Hessisches Landessozialgericht L 1 KR 383/12

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Hessisches Landessozialgericht

Urteil vom 15.04.2013 (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Darmstadt S 8 KR 540/11
Hessisches Landessozialgericht L 1 KR 383/12
Bundessozialgericht B 1 KR 15/13 R

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Vergütung für einen stationären Krankenhausaufenthalt.

Die Klägerin ist Betreiberin des in den Krankenhausplan des Landes Hessen aufgenommenen GPR Klinikums in A-Stadt. Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 2. Januar 2011 die Kosten für die stationäre Behandlung der Versicherten QQ. im Zeitraum vom 9. bis 18. Dezember 2010 in Höhe von 7.808,31 EUR in Rechnung. Dieser Rechnung lag die DRG F08D (rekonstruktive Gefäßeingriffe ohne Herz-Lungen-Maschine, ohne komplizierende Konstellation, ohne thorakabdominales Aneurysma, mit komplexem Eingriff, mit Mehretagen- oder Aorteneingriff oder Reoperation, ohne äußerst schwere CC) zugrunde.

Ein Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) leitete die Beklagte in diesem konkreten Fall nicht ein. Mit Gutachten vom 25. Oktober 2010 stellte der MDK allerdings aufgrund einer Begehung am 14. Oktober 2010 hinsichtlich des betreffenden Klinikums fest, dass der aktuelle Rufdienstplan der drei Oberärzte nur zwei endovaskulär erfahrene Gefäßchirurgen ausweise. Somit sei die Forderung, dass zu jeder Zeit ein gefäßchirurgischer Facharztdienst, der mit allen gängigen Verfahren zur Behandlung und Operation von Bauchaortenaneurysmen vertraut ist und diese eigenständig durchführen kann, zum Zeitpunkt der Begehung nicht erfüllt (§ 4 Abs. 1 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung bei der Indikation Bauchaortenaneurysma – Qualitätssicherungs-Richtlinie zum Bauchaortenaneurysma – QBAA-RL). Ferner habe hinsichtlich der Assistenzärzte, die für die stationäre postprozedurale Versorgung der Patienten zuständig seien, die geforderte gefäßchirurgische Erfahrung nicht nachgewiesen werden können (§ 4 Abs. 2 QBAA-RL). Darüber hinaus würden nicht gemäß § 4 Abs. 3 QBAA-RL in jeder Schicht eine Pflegekraft mit Fachweiterbildung im Bereich Intensivpflege und Anästhesie eingesetzt werden. Auch sei nicht nachgewiesen, dass gemäß § 4 Abs. 4 QBAA-RL die Narkose durch einen Facharzt für Anästhesiologie durchgeführt worden sei. Schließlich fehle es auch an einem Nachweis darüber, dass die präoperative Diagnostik des Bauchaortenaneurysmas durch ein interdisziplinäres Team gemäß § 5 Abs. 1 QBAA-RL sichergestellt sei.

Hiergegen wandte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Februar 2011 ein, § 4 Abs. 1 QBAA-RL fordere lediglich, dass der Operateur Facharzt sein müsse und mit allen gängigen Verfahren vertraut sei. Dies sei bei den drei Oberärzten der Fall. Hinsichtlich § 4 Abs. 2 QBAA-RL genüge es, dass ein gefäßchirurgischer Facharzt im Hintergrund Dienst habe, was im Klinikum gegeben sei. Zudem hätten die Assistenzärzte Erfahrungen in der Gefäßchirurgie. Die Voraussetzungen an die Pflegekräfte (§ 4 Abs. 3 QBAA-RL) müssten erst ab dem 31. Dezember 2013 erfüllt sein. Die vom MDK geforderten Narkoseprotokolle seien für den Nachweis, dass ein Facharzt für Anästhesie die Narkose durchgeführt habe, nicht erforderlich. Auch die geforderten Teamsitzungsprotokolle seien nicht notwendig. Zudem habe der MDK gemäß § 277 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) das Klinikum von dem Ergebnis der Prüfung in Kenntnis setzen müssen. Mit der Übermittlung des Gutachtens erst im Februar 2011 sei ein wesentlicher Termin versäumt worden, da § 6 Abs. 3 QBAA-RL in der damals gültigen Fassung vorgesehen habe, dass die Anforderungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 QBAA-RL – soweit noch nicht erfüllt – bis zum 31. Dezember 2010 zu erfüllen und gegenüber der Krankenkasse nachzuweisen seien.

Unter dem 3. März 2011 stellte der MDK hierauf fest, dass die in § 4 Abs. 2 bis 4 sowie § 5 Abs. 1 QBAA-RL bestimmten Anforderungen nicht erfüllt seien. In der Stellungnahme des MDK vom 14. Juli 2011 schließlich werden die Anforderungen gemäß § 4 Abs. 2 bis 4 QBAA-RL als noch nicht erfüllt angesehen.

Unter Bezugnahme auf das Grundsatzgutachten des MDK vom 25. Oktober 2010 verweigerte die Beklagte mit Schreiben vom 7. Januar 2011 die Begleichung der o.g. Rechnung.

Am 25. August 2011 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben und vorgetragen, dass die Beklagte mit Einwendungen ausgeschlossen sei, da sie kein MDK-Prüfverfahren innerhalb der Ausschlussfrist von sechs Wochen eingeleitet habe. Zudem sei das Grundsatzgutachten des MDK vom 25. Oktober 2010 nicht zutreffend. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin die streitige Behandlung nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen könne, da die in der QBAA-RL festgelegten Anforderungen nicht erfüllt seien. Dies betreffe die personellen und fachlichen Anforderungen. Die Anforderungen an die Organisation und Infrastruktur könnten zwar inzwischen als erfüllt angesehen werden. Jedoch sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht für alle behandelnden Ärzte nachgewiesen, dass diese mit allen gängigen Verfahren zur Behandlung und Operation von Bauchaortenaneurysmen vertraut seien und diese eigenständig durchführen könnten. Auch sei die Sicherstellung der postprozeduralen Versorgung durch Ärzte mit Erfahrung in der Gefäßchirurgie nicht nachgewiesen. § 275 Abs. 1c SGB V finde keine Anwendung, da “Voraussetzung der Leistung”, “Art der Leistung” und “Umfang der Leistung” nicht streitig seien.

Mit Urteil vom 17. September 2012 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.808,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Februar 2011 zu zahlen. Der Vergütungsanspruch folge aus § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V in Verbindung mit § 7 S. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen, Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie dem nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen bestehenden Krankenhausbehandlungsvertrag. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entstehe unabhängig von einer schriftlichen Kostenzusage, die nur als deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzusehen sei, unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt werde und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich sei. Vorliegend sei unstreitig, dass die Versicherte QQ. der stationären Krankenhausbehandlung für den gesamten Zeitraum bedurfte sowie die durchgeführte Versorgung medizinisch notwendig gewesen und in der Klinik der Klägerin fachgerecht durchgeführt worden sei. Dass das von der Klägerin betriebene Krankenhaus in das DRG-Vergütungssystem einbezogen sei, sei ferner ebenso unstreitig wie die Höhe des geltend gemachten Anspruchs. Damit sei der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch entstanden. Dem stünden auch keine Einwendungen der Beklagten entgegen. Zwar sei die Beklagte nicht bereits gemäß § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V mit Einwendungen ausgeschlossen, da vorliegend nicht die Voraussetzungen oder Art und Umfang der Leistung streitig sei. Sofern die Erfüllung der Voraussetzungen einer Qualitätsrichtlinie durch den MDK zu überprüfen sei, sei § 275 Abs. 4 SGB V die einschlägige Vorschrift. Der geltend gemachte Anspruch sei jedoch nicht aufgrund der QBAA-RL ausgeschlossen. Bei dieser Richtlinie handele es sich um eine solche gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Nach dieser Vorschrift erlasse der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), soweit erforderlich, die notwendigen Durchführungsbestimmungen und Grundsätze für Konsequenzen insbesondere für Vergütungsabschläge für Leistungserbringer, die ihre Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht einhielten. Derartige Durchführungsbestimmungen habe der G-BA in der QBAA-RL nicht geregelt. Die Richtlinie enthalte keine Norm dazu, ob und in welcher Höhe ein Vergütungsabschlag vorzunehmen sei, wenn die Voraussetzungen der Richtlinie nicht eingehalten werden. Daher könne die Beklagte keinen Vergütungsabschlag vornehmen. Vielmehr bestehe der Vergütungsanspruch der Klägerin nach wie vor in voller Höhe. Dem Wortlaut von § 137 Abs. 1 S. 2 SGB V sei zudem zu entnehmen, dass ohne eine entsprechende Regelung gerade keine Vergütungsabschläge vorgenommen werden könnten. Ferner deute der Begriff “Vergütungsabschläge” in § 137 Absatz 1 Satz 2 SGB V darauf hin, dass nicht die komplette Vergütung für einen Klinikaufenthalt gestrichen werden solle, wenn die Voraussetzungen einer Qualitätssicherungsrichtlinie nicht eingehalten würden. Ohne eine konkrete Regelung über Vergütungsabschläge in der Richtlinie bliebe der Umfang der Konsequenzen unklar. Für eine derart weitreichende Folge wie dem Wegfall der ganzen Vergütung bedürfe es aber einer konkreten und klaren Regelung, so dass die Konsequenzen vorhersehbar seien. Auch § 3 Abs. 1 QBAA-RL könne nicht entnommen werden, dass die Vergütung komplett entfalle, wenn die entsprechenden Anforderungen nicht erfüllt würden. Nach dieser Vorschrift dürfe zwar die stationäre Versorgung von Versicherten nur in Einrichtungen erfolgen, welche die in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen erfüllten. Diese Regelung habe jedoch lediglich Programmcharakter. Der Zinsanspruch der Klägerin folge aus § 10 des Landesvertrages in Verbindung mit § 288 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Die Beklagte hat gegen das ihr am 24. Oktober 2012 zugestellte Urteil am 1. November 2012 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass nach der QBAA-RL die stationäre Versorgung der Versicherten nur in Einrichtungen erfolgen dürfe, welche die Anforderungen dieser Richtlinie erfüllten. Da dies bei dem betreffenden Krankenhaus nicht der Fall sei, habe die Versorgung nicht durchgeführt werden dürfen und in der Folge die Behandlung nicht abgerechnet werden können. Die QBAA-RL sei für die Beteiligten verbindlich. Entsprechend habe das Sozialgericht Marburg mit Urteil vom 15. August 2002 (S 6 KR 147/10 – Berufung anhängig unter L 8 KR 343/12) eine entsprechende Zahlungsklage abgewiesen, weil das betroffene Krankenhaus zum Zeitpunkt der Operation noch nicht über die personellen Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 QBAA-RL verfügt habe. Es sei abwegig, § 3 Abs. 1 QBAA-RL nur Programmcharakter zuzuschreiben. Zudem sei davon auszugehen, dass der G-BA keine Durchführungsbestimmungen und Grundsätze für Konsequenzen, insbesondere für Vergütungsabschläge habe erlassen müssen. § 137 Abs. 1 S. 2 SGB V formuliere insoweit eindeutig (“soweit erforderlich”). Soweit ein Behandlungsverbot ausgesprochen werde, sei eine weitergehende Regelung gerade nicht erforderlich. Das Behandlungsverbot folge aus § 3 Abs. 4 QBAA-RL. Die Möglichkeit, einen Vergütungsabschlag zu bestimmen, sei nur eine Möglichkeit und keine zwingende Voraussetzung. Müsste dennoch eine erbrachte Leistung vergütet werden, würde die QBAA-RL völlig ins Leere laufen. Entsprechende Leistungen könnten letztendlich unter Außerachtlassung von Qualitätsgesichtspunkten in jeder stationären Einrichtung erbracht werden.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. September 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Darüber hinaus hat sie vorgetragen, dass das Grundsatzgutachten des MDK nicht geeignet sei, den Vergütungsanspruch der Klägerin zu negieren. Insoweit hat sie auf den Bescheid des Bundesgesundheitsministeriums vom 30. April 2012 zum Beschluss des G-BA vom 15. Dezember 2011 verwiesen. Daraus werde deutlich, dass es an einer generellen Rechtsgrundlage bereits für die Prüfberechtigung des MDK im Rahmen der Qualitätssicherungsmaßnahmen fehle. Die von der Beklagten gewollte und durchgeführte Prüfung durch den MDK hinsichtlich der Einhaltung der QBAA-RL sei rechtlich unzulässig.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V in Verbindung mit § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG sowie dem nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V. und den Hessischen Landesverbänden der Krankenkassen geschlossenen Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung (Krankenhausbehandlungsvertrag).

Wie vom Sozialgericht festgestellt, entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2000, BSGE 86, 166 ff.). Vorliegend ist die Erforderlichkeit der durchgeführten stationären Krankenhausbehandlung in einem zugelassenen Krankenhaus ebenso unstreitig wie die Berechnung der Höhe der Vergütung unter Heranziehung der DRG F08D.

Dem von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch stehen auch keine Einwendungen der Beklagten wegen Nichteinhaltung der QBAA-RL entgegen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte zwar nicht gemäß § 275 Abs. 1c SGB V wegen Fristablauf mit Einwendungen ausgeschlossen. Denn diese Vorschrift bezieht sich nur auf die Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des MDK gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Hierzu gehört jedoch nicht die Überprüfung durch den MDK, ob die Vorschriften einer Qualitätssicherungs-Richtlinie eingehalten werden. Für Fragen der Qualitätssicherung sieht § 275 Abs. 4 SGB V die Beratung der Krankenkassen durch den MDK vor.

Gegen den Vergütungsanspruch kann die Beklagte allerdings nicht erfolgreich die Nichteinhaltung der Bestimmungen der QBAA-RL (vom 13. März 2008, BAnz 2008, S. 1706 ff.; zuletzt geändert am 22. November 2012, BAnz AT 13.12.2012 B4) durch das Klinikum einwenden.

Gemäß § 137 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V bestimmt der G-BA für die vertragsärztliche Versorgung und für zugelassene Krankenhäuser durch Richtlinien gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 13 SGB V insbesondere Kriterien für die indikationsbezogene Notwendigkeit und Qualität der durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Leistungen, insbesondere aufwändiger medizintechnischer Leistungen; dabei sind auch Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festzulegen. Mit den festzulegenden Mindestanforderungen soll verhindert werden, dass aus ökonomischen Gründen Leistungen mit unzureichender technischer oder personeller Ausstattung zu Lasten der Qualität erbracht werden (vgl. BT-Drucks. 14/6893 S. 30; Roters, KassKomm, § 137 SGB V, Rn 20 mwN). Gemäß § 137 Abs. 1 Satz 2 SGB V erlässt der G-BA soweit erforderlich die notwendigen Durchführungsbestimmungen und Grundsätze für Konsequenzen insbesondere für Vergütungsabschläge für Leistungserbringer, die ihre Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht einhalten.

Die QBAA-RL ist eine Richtlinie gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Sie betrifft die Versorgung von Patienten mit offen-chirurgisch oder endovaskulär behandlungsbedürftigem Bauchaortenaneurysma (weitere Qualitätssicherungsrichtlinien bzw. -vereinbarungen bestehen in den Bereichen: autologe Chondrozytenimplantation am Kniegelenk, Kinderonkologie, Positronenemissionstomographie beim NSCLC, Protonentherapie beim Rektumkarzinom, Versorgung von Früh- und Neugeborenen und herzchirurgische Versorgung bei Kindern und Jugendlichen).

Ziel der QBAA-RL ist die Sicherung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Versorgung von Patienten mit Bauchaortenaneurysma sowie die Gewährung und Verbesserung einer qualitativ hochwertigen Versorgung dieser Patienten unabhängig von Wohnort oder sozioökonomischer Situation (§ 2 QBAA-RL). An die Krankenhäuser werden detaillierte personelle und fachliche Anforderungen (§ 4 QBAA-RL) sowie Anforderungen an Organisation und Infrastruktur (§ 5 QBAA-RL) gestellt. Gemäß § 3 Abs. 1 QBAA-RL darf die Versorgung der Patienten nur in Krankenhäusern erfolgen, welche die Anforderungen gemäß §§ 4 f. QBAA-RL erfüllen.

Ob das GPR Klinikum A-Stadt die Anforderungen gemäß §§ 4 f. QBAA-RL in der streitigen Zeit erfüllt hat, kann dahinstehen, da ein Verstoß gegen diese Anforderungen dem Vergütungsanspruch der Klägerin nicht entgegensteht.

Die QBAA-RL enthält keine Grundsätze gemäß § 137 Abs. 1 S. 2 SGB V für Konsequenzen für Leistungserbringer, die ihre Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht einhalten. Insbesondere sind in der QBAA-RL keine Vergütungsabschläge dafür vorgesehen, dass Leistungserbringer ihre Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht einhalten. Auch im Rahmen der mehrfachen Änderungen der QBAA-RL (zuletzt am 22. November 2012, BAnz AT 13.12.2012 B4; s.a. Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft vom 29. November 2012, http://dkgev2012.diagramm.com/ dkg.php/aid/10019/cat/42) hat der G-BA derartige Bestimmungen nicht in die QBAA-RL aufgenommen.

Auch § 3 QBAA-RL enthält keine (mittelbare) Vergütungsregelung. Hiernach darf eine elektive stationäre Versorgung nur in Einrichtungen erfolgen, welche die Anforderungen gemäß §§ 4 f. QBAA-RL erfüllen. Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt hieraus für den Fall der Nichteinhaltung der Anforderungen weder ein Behandlungsverbot noch der Verlust des Vergütungsanspruchs. Wie bereits ausgeführt, entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist. Die Zulassung eines Krankenhauses gemäß § 108 Nr. 2 SGB V erfolgt durch Verwaltungsakt und bewirkt die Teilnahmeberechtigung an der Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V (vgl. Hess, KassKomm, § 108 Rn. 5). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V. Der Umfang wird ferner nach den allgemeinen Grundsätzen des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V und vom Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V bestimmt. Die stationäre Behandlung steht, anders als die ambulanten Behandlungen, auch nicht unter dem Vorbehalt der Empfehlungen des G-BA gemäß § 135 SGB V. Denn für den stationären Bereich besteht kein entsprechendes gesetzliches Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.

Diese Teilnahmeberechtigung eines zugelassenen Krankenhauses an der stationären Behandlung gemäß § 39 SGB V wird durch einen Verstoß gegen die QBAA-RL nicht beschränkt.

§ 137 Abs. 1 Satz 2 SGB V enthält auch keine Ermächtigung des G-BA dazu, den Umfang des Versorgungsauftrages von Krankenhäusern zu begrenzen. Der Gesetzgeber hat den G-BA vielmehr lediglich dazu ermächtigt, soweit erforderlich die notwendigen Durchführungsbestimmungen und Grundsätze für Konsequenzen insbesondere für Vergütungsabschläge für Leistungserbringer, die ihre Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht einhalten, zu erlassen. Diese zweifache gesetzliche Einschränkung (“soweit erforderlich” und “notwendigen”) verlangt zudem eine Begründung dazu, weshalb zu befürchten ist, dass ohne entsprechende Durchführungsbestimmungen bzw. Grundsätze für Konsequenzen die Richtlinie unzureichend oder unvollständig umgesetzt wird (vgl. Roters in: KassKomm, § 137 SGB V, Rn 22). Der entsprechenden Ermittlung, ob und gegebenenfalls welche Durchführungsbestimmungen und Grundsätze für Konsequenzen erforderlich sind, dient § 7 QBAA-RL, wonach die Auswirkungen der QBAA-RL auf die Versorgungsqualität untersucht werden sollen (zur Beobachtungspflicht des G-BA s. a. Roters, KassKomm, § 137 SGB V, Rn 22). Im Übrigen werden die Vergütungsabschläge auf der Grundlage der vereinbarten Kriterien regelmäßig im Rahmen der Krankenhausvergütungsvereinbarungen festzulegen sein. Schwerwiegende Mängel der Qualitätssicherung können auch eine Streichung des Plankrankenhauses aus dem Krankenhausplan oder eine Kündigung des Versorgungsvertrages (§ 110 Abs. 1 SGB V) zur Folge haben (vgl. Hencke: in Peters, KV (SGB V), § 137 Rn. 4).

Neben der Festlegung von Vergütungsabschlägen kann der G-BA zudem auch andere Maßnahmen zur Durchsetzung der Qualitätsvorgaben bestimmen, sofern die Leistungserbringer die festgelegten Anforderungen nicht erfüllen. Hierzu gehören z.B. die Einladung zu bestimmten Kolloquien oder Praxisbegehungen (vgl. Begründung der Änderung des § 137 SGB V durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, BT Drucks. 16/3100 S. 146; Axer, Rechtsfragen einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung, VSSR 2010, 183 (186); s.a. Blöcher in: jurisPK § 137 SGB V Rn. 14, der die genannten Maßnahmen für abschließend hält).

Im Übrigen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der G-BA mit § 3 Abs. 1 QBAA-RL einen kompletten Verlust der Vergütung bei Pflichtverletzungen eines zugelassenen Krankenhauses hat regeln wollen.

Eine der Auffassung der Beklagten entsprechende Auslegung von § 3 Abs. 1 QBAA-RL würde darüber hinaus gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot verstoßen, da mangels detaillierter Bestimmungen jeder noch so geringfügige Verstoß eines Krankenhauses gegen eine Qualitätsanforderung zum Verlust des Vergütungsanspruches führen würde.

Auch § 6 Abs. 1 QBAA-RL steht dem Vegütungsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist lediglich der Nachweis über die Erfüllung der Voraussetzungen gemäß §§ 4 f. gegenüber den Krankenkassen vor Ort im Rahmen der jährlichen Pflegesatzverhandlungen in Form der Konformitätserklärung gemäß der Anlage 2 der QBAA-RL zu führen. Darüber hinaus enthielt § 6 Abs. 3 QBAA-RL in der Fassung vom 17. Dezember 2009 (BAnz 2009, 4576) die Übergangsregelung, dass eine Einrichtung, welche die Anforderungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 nicht erfüllt, diese bis zum 31. Dezember 2010 zu erfüllen und gegenüber den Krankenkassen vor Ort glaubhaft nachzuweisen hat. Da die streitige Behandlung vor dem 31. Dezember 2010 durchgeführt worden ist, kann die Beklagte sich auch aus diesem Grund nicht erfolgreich auf einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 QBAA-RL berufen.

§ 8 Abs. 4 KHEntgG steht dem Vergütungsanspruch der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Hiernach sind von den Fallpauschalen und Zusatzentgelten Abschläge nach § 137 Abs. 1 Satz 2 SGB V vorzunehmen, wenn das Krankenhaus seine Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht einhält. Dies setzt jedoch voraus, dass der G-BA entsprechende Abschläge in der maßgeblichen Richtlinie bestimmt hat.

Soweit die Beklagte der Ansicht ist, die QBAA-RL sei bedeutungslos, wenn trotz Nichteinhaltung der Richtlinie die maßgeblichen Behandlungen zu vergüten seien, bleibt es ihr unbenommen, über den gemäß § 91 SGB V im G-BA vertretenen Spitzenverband Bund der Krankenkassen darauf hinzuwirken, dass entsprechende Bestimmungen über Vergütungsabschläge in die QBAA-RL aufgenommen werden.

Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsgesetz (VwGO).

Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 160 Abs. 2 SGG.