Landessozialgericht Baden-Württemberg L 4 KR 785/01

Landessozialgericht Baden-Württemberg

Urteil vom 13.07.2001 (rechtskräftig)

  • Sozialgericht Stuttgart S 8 KR 1916/00
  • Landessozialgericht Baden-Württemberg L 4 KR 785/01

 

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten für eine stationäre Behandlung in einer Privatklinik streitig. Die am 17. Mai 1937 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 23. Juni 2000 legte sie der Beklagten die Rechnung der Privat-Klinik H. vom 23. Januar 2000 über DM 4.259,48 sowie die Rechnung des zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Orthopäden Dr. Hi. vom 27. Dezember 1999 über DM 3.045,84 mit der Bitte um Kostenerstattung vor. Ausweislich dieser Rechnungen fand bei der Klägerin im Rahmen einer stationären Aufnahme vom 18. bis 19. August 1999 (bzw. 17. bis 18. August 1999 – insoweit weichen die angegebenen Behandlungsdaten voneinander ab) eine operative Behandlung im Bereich des linken Knies statt. Mit Bescheid vom 03. März 2000 lehnte die Beklagte die Erstattung der geltend gemachten Kosten ab. Krankenhausbehandlung könne nur in zugelassenen Krankenhäusern erbracht werden, so dass die Kosten für die stationäre Behandlung in der Privatklinik H. nicht erstattet werden könnten. Hiergegen erhob die Klägerin (verspätet) Widerspruch, ohne diesen sachlich zu begründen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2000 wies der bei der Beklagten eingesetzte Widerspruchsausschuß den Widerspruch im wesentlichen mit der Begründung des angefochtenen Bescheides zurück. Darüber hinaus verwies der Ausschuß u.a. auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Januar 1996 (1 RK 8/95), wonach der Versicherte grundsätzlich gehalten sei, sich vor Inanspruchnahme einer Leistung an seine Krankenkasse zu wenden. Hiergegen erhob die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Konstanz Klage und machte geltend, sich im Hinblick auf die Beschwerden im Bereich des linken Knies in die Behandlung des Dr. Hi. begeben zu haben, der einen operativen Eingriff für notwendig erachtet habe. Diesen habe er am 17. August 1999 durchgeführt und sie überredet, noch bis zum 18. August 1999 in der Praxis zu verbleiben. Dort sei sie gutgläubig geblieben. Sie wisse nicht, was die Bezeichnung “Privat-Klinik H.” auf der Rechnung des Dr. Hi. bedeute. Sie sei in der Praxis behandelt worden. Die Beklagte habe sie auf ihre private Krankenversicherung verwiesen, die letztlich jedoch nur den Teilbetrag in Höhe von DM 2.243,29 erstattet habe. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Beklagte keine Zahlung leiste. Sie legte die Leistungsabrechnung der Hanse Merkur Versicherungsgruppe vom 05. April 2000 vor. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. Januar 2001 im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, nachdem die Privat-Klinik H. kein zugelassenes Krankenhaus sei, habe die Klägerin insoweit keinen Behandlungsanspruch gegen die Beklagte, weshalb auch eine Kostenerstattung ausscheide. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Bevollmächtigten der Klägerin am 29. Januar 2001 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheids verwiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 05. Februar 2001 schriftlich durch Fernkopie beim SG Berufung eingelegt und macht geltend, die von Dr. Hi. erbrachten Leistungen seien medizinisch dringend notwendig gewesen. Diese hätten auch in einem Plankrankenhaus nicht zweckmäßiger und preiswerter durchgeführt werden können. Die Beklagte habe zumindest die in den Rechnungen enthaltenen Kosten der ambulanten Behandlung zu erstatten. Die Abrechnungsfähigkeit ambulanter Behandlungsmaßnahmen könne nicht an der Bezeichnung als Privat-Klinik scheitern. Im übrigen sei sie nicht in der Privatklinik H. des Dr. Hi. untergebracht gewesen. Wo diese Klinik sei, wisse sie nicht. Sie sei in der orthopädischen Praxis des Dr. Hi. behandelt worden und in dessen Einverständnis nach dem operativen Eingriff dann lediglich noch eine Nacht, d.h. bis zum 19. August 1999, in dessen Praxisräumen verblieben. Sie habe vor Beginn der Behandlung ihre Versichertenkarte mit der Bitte vorgelegt, die Behandlung hierüber abzurechnen. Einen Hinweis, dass die Leistungen nicht als Vertragsleistungen ihrer Krankenkasse zur Verfügung gestellt würden, habe sie nicht erhalten. Erst nach Durchführung der Maßnahmen habe ihr Dr. Hi. die “Vereinbarung zur stationären Betreuung” zur Unterschrift vorgelegt. Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Januar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2000 zu verurteilen, die Kosten ausweislich der Rechnungen vom 27. Dezember 1999 und 23. Januar 2000 zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Die Berichterstatterin hat die Auskunft des Dr. Hi. vom 25. Juni 2001 erhoben. Dieser hat die von der Klägerin unterzeichnete “Vereinbarung zur stationären Betreuung” vom 17. August 1999 vorgelegt. Die Beteiligten haben sie übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 03. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2000 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin Kosten in der Höhe zu erstatten, wie sie Dr. Hi. ausweislich seiner Rechnungen vom 27. Dezember 1999 und 23. Januar 2000 bei der Klägerin geltend gemacht hat. Der von der Klägerin geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch ist schon deshalb zu verneinen, weil die Klägerin auf die ihr in Rechnung gestellten Behandlungskosten – wie Dr. Hi. in seiner dem Senat erteilten Auskunft bekundet hat – bisher keine Zahlung geleistet hat. Die Klägerin kann von der Beklagten daher allenfalls die Freistellung von den seitens des Dr. Hi. geltend gemachten Kosten verlangen. Anspruchsgrundlage für dieses Begehren ist § 13 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in der seit 01. Januar 1993 geltenden Fassung. Danach sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung, soweit sie notwendig war, in der entstandenen Höhe von der Krankenkasse zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alternative 1) oder wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alternative 2) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Dieser Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruch tritt an die Stelle eines an sich gegebenen Sachleistungsanspruchs, den die Kasse infolge eines Versagens des Beschaffungssystems nicht erfüllt hat. Der Anspruch kann daher nur bestehen, wenn die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, die die gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistungen zu gewähren haben. Dies ist im Hinblick auf die streitige Behandlung in der Privat-Klinik H. jedoch zu verneinen. Die Beklagte hat die Erstattung der geltend gemachten Kosten im Sinne der 2. Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V daher auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Das SG hat unter Darlegung der insoweit maßgeblichen Vorschriften der §§ 39, 108 SGB V zutreffend entschieden, dass die Leistungspflicht der Krankenkassen auf die Behandlung in zugelassenen Krankenhäusern beschränkt ist, so dass die Beklagte nicht verpflichtet war, der Klägerin die Behandlung in der Privat-Klinik H. als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Damit scheidet gleichzeitig auch die Freistellung von den Kosten aus, die der Klägerin dadurch entstanden sind, dass sie sich diese Leistung selbst beschafft hat. Die Rechnung des Dr. Hi. vom 23. Januar 2000 weist aus, dass Dr. Hi. der Klägerin gegenüber eine stationäre Behandlung, d.h. ärztliche Behandlung einschließlich Unterkunft und Verpflegung, erbracht hat. Dies entspricht auch der dem Senat von Dr. Hi. vorgelegten und von der Klägerin unterzeichneten “Vereinbarung zur stationären Betreuung” vom 17. August 1999, wonach die Klägerin im Anschluss an die Operation (Arthroskopie linkes Knie) eine stationäre Betreuung für zwei Tage wünsche. Angesichts dessen beruft sich die Klägerin auch zu Unrecht darauf, dass die Beklagte zumindest verpflichtet gewesen wäre, ihr die operative Behandlung des Dr. Hi. als Sachleistung zur Verfügung zu stellen, weshalb sie jedenfalls hinsichtlich dieser Kosten einen Erstattungsanspruch habe. Denn die vereinbarte stationäre Behandlung läßt sich – anders als die Klägerin meint – nämlich nicht in einen “Behandlungsteil” und einen “Unterbringungsteil” mit jeweils unterschiedlichen Kostentragungspflichten aufspalten. Es handelt sich hierbei vielmehr um eine einheitliche Leistung. Dies wird allein schon daran deutlich, dass mit den Kosten der stationären Aufnahme insbesondere auch jene Aufwendungen abgegolten werden, die durch die Anwesenheit stets präsenter Ärzte entstehen, ohne dass im Einzelfall ein konkretes Eingreifen erforderlich wird. Dass die stationäre Aufnahme der Klägerin in der orthopädischen Praxis des Dr. Hi. erfolgt ist, nicht aber in einer den Vorstellungen der Klägerin entsprechenden “Privat-Klinik”, ist insoweit ohne Belang. Ungeachtet dieser Gesichtspunkte scheidet der allein in Betracht kommende Freistellungsanspruch aber auch im Hinblick auf den fehlenden ursächlichen Zusammenhang zwischen der Leistungsablehnung durch die Beklagte und der bei der Klägerin entstandenen Kostenlast aus. Der Senat schließt sich insoweit in ständiger Rechtsprechung der Auffassung des BSG an, wonach eine Kostenerstattung dann ausscheidet, wenn der Versicherte sich die streitige Behandlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges selbst besorgt, ohne sich vorher mit der Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten (BSG SozR 3-2200 § 182 Nr. 15, BSG, Beschluss vom 15. April 1997 – 1 BK 31/96 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 15). Bereits diesem Verfahrenserfordernis hat die Vorgehensweise der Klägerin nicht entsprochen, nachdem diese sich bereits im August 1999 hat behandeln lassen, sich im Hinblick auf die entsprechende Kostenübernahme jedoch erst im Juni 2000 mit der Bitte um Kostenerstattung an die Beklagte gewandt hat. Ein Freistellungsanspruch käme letztlich auch dann nicht in Betracht, wenn man entsprechend dem Vortrag der Klägerin davon ausginge, dass Dr. Hi. die Operation nach Vorlage ihrer Versichertenkarte ohne weitere Erklärungen durchgeführt hätte und die “Vereinbarung zur stationären Betreuuung” (entgegen ihrem ausdrücklichen Wortlaut) erst im Anschluss hieran getroffen worden wäre. In diesem Fall wäre Grundlage des zwischen der Klägerin und Dr. Hi. geschlossenen Behandlungsvertrags nicht die Durchführung einer stationären Behandlung gewesen, da eine derartige Behandlung vor Behandlungsbeginn gerade nicht vereinbart worden wäre. Rechtlich hätte Dr. Hi. der Klägerin dann vielmehr als Leistungserbringer der Beklagten eine ambulante Operation als Sachleistung gewährt, deren Kosten Dr. Hi. als Vertragsbehandler über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) abrechnen könnte. Ein Vergütungsanspruch gegenüber der Klägerin stünde ihm darüber hinaus nicht zu. Demnach wäre die Klägerin bezüglich dieser Behandlungskosten keinem Zahlungsanspruch ausgesetzt, hinsichtlich dessen sie von der Beklagten die Freistellung verlangen könnte. Soweit darüber hinaus die Kosten der stationären Betreuung im Streit stehen, rechtfertigt der dargelegte Vortrag der Klägerin gleichfalls keine Beurteilung im Sinne ihres Begehrens. Denn eine Einstandspflicht der Beklagten für Kosten der Inanspruchnahme einer nicht zugelassenen Einrichtung kommt auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nur dann in Betracht, wenn ein zugelassener Leistungserbringer den Versicherten nicht ausreichend darüber aufklärt, dass er beabsichtigt, ihm eine Fremdleistung zu verschaffen. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn in der von der Klägerin unterzeichneten “Vereinbarung zur stationären Betreuung” wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die stationäre Betreuung eine Fremdleistung, nicht aber eine Leistung der Beklagten darstellt. Neben der Bezeichnung “Praxis/Privatklinik” enthält die Vereinbarung nämlich auch den ausdrücklichen Hinweis, dass mit der stationären Betreuung direkte Zahlungsverpflichtungen Dr. Hi. gegenüber bestünden, die unabhängig von Erstattungsansprüchen gegenüber der Versicherung der Klägerin Gültigkeit hätten. Angesichts dessen konnte die Klägerin gerade nicht davon ausgehen, dass ihr insoweit eine Vertragsleistung der Beklagten zur Verfügung gestellt wird. Da letztendlich auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass bei der Klägerin im Sinne der 1. Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V eine unaufschiebbare Leistung erfolgt ist, hat die Beklagte die geltend gemachte Kostenerstattung zu Recht abgelehnt. Zutreffend hat das SG somit auch die Klage abgewiesen, weshalb auch die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben konnte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.