Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 24 KR 573/07
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 15.01.2009 (nicht rechtskräftig)
- Sozialgericht Berlin S 72 KR 2500/06
- Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 24 KR 573/07
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. September 2007 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Freistellung von Verbindlichkeiten in Höhe von 1.789,77 Euro anlässlich eigener Krankenhausbehandlung vom 08. bis 11. Mai 2006 und in Höhe von 1.388,56 Euro anlässlich Krankenhausbehandlung ihres Kindes vom 08. bis 09. Mai 2006.
Die im November 1983 geborene Klägerin ist die Nichte und nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten, der bei der Beklagten versichert ist, seine Adoptivtochter.
Nachdem die Beklagte als Ergebnis eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (Sozialgericht Berlin S 86 KR 514/03 ER) mit Bescheid vom 30. Oktober 2003 die über den Prozessbevollmächtigten bestehende Familienversicherung der Klägerin ab 01. Januar 2002 erneut festgestellt hatte, beendete sie mit Bescheid vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2004 (erneut) diese Familienversicherung zum 30. April 2004, weil die Klägerin kein Kind des Prozessbevollmächtigten und auch nicht zwecks Begründung einer Adoption in dessen Obhut aufgenommen worden sei. Eine Anerkennung der 1999 in S L stattgehabten Adoption sei nach deutschem Recht bisher nicht erfolgt. Nach Bestätigung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Conakry sei bei den Urkunden über die Adoption „von anderweitiger Beschaffung auszugehen“, so dass die Beweiskraft dieses Dokuments sehr eingeschränkt sei. Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts zur Aufnahme der Klägerin in die Obhut des Prozessbevollmächtigten seien nicht bekannt. Ein deswegen stattgefundenes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, mit dem begehrt wurde, vorläufig festzustellen, dass die Klägerin bei der Beklagten familienversichert ist, blieb auch in der Beschwerdeinstanz erfolglos (Sozialgericht Berlin S 72 KR 1100/04 – Landessozialgericht Berlin L 15 B 70/04 KR ER). Die dagegen gerichtete Klage (S 72 KR 1100/04) hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 26. August 2007 abgewiesen. Im sich anschließenden Berufungsverfahren beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (L 1 KR 577/07) hat die Klägerin, nachdem dieses Gericht entsprechend §§ 102 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verfahren ist, gegen die Erledigung „Beschwerde“ eingelegt.
Die Klägerin befand sich vom 08. bis 11. Mai 2006 zur Entbindung in einem Krankenhaus der S- Klinikum gGmbH, wo ein Kind geboren wurde, das jedoch alsbald verstarb.
Am 09. August 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Kosten für eine stationäre Behandlung wegen Entbindung zu übernehmen. Sie legte den Kurzbrief des S- und Klinikums W vom 03. August 2006 nebst Rechnung vom selben Tag über 1.789,77 Euro vor.
Mit Bescheid vom 15. August 2006 lehnte die Beklagte die Übernahme dieser Kosten ab, da die Familienversicherung mit Anspruch auf Sachleistungen am 30. April 2004 geendet habe.
Den dagegen mit Hinweis auf Art. 20 Abs. 1 bis 4 und Art. 3 Grundgesetz (GG) eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2006 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 19. Oktober 2006 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt.
Sie hat die weitere Rechnung der S- und -Klinikum gGmbH vom 21. September 2006 über 1.388,56 Euro vorgelegt und am 10. Mai 2007 klageerweiternd Freistellung auch von dieser Verbindlichkeit begehrt.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Übernahme von Kosten in Höhe von 1.388,56 Euro bei ihr bisher nicht beantragt worden sei.
Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 05. September 2007 die Klage abgewiesen: Die Klage bezüglich des Betrages von 1.388,56 Euro sei unzulässig. Ein Anspruch auf Übernahme der Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 1.789,77 Euro bestehe nicht, da die Familienversicherung mit dem 30. April 2004 geendet habe.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 18. September 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 02. Oktober 2007 eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie trägt vor, die Entscheidung durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung verletze ihre Grundrechte. Es sei sehr bedauerlich, dass das Gericht wohl nicht vom Gedankengut des Grundgesetzes so richtig überzeugt sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. September 2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2006 zu verurteilen, die Klägerin von der Verpflichtung, an die S- -Klinikum gGmbH 1.789,77 Euro und 1.388,56 Euro zu zahlen, freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der beigezogenen weiteren Gerichtsakten S 72 KR 1100/04 Berlin/L 1 KR 577/07 sowie der aus dem Verfahren S 86 KR 514/03 ER Berlin und dem Verfahren S 72 KR 1100/04 ER Berlin/L 15 B 70/04 KR ER beigezogenen Beschlüsse des Sozialgerichts Berlin vom 19. September 2003 bzw. des Landessozialgerichts Berlin vom 26. Oktober 2004, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die Klage auf Freistellung von einer Verbindlichkeit in Höhe von 1.388,56 Euro ist als Leistungsklage mangels eines vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens unzulässig. Die Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 15. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2006 ist unbegründet. Diese Bescheide sind rechtmäßig, denn ein Anspruch auf Freistellung von einer Verbindlichkeit in Höhe von 1.789,77 Euro besteht nicht.
I. Die Leistungsklage gerichtet auf Freistellung von einer Verbindlichkeit in Höhe von 1.388,56 Euro ist unzulässig.
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden. Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann nach § 54 Abs. 4 SGG mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsaktes gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
Diese Vorschriften regeln die Anfechtungsklage, die Anfechtungs- und Leistungsklage und die Verpflichtungsklage. Sie knüpfen alle am Erfordernis eines Verwaltungsaktes an. Für die Klagebefugnis genügt mithin, ist aber auch erforderlich, dass behauptet wird, durch einen Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, denn die Klägerin trägt nicht vor, ein Verwaltungsakt sei zum erhobenen Anspruch auf Freistellung von einer Verbindlichkeit in Höhe von 1.388,56 Euro ergangen. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen, an sie sei ein Begehren auf Kostenübernahme von 1.388,56 Euro bisher nicht herangetragen worden. Der am 09. August 2006 gestellte Antrag war (und konnte auch nur) auf Übernahme von Kosten in Höhe von 1.789,77 Euro gerichtet (sein), denn zu diesem Zeitpunkt war die Rechnung vom 21. September 2006 noch nicht gestellt.
Ein Verwaltungsakt ist auch nicht entbehrlich.
Nach § 54 Abs. 5 SGG kann zwar mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor. Hauptanwendungsfall hierfür ist der so genannte Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, wenn sich die Beteiligten also nicht im Über-Unterordnungsverhältnis gegenüber stehen und deswegen eine Leistung nicht durch Verwaltungsakt einseitig festgesetzt werden darf. Im Verhältnis zum leistungsbegehrenden Bürger ist die Verwaltung aber grundsätzlich befugt, das Rechtsverhältnis einseitig zu regeln. Ausschließlich dann, wenn der Bürger keine verbindliche Regelung begehrt, also der Tatbestand eines Verwaltungsaktes nach § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bereits begrifflich ausgeschlossen ist, kommt eine solche allgemeine Leistungsklage in Betracht. Eine Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes scheidet damit aus, wenn (lediglich) Auskunft und Beratung, Akteneinsicht oder die Abgabe einer Willenserklärung geltend gemacht wird (vgl. dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 9. Auflage, § 54 Rdnr. 41).
Ist eine allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG somit unzulässig, kommt eine Verurteilung zur Freistellung von einer Verbindlichkeit in Höhe von 1.388,56 Euro nicht in Betracht.
II. Die Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 15. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2006 ist unbegründet, denn ein Anspruch auf Freistellung von einer Verbindlichkeit in Höhe von 1.789,77 Euro besteht nicht.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erhalten die Versicherten die Leistungen der Krankenversicherung als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) nichts Abweichendes vorsehen. Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es dieses Buch oder das SGB IX vorsieht (§ 13 Abs. 1 SGB V).
Die hier allein in Betracht kommende Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Da es für die Erstattung von Kosten ausreichend ist, dass diese entstanden sind, ist nicht erforderlich, dass der Versicherte bereits Zahlungen erbracht hat. Es reicht vielmehr aus, dass er einer Forderung des Leistungserbringers ausgesetzt ist. Insoweit erfasst der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V auch einen entsprechenden Freistellungsanspruch, der auf Befreiung von einer Verbindlichkeit aus einem Vertrag gerichtet ist (vgl. Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 23. Juli 1998 – B 1 KR 3/97 R; abgedruckt in SozR 3-2500 § 13 Nr. 17 BSGE 73, 271, 276; 79, 190, 191; 86, 54, 55).
Allerdings erfolgte die Krankenhausbehandlung vom 08. bis 11. Mai 2006 der Klägerin als Sachleistung der Beklagten, so dass diese ihre Leistung rechtzeitig erbracht und damit nicht zu Unrecht abgelehnt hat, so dass die entsprechenden Tatbestandsmerkmale des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V als Voraussetzung eines Kostenerstattungsanspruches nicht erfüllt sind.
Der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 21. April 2004 und die anschließende Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2004 hatten jeweils aufschiebende Wirkung, die während der Krankenhausbehandlung (noch) fortbestand. Die mit Bescheid vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2004 verfügte Beendigung der Familienversicherung zum 30. April 2004 beschränkte sich nicht auf die (erstmalige) Ablehnung der Familienversicherung. Eine Auslegung des Verfügungssatzes in diesem Sinne würde den Bescheid vom 30. Oktober 2003 unberücksichtigt lassen, mit dem die Familienversicherung der Klägerin (erneut) ab 01. Januar 2002 festgestellt wurde. Ohne Beseitigung auch dieses Bescheides ginge die schlichte Ablehnung der Familienversicherung ins Leere. Bei Auslegung des Verfügungssatzes nach den Maßstäben eines objektiven Empfängerhorizonts enthält der Verfügungssatz vielmehr zugleich die Regelung, dass der Bescheid vom 30. Oktober 2003 (mit Wirkung zum 30. April 2004) aufgehoben wird.
Die Art des einstweiligen Rechtsschutzes ist abhängig davon, ob eine vom Versicherten begehrte Rechtsposition erstmals eingeräumt werden oder ob eine bereits bestehende Rechtsposition beseitigt werden soll, unterschiedlich geregelt. Im erstgenannten Fall kommt einstweiliger Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 2 SGG durch Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dass die begehrte Rechtsposition vorläufig ganz oder teilweise einzuräumen ist, in Betracht. Im anderen Fall ist der einstweilige Rechtsschutz mit der Erhebung von Widerspruch und Anfechtungsklage unmittelbar verknüpft (§ 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG), es sei denn die aufschiebende Wirkung entfällt ausnahmsweise kraft Gesetzes (§ 86 a Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 SGG) oder die jeweils zuständige Behörde ordnet nach Maßgabe des § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG die sofortige Vollziehung des eine Rechtsposition des Versicherten beseitigenden Verwaltungsaktes an.
Vorliegend begehrte die Klägerin nicht die (erstmalige) Einräumung der Rechtsposition als Familienversicherte ab 01. Mai 2004, denn diese Rechtsstellung hatte sie bereits aufgrund des Bescheides vom 30. Oktober 2003 inne. Ihr Ziel war darauf gerichtet, diese Rechtsposition nicht zu verlieren. Widerspruch und Anfechtungsklage bewirkten mithin einstweiligen Rechtsschutz. Das von der Klägerin erfolglos betriebene Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, gerichtet auf vorläufige Feststellung der Familienversicherung, beendete die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage nicht. In jenem Verfahren wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, nicht jedoch die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2004 angeordnet.
Es liegt kein Sachverhalt vor, der ausnahmsweise die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage entfallen lässt. Die sofortige Vollziehung nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG wurde von der Beklagten nicht angeordnet. Die Voraussetzungen des § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG liegen nicht vor. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen.
Die Familienversicherung ist keine laufende Leistung. Laufende Leistungen fließen aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis und kehren in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen wieder (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 144 Rdnrn. 21 b und 22, § 86 a Rdnrn. 15 und 14). Die Familienversicherung stellt vielmehr das einheitliche Rechtsverhältnis dar, aus dem solche Leistungen resultieren. Es ist daher begrifflich ausgeschlossen, sie als laufende Leistung zu qualifizieren. Es handelt sich um einen Rechtsstatus, der vorliegend durch statusbegründenden Verwaltungsakt geschaffen wurde (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86 a Rdnr. 5).
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2004 bewirkten mithin aufschiebende Wirkung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt nicht vollzogen werden darf. Es tritt ein Schwebezustand ein, währenddessen vollendete Tatsachen nicht geschaffen werden dürfen. Der Rechtstatus bleibt somit zunächst erhalten (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86 a Rdnrn. 4 und 5).
Infolge dessen hat die Krankenkasse im Falle des Rechtsstatus eines Familienversicherten diesem Familienversicherten die ihm zustehenden Sachleistungen durch ihre Leistungserbringer zur Verfügung zu stellen, ebenso wie die Leistungserbringer berechtigt und verpflichtet sind, diese Sachleistungen als Leistungen der Krankenkasse dem Familienversicherten zu erbringen und sie gegenüber der Krankenkasse abzurechnen. Erweist sich nach Erbringung dieser Sachleistungen die Anfechtungsklage als erfolglos und tritt Unanfechtbarkeit ein, berührt dies die dargestellten Leistungsverhältnisse, einerseits Familienversicherter und Krankenkasse sowie andererseits Krankenkasse und Leistungserbringer, grundsätzlich nicht. Eine Rückabwicklung findet demgemäß ausschließlich im so genannten gestörten Leistungsverhältnis, also zwischen den Beteiligten statt, deren Rechtsverhältnis sich im Nachhinein als unwirksam herausstellt. Erweist sich das Rechtsverhältnis der Familienversicherung als nicht wirksam, so hat der vermeintlich Familienversicherte der Krankenkasse die erhaltenen Sachleistungen zurückzuerstatten (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86 a Rdnr. 11, § 86 b Rdnr. 22).
Über die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 21. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2004 war während der Krankenhausbehandlung vom 08. 11. Mai 2006 nicht rechtskräftig entschieden. Mithin durften weder die Beklagte noch deren Leistungserbringer den vorläufig weiter fortdauernden Rechtstatus der Klägerin als Familienversicherte unbeachtet lassen.
Die Leistungserbringerin der Beklagten, die S-Klinikum gGmbH, hat dies auch nicht getan. Nach dem Kurzbrief der S-Klinikum gGmbH vom 03. August 2006 nahm diese die Klägerin erst in Anspruch, nachdem ihr seitens der Beklagten mitgeteilt worden war, dass seit 2004 keine Versicherung der Klägerin mehr bestehe. Die Klägerin und die Leistungserbringerin haben die Krankenhausbehandlung als Sachleistung zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung durchführen wollen. Die Klägerin war im Zeitraum der Krankenhausbehandlung weiterhin im Besitz einer Krankenversichertenkarte der Beklagten, wie aus der mit Schriftsatz vom 27. März 2008 übermittelten Kopie dieser Krankenversichertenkarte mit Gültigkeitsvermerk bis Dezember 2009 hervorgeht. Auch wenn die Funktion dieser Krankenversichertenkarte als Versicherungsnachweis nach § 15 Abs. 2 SGB V nur für die ambulante Behandlung gilt, während es für den Bereich der Krankenhausbehandlung den in § 112 Abs. 1 SGB V genannten Vertragspartnern überlassen worden ist, das Nähere über die Aufnahme der Versicherten, die Kostenübernahme und die Abrechnung der Entgelte vertraglich zu regeln (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V), schließt dies die Vorlage der Krankenversichertenkarte bei Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung, insbesondere wenn zu diesem Zeitpunkt eine Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse nicht vorliegt, nicht aus (vgl. auch BSG, Urteil vom 12. Juni 2008, B 3 KR 19/07 R, zitiert nach juris).
Erfolgte somit die Krankenhausbehandlung vom 08. bis 11. Mai 2006 als Sachleistung der Beklagten, können gleichzeitig Ansprüche der S-Klinikum gGmbH gegenüber der Klägerin, die Grundlage ihres Freistellungsanspruchs gegen die Beklagte sein könnten, aus welchen Rechtsgründen auch immer nicht bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 09. Oktober 2001 – B 1 KR 6/01 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 13 Nr. 25 = BSGE 89, 39; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 20. März 2002 – 1 U 62/01, abgedruckt in MDR 2002, 1301).
Die Berufung muss somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.