget (vgl Begründung, aaO, B. Einzelbegründung zu Abschnitt 1).
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d) Schließlich verdeutlicht auch das Regelungssystem, dass der Vergütungsanspruch eines aufnehmenden Krankenhauses bei Verlegung eines Patienten nicht von der Verlegungsnotwendigkeit abhängen soll. Denn der Verordnungsgeber ist mit der Regelung des § 1 Abs 1 Satz 2 KFPV 2004 bewusst nicht dem abweichenden System des § 14 Abs 5 und Abs 11 BPflV (idF der VO vom 9.12.1997, BGBl I 2874) gefolgt. Hiernach werden bei Verlegungen im Rahmen einer Zusammenarbeit von Krankenhäusern einheitliche Fallpauschalen berechnet, die zwischen den beteiligten Krankenhäusern „aufzuteilen“ sind (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 19 Nr 4 RdNr 19 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Weil das Vergütungssystem für das Jahr 2004 budgetneutral umgesetzt wird, ändert sich im Gesamtergebnis – wie dargelegt – weder die Erlössituation für die mit dem DRG-Vergütungssystem abrechnenden Krankenhäuser noch die Gesamtbelastung der Krankenkassen.
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Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Entsprechendes für die Konvergenzphase ab 2005 gilt. Nach § 17b Abs 3 Satz 5 KHG wird erstmals für das Jahr 2005 nach § 18 Abs 3 Satz 3 KHG ein Basisfallwert vereinbart. Weil die – von den Selbstverwaltungspartnern fortgeführte – Regelung des § 1 Abs 1 Satz 2 KFPV 2004 zur Abrechnung einer erhöhten Fallzahl führt (sowohl das verlegende als auch das übernehmende Krankenhaus rechnen hier jeweils eine Fallpauschale ab), wird der Landesbasisfallwert bei unveränderter Höhe des Landesbudgets entsprechend abgesenkt, sodass lediglich eine abweichende Kostenzuordnung zu den einzelnen Krankenhäusern erfolgt.
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3. Die von der Beklagten dagegen vorgetragenen Gesichtspunkte greifen nicht durch.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es für den Vergütungsanspruch der Klägerin nicht auf die Verlegungsnotwendigkeit am 23.6.2004 an (vgl oben 2.). Abgesehen davon besteht im Fall des Versicherten keinerlei Anhalt dafür, dass der Verlegung ein rein ökonomisch begründeter „Verlegungstourismus“ zugrunde gelegen hat; denn die ökonomische Gesamtbelastung der Krankenkassen ändert sich durch den Abrechnungsmodus des § 1 Abs 1 Satz 2 KFPV 2004 – wie dargelegt – nicht. Im Übrigen war der Versicherte ab 23.6.2004 nicht mehr neurochirurgisch behandlungsbedürftig, bedurfte wohl aber noch intensiv-medizinischer internistischer Krankenhausbehandlung; dies hat auch der von der Beklagten eingeschaltete MDK nicht in Zweifel gezogen, sondern nur die Notwendigkeit der Verlegung in ein anderes Krankenhaus als solche verneint. Nach den Ausführungen des Oberarztes Dr. W. gegenüber dem SG war das Krankenhaus der Klägerin das nächstliegende, das dem Versicherten ein Bett zur Verfügung stellen konnte. Insoweit hat die Beklagte selbst nicht in Zweifel gezogen, dass zumindest die Verlegung in eine andere geeignete Abteilung des Krankenhauses der Klägerin hätte erfolgen müssen, und dass das Intensivbett bei der Beigeladenen mit neurochirurgischer Betreuung für andere, akut behandlungsbedürftige Patienten freizumachen war. Der Regelungsmechanismus des § 1 Abs 1 Satz 2 KFPV 2004 ermöglicht es indes, dass das aufnehmende Krankenhaus zur Erstellung einer korrekten Abrechnung nicht darauf angewiesen ist, zu überprüfen, ob anderweitig ein aufnahmebereites, näherliegendes Krankenhaus zur Behandlung des Versicherten in der Lage gewesen wäre.
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Auch die weiteren Einwendungen der Beklagten greifen nicht. Um eine „vorzeitige“ Verlegung aus der neurochirurgischen Abteilung in eine internistische Abteilung ging es vorliegend nicht. Im Übrigen ist § 17c Abs 1 Nr 2 KHG auf die Prüfung des verlegenden, nicht des aufnehmenden Krankenhauses (hier: der Klägerin) gerichtet. Das aufnehmende Krankenhaus hat außer den allgemeinen Leistungsvoraussetzungen lediglich zu prüfen, ob weiterhin stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich ist und es selbst im Rahmen seiner Zulassung die erforderliche Krankenhausbehandlung erbringen darf. Soweit es sich in diesem Rahmen hält, ist es unter Berücksichtigung der gesetzlichen Grundlagen nicht dazu berufen, Überlegungen zu einer Abrechnungsoptimierung im Interesse der Krankenkasse des Versicherten anzustellen. Die ausdrückliche Regelung in § 1 Abs 1 Satz 2 KFPV 2004 verdeutlicht, dass man einem aufnehmenden Krankenhaus, das sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und der Abrechnungsbestimmungen bewegt, wie es bei der Klägerin der Fall gewesen ist, entgegen der Ansicht der Beklagten auch kein Verstoß gegen ein Rücksichtnahmegebot vorwerfen kann. Die Regelung über Fahrkosten in § 60 SGB V ist bei alledem – anders als die Klägerin und das SG meinen – allerdings ungeeignet, Rückschlüsse auf die Auslegung des § 1 Abs 1 Satz 2 KFPV 2004 zu ziehen.
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4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 14 iVm § 12 des Vertrags über die „allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung“ vom 19.12.2002, wie ebenfalls zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.
Sozialgericht Hamburg
Urteil vom 19.02.2008 (nicht rechtskräftig)
- Sozialgericht Hamburg S 48 KR 605/05
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5702,94 nebst 5 % Zinsen auf EUR 5632,94 seit dem 04.08.2004 und auf weitere EUR 70 seit dem 08.09.2004 zu zahlen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von EUR 5702,94. 3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Krankenhausvergütung für die stationäre Behandlung des Versicherten H. S. (nachfolgend als Versicherter bezeichnet) in der Zeit vom 23.06.2004 bis 09.07.2004 in Höhe von 5.702,94 EUR nebst Zinsen.
Der am XX.XX.1951 geborene und bei der Beklagten Versicherte wurde am 02.06.2004 mit einem Krankenwagen in die Abteilung für Innere Medizin des Krankenhauses der Klägerin, das in den Krankenhausplan Hamburgs aufgenommen ist, eingeliefert, nachdem er zu Hause von seinem Sohn, dem ein langjähriger chronischer Alkoholmissbrauch des verwitweten und arbeitlosen Versicherten bekannt war, in bewusstlosem Zustand angetroffen worden war. Durch ein kraniales Computertomogramm (CCT) wurde festgestellt, dass der Versicherte eine Stammganglienblutung links mit Ventrikeleinbruch (Hirnblutung mit Einbruch von Blut in das Hirnkammersystem und Verlegung des Nervenwasserabflusses) erlitten hatte. Er wurde zunächst intubiert und beatmet und anschließend zwecks weiterer Diagnostik und Therapie in die neurochirurgische Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses A. (AKA) verlegt. Dort wurde zunächst eine Drainage zur Entfernung des eingelaufenen Bluts und des gestauten Nervenwassers sowie Entlastung der betroffenen Hirnregion gelegt. Hierunter kam es langsam zu einer Besserung der Bewusstseinslage. Am 8.6.2004 konnte er extubiert, und am 18.06.2004 konnte die Drainage entfernt werden. Am 23.06.2004 bestand noch ein stupuröser Zustand mit Kontaktunfähigkeit und Verdacht auf Sprachstörung, eine Halbseitenlähmung rechts und eine unkoordinierte Beweglichkeit links, doch waren Spontanatmung und Kreislaufverhältnisse wieder stabil. Der Versicherte wurde zur weiteren internistischen Behandlung in das klagende Krankenhaus zurückverlegt. Dort wurde wegen Schluckstörungen eine PEG-Sonde zur Ernährung und Medikation gelegt, was zu einer Infektion der Einstichstelle und der Notwendigkeit von lokaler Behandlung und der Gabe von Antibiotika führte. Hierunter kam es zu einer raschen Reduktion der Entzündung. Der Versicherte konnte mit Sonde in den Sessel mobilisiert werden; allerdings bestanden weiterhin Muskelkontraktionen. Nachdem der Versicherte seine Umwelt wieder registrierte und sich mit Hilfe von Händedruck wieder eingeschränkt äußern konnte, wurde er am 09.07.2004 in die Frührehabilitation verlegt.
Die Klägerin stellte der Beklagten mit der Übermittlung der Daten nach § 301 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unter dem 13.7.2004 einen Betrag von insgesamt 5.632,94 EUR in Rechnung, der sich aus der DRG-Fallpauschale B70A (Apoplexie mit äußerst schwerem CC) und verschiedenen Zuschlägen errechnete. Die zunächst abgezogene Zuzahlung von 70 EUR für die Zeit vom 23.06.2004 bis 29.06.2004 machte die Klägerin in einer weiteren Rechnung vom 17.08.2004 geltend. Der von der Beklagten eingeschaltete MDK teilte unter dem 15.09.2004 mit, dass die Rückverlegung in die erstbehandelnde Klinik allgemein üblich sei, ein medizinisch zwingender Grund hierfür aber nicht gesehen werde. Die Verweildauern seien medizinisch nicht zu beanstanden. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 22.9.2004 mit, dass sie sich mit ihren Forderungen an das AKA wenden möge. Da nach der Stellungnahme des MDK für eine Rückverlegung nach Abschluss der neurochirurgischen Versorgung im AKA kein medizinisch zwingender Grund bestanden habe, sei der Behandlungsfall mit der an das AKA gezahlten Fallpauschale DRG A13Z (Langzeitbeatmung mehr als [)]95 und weniger als [(] 144 Stunden) abgegolten.
Nach streitigem Schriftwechsel der Beteiligten hat die Klägerin am 24.6.2005 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt:
Die Auffassung der Beklagten, dass sie zu einer Vergütung des aufnehmenden Krankenhauses bei nicht medizinisch begründeten Verlegungen nicht verpflichtet sei, sei unzutreffend. Die Problematik von Verlegungen sei in § 3 der Fallpauschalenverordnung 2004 (KFPV 2004) abschließend in der Weise geregelt, dass Zu- und Abschläge vorgesehen seien. Da der Versicherte im Zeitpunkt der Aufnahme auch unstreitig behandlungsbedürftig gewesen sei, hätte die Klinik keine Möglichkeit gehabt, die Behandlung abzulehnen. Etwaige Ansprüche der Beklagten müsse diese gegen das verlegende Krankenhaus geltend machen. Unter keinem denkbaren Gesichtspunkt sei die Beklagte berechtigt, die Rechnung des aufnehmenden Hauses schlicht zu ignorieren. Allenfalls könnten Mehrkosten streitig sein, wobei aber völlig unklar sei, ob überhaupt solche Mehrkosten entstanden seien. Auch ein Verstoß gegen § 17 c Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) begründe nicht das Verhalten der Beklagten, die gesamte Rechnung des aufnehmenden Krankenhauses nicht zu bezahlen. Vielmehr sehe die Vorschrift ein konkret ausgestaltetes Verfahren für die Überprüfung der in ihrem Abs. 1 normierten Verpflichtungen vor. Die Zinsforderung ergebe sich aus dem Vertrag nach § 112 SGB V.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.702,94 EUR nebst 5% Zinsen auf diesen Betrag seit 4.8.2004 und auf weitere 70 EUR seit dem 8.9.2004 zu zahlen
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Rückverlegung des Versicherten vom AKA in das klagende Krankenhaus für medizinisch nicht geboten und nicht sinnvoll und führt zur Begründung aus, dass das AKA eine Maximalversorgung gewährleiste, während die Klägerin ein Krankenhaus der Grund – und Regelversorgung betreibe. Die hier streitige Behandlung hätte deshalb ebenso gut im AK A. durchgeführt werden können. Aus § 39 SGB V ergebe sich, dass eine Verlegung erst dann erfolgen könne, wenn die medizinischen Therapiemöglichkeiten des Krankenhauses im Rahmen des Versorgungsvertrages erschöpft seien. Dies ergebe sich auch aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V. Medizinische Gründe für eine Verlegung in das klagende Krankenhaus hätten nicht bestanden. Die aus organisatorischen Gründen in Form einer weiteren abgerechneten Fallpauschale des klagenden Krankenhauses entstandenen Mehrkosten müsse die Beklagte nicht tragen. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin auf § 3 KFPV hinweise, beziehe sich diese Regelung nur auf Verlegungen aus medizinischen, nicht aber aus organisatorischen Gründen. Der gesamte Behandlungsfall habe Platz in der DRG-Fallpauschale A13Z des AK A … § 17 c KHG verpflichte die Krankenhausträger, durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass eine vorzeitige Verlegung oder Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibt. Diese Verpflichtung gelte sowohl für das verlegende wie für das aufnehmende Krankenhaus. Dieses dürfe Patienten ausschließlich dann aufnehmen, wenn die Verlegung medizinisch motiviert sei. Die stationäre Behandlungsbedürftigkeit des Versicherten, die von der Beklagten nicht angezweifelt werde, begründe den geltend gemachten Vergütungsanspruch ebenfalls nicht. Das AKA hätte eine Auftragsbehandlung von der Klägerin durchführen lassen und die Kosten mit einer Fallpauschale gegenüber der Beklagten abrechnen können, und das klagende Krankenhaus hätte mit dem AKA intern abrechnen müssen. Allein eine solche Lösung vermeide unnötige und unwirtschaftliche Mehrkosten.
Das Gericht hat den Verwaltungsvorgang der Beklagten und die den Versicherten S. betreffenden Krankengeschichten der Klägerin und des AKA beigezogen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.02.2008 sind die Beteiligten angehört worden. Sie haben übereinstimmend erklärt, einig darüber zu sein, dass die hier streitige stationäre Krankenhausbehandlung vom 23.06.2004 bis 09.07.2004 medizinisch notwendig war und dass die mit der Klage geltend gemachten Beträge gemäß den Rechnungen vom 13.07.2004 und 17.08.2004 den Abrechnungsbestimmungen in vollem Umfang entsprächen. Einzig zu klären sei die Frage, ob eine Verlegung aus nicht medizinischen Gründen dazu führe, dass das aufnehmende Krankenhaus keinen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte habe. Bei Fortführung der Behandlung in dem verlegenden Krankenhaus hätte es nicht zur Abrechnung zweier Fallpauschalen kommen können, sondern nur zur Abrechnung einer Fallpauschale, die aufgrund anderer Trigger zu ermitteln gewesen wäre. Dies führe jedenfalls zu einer Kostenverschiebung, wobei im Ergebnis die Behandlung, folge man der Auffassung der Beklagten, nicht in jedem Fall günstiger sein müsse bei der Abrechnung zweier Fallpauschalen, sondern im Einzelfall auch teurer sein könne. Andererseits sei auch das umgekehrte Ergebnis möglich.
Weiter haben die Beteiligten ihr Einverständnis damit erklärt, dass die jeweils unterliegende Partei gegen das Urteil der Kammer die Sprungrevision zum Bundessozialgericht einlegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der im Sitzungsprotokoll vom 19.02.2008 aufgeführten Unterlagen Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung der Kammer gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war deshalb nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (vgl. BSG, ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 28.09.2006 – Aktenzeichen B 3 KR 23/05 R – SozR 4-2500 § 112 Nr. 6 mit weiteren Nachweisen). Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Das klagende Krankenhaus gehört zu den Plankrankenhäusern nach § 108 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und ist deshalb zur Krankenhausbehandlung zugelassen. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs für die Zeit vom 23.06.2004 bis 09.07.2004, dessen Höhe rechnerisch nicht angegriffen wird, ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit dem gemäß § 112 Abs. 1 zu § 112 Abs 2 Nr. 1 SGB V zwischen der H.-Gesellschaft e.V. und der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossenen und am 01.01.2003 in Kraft getretenen Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung, Stand 19.12.2002. Die Zahlungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen für eine notwendige Krankenhausbehandlung entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Sachleistung durch den Versicherten. Die Krankenkasse ist bei einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V) als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus aus medizinischen Gründen erforderlich ist, d.h. wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten während der hier streitigen Zeit vom 23.06.2004 bis 09.07.2004 stattgefunden hat und aus medizinischen Gründen erforderlich war und die Rechnungen vom 13.07.2004 und 17.08.2004 den Abrechnungsbestimmungen in vollem Umfang entsprechen. Hiervon ist für die weitere Beurteilung auszugehen. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen, sofern nicht eine Beschränkung der gerichtlichen Überprüfung auf einzelne abtrennbare Teile eines Verwaltungsakts gewünscht ist (vgl. BSG, Urteile vom 18.08.2005 – Aktenzeichen B 7a AL 4/05 R – SozR 4-1500 § 95 Nr. 1; vom 20.10.2005 – Aktenzeichen B 7a AL 50/05 R – BSGE 95, 191, 193 = SozR 4-4300 § 37b Nr. 2 und vom 07.11.2006 – Aktenzeichen B 7b AS 8/06 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Jedoch besteht die Möglichkeit, Teilelemente eines Anspruchs durch Teilvergleich oder Teilanerkenntnis unstreitig zu stellen (vgl. BSG Urteile vom 07.11.2006, a. a. O und vom 11.12.2007 – Aktenzeichen B 8/9b SO 20/07 R –). Dies ist hier durch die Erklärungen der Beteiligten im Verhandlungstermin am 19.02.2008 geschehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem Vergütungsanspruch der Klägerin nicht entgegengehalten werden, dass nicht medizinische, sondern andere Gründe zur Verlegung in ihr Krankenhaus geführt hätten, die Behandlung im AKA hätte zu Ende geführt werden können und zur Abrechnung einer Fallpauschale geführt hätte und die Klägerin deshalb nicht zu einer eigenständigen Abrechnung der von ihr erbrachten Leistungen mit einer weiteren Fallpauschale berechtigt sei, sondern intern mit dem AKA abrechnen müsse. Diese Auffassung der Beklagten findet weder in gesetzlichen, untergesetzlichen noch vertraglichen Regelungen eine Stütze. Mit der Beklagten ist in tatsächlicher Hinsicht allerdings davon auszugehen, dass die Verlegung in das klagende Krankenhaus nicht wegen medizinischer, sondern wegen anderer Gründe (z.B. der Bettenkapazität oder andere organisatorischer Gründe) erfolgt ist. Da der Versorgungsauftrag des AKA die Maximalversorgung umfasst und das Krankenhaus der Klägerin für die Grund- und Regelversorgung zuständig ist, hätte die Weiterbehandlung des Versicherten in der hier streitigen Zeit auch im AKA erfolgen können. Gegenteilige Anhaltspunkte sind weder den Patientenakten noch dem Vorbringen der Beteiligten zu entnehmen. Gleichwohl hält die Auffassung der Beklagten rechtlicher Prüfung nicht stand: Die §§ 2, 12 und 39 SGB V regeln und begrenzen ausschließlich den gesetzlichen Sachleistungsanspruch der Versicherten und enthalten keine Regelungen, welche die Vergütungsansprüche zugelassener Krankenhäuser und deren Höhe gegenüber den Krankenkassen betreffen. Die Beteiligten streiten, wie durch ihre Erklärungen im Termin am 19.02.2008 deutlich geworden ist, gerade nicht darum, ob die Sachleistungen, die der Versicherte im AKA und im Krankenhaus der Klägerin erhalten hat, notwendig, wirtschaftlich und zweckmäßig waren, sondern gehen übereinstimmend davon aus, dass dies der Fall war; ihr Streit betrifft vielmehr ausschließlich die Frage, ob das aufnehmende Krankenhaus bei Verlegungen, die nicht aus medizinischen Gründen erfolgt sind, seine Leistungen nach den geltenden Abrechnungsbestimmungen eigenständig und unabhängig von der Abrechnung des verlegenden Krankenhauses in Rechnung stellen kann. Auch auf § 17 c Abs. 1 Nr. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) lässt sich die Auffassung der Beklagten, in Fällen der vorliegenden Art entfalle der Vergütungsanspruch des aufnehmenden Krankenhauses gegen die Krankenkasse, nicht stützen. Zwar verpflichtet die Vorschrift den Krankenhausträger, durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass eine vorzeitige Verlegung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibt. Das Gericht lässt ausdrücklich offen, ob im vorliegenden Fall eine vorzeitige Verlegung im Sinne der genannten Rechtsnorm stattgefunden hat. Denn § 17 c Abs. 1 Satz 2 KHG begründet eine Verpflichtung oder Obliegenheit nur für das verlegende, nicht aber das aufnehmende Krankenhaus, und die Vorschrift enthält auch keine Sanktion, die bei Verstößen einen Verlust des Vergütungsanspruchs vorsieht. In § 17 c Abs. 2 bis 4 KHG ist vielmehr das Verfahren zur Sicherung der in § 17 c Abs. 1 genannten Verpflichtungen detailliert geregelt. Danach können die Krankenkassen gemeinsam durch Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 Abs. 1 SGB V) Stichproben erheben lassen und prüfen, die sich auf akute und abgeschlossene Behandlungsfälle, bestimmte Organisationseinheiten sowie bestimmte Diagnosen, Prozeduren und Entgelte beziehen können (Abs. 2 Sätze 1 und 2). Wird ein Verstoß festgestellt, hat der Medizinische Dienst dieses der Krankenkasse, deren Versicherter geprüft wurde, und dem Krankenhaus versichertenbezogen mitzuteilen und zu begründen (Abs. 2 Satz 3). Stellen Krankenkassen auf der Grundlage von Stichproben nach Abs. 2 fest, dass bereits bezahlte Krankenhausleistungen fehlerhaft abgerechnet wurden, sind Ursachen und Umfang der Fehlabrechnungen festzustellen (Abs. 3 Satz 1). Die in § 18 Abs. 2 KHG genannten Vertragsparteien (Krankenhausträger und Sozialleistungsträger oder Arbeitsgemeinschaften von Sozialleistungsträgern) sollen ein pauschaliertes Ausgleichsverfahren vereinbaren, um eine Erstattung oder Nachzahlung in jedem Einzelfall zu vermeiden; dabei kann auch die Verrechnung über das Erlösbudget oder die Fallpauschalen des folgenden Jahres vereinbart werden (Abs. 3 Satz 3). Soweit nachgewiesen wird, dass Fallpauschalen grob fahrlässig zu hoch abgerechnet wurden, ist der Differenzbetrag und zusätzlich ein Betrag in derselben Höhe zurückzuzahlen; für die Rückzahlung gilt das Verfahren nach Satz 3 (Abs. 3 Satz 4). Soweit sich die Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 KHG über die Prüfergebnisse nach den Absätzen 2 und 3 und die sich daraus ergebenden Folgen nicht einigen, können der Krankenhausträger und jede betroffene Krankenkasse den Schlichtungsausschuss anrufen, dessen Aufgabe u.a. die Schlichtung zwischen den Vertragsparteien ist (Abs. 4 Sätze 1 und 2). Abs. 4 regelt des Weiteren die Zusammensetzung des Schlichtungsausschusses, die Gewichtung der Stimmen und die Befugnisse des Ausschusses zur Ausgestaltung der Prüfverfahren des Medizinischen Dienstes. Dieses Verfahren kann nicht dadurch umgangen werden, dass eine einzelne Krankenkasse Verstöße gegen § 17 c Abs. 1 Nr. 2 KHG durch die Weigerung sanktioniert, dem aufnehmenden Krankenhaus im Falle von nicht medizinisch begründeten Verlegungen die Vergütung nach den Abrechnungsbestimmungen zu verweigern. Das Gericht sieht seine Beurteilung auch durch die Fallpauschalenverordnung 2004 (KFPV 2004) gestützt, die während der hier streitigen Behandlung gültig war. Nach § 1 Abs 1 KFPV 2004 werden die Fallpauschalen jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalen – Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet (Satz 1). Im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus rechnet jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab (Satz 2). Diese wird nach Maßgabe des § 3 gemindert; dies gilt nicht für Fallpauschalen, die im Fallpauschalen-Katalog als Verlegungs-Fallpauschalen gekennzeichnet sind (Satz 3). Eine Verlegung im Sinne des Satzes 2 liegt vor, wenn zwischen der Entlassung aus einem Krankenhaus und der Aufnahme in einem anderen Krankenhaus nicht mehr als 24 Stunden vergangen sind (Satz 4). Hieraus ergibt sich, dass in Verlegungsfällen der vorliegenden Art jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale abrechnet. Ergänzend hierzu bestimmt § 3 KFPV 2004 in den Absätzen 1 und 2, unter welchen Voraussetzungen von dem verlegenden und dem aufnehmenden Krankenhaus ein Abschlag vorzunehmen ist und wie dieser zu ermitteln ist und in Abs. 3, wie in bestimmten Fällen der Rückverlegung abzurechnen ist. Ob und inwieweit die Rechnungen der Klägerin vom 13.07.2004 und 17.08.2004 hiernach der Korrektur bedürfen, muss vorliegend nicht festgestellt werden, weil die Beteiligten die Abrechnung durch die Klägerin als solche unstreitig gestellt haben. Hinsichtlich der Abschläge nach § 3 KFPV hat die Beklagte überdies ausdrücklich vorgetragen, dass die mittleren Verweildauern der DRG-Fallpauschalen A13Z und B70A jeweils um einen Tag knapp überschritten wurden, so dass Verlegungsabschläge nicht zum Abzug gekommen seien. Jedenfalls wird durch die §§ 1 und 3 KFPV ebenfalls deutlich, dass der Vergütungsanspruch des aufnehmenden oder in Fällen der Rückverlegung des wiederaufnehmenden Krankenhauses nicht deshalb entfällt, weil die Verlegung nicht aus medizinischen, sondern aus anderen Gründen erfolgt ist. Auch der zwischen den Beteiligten und weiteren Krankenkassen geschlossene Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (Stand 19.12.2002), der seit dem 01.01.2003 bis heute gültig ist, lässt in Fällen der vorliegenden Art den Vergütungsanspruch nicht entfallen. § 9 dieses Vertrages bestimmt insoweit lediglich, dass die Kosten eines Krankentransports bei einer Verlegung nur dann nicht mit dem Entgelt abgegolten sind, wenn die Verlegung aus medizinischen Gründen erfolgt und/oder die Notwendigkeit der Verlegung zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht erkennbar war (Abs. 1 Sätze 1 und 2). Medizinische Gründe liegen vor, wenn durch die Art und Schwere der Erkrankung aufgrund des Auftrages des aufnehmenden Krankenhauses eine Weiterbehandlung trotz Inanspruchnahme von Leistungen Dritter in diesem nicht möglich ist (Abs. 1 Satz 3). Ist ein Krankentransport zu Lasten einer Krankenkasse im Zusammenhang mit einer Verlegung im Sinne von Abs. 1 medizinisch erforderlich, so ist er von einem Krankenhausarzt unter Verwendung des Formblatts gemäß Anlage zum Vertrag zu veranlassen (Abs. 2 Satz 1). Im Übrigen finden die Krankentransport-Richtlinien in der im Vertrag vereinbarten Fassung Anwendung (Abs. 2 Satz 2). Bei Veranlassung nicht notwendiger Transporte nach Ansicht des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen oder bei Auswahl erkennbar unwirtschaftlicher Transportmittel gehen die Mehrkosten zu Lasten des Krankenhauses (Abs. 2 Satz 3). Auch diese vertraglichen Bestimmungen zeigen, dass Verlegungen, die nicht aus medizinischen Gründen erforderlich sind, keinen über etwaige Abschläge nach § 3 KFPV oder den eventuellen Ausschluss von Krankentransportkosten hinausgehenden Einfluss auf die nach den Abrechnungsbestimmungen geschuldete Vergütung haben. Dem weiteren Einwand der Beklagten, dass nur die von ihr vertretene Rechtsauffassung Fehlanreize zu einem “ erlösorientierten Patiententourismus“ innerhalb der Krankenhäuser vermeide, sind die zutreffenden Ausführungen des Referatsleiters Tuschen vom Bundesministerium für Gesundheit im Schreiben vom 05.05.2006 – Az. 213-43546-8 – an die Deutsche Krankenhausgesellschaft entgegenzuhalten. Danach war bei Schaffung des § 1 Abs. 1 Satz 2 KFPV und der ihr nachfolgenden Fallpauschalenvereinbarung der Selbstwaltungspartner das Ergebnis, dass in Verlegungsfällen jedes der beteiligten Krankenhäuser eine Fallpauschale abrechnet, durchaus gewollt. Diese Regelung wird im Gesamtsystem und für die Krankenkassen nicht teurer. Da das (virtuelle) Landesbudget unverändert bleibt und durch eine bei Verlegungen erhöhte Fallzahl (CM) dividiert wird, kommt es zu einer entsprechenden Absenkung des Landes-Basisfallwerts, wovon alle Krankenkassen profitieren. Es ist Aufgabe der Selbstverwaltungspartner, die Wirkung dieser Regelung bei der Weiterentwicklung des DRG-Systems zu beobachten und gegebenenfalls zu entscheiden, ob Änderungen in diesem System oder bei den Abrechnungsregeln vorgenommen werden müssen. Eine Entscheidung hierüber steht einer einzelnen Krankenkasse im Rahmen der Abrechnung nicht zu. Die Absicht des Gesetzgebers, möglicherweise entstehenden Anreizen zur Verlegung aus wirtschaftlichen Interessen der beteiligten Krankenhäuser entgegenzuwirken und Verlegungen auf das notwendige Maß zu begrenzen, hat in der Regelung der Transportkosten in § 60 SGB V Niederschlag gefunden; Rückschlüsse auf die Abrechenbarkeit von DRG–Fallpauschalen können hieraus nicht gezogen werden. Entscheidend für die Abrechnung einer zweiten Fallpauschale durch das weiterbehandelnde Krankenhaus ist deshalb die Frage, ob der Patient (noch) krankenhausbehandlungsbedürftig ist. Dieses war indessen bei der Verlegung vom AKA in das Krankenhaus der Klägerin unstreitig der Fall. Etwas anderes ergäbe sich im Übrigen selbst dann nicht, wenn Verlegungen aus nicht medizinischen Gründen nicht die im Schreiben vom 05.05.2006 genannten Auswirkungen hätten. Auch in diesem Fall wäre es nicht Aufgabe einzelner Krankenkassen, das aufnehmende Krankenhaus, das eine medizinisch notwendige Behandlung durchführt und nach den bestehenden Gesetzen und Verträgen zutreffend abrechnet, durch Wegfall seines Vergütungsanspruchs zu sanktionieren, sondern der Selbstverwaltungspartner oder des Gesetz- und Verordnungsgebers, Änderungen im DRG-System oder bei den Abrechnungsregeln vorzunehmen. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 14 in Verbindung mit § 12 des Vertrages über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung. Nach allem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) stattzugeben. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Da die Klägerin eine bezifferte Geldleistung eingeklagt hat, ist deren Höhe maßgeblich.