Hessisches Landessozialgericht L 14 KR 897/96

Hessisches Landessozialgericht

Urteil vom 19.02.1998 (rechtskräftig)

  • Sozialgericht Gießen S 9 Kr 335/95
  • Hessisches Landessozialgericht L 14 KR 897/96

 

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 8. Mai 1996 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme für die Inanspruchnahme sog. außervertraglicher Behandlungsmethoden und der dazugehörigen Medikamente (u.a. “Elektroakupunktur nach Voll”/”elektronische Systemdiagnostik”; “Bioresonanztherapie”), die vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Ausschuß) für die vertragsärztliche Versorgung nicht empfohlen worden sind.

Die 1952 geborene Klägerin ist, vermittelt über ihren Ehemann, der freiwilliges Mitglied der Beklagten ist, bei dieser familienversichert. Sie leidet nach ihren Angaben seit ihrem 18. Lebensjahr an Akne; etwa seit Mitte der 80er Jahre wird eine schwere Verlaufsform beschrieben. Nachdem zunächst von ärztlicher Seite Hormonregulationsstörungen und auch psychische Beeinträchtigungen von Krankheitswert als ursächlich für die Beschwerden angesehen worden sind, wurde nach Zahnbehandlungen in den Jahren 1985 und 1986 etwa ab Mai 1990 von der Ärztin für Anästhesie M. S. und dem Zahnarzt Dr. M. der Verdacht geäußert, daß die Beschwerden der Klägerin von einer sog. Schwermetallintoxikation herrühren könnten, die vor allem durch das Quecksilber in den Amalgamfüllungen sowie durch Palladium ausgelöst worden sein sollten. Ein am 28. November 1990 durchgeführter Epikutan-Test bei dem Hautarzt Dr. R. ergab eine Überempfindlichkeit gegen Quecksilber; eine am 17. September 1991 durchgeführte Testung bei der Hautärztin Dr. K. auf Palladium ergab einen negativen Befund. Die Klägerin begab sich 1990 in Behandlung des Zahnarztes Dr. M. Es wurde eine Untersuchung bei den Dres. Sch. (Speicheltest am 26. September 1990) und bei dem Immunbiologischen Labor Z. GmbH, M., am 26.09.1990 durchgeführt. Am 19. November 1990 (Eingangsdatum) legte die Klägerin den Befundbericht der Z. GmbH und die Rechnung über 215,60 DM vor und erbat die Erstattung des von ihr selbst verauslagten Betrages. Weiter reichte sie am 30. November 1990 das Ergebnis des Epikutan-Testes von Dr. R. nach. Die Beklagte wandte sich zunächst an die behandelnden Ärzte Dres. F. und Sch., W., die am 30. November 1990 mitteilten, daß nach vielfältigen Untersuchungen und Behandlungen durch Fachärzte, Heilpraktiker und paramedizinische Heilbehandler nunmehr die Spurensuche nach einer Schwermetallbelastung gerechtfertigt erscheine. Die Methoden der Quecksilber- und Schwermetallbestimmung selbst seien ihnen nicht bekannt. Im übrigen verwiesen diese Ärzte auf den Hautarzt Dr. R. und die Zahnärzte (Dr. M. u.a.). Am 31. Mai 1991 legte die Klägerin die Rechnungen der L.-Apotheke (vom 5. und 7. Dezember 1990) sowie weitere Rechnungen des Zahnarztes Dr. M. (u.a.) von Dezember 1990 sowie März und Mai 1991 vor.

Die Beklagte beteiligte daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). In der Stellungnahme von Dr. K., MDK G., vom 21. Juni 1991 wurde eine Kostenübernahme für die Untersuchung durch die Z. GmbH u.a. mit der Begründung nicht befürwortet, daß das Ergebnis der Untersuchung keinen von der Norm abweichenden Befund ergeben habe und die Therapievorschläge aus medizinischen Gründen abzulehnen seien, weil sie ein Gesundheitsrisiko für die Versicherte zur Folge haben könnten. Mit Bescheid vom 2. Juli 1991 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) lehnte daraufhin die Beklagte die Erstattung von verauslagten Kosten für Außenseitermethoden (“Elektroakupunktur nach Voll” sowie die dazugehörigen Mittel und “immunologische Bestimmung im Labor Z. GmbH”, M.) u.a. mit der Begründung ab, es handele sich bei der “Elektroakupunktur nach Voll” um keine anerkannte Behandlungsmethode, was auch für die dazugehörigen Naturheilmittel gelte. Der Bescheid war an den Ehemann der Klägerin gerichtet und enthielt einen Hinweis darauf, daß er für die familienversicherte Klägerin gelten solle.

Mit Schreiben vom 16. März 1992 wandte sich der Ehemann der Klägerin erneut an die Beklagte und erbat eine Kopie der Stellungnahme des MDK, die ihm auch mit Schreiben vom 24. März 1992 übersandt wurde.

Erstmals wieder am 18. Oktober 1993 beantragte die Klägerin anläßlich eines Gesprächs zwischen ihr, ihrem Ehemann und dem Mitarbeiter L. der Beklagten, die Überprüfung der ablehnenden Entscheidung bezüglich der Kostenerstattung bzw. -übernahme für die laufende sog. Ausleitungstherapie. Die Klägerin legte hierzu mit Schreiben vom 2. Februar 1994 eine ausführliche Darstellung der Krankengeschichte aus ihrer Sicht vor und führte die behandelnden Ärzte, Zahnärzte, Psychologen und Heilpraktiker auf, die sie in den Jahren zuvor konsultiert hatte. Weiter legte die Klägerin Rechnungen des “Privatinstitut (es) für Bioresonanztherapie und Diagnostik” (Inhaberin: Frau A.) vom 31. Dezember 1993 vor, wo sie sich nach ihren Angaben seit Anfang November 1993 bei dem praktischen Arzt A. in Behandlung befand; weiter legte sie Rechnungen der Ärztin für Anästhesie S. vom 28. Januar 1994 und (erneut) des Zahnarztes Dres. M. (u.a.) sowie (erneut) der Z. GmbH und des Heilpraktikers O., K. vom 12. November 1991 vor und bat um Erstattung bzw. Übernahme der von ihr zunächst selbst verauslagten Kosten.

Mit Bescheid vom 16. Februar 1994 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung für die Rechnung des Heilpraktikers O. mit der Begründung ab, dieser übe keinen zugelassenen Heilberuf aus Kosten für die Behandlung durch Heilpraktiker könnten grundsätzlich nicht erstattet werden.

Mit Schreiben vom selben Tage (16. Februar 1994) befragte die Beklagte sodann alle von der Klägerin genannten Behandler, bei denen sie in den letzten Jahren in Behandlung war, nach dem Krankheitsverlauf sowie danach, welche Therapien (und mit welchem Erfolg) durchgeführt worden seien, ob sog. “Außenseitermethoden” angewandt worden seien (auch neben medizinischen Therapien) und ob deren Erfolg als wenigstens möglich eingeschätzt werden könne. Geantwortet haben in der Zeit zwischen dem 21. April 1994 und dem 4. September 1994 die Dres. B. und Sch., der Zahnarzt Dr. K., die Dres. F. und Sch. der Neurologe und Psychiater Dr. E., der Hautarzt Dr. R., der Dipl.-Psychologe R., der praktische Arzt Dr. K. die Hautärztin Dr. K., die Anästhesistin S., der praktische Arzt H. A. sowie die Zahnärzte Dr. M. und F. Die Beklagte leitete diese Unterlagen wiederum dem MDK zu, der in der Stellungnahme vom 15. September 1994 (Dr. J.) von einer Kostenübernahme u.a. mit der Begründung abriet, es seien nicht alle schulmedizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft worden und weitere fachärztliche Behandlungen auf den Gebieten Dermatologie/Allergie, Psychiatrie/Psychotherapie und Zahnheilkunde empfahl.

Mit Bescheid vom 8. November 1994 lehnte daraufhin die Beklagte die Kostenerstattung bzw. -übernahme für die außervertraglichen Heilbehandlungen u.a. mit der Begründung ab, es seien noch nicht alle schulmedizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft worden. Behandlungsmöglichkeiten hätten u.a. noch auf internistischem und psychiatrischem Fachgebiet bestanden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 30. November 1994 Widerspruch und beantragte die volle Kostenübernahme für alle von ihr in Anspruch genommenen sog. alternativen Heilmethoden mit der Begründung, daß bei ihr der Nachweis einer Quecksilberallergie vorliege. Eine Schwermetallvergiftung, die in der Schulmedizin als unheilbare Krankheit gelte, sei nur mit den von ihr gewählten außervertraglichen Diagnosen und Behandlungsmethoden feststell- und heilbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1995 wies die Beklagte den Widerspruch, nach Beteiligung des bei ihr bestehenden Ausschusses, im wesentlichen mit der Begründung zurück, es hätten weitere Behandlungsmöglichkeiten innerhalb des Vertragsarztsystems bestanden. Gegen den am 14. Februar 1995 mittels Postzustellungsurkunde zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 28. Februar 1995 (Eingang) Klage beim Sozialgericht Gießen erhoben und zur Begründung vorgetragen, daß von der Hautärztin Dr. K. im September 1991 nur eine Testung wegen Unverträglichkeit gegenüber Palladium (nicht bezüglich Quecksilber) durchgeführt worden sei. Da bei ihr durch den Hautarzt Dr. R. eine Quecksilberunverträglichkeit festgestellt worden sei, müsse die erforderliche Ausleitungstherapie auch von der Beklagten übernommen werden.

Das Sozialgericht hat beim Ausschuß für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Ausschuß) des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen eine Stellungnahme und die aktualisierte Fassung der NUB-Richtlinien (Stand 8. Mai 1995, Deutsches Ärzteblatt vom 18. August 1995) beigezogen. Die Beklagte hat eine Stellungnahme des MDK vom 1. November 1995 vom Priv.-Doz. Dr. H. vorgelegt. Die Klägerin hat sich auf eine ärztliche Bescheinigung von Prof. G., Klinik für Psychosomatik der Universität G. vom 6. Mai 1996 berufen, der deutliche Amalgamtätowierungen der Wangenschleimhäute attestiert hat.

Durch Urteil vom 8. Mai 1996 hat sodann das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung bzw. -übernahme für die außervertraglichen Behandlungen. Für die sog. “Elektroakupunktur nach Voll” ergebe sich die Unzulässigkeit der Kostenerstattung bereits daraus, daß diese Behandlungsmethode seit dem 1. Januar 1991 in den sog. NUB-Richtlinien (Fassung vom 4. Dezember 1990) als nicht erforderlich und geeignet für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung im Sinne der §§ 2, 12 SGB V aufgeführt sei. Ein Anspruch der Klägerin auf Verschaffung einer Behandlung nach dieser Methode könne deshalb auch nicht nach § 27 SGB V bestanden haben und bestehe auch weiterhin nicht. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16. Dezember 1993 (– 4 RK 5/92 –) seien die Richtlinien sowohl für die Krankenversicherungsträger als auch für die Kassenärzte verbindlich. Den Gerichten obliege nur die Prüfung, ob die Richtlinien mit höherrangigem Recht vereinbar und sachlich vertretbar seien. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß der Ausschluß der “Elektroakupunktur nach Voll” unvertretbar sei, weil sie, wie der Bundesausschuß für Ärzte und Krankenkassen auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt habe, eine bisher wissenschaftlich nicht ausreichend begründete Diagnostik – und Therapiemethode sei. Der Bundesausschuß habe sich hierzu auf ein Gutachten von Prof. K. bezogen.

Auch soweit die Klägerin die Kostenerstattung bzw. Übernahme für die “Bioresonanztherapie” verlange, sei diese seit dem 9. Juli 1995 aufgrund der Ergänzung der NUB-Richtlinien vom 8. Mai 1995 in der Kassenärztlichen Versorgung grundsätzlich ausgeschlossen. Auch der Ausschluß der “Bioresonanztherapie” durch den NUB-Ausschuß sei vertretbar, da dieser hierzu Sachverständigengutachten eingeholt habe, aus denen sich ergebe, daß sich die “Bioresonanztherapie” weit in den Bereich der Mystik begebe und die zugrundeliegenden theoretischen Vorstellungen mit Erkenntnissen der Physik nicht vereinbar seien.

Auch für die Zeit vor Inkrafttreten der Neufassung der NUB-Richtlinien am 9. Juli 1995 stehe der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten mit der “Bioresonanztherapie” zu. Nach der Rechtsprechung des BSG zu den sog. Außenseitermethoden könnten diese nur zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden, wenn bei schweren Krankheiten nach dem jeweiligen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand ein Therapieerfolg zumindest möglich erscheine oder aber im Einzelfall ein Therapieerfolg eingetreten sei. Voraussetzung sei nach dieser Rechtsprechung aber stets, daß schulmedizinisch austherapiert sei oder aber eine anerkannte Behandlungsmethode im Einzelfall ungeeignet bzw. unzumutbar sei. In der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 5. Juli 1995 – 1 RK 6/95 –) seien diese Voraussetzungen dahingehend weiterentwickelt worden, daß eine Behandlungsmethode erst dann zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören könne, wenn ihre Erprobung abgeschlossen und über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftliche und nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Auch an diesen Voraussetzungen fehle es bei der “Bioresonanztherapie” im Hinblick auf die Frage, ob eine Quecksilbervergiftung damit festgestellt und behandelt werden könne.

Gegen das ihr mit eingeschriebenem Brief zugestellte, am 17. Juni 1996 zur Post aufgelieferte Urteil hat die Klägerin die am 15. Juli 1996 als Telefax beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung eingelegt.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und macht u.a. geltend, die NUB-Richtlinien stellten keine Rechtsquelle derart dar, daß sie den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen im Verhältnis zu den Mitgliedern beschränken könnten.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 8. Mai 1996 und die Bescheide der Beklagten vom 16. Februar 1994 und 8. November 1994 – beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1995 – aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die außervertraglichen Behandlungen “Elektroakupunktur nach Voll” und “Bioresonanztherapie” sowie die dazugehörigen Medikamente in vollem Umfang zu erstatten und zukünftig zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf das Urteil des Sozialgerichts Gießen, das sie für zutreffend hält, sowie auf die neuere Rechtsprechung des 1. Senats des Bundessozialgerichts in dessen Entscheidungen vom 16. September 1997 zur Verbindlichkeit der NUB-Richtlinien (– 1 RK 28/95 – u.a.).

Für den Sach- und Streitstand im übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Bl. 1 bis 153), die dem Senat vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats am 19. Februar 1998 gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und an sich statthaft und somit insgesamt zulässig (§§ 151 Abs. 1, 143 ff., 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Die von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsansprüche sowie die Forderung auf Übernahme der Kosten für die weitere Behandlung übersteigen die Berufungsgrenze von DM 1.000,00 nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG.

Streitgegenstand ist auch im Berufungsverfahren der Bescheid der Beklagten vom 8. November 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1995. Mit einzubeziehen war – was das Sozialgericht übersehen hat – auch der Bescheid vom 16. Februar 1994, mit dem die Kostenübernahme für die Behandlung durch den Heilpraktiker O. abgelehnt worden war; dieser Bescheid ist ohne Rechtsbehelfsbelehrung ergangen, weshalb der am 30. November 1994 eingelegte Widerspruch, mit dem die volle Kostenübernahme für alternative Heilmethoden verlangt worden war, auch den – noch nicht bestandskräftigen – Bescheid vom 16. Februar 1994 mitumfaßt hat. Insoweit war dieser Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, das sich auch nach der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1995 auf sämtliche von der Klägerin in Anspruch genommenen außervertraglichen Behandlungsmethoden bezogen hat.

Das Verwaltungsverfahren ist auch zutreffend gegenüber der Klägerin, die bei der Beklagten familienversichert ist, durchgeführt worden (BSG SozR 3 – 2500 § 30 Nr. 8).

Die Klage war auch als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage – einerseits auf Erstattung der bereits erbrachten Aufwendungen für abgelaufene Therapiezeiten und andererseits auf Übernahme der Kosten für die noch laufenden Behandlungen in Zukunft – zulässig, ohne daß diese Kosten vorab im einzelnen beziffert waren und zu beziffern sind.

Die Berufung ist sachlich unbegründet. Zu Recht hat es die Beklagte mit den Bescheiden vom 16. Februar 1994 und 8. November 1994 – beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 1995 – abgelehnt, der Klägerin die Kosten für die bereits durchgeführten außervertraglichen Behandlungen zu erstatten und in Zukunft zu übernehmen, weshalb das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 13 Abs. 3 des 5. Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung –

(SGB V) auf Erstattung der Kosten für die von ihr selbst beschafften außervertraglichen Behandlungen – zunächst insbesondere bei der Anästhesistin S. und dem Zahnarzt Dr. M. (sowie für die von diesem veranlaßten Untersuchungen bei der Z. GmbH, M., und bei Dr. Sch. et. al., B.) – sowie der dazugehörigen Medikamente (Rechnungen der L.-Apotheke).

Soweit die Klägerin erneut die Erstattung von Kosten verlangt, die ihr vor dem 2. Juli 1991 entstanden sind, steht dem bereits der bestandskräftige Bescheid vom 2. Juli 1991 entgegen. Zwar enthielt dieser Bescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung, weshalb eine Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt werden konnte; nach Ablauf eines Jahres war jedoch auch die Möglichkeit, gegen diesen Bescheid ein Rechtsmittel einzulegen, abgelaufen (§ 66 Abs. 1 und Abs. 2 SGG), weshalb er zwischen den Beteiligten bestandskräftig geworden war (§ 77 SGG). Dem steht nicht entgegen, daß der Bescheid vom 2. Juli 1991 noch an den Ehemann der Klägerin gerichtet war, obwohl die Klägerin bereits seit Inkrafttreten des Gesundheitsreformgesetzes zum 1. Januar 1989 als Familienversicherte Adressat des Bescheides hätte sein müssen. Der Bescheid ist jedenfalls, wie sich aus dem Schreiben des Ehemanns der Klägerin vom 18. März 1992 ergibt, der Klägerin auch zugegangen.

Erstmals im Gespräch am 18. Oktober 1993 hat die Klägerin mit ihrem Ehemann sodann – erneut – einen Antrag auf Erstattung der Kosten für die abgelaufene “Elektroakupunktur nach Voll” (bzw. “elektronische Systemdiagnostik”) gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG abgelaufen Anhaltspunkte dafür, daß der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war, bestehe nicht.

Der Verwaltungsakt vom 2. Juli 1991 war demnach gemäß § 77 SGG bindend geworden, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Eine solche abweichende gesetzliche Regelung enthält § 44 des 10. Buches Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X), wonach, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei Erlaß eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lagen und liegen nicht zugunsten der Klägerin vor, weshalb es die Beklagte mit Bescheid vom 8. November 1994 auch zu Recht abgelehnt hat, die Kosten für die vor dem 2. Juli 1991 in Anspruch genommenen außervertraglichen Behandlungen zu erstatten. Bei Erlaß des Bescheides vom 2. Juli 1991 hat die Beklagte das Recht richtig angewandt. Nach dem für abgelaufene Behandlungen allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 13 Abs. 3 (n.F.) SGB V (seinerzeit: § 13 Abs. 2 a.F. SGB V) war die Beklagte zur Erstattung der Kosten der von der Versicherten selbst beschafften Leistung nur verpflichtet, soweit sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Voraussetzung 1) oder aber eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte (Voraussetzung 2 – nunmehr ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteile vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 – u.a.). Anhaltspunkte für das Vorliegen der ersten Voraussetzung (unaufschiebbare Behandlungsnotwendigkeit) sind für den Senat nicht zu erkennen und von der Klägerin auch nicht vorgebracht worden.

Die Beklagte hat aber auch die Übernahme der Kosten für die außervertragliche Behandlung durch die Anästhesistin S. und den Zahnarzt Dr. M. (sowie die Untersuchungen im Labor der Z. GmbH, M., und bei den Dres. Sch. et. al., B.) sowie die Erstattung der hierzu erforderlichen Medikamente (Rechnungen der L.-Apotheke) nicht zu Unrecht abgelehnt.

Für alle vor dem 19. November 1990 (Antrag auf Kostenerstattung unter Vorlage der Rechnung der Z. GmbH) in Anspruch genommenen Leistungen ergibt sich dies nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, die vom Bundessozialgericht zwischenzeitlich bestätigt worden ist (BSG, Urteil vom 15. April 1997 – 1 BK 31/96 –), schon daraus, daß der Kostenerstattungsanspruch der Versicherten gegenüber der Krankenkassen immer dann entfällt, wenn nicht vor Inanspruchnahme der selbst beschafften Leistung ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse so rechtzeitig gestellt worden ist, daß diese – unter Beteiligung des MDK – prüfen kann, ob eine andere Behandlungsmöglichkeit im Rahmen des Systems der vertragsärztlichen Behandlung gegeben ist, und ob die gewünschte Behandlung den Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistung genügt und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet (§§ 2 Abs. 1, 12 SGB V).

Auch für die nach dem 19. November 1990 (Datum der Antragstellung) durchgeführte weitere Behandlung bei dem Zahnarzt Dr. M. (Rechnungen Bl. 12 bis 20 der VA – “elektronische Systemdiagnostik” bzw. “Elektroakupunktur nach Voll”) und die von ihm veranlaßten Untersuchungen hat die Beklagte die Kostenerstattung zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Verschaffung solcher Leistungen im Rahmen einer außervertraglichen Behandlungsmethode.

Soweit diese Behandlungen abgeschlossen sind, richtet sich der Erstattungsanspruch ausschließlich nach § 13 Abs. 2 (a.F.) SGB V (Fassung: Gesundheitsreformgesetz – GRG – vom 20. Dezember 1988, BGBl. I, S. 2477; jetzt: Abs. 3 i.d.F. des Gesundheitsstrukturgesetzes – GSG – vom 21. Dezember 1992, BGBl. I, S. 2226). Danach hat die Krankenkasse – wie ausgeführt – Kosten für eine selbst beschaffte Leistung dem Versicherten nur zu erstatten, wenn diese dadurch entstanden sind, daß eine unaufschiebbare Leistung (die hier nicht vorliegt) nicht rechtzeitig erbracht werden konnte oder aber die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden ist.

Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, der eine Klarstellung der §§ 2 Abs. 2, 12 SGB V darstellt, tritt der Kostenerstattungsanspruch ausnahmsweise an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung und besteht deshalb nur, soweit die selbstbeschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind. Mit der ausnahmsweisen Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 (n.F.) SGB V dem Umstand Rechnung, daß die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems einzustehen haben – sei es im medizinischen Notfall (vgl. etwa § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V), bei unaufschiebbaren Leistungen oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels. Wortlaut und Zweck der Vorschrift des § 13 lassen die Abweichung vom Sachleistungsprinzip nur in dem Umfang zu, wie sie durch ein sog. “Systemversagen” verursacht ist (BSG, Urteil vom 24. September 1996 = BSGE 79, 125, 126 f.; Urteile vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 – u.a.). Soweit außervertragliche Behandlungsmethoden in Anspruch genommen werden, ist dabei nicht auf einzelne ärztliche oder von sonstigen Behandlern erbrachte Verrichtungen, sondern immer auf das therapeutische Gesamtkonzept abzustellen (BSG, Urteil vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 –).

Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 (jetzt: Abs. 3) SGB V waren bzw. sind nicht erfüllt. Auch hier haben sich Anhaltspunkte für eine unaufschiebbare Leistung (Voraussetzung 1) nicht ergeben.

Die Beklagte hat es auch zu Recht abgelehnt, Kosten für diese Behandlungen zu erstatten, weil die außervertragliche, von Dr. M. durchgeführte bzw. veranlaßte “elektronische Systemdiagnostik” /”Elektroakupunktur nach Voll” der Klägerin nicht verschafft werden mußte. Diese Therapie gehört nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen. Nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 – und – 1 RK 32/95 – u.a.) ergibt sich dies insbesondere aus § 135 SGB V i.V.m. den NUB-Richtlinien, wie dies auch vom Sozialgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt worden ist. Nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V (hier noch maßgebliche Fassung des Gesundheitsreformgesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I, S. 2477) ist vorgeschrieben, daß neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Bundesausschuß für Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methoden abgegeben hat. Die von Dr. M. durchgeführte “elektronische Systemdiagnostik” ist ein Synonym für die “Elektroakupunktur nach Voll”. Es handelt sich dabei insofern um eine “neue” Behandlungsmethode i.S.d. § 135 Abs. 1 SGB V, als ihre Abrechnung in den “Einheitlichen Bewertungsmaßstab” (EBM-Ä) noch nicht aufgenommen worden war (BSG, Urteil vom 16. September 1997 – 1 RK 30/95 – und – 1 RK 14/96 –). Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, war bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1991 durch die NUB-Richtlinien (Fassung vom 4. Dezember 1990, abgedruckt in: Bundesarbeitsblatt, 1991, Heft 2, S. 33) diese Methode als nicht erforderlich für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung i.S.d. §§ 2, 12 SGB V klassifiziert worden (Anlage 2 der NUB-Richtlinien), weshalb diese Behandlung nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung abgerechnet werden konnte. Nach der neuesten Rechtsprechung des BSG hat dies zwingend zur Folge, daß auch kein Anspruch des Versicherten auf diese Leistung besteht. Dieser Ausschluß aus dem im 4. Kapitel des SGB V geregelten “Leistungserbringungsrecht” durch die NUB-Richtlinien hat nach dem BSG auch unmittelbare Rechtswirkung für das “Leistungsrecht”.

Den NUB-Richtlinien wird dabei verbindlicher Charakter auch für das Leistungsrecht des SGB V zugewiesen (BSG, Urteile vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 –, – 1 RK 32/95 – u.a.). Bei den NUB-Richtlinien handele es sich, so das BSG (a.a.O. – 1 RK 32/95 –) um untergesetzliche Rechtsnormen, die i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V verbindlich festlegen, in welchem Umfang ein Anspruch auf Sachleistungen bzw. auf deren Verschaffung besteht.

Soweit das BSG in diesen Entscheidungen ausgeführt hat, die NUB-Richtlinien würden immer und uneingeschränkt in jedem Einzelfall rechtliche Letztverbindlichkeit entfalten, kann dem wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht gefolgt werden (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 1998 – 1 KR 134/95 – m.w.N. und Ossenbühl, NZS 1997, 497 ff., 500 f. m.w.N.).

Der Senat verkennt dabei nicht, daß es nicht Aufgabe der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sein kann, aufgrund eigener Anschauung, Literaturstudium oder beliebiger Einschaltung von Sachverständigen (irgendeiner) Fach- oder Denkrichtung selbst darüber zu entscheiden, welcher Standard der medizinischen Behandlung in der Weise allgemein anerkannt oder anzuerkennen ist, um eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche medizinische Versorgung, die das Maß des Notwendigen nicht übersteigt, zu gewährleisten (§§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 SGB V). Wenn man dem Gebot gerecht werden will, dem erkrankten Versicherten alle gleichermaßen geeigneten Mittel zukommen zu lassen, ohne andererseits gegen das Verbot zu verstoßen, den Krankenkassen die Kosten für die Erprobung neuer Behandlungsmethoden aufzuerlegen, gibt es grundsätzlich zwei Denkansätze: Entweder die Gerichte setzen sich mit der medizinisch-wissenschaftlichen Qualität der in Rede stehenden Methoden inhaltlich auseinander, um Entscheidungen des Bundesausschusses zu überprüfen oder zu ersetzen, oder aber sie beschränken sich im Ergebnis auf die Prüfung, ob die Behandlungsmethode in einem – nachprüfbaren – Verfahren auf ihre Geeignetheit und Wirksamkeit hin überprüft worden ist und ob – soweit es sich um noch nicht geprüfte Methoden handelt – in der medizinischen Fachdiskussion der Methode bereits ein solches Gewicht zukommt, daß eine Überprüfung und Entscheidung durch den Bundesausschuß hätte durchgeführt werden müssen. Das BSG ist letzterem Ansatz gefolgt. Nicht die Qualitätsstandards, die Richter aus eigener Anschauung und aufgrund sachverständiger Beratungen – aus ihrer Sicht – für anerkennungswürdig halten sollen maßgeblich sein, sondern allgemeine medizinische Standards – sowohl der Überprüfung bereits beurteilter wie auch bei der Prüfung neuer, erst noch zu beurteilender Methoden. Auf einen solchen allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaften und auf ein nachprüfbares Prüfungsverfahren muß Bezug genommen werden können. Insoweit können die NUB-Richtlinien ein legitimes und auch verfassungsrechtlich anzuerkennendes “Steuerungsmedium” sein (Ebsen in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. I, § 7 Rdz. 152). Dabei kann den NUB-Richtlinien ein hoher – und nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen angreifbarer – Stellenwert zukommen, wenn sie in einem nachprüfbaren – im Rahmen des Möglichen öffentlichen – Verfahren zustande gekommen sind und die Möglichkeit offen bleibt, daß ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit in besonders begründeten Fällen (etwa bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, für die eine schulmedizinisch anerkannte Methode noch nicht gefunden werden konnte) im Einzelfall auch abweichen kann (wie dies etwa im Schrifttum und der Rechtsprechung zu den sog. “Anhaltspunkten” im Schwerbehinderten- und sozialen Entschädigungsrecht anerkannt ist; vgl. Haus, in: Wiegand, Hg., Schwerbehindertengesetz, Kommentar, lose Blatt, Stand: Juni 1997, § 4 Rdz. 8).

Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht nach den eingeholten Auskünften von der Geschäftsführung des NUB-Ausschusses ausgeführt, daß ein rechtsstaatlichen Anforderungen genügendes Überprüfungsverfahren der Entscheidung des NUB-Ausschusses vorausgegangen war. Gravierende Einwände gegen Verfahren und Ergebnis in bezug auf die Entscheidung des NUB-Ausschusses zur “Elektroakupunktur nach Voll” sind nicht vorgetragen worden und für den Senat nicht zu erkennen. Mit der Maßgabe, daß im Einzelfall auch die Entscheidung des NUB-Ausschusses und die von ihm veröffentlichten NUB-Richtlinien der richterlichen Kontrolle unterzogen werden müssen, folgt der Senat im Ergebnis dem Urteil des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 – und – 1 RK 32/95 –). Die Beklagte hat deshalb die Kostenübernahme für die “elektronische Systemdiagnostik”/”Elektroakupunktur nach Voll” (und die damit im Zusammenhang stehenden Laboruntersuchungen sowie Medikamente) bereits mit Bescheid vom 2. Juli 1991 zu Recht abgelehnt, weshalb sie auch den Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X mit Bescheid vom 8. November 1994 zu Recht abgelehnt hat, was vom Sozialgericht – im Ergebnis zutreffend – bestätigt worden ist.

Die Beklagte hat es mit Bescheiden vom 16. Februar 1994 und 8. November 1994 sowie dem Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 1995 auch zu Recht abgelehnt, die Kosten für die Behandlung bei dem Heilpraktiker O. (K.) sowie für die von der Klägerin seit November 1993 bei Herrn A. (bzw. bei dem von seiner Frau geleiteten “Privatinstitut für Bioresonanztherapie und Diagnostik”) durchgeführten sog. “Bioresonanztherapie” zu erstatten bzw. zu übernehmen.

Soweit Kostenerstattung für die Behandlung bei dem Heilpraktiker O. durch Bescheid vom 16. Februar 1994 abgelehnt worden ist, ergibt sich dies, wie von der Beklagten zutreffend ausgeführt worden ist, schon allein aus der Tatsache, daß es bei diesem nicht um einen zur vertragsärztlichen Behandlung zugelassenen Behandler in einem anerkannten Heilberuf handelt.

Auch auf die Behandlung nach der sog. “Bioresonanztherapie” hatte und hat die Klägerin keinen Anspruch im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, weshalb auch die Beklagte keine Kosten zu erstatten hat (§ 13 Abs. 3 n.F.; Abs. 2 a.F. SGB V) und die Klägerin keinen Anspruch auf Verschaffung dieser Leistung in Zukunft haben kann.

Anders als dies bei der “Elektroakupunktur nach Voll” der Fall war, ist die “Bioresonanztherapie” erst nach Beginn der Behandlung (November 1993) vom NUB-Ausschuß überprüft worden und mit der am 8. Mai 1995 erfolgten Ergänzung der NUB-Richtlinien (Anlage 2 Nr. 17) als ungeeignet verworfen worden.

Deshalb kann nicht allein die Tatsache, daß nunmehr der NUB-Ausschuß negativ entschieden hat, maßgeblich dafür sein, die Kostenerstattung für die Vergangenheit abzulehnen. Soweit eine Entscheidung des NUB-Ausschusses noch nicht vorgelegen hat, bedarf die Ablehnung der Therapie zusätzlicher, besonderer Gründe, weil sich ein generelles Verbot der Krankenkassen, Kosten für solche Behandlungsmethoden zu übernehmen, über die der NUB-Ausschuß noch keine positive Entscheidung getroffen hat, in dieser Form dem SGB V (und insbesondere § 135 Abs. 1 SGB V in der bis zum 30. Juni 1997 geltenden Fassung; vgl. jetzt 2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997, BGBl. I, S. 1520) nicht entnehmen läßt. Soweit allerdings – in einem korrekten Verfahren und in angemessenem zeitlichen Horizont – ein Verfahren vor dem NUB-Ausschuß eingeleitet und mit einer Ergänzung der Richtlinie abgeschlossen worden ist, teilt der Senat die Auffassung, daß eine eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit der Entscheidung des NUB-Ausschusses gegeben ist. Gravierende Einwände gegen den Ablauf und den Charakter des Verfahrens vor dem NUB-Ausschuß sind nicht erhoben worden und nicht erkennbar. Zutreffend hat das Sozialgericht hierzu bei dem NUB-Ausschuß angefragt und eine insoweit ausreichende Auskunft erhalten. Aus der Sicht des Senats ergeben sich daher keine Anhaltspunkte dafür, durch eigenständige Sachverständigenbegutachtung in eine erneute Überprüfung der “Bioresonanz-Methode” einzutreten. Der Ausschluß der “Bioresonanz-Methode” ist deshalb zur Überzeugung des Senats in einem hinlänglich transparenten und nach rechtsstaatlichen Maßstäben korrekten Verfahren erfolgt, weshalb keine Verpflichtung der Beklagten bestand, die Kosten für die bereits abgelaufenen Behandlungszeiträume zu erstatten und die Kosten für die Behandlung in Zukunft zu übernehmen. Wie das BSG (Urteil vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 –) ausgeführt hat, kann lediglich dann, wenn der Bundesausschuß über die Anerkennung einer neuen Methode ohne sachlichen Grund nicht oder nicht zeitgerecht entschieden hat, ausnahmsweise ein Kostenerstattungsanspruch des Versicherten nach § 13 Abs. 3 (n.F.) SGB V in Betracht kommen, wenn die Wirksamkeit der Methode festgestellt wird. Läßt sich die Wirksamkeit aus medizinischen Gründen nur begrenzt objektivieren, hängt die Einstandspflicht der Krankenkasse davon ab, ob sich die fragliche Methode in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion durchgesetzt hat (BSG, Urteil vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 –). Das Verfahren beim NUB-Ausschuß wurde nicht verzögert und nicht in sachlich unvertretbarer Weise durchgeführt. Ein Wirksamkeitsnachweis der “Bioresonanztherapie” ist dabei nicht erbracht worden, weshalb weder eine Kostenerstattung erfolgen kann, noch ein Anspruch auf die Verschaffung der Behandlung nach dieser Methode besteht.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision mußte zugelassen werden. Nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Die Zulassung ergibt sich zwar nicht aus § 160 Abs. 2 Nr. 2, weil die Entscheidung des Senats nicht auf der Abweichung vom Urteil des BSG vom 16. September 1997 (– 1 RK 25/95 –) beruht; zur Überzeugung des Senats hat die Rechtssache aber aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken weiterhin grundsätzliche Bedeutung. Da aber nicht die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm, die für die Entscheidung des Senats maßgeblich sein müßte, im Streit steht, sondern vielmehr die Interpretation des SGB V durch das BSG, kann der Senat nicht gemäß Art. 100 Grundgesetz das Verfahren aussetzen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeizuführen, weshalb die Revision zugelassen werden mußte.