Bundessozialgericht B 1 KR 24/08 R

Bundessozialgericht

Urteil vom 30.06.2009

  • Sozialgericht Koblenz S 6 KNK 20/06
  • Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L 5 KNK 1/07
  • Bundessozialgericht B 1 KR 24/08 R

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 381,57 Euro festgesetzt.

Gründe:

I

1

Umstritten ist die Vergütung für eine stationäre Krankenhaus(KH)-Behandlung.

2

Der 1940 geborene S. (im Folgenden: Versicherter) ist bei der beklagten Trägerin der knappschaftlichen Krankenversicherung versichert. Die vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis Dr. E. ua verordnete ihm am 21.1.2005 wegen “koronarer Herzkrankheit” stationäre KH-Behandlung zur Durchführung einer Koronarangiographie. Die gemäß § 108 SGB V zugelassene Klinik der Klägerin nahm den Versicherten am 27.1.2005 auf. Ein KH-Arzt führte noch am selben Tag mit ihm ein Aufklärungsgespräch zur beabsichtigten Behandlung. Am 28.1.2005 erfolgte die Koronarangiographie. Das KH entließ den Versicherten am 29.1.2005. Es stellte der Beklagten 1.435,28 Euro für die DRG-Ziffer F49C bei zweitägiger Verweildauer (ohne Berücksichtigung des Entlassungstags) zuzüglich Zuschläge in Rechnung (15.2.2005). Die Beklagte überwies den geforderten Gesamtbetrag unter dem Vorbehalt der medizinischen Prüfung der Behandlungsdauer, da auf der Grundlage der übermittelten Diagnosen die Dauer der KH-Behandlung nicht nachvollziehbar sei (Schreiben vom 7.3.2005). Das KH legte dem Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten (SMD) trotz Anforderung und Fristsetzung keine Behandlungsunterlagen vor. Die Beklagte berief sich daraufhin auf eine Kürzung der Rechnung um einen Abschlagstag gemäß § 3 Abs 1 und 2 der “Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2005” (Fallpauschalenvereinbarung 2005 – FPV 2005; Schreiben vom 13.4.2005) und verrechnete den nach ihrer Ansicht überzahlten Betrag von 381,57 Euro am 21.4.2005 mit einer anderen, unstreitigen Forderung der Klägerin.

3

Zur Begründung ihrer Zahlungsklage hat die Klägerin vorgetragen, der Versicherte sei mit dem Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom in das KH aufgenommen worden. Nach Ausschluss eines Troponin positiven Verlaufs sei er lege artis über die Risiken der Koronarangiographie aufgeklärt worden. Ein Patient mit zunehmender Angina-pectoris-Symptomatik könne nicht einfach nach Hause entlassen und am nächsten Tag zu einer Koronarintervention wieder aufgenommen werden. Eine zunehmende Angina-pectoris-Symptomatik könne zu jedem Zeitpunkt einen Herzinfarkt nach sich ziehen. Die Beklagte hat dagegen gemeint, die stationäre Diagnostik sei “elektiv” (auswählend) zur weiterführenden invasiven Diagnostik bei pathologischem Belastungs-EKG und nicht wegen eines akuten Koronarsyndroms aus Anlass eines Notfalls erfolgt: Die Koronarangiographie hätte bei Ausnutzung der prästationären diagnostischen Möglichkeiten bereits am Aufnahmetag durchgeführt werden können.

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Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin 381,57 Euro nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22.4.2005 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Anspruch der Klägerin entspreche der Codierung nach der DRG-Ziffer F49C. Von einer Fehlbelegung von einem Tag könne nicht ausgegangen werden. Nach den Grouper-Feststellungen bei der DRG-Ziffer F49C sei von einer mittleren Verweildauer von zwei Tagen auszugehen. Zudem rechtfertigten die Feststellungen des SMD nicht die Reduzierung auf einen Behandlungstag. Eine Koronarangiographie setze eine ordnungsgemäße Aufklärung des Versicherten voraus. Der Versicherte müsse genügend Zeit – hier unstreitig wenigstens 24 Stunden – zwischen der Aufklärung und dem tatsächlichen Eingriff haben, um das Für und Wider des Eingriffs abzuwägen. Das KH habe den Versicherten nach der Aufklärung nicht nach Hause schicken und erst am nächsten Tag stationär aufnehmen müssen. Ein Versicherter müsse bei der Durchführung der Koronarangiographie nüchtern sein. Dies sei nicht sicherzustellen, wenn der Versicherte erst am eigentlichen Untersuchungstag morgens anreise (Urteil vom 29.11.2006).

5

Das Landessozialgericht (LSG) hat die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Eine Kürzung der tatsächlichen Verweildauer um nicht notwendige Tage im Rahmen des § 1 Abs 3 FPV 2005 scheide aus, weil sie dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift widerspreche. Die Regelung rechtfertige einen Abschlag grundsätzlich nur im Falle einer tatsächlich kürzeren als der unteren Grenzverweildauer oder in ganz engen Ausnahmefällen, um die es hier nicht gehe (Urteil vom 7.2.2008).

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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 1 Abs 3 und 7 FPV 2005, § 17b Abs 1 Satz 3 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 7 Satz 1 und 2, § 8 Abs 1 Satz 1 und 3 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) iVm § 2, § 12 Abs 1, § 39 und § 109 Abs 4 SGB V. Zu Recht habe sie die Abrechnung der Klägerin gekürzt, denn die notwendige KH-Verweildauer habe die untere Grenzverweildauer um einen Tag unterschritten. Vergütungsfähig seien nur Tage, an denen die KH-Behandlung erforderlich sei. Entsprechend der Einschätzung des SMD hätte die vor der Koronarangiographie beim Versicherten durchgeführte Diagnostik aber bereits am Aufnahmetag durchgeführt werden können, sodass der stationäre KH-Aufenthalt des Versicherten um einen nicht zu vergütenden Tag zu lang ausgefallen sei.

7

Die Beklagte beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2008 und des Sozialgerichts Koblenz vom 29. November 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2008 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II

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Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

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Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Der Senat kann wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des LSG nicht in der Sache selbst abschließend über den Erfolg der Berufung gegen das der Klage der KH-Trägerin stattgebende SG-Urteil entscheiden. Es ist derzeit noch offen, ob die beklagte Trägerin der knappschaftlichen Krankenversicherung 381,57 Euro von der Sammelrechnung der Klägerin vom 21.4.2005 zwecks Aufrechnung mit ihrer öffentlich-rechtlichen Erstattungsforderung (analog §§ 387 ff BGB) absetzen durfte. Die Beklagte hat nur dann Anspruch auf Erstattung dieses Geldbetrages, den sie der Klägerin zuvor lediglich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung für die KH-Behandlung des Versicherten vom 27. bis 29.1.2005 bezahlt hatte, wenn ihre Zahlung insoweit ohne Rechtsgrund erfolgte, weil die von der Klägerin geforderte Vergütung überhöht war. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch der Klägerin hängt ua davon ab, dass die KH-Behandlung für zwei abrechnungsfähige Tage erforderlich war (vgl dazu 2.), obwohl die Fallpauschale eine untere Grenzverweildauer von zwei Tagen (zuzüglich des Entlassungstags) vorsieht (dazu 3.). Die dagegen erhobenen Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch (dazu 4.). Der Beklagten war es nicht verwehrt, sich nachträglich auf die fehlende Erforderlichkeit der Behandlungsdauer im KH zu berufen (dazu 5.). Dass die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs der Klägerin im streitigen Umfang für diese Behandlung erfüllt sind, kann der Senat auf der bisherigen Tatsachengrundlage nicht entscheiden: Es fehlt bisher an der Feststellung, dass der Versicherte jeweils einschließlich des Entlassungstags für die tatsächlich erbrachten drei Tage – und nicht lediglich für zwei Tage – die KH-Behandlung allein aus medizinischen Gründen benötigte (dazu 6.).

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1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf vollständige Bezahlung ihrer Sammelrechnung vom 21.4.2005 über die Vergütung für die KH-Behandlung von Versicherten gegen die Beklagte mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend. Die Klage eines KH-Trägers wie der Klägerin auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse (KK) wie die Beklagte ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 10.4.2008 – B 3 KR 19/05 R – BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, jeweils RdNr 10; BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 9 mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2).

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2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG (hier anzuwenden idF durch Art 2 Nr 5 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) und der Anlage 1 Teil a FPV 2005 sowie der KH-Behandlungsvertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V. Unerheblich ist insoweit, ob der Vertrag für das Saarland (KBVS) maßgeblich ist, wovon die Beteiligten ausgehen, oder ob der Vertrag für Rheinland-Pfalz (KBVRP) zugrunde zu legen ist, wie es das LSG angenommen hat. Übereinstimmend sehen beide Verträge vor, dass die KK die Rechnung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang zu begleichen hat (§ 9 Abs 6 Satz 1 KBVRP; § 14 Abs 4 Satz 1 KBVS). Der Rechnungsbetrag ist bei Nichtzahlung mit 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Fälligkeitstag zu verzinsen, ohne dass es einer Mahnung bedarf (§ 9 Abs 7 KBVRP; § 14 Abs 5 KBVS). Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können auch nach Bezahlung der Rechnung noch geltend gemacht werden (§ 9 Abs 6 Satz 4 KBVRP; § 14 Abs 3 KBVS). Regelungen dieser Art, die sich in vergleichbarer Form in vielen Landesverträgen zu § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V finden, hat der 3. BSG-Senat stets dahin gehend ausgelegt, dass die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs 14 Tage nach Rechnungseingang unabhängig davon eintritt, ob ein Prüfungsverfahren zur Notwendigkeit und Dauer einer KH-Behandlung noch eingeleitet werden soll oder ein solches noch nicht abgeschlossen ist, und dass die KK in solchen Fällen zur Zahlung verpflichtet ist, ohne das Ergebnis des Prüfungsverfahrens abwarten zu dürfen (vgl BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 12 mwN). Dem folgt auch der erkennende 1. BSG-Senat.

14

Nach § 109 Abs 4 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz vom 23.4.2002, BGBl I 1412) wird mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 das KH für die Dauer des Vertrages zur KH-Behandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene KH ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur KH-Behandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die KKn sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem KH-Träger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG (Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Krankenhausfinanzierungsgesetz – hier anzuwenden idF des Gesetzes vom 15.12.2004, BGBl I 3429), des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Nach § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen KH (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das KH erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.

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Das KH hat auch bei der Vergütung der KH-Behandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nur für eine “erforderliche” KH-Behandlung. Das folgt aus dem aufgezeigten Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen KH, KH-Behandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des KH ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl BSG, Großer Senat, BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, jeweils RdNr 10). Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen KH durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (vgl BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 11, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 3/08 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 15 RdNr 15, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; vgl auch BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KR 10/08 R – SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 13). Deshalb definiert § 2 Abs 2 Satz 1 KHEntgG: “Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind.” Diese “allgemeinen Krankenhausleistungen” werden nach § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern ua mit Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG) abgerechnet (zur Höhe siehe § 8 KHEntgG). Das Fallpauschalensystem lässt mithin keinen Raum dafür, nicht notwendige Leistungen zu vergüten.

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3. Dieses allgemeine Prinzip gilt auch für die hier betroffene DRG-Ziffer F49C der Anlage 1 Teil a FPV 2005. Diese Abrechnungsposition bezeichnet eine “Invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt, weniger als 3 Belegungstage”. Die Beklagte durfte geltend machen, dass nur “ein” voll abrechnungsfähiger KH-Behandlungstag für die Koronarangiographie des Versicherten erforderlich gewesen wäre, obwohl dies zu einem Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer für diese Fallpauschale führt. Denn ein KH hat auch bei einer Vergütung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch nur für “erforderliche” KH-Behandlung.

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Die untere Grenzverweildauer beschreibt die Mindestverweildauer im KH ohne Vergütungsabschläge. Sie knüpft nicht an medizinische Gründe des Patientenschutzes an, sondern nur an Grundsätze der statistischen Normalverteilung. Das verdeutlicht entgegen der Auffassung des LSG bereits die Regelung im früher geltenden § 7 Fallpauschalenverordnung (KFPV aF vom 19.9.2002, BGBl I 3674, nach dessen § 10 geltend bis zum 31.12.2003, aufgehoben durch Art 32 Gesetz vom 14.8.2006, BGBl I 1869). § 7 KFPV aF legte die untere Grenzverweildauer bei einem Drittel des Verweildauer-Mittelwerts fest, knüpfte mithin für die Untergrenze abschlagsfreier Vergütung gerade nicht an medizinische Gründe des Patientenschutzes an, sondern an allgemeine Erfahrungswerte über die übliche Verweildauer. Auch wenn die FPV 2005 keine vergleichbare ausdrückliche Bestimmung enthält, beruht sie auf vergleichbaren Überlegungen. Die Bestimmung der unteren Grenzverweildauer erfolgt auch bei der FPV 2005 nicht anhand des medizinischen Erfahrungssatzes, dass bei Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer medizinisch fehlerhaft vorgegangen werde. Wenn die Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer einen Behandlungsfehler indizierte, hätte diese Unterschreitung Schadensersatzansprüche gegen das KH zur Folge. Die FPV 2005 sieht dagegen um Abschläge verminderte Vergütungsansprüche des KH vor. Die Abschläge tragen dem geringeren Aufwand Rechnung, der bei kürzerem KH-Aufenthalt trotz Erfüllung der Hauptleistung entsteht. Ihnen stehen bei vielen DRG-Positionen Zuschläge gegenüber, die bei Überschreitung der oberen Grenzverweildauer zu zahlen sind.

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Die Klägerin hat zwar die Hauptleistung der betroffenen DRG-Ziffer F49C (Anlage 1 Teil a FPV 2005) erbracht. Nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) sind die tatsächlichen Voraussetzungen der DRG-Ziffer F49C insoweit erfüllt, als bei dem Versicherten, der nicht an einem akuten Herzinfarkt litt, eine Herzkatheteruntersuchung stattgefunden hat, welche weniger als drei abrechnungsfähige Belegungstage stationärer KH-Behandlung in Anspruch nahm. Es fehlen aber Feststellungen des LSG dazu, dass eine Verweildauer im Umfang der zwei abgerechneten Tage tatsächlich medizinisch erforderlich war oder dass nur ein abrechnungsfähiger Tag für die Behandlung ausgereicht hätte. Die untere Grenzverweildauer im Sinne der Mindestverweildauer ohne Abschläge bei der Vergütung beträgt für die DRG-Ziffer F49C der Anlage 1 Teil a FPV 2005 nämlich zwei abrechnungsfähige Tage, während folglich der erste Tag mit Abschlag bei einer Verweildauer von lediglich einem abrechnungsfähigen Tag liegt. Das LSG wird deshalb in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären haben, in welchem Zeitumfang die KH-Verweildauer des Versicherten aus medizinischen Gründen erforderlich war.

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4. Die Regelungen der KH-Vergütung durch Fallpauschalen schließen entgegen der Auffassung der Klägerin und des LSG nicht aus, dass auch für einen darauf gestützten Vergütungsanspruch die “Erforderlichkeit” der stationären KH-Behandlung des Versicherten als Vergütungsvoraussetzung vorliegen muss; die aufgezeigten Regelungen setzen unter der Geltung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 2 Abs 1, § 12, § 70 Abs 1 SGB V) ebenso wie nach § 109 Abs 4 iVm § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V eine “erforderliche” KH-Behandlung voraus, wie es im Zusammenhang mit der Neuregelung des KH-Vergütungsrechts nochmals explizit § 2 Abs 2 KHEntgG ausspricht. Die dagegen erhobenen Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.

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a) So bestimmt § 17b Abs 2 Satz 1 bis 3 KHG: Die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an “wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen”. Die Prüfungsergebnisse nach § 137c SGB V sind zu beachten.

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b) Ein Gebot, nicht erforderliche KH-Leistungen zu vergüten, folgt auch nicht aus § 17c Abs 1 und 2 KHG (eingefügt durch Art 2 Nr 5 des Gesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412; aA Thier, KH 2009, 460 ff). Danach (Abs 1) wirkt der KH-Träger durch geeignete Maßnahmen darauf hin, dass 1. keine Patienten in das KH aufgenommen werden, die nicht der stationären KH-Behandlung bedürfen, und bei Abrechnung von tagesbezogenen Pflegesätzen keine Patienten im KH verbleiben, die nicht mehr der stationären KH-Behandlung bedürfen (Fehlbelegung), 2. eine vorzeitige Verlegung oder Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibt, 3. die Abrechnung der nach § 17b KHG vergüteten KH-Fälle ordnungsgemäß erfolgt. Gemäß Abs 2 Satz 1 bis 3 können die KKn gemeinsam durch Einschaltung des Medizinischen Dienstes (MDK, § 275 Abs 1 SGB V) die Einhaltung der in Absatz 1 genannten Verpflichtungen durch Stichproben prüfen. Der MDK ist befugt, Stichproben von akuten und abgeschlossenen Fällen zu erheben und zu verarbeiten. Die Stichproben können sich auch auf bestimmte Organisationseinheiten sowie bestimmte Diagnosen, Prozeduren und Entgelte beziehen.

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Der Gesetzgeber ging allerdings für den Regelfall davon aus, dass die bisherige Prüfung der Verweildauer, wie sie im Regime der Abrechnung der KH-Vergütung nach der BPflV geboten war, mit der Einführung des DRG-Fallpauschalensystems grundsätzlich keine sachliche Bedeutung mehr habe. Lediglich bei der Abrechnung von tagesbezogenen Pflegesätzen müsse weiterhin die Verweildauer geprüft werden, so die Gesetzesbegründung (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschalengesetz-FPG) BT-Drucks 14/6893 S 33 f zu Art 2 Nr 5 (§ 17c KHG) zu Abs 1). Dies sei der Fall bei den Entgelten, die nach Überschreitung der Grenzverweildauer zusätzlich zu einer Fallpauschale gezahlt werden, sowie in der Psychiatrie.

23

Hieraus kann indessen keine Abkehr des Gesetzgebers vom Wirtschaftlichkeitsgebot hergeleitet werden. Vielmehr bestimmt § 12 Abs 1 Satz 2 SGB V unverändert: “Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.” Die Regelung sieht keine Sonderrolle für KH als Leistungserbringer vor. Auch die Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für KH hat an der Pflicht der KKn nichts geändert, stationäre KH-Behandlung nur im Falle ihrer positiv festzustellenden Erforderlichkeit zu vergüten (vgl in der Zielrichtung ähnlich für die vertragsärztliche Versorgung zB BSG (6. Senat) SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 26 f; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 32; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 4 RdNr 8). Die Überlegungen des Gesetzgebers zu § 17c KHG basieren vielmehr darauf, dass sich eine Verkürzung der Verweildauer des Patienten im KH auf die Vergütung des KH überhaupt nicht auswirkt, wenn sich die Dauer der KH-Behandlung innerhalb der vollen Fallpauschale, also im Korridor zwischen oberer und unterer Grenzverweildauer bewegt. In solchen Fällen liegt es schon im ökonomischen Eigeninteresse des KH-Trägers, im Rahmen der Fallpauschalen die Verweildauer möglichst kurz zu halten. Typischerweise bedarf es wegen dieses Eigeninteresses keiner zusätzlichen externen Prüfung, um zu sichern, dass eine nicht erforderliche, unwirtschaftlich lange Verweildauer der Patienten im KH vermieden wird. Vielmehr muss grundsätzlich das Augenmerk sogar vorrangig darauf gerichtet werden, dass KHer keine vorzeitigen (“blutigen”) Entlassungen vornehmen (§ 17c Abs 1 Nr 2 KHG). Die Folge ist, dass auf § 17c Abs 2 KHG beruhende, von jeglichem Verdacht unabhängige Stichprobenprüfungen hinsichtlich der Einhaltung der in § 17c Abs 1 KHG genannten Verpflichtungen durch die KKn jedenfalls grundsätzlich nicht darauf erstreckt werden können, dass eine kürzere Verweildauer bei der KH-Behandlung geboten gewesen wäre.

24

Das lässt aber die Prüfungen nach § 275 SGB V unberührt, um die es auch vorliegend geht. Nach den Gesetzesmaterialien ist die Prüfung in Einzelfällen nach § 275 SGB V im KH-Bereich nämlich unabhängig von der verdachtsunabhängigen Stichprobenprüfung nach § 17c KHG (vgl Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines FPG, BT-Drucks 14/7862 S 6 unter 2.7. Zu Art 1 Nr 6b (neu) FPG (§ 275 SGB V )). § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V erlegt den KKn die gesetzliche Pflicht auf, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen; die Funktion des MDK nimmt in der hier betroffenen knappschaftlichen Krankenversicherung der SMD wahr (vgl dazu näher BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 3/08 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 15 RdNr 32 mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSG, Urteil vom 20.11.2008 – B 3 KN 4/08 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 16 RdNr 18 mwN).

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c) Die Regelung der Grenzverweildauer nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG steht der Erforderlichkeit von KH-Behandlung als KH-Vergütungsvoraussetzung ebenfalls nicht entgegen. Danach vereinbaren die Spitzenverbände der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (Vertragsparteien auf Bundesebene) mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG insbesondere einen Fallpauschalen-Katalog nach § 17b Abs 1 Satz 10 KHG einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Soweit dementsprechend bei Unterschreitung der Grenzverweildauer Abschläge möglich sind, lässt das Gesetz gleichwohl noch für Konstellationen Raum, in denen – ohne Behandlungsabbruch – trotz einer Behandlung lege artis die für die Fallpauschale üblicherweise zu erwartende Verweildauer im KH unterschritten werden kann. Gemeint sind dabei nicht Fälle der unverantwortlichen, kunstfehlerhaften Frühentlassung, die Schadensersatzansprüche auslösen können und mit einem Vergütungsanspruch deshalb gerade nicht vereinbar sind. Zur Unterschreitung der unteren Verweildauer kann es insbesondere kommen, wenn neben den – für den Durchschnitt der KH-Fälle der betroffenen Fallpauschale – typischen Versicherten andere, wesentlich weniger aufwändig zu behandelnde Versicherte ebenfalls von der Fallpauschale erfasst werden, für die selbst die untere Grenzverweildauer zu hoch kalkuliert ist.

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d) Auch die Bestimmungen der FPV 2005 stehen den Abschlägen, die die Beklagte vorgenommen hat, nicht entgegen. Die FPV 2005 regelt nicht ausdrücklich, ob und wie Abschläge im Falle “nicht erforderlicher” KH-Behandlungstage vorzunehmen sind, sondern befasst sich von vornherein lediglich mit der Vergütung erforderlicher, tatsächlich durchgeführter KH-Behandlung. Weil es insoweit – nachvollziehbar – in der FPV 2005 an einer ausdrücklichen Regelung fehlt, ist die Beklagte zu Recht nach den Rechtsgedanken von § 17b KHG, § 2 Abs 2, § 7 Satz 1, § 8 Abs 1 und § 9 KHEntgG sowie dem daran anknüpfenden Regelungssystem der FPV 2005 davon ausgegangen, dass nicht erforderliche Tage wie Tage ohne KH-Behandlung anzusehen sind. Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes als bei früheren Abrechnungen nach der BPflV (vgl dazu BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 10 ff, 15 ff, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 3/08 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 15 RdNr 13 ff, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Auch dort waren die nicht erforderlichen Tage der KH-Behandlung bei der Vergütung nicht zu berücksichtigen, ohne dass es einer ausdrücklichen Regelung in der BPflV bedurfte.

27

5. Der Beklagten war es aus Rechtsgründen nicht verwehrt, sich – zeitnah, wie geschehen – auf das Fehlen erforderlicher KH-Behandlung für zwei abrechnungsfähige Tage und die Notwendigkeit lediglich abzurechnender eintägiger KH-Behandlung zu berufen.

28

a) Mit diesem Vorbringen ist die Beklagte nicht etwa wegen der Bezahlung der KH-Rechnung ausgeschlossen. Fordert ein KH Vergütung, darf sich die KK unproblematisch von Rechts wegen darauf berufen, die Voraussetzungen des KH-Vergütungsanspruchs seien nicht erfüllt. Das gilt auch hinsichtlich der Erforderlichkeit der Verweildauer. Denn nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BSG (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, jeweils RdNr 28 f) obliegt die Entscheidung über den Anspruch des Versicherten auf vollstationäre KH-Behandlung allein der KK und im Streitfall dem Gericht, ohne dass diese an die Einschätzung des KH oder seiner Ärzte gebunden sind (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 3/08 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 15 RdNr 31, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Infolgedessen kann es auch keinerlei Obliegenheit oder gar Pflicht der KK geben, Zweifel an der Erfüllung einer Anspruchsvoraussetzung durch substantiierten Vortrag zu untermauern.

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Der Grundsatz, dass die Notwendigkeit der KH-Behandlung im Rechtsstreit von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit vollständig zu überprüfen ist, gilt auch dann, wenn die KK ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet. Auch in dieser Konstellation ist eine Zurücknahme der gerichtlichen Kontroll- und Entscheidungsbefugnis unter Berufung auf einen Einschätzungsvorrang des verantwortlichen KH-Arztes weder vom Gesetz vorgesehen noch von der Sache her erforderlich und deshalb mit dem rechtsstaatlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar (vgl BSG, Großer Senat, BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, jeweils RdNr 32). Eine Besonderheit besteht lediglich insoweit, als die Berechtigung der KH-Behandlung nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen ist, sondern zu fragen ist, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den KH-Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (vgl BSG, Großer Senat, BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, jeweils RdNr 33; dem folgend BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 3/08 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 15 RdNr 22, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen).

30

Zahlt allerdings die KK vorbehaltlos auf die KH-Rechnung, kann sie mit der Rückforderung – und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht – sogar ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB). So liegt es hier indes nicht. Denn die Beklagte hat die Rechnung der Klägerin lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt.

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b) Die Beklagte hat die Prüfungsvoraussetzungen gemäß § 275 Abs 1 SGB V im Falle des Versicherten beachtet. Ihr bot der Umstand der stationären KH-Behandlung des Versicherten zwecks Koronarangiographie und erforderlichenfalls Ballondilatation bei Ein-Gefäßerkrankung des arteriosklerotischen Herzens für einen Zeitraum von drei Tagen (einschließlich Entlassungstag) hinreichenden Anlass, um in eine Überprüfung der KH-Behandlungsbedürftigkeit für mehr als einen abrechnungsfähigen Tag einzutreten. Sie konnte – ärztlich beraten – davon ausgehen, dass eine Koronarangiographie bei elektiver Untersuchungsindikation unter Ausnutzung der bestehenden prästationären diagnostischen Möglichkeiten grundsätzlich bereits am Aufnahmetag hätte erfolgen können, zumal die Leistung auch in ambulanter Form vorgesehen ist (vgl Nr 5120 der Anlage 1 des Vertrags nach § 115b Abs 1 SGB V über ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im KH – AOP-Vertrag 2004, Anlage zur Bekanntmachung DÄ 2003, A 2398).

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Entgegen der Ansicht des SG rechtfertigen allein für sich genommen weder die – hier evtl gegebene – Notwendigkeit, den Versicherten zumindest 24 Stunden vor dem angiographischen Eingriff über dessen Risiken aufzuklären und ihm zur Einwilligung eine hinreichende Überlegungsfrist einzuräumen, noch die vom Versicherten zum KH zurückzulegende Wegstrecke KH-Behandlungsbedürftigkeit für einen zusätzlichen Tag. KH-Behandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines KH erforderlich macht (vgl BSGE 92, 300, 305 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4, jeweils RdNr 13; BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Als besonderes Mittel des KH hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt (BSGE 59, 116, 117 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr 28; BSGE 83, 254, 259 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 109 Nr 9). Dabei fordert sie für die Notwendigkeit einer KH-Behandlung weder den Einsatz aller dieser Mittel noch sieht sie ihn stets als ausreichend an. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommen (vgl BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 16 mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen).

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Ob einem Versicherten vollstationäre KH-Behandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSG, Großer Senat, BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, jeweils RdNr 15). Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung (vgl BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 13 RdNr 17 mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Allein die erforderliche Aufklärung des Patienten zur Wahrung seines Selbstbestimmungsrechts oder die Entfernung, die der Versicherte bis zum behandelnden KH zurücklegen muss, sind keine medizinischen Erfordernisse.

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6. Das LSG hat – von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent – keine Feststellungen dazu getroffen, dass die stationäre KH-Behandlung des Versicherten zur Koronarangiographie für zwei abrechnungsfähige Tage medizinisch erforderlich war. Das wird es nunmehr nachzuholen haben. Sollte es sich nach Ausschöpfung aller Beweismittel und Erkenntnisquellen herausstellen, dass es nicht mehr feststellbar ist, dass die KH-Behandlung des Versicherten für die zwei abgerechneten Tage erforderlich gewesen ist, wird sich die Frage stellen, wer die Folgen der Unerweislichkeit dieser Tatsache zu tragen hat. Diese treffen die Klägerin. Denn sie trägt die objektive Beweislast für ihren Vergütungsanspruch.

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a) Mit dem 3. BSG-Senat und dem Bundesgerichtshof (BGH) geht allerdings auch der erkennende 1. Senat davon aus, dass die KK für einen Erstattungsanspruch gegen ein KH wegen zuviel gezahlter Vergütung grundsätzlich die materielle Beweislast trägt. Insoweit gilt der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl schon BSGE 6, 70, 72 f; ebenso BSG, Urteil vom 20.11.2008 – B 3 KN 4/08 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr 16 RdNr 17; entsprechend zB BGH NJW-RR 1992, 1214; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 19a mwN).

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b) Der aufgezeigte Grundsatz wird indes von Ausnahmen durchbrochen. So bleibt es bei der Beweislast des KH für die Erfüllung der Voraussetzungen seines Vergütungsanspruchs trotz Zahlung der KK, wenn die Zahlung unter einem die Beweislast wahrenden Vorbehalt erfolgt. Die KK leistet dabei unter dem Vorbehalt, dass dem Leistungsempfänger für einen späteren Rückforderungsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs auferlegt werden soll. Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen (vgl auch BGHZ 86, 267, 269, 271).

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Die inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Vorbehalt unterscheiden sich danach, ob die KK vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist oder nicht. Besteht keine Pflicht der KK, kurzfristig nach Rechnungslegung zu zahlen (so etwa im Falle BSG, Urteil vom 20.11.2008 – B 3 KN 4/08 KR R), sind die Anforderungen an einen Vorbehalt höher: Die KK muss verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will. Ist die KK dagegen – wie hier – vertraglich zur Zahlung kurze Zeit nach Rechnungseingang verpflichtet, genügt es zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung der KK lediglich “unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung” erfolgt (vgl ähnlich zur Beweislast für den Bereicherungsanspruch des aufgrund einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern zur Zahlung verpflichtet gewesenen Bürgen: BGH NJW 1989, 1606; vgl auch BGH NJW 1984, 2826 mwN).

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c) So liegt es hier. Die Beklagte war aufgrund des Vertrags nach § 112 SGB V zur Zahlung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang verpflichtet, auch wenn ihre Rechnungsprüfung bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war. Sie zahlte deshalb lediglich vor dem Hintergrund dieser vertraglichen Pflicht. Mit einer Zahlung “unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung” behält sich die KK – hier: die Beklagte – in solchen Fällen die Prüfung der Anspruchsberechtigung vor, sodass es trotz der Zahlung nicht zu einem Beweislastwechsel kommt (Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 20.11.2008 – B 3 KN 4/08 KR R – RdNr 36).

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7. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren bleibt dem LSG vorbehalten. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.