Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 1222/05

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg

Urteil vom 30.04.2009 (nicht rechtskräftig)

  • Sozialgericht Cottbus S 10 KR 191/03
  • Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 1222/05

 

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 25. Oktober 2005 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 193,34 EUR zu zahlen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Vergütung einer Behandlung des bei der Beklagten versicherten H H (im Folgenden: der Versicherte) in der Zeit vom 28. September bis zum 02. Oktober 2002 in der damaligen Landesklinik T. Diese rechtlich unselbständige Klinik war der Aufsicht des Landesamtes für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg (LASV) unterstellt, bis sie mit Wirkung zum 15. Oktober 2006 einschließlich aller zum Krankenhausbetrieb gehörenden Vermögensgegenstände des Aktivvermögens an die jetzige Klägerin veräußert wurde.

Der Versicherte war seit 1995 wiederholt in der Landesklinik in stationärer Behandlung, u.a. zwischen dem 10. Januar 2002 und dem 16. Mai 2002 in der Entwöhnungsabteilung des Fachbereichs Suchterkrankungen. Dieser Aufenthalt wurde zur akutstationären Behandlung eines Harnblasenkarzinoms dreimal für einige Tage unterbrochen.

Aufgrund einer Verordnung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Sch wurde der Versicherte, der nach eigenen Angaben zum damaligen Zeitpunkt obdachlos war, am 13. September 2002 erneut stationär in die Landesklinik aufgenommen. Die Beklagte gab Kostenübernahmeerklärungen für die Zeit bis zum 28. September 2002 ab. Den Antrag der Landesklinik vom 10. Oktober 2002 auf weitere Kostenübernahme bis zum 02. Oktober 2002, dem Tag der Entlassung des Versicherten in eine sozialtherapeutische Langzeiteinrichtung, begründete diese wie folgt:

„weiter bestehende emotionale Instabilität bei Grundpersönlichkeit, hoher Suchtdruck; ausgeprägtes Craving, Trinkwünsche; geplantes Prozedere &8594; Übergang in LZE zur Verhinderung der Rückfälligkeit und erneute Entgiftung &8594; sofortiger Anschluß bei gering ausgeprägten Bewältigungsmechanismen, wenig Kapazitäten andrängende Impulse abzuwehren“

Ausweislich ihrer Patientenakte führte die Landesklinik folgende Behandlungsmaßnahmen in der Zeit vom 28. September bis zum 2. Oktober 2002 durch: – Blutentnahme und –analyse am 02. Oktober 2002 – Oberarztvisite am 01. Oktober 2002 mit folgenden Eintragungen: o deutlich erhöhte innere Anspannung aufgrund „Rückfälle“ auf Station o beklagt Suchtdruck o kann hier in Station gut damit umgehen o jetzt Aufgabe: Kostenübernahme Ichthys &8594; perspektivisch LZT o weiterhin eher hypoman; in Stationskontakt co-therapeutisch – Gruppentherapie am 30. September 2002 – Bewegungstherapie am 01. Oktober 2002 – Musiktherapie am 30. September 2002 – Abendkreis täglich zwischen 28. September und 01. Oktober 2002 – InfoMed am 01. Oktober 2002 – Blutdruckmessung täglich zwischen dem 28. September und 01. Oktober 2002

Die Beklagte bezahlte nach eigenen Angaben „am 17.10.2002 die Rechnung des Klägers vom 09.10.2002 für den Zeitraum vom 22.09. bis 28.09.2002 voll“. Für den darüber hinaus gehenden Zeitraum, für den die Landesklinik mit Rechnung vom 19. September 2003 einen Betrag von 580,02 EUR geltend machte, lehnte die Beklagte, gestützt auf eine Stellungnahme der Diplom-Medizinerin H vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 27. Januar 2003, eine Zahlung ab, da für die stationäre Behandlung des Versicherten über den 28. September 2002 hinaus eine medizinische Indikation nicht erkennbar sei.

Im sozialgerichtlichen Verfahren hat die Klägerin die Zahlung weiterer Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 580,02 EUR, die Beklagte im Wege der Widerklage die Zahlung von 193,34 EUR mit der Begründung begehrt, sie habe einen Pflegetag zuviel bezahlt. Das Sozialgericht hat ein Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. J G (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin) vom 30. September 2004 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 08. April 2005 veranlasst und mit Urteil vom 25. Oktober 2005 die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den damaligen Kläger, das Land Brandenburg, 580,02 EUR zu zahlen; die Widerklage hat es abgewiesen. Darüber hinaus hat es der Beklagten „Mutwillenskosten“ in Höhe von 150,00 EUR auferlegt. Zur Begründung hat das Sozialgericht unter Berufung auf den Sachverständigen ausgeführt, dass hinsichtlich der Prüfung zur Notwendigkeit stationärer Krankenhausbehandlung über den 29. September 2002 hinaus zu wenig und lediglich am Rande auf die Persönlichkeitsstörung des Versicherten hingewiesen worden sei, obwohl diese bekannt gewesen sei und im ausführlichen Bericht der Entwöhnungsabteilung der Landesklinik T im gleichen Jahr (2002) beschrieben worden sei. Diese – vor allem narzisstische – Persönlichkeitsstörung gehe nicht nur mit den Hauptabwehrmechanismen Verdrängung, Verleugnung und Rationalisierung, sondern auch mit einer erheblichen Verletzlichkeit des Selbstwertgefühls einher, wodurch sehr sensibel z. B. auf Kritik, Zurückweisung, Niederlagen, körperliche Erkrankungen, Rückfälle und dergleichen reagiert werde. Hierauf sei durch die Ärzteeinrichtung des klagenden Landes zu wenig hingewiesen worden. Auch die Belastungen des Versicherten durch die Krebskrankheit habe zu wenig Erwähnung gefunden, obwohl der Versicherte aufgrund seiner Alkohol-, Persönlichkeits- und Krebskrankheit zu der Gruppe von Patienten zu zählen sei, die im Vergleich zu anderen mit einer ganz erheblich erhöhten Suizidgefahr versehen sei. Von Seiten des MDK sei die Betrachtung der Folgen der Persönlichkeitsstörung und der Folgen der Krebserkrankung nahezu gänzlich vernachlässigt worden. Dass die beim Versicherten bestehenden Erkrankungen psychopathologisch – befundmäßig – nur zeitweise und nur partiell sichtbar würden, liege auch an seinen bereits beschriebenen krankheitsbedingten Abwehrmechanismen. Bezüglich der vom MDK festgestellten mangelhaften Dokumentation in den Patientenunterlagen habe der Sachverständige auf seine langjährige Erfahrung als Gutachter und seine frühere langjährige Erfahrung als Oberarzt und zuletzt als kommissarischer Chefarzt verwiesen und ausgeführt, dass gerade bei Patienten, die an körperlichen Alkoholentzugserscheinungen leiden würden, die Betrachtung des Klinikpersonals dazu neige, primär auf das organische und weniger auf das psychische ausgerichtet zu sein und dass daher psychopathologischerseits persönlichkeitsstörungsbedingte Defizite / Auffälligkeiten im Befund oft nicht dargelegt oder nicht ausführlich beschrieben würden. Dies bedeute im konkreten Fall jedoch nicht, dass der Versicherte im streitigen Zeitraum ab dem 13. September 2002 frei von Persönlichkeitsstörungsauffälligkeiten gewesen sei. Diese Persönlichkeitsstörung wirke sich ganz erheblich verschlimmernd hinsichtlich seiner Neigung zu Depressionen und hinsichtlich seiner Alkoholabhängigkeit aus. Unter Berücksichtigung der nicht erfolgreich verlaufenden Alkoholentwöhnungsbehandlung im Jahr 2002, aufgrund des Hinzutretens der Krebserkrankung im Januar 2002 und einer schwierigen sozialen Situation sei er verlaufsmäßig betrachtet in seinen psychischen Funktionen im September 2002 sehr alteriert gewesen. Vor diesem Hintergrund sei die Verlängerung der stationären Krankenhausbehandlung über den 28. September 2002 hinaus medizinisch gerechtfertigt, denn die Alkoholrückfallgefahr, die Suizidgefahr und die Gefahr des Umschlagens der Depression in eine Manie seien gegeben gewesen, so dass die Mittel stationärer Klinikbehandlungen hätten angewandt werden müssen. Dass dem Versicherten ab dem elften Behandlungstag Stadtausgang gewährt worden sei, sei ein Risiko gewesen, welches die Klinikärzte eingegangen seien. Hieraus lasse sich jedoch nicht ableiten, dass seit diesem Behandlungstag die Belastbarkeit des Versicherten wiederhergestellt gewesen sei, wie der MDK meine. Dass nach erfolgter Alkoholentgiftung eine pharmakologische Behandlung mittels eines Antidepressivums nicht begonnen worden sei, spreche nicht für eine etwaige Leichtgradigkeit der Depression und erst recht nicht gegen das Vorliegen einer relevanten Persönlichkeitsstörung. Unabhängig von der entsprechenden Dokumentation seitens der Landesklinik dürfte es der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, dass sich die Patienten bei einer derartigen Häufung von Gesundheitsstörungen wohl in einem Ausnahmezustand psychischer Art befänden.

Gegen dieses ihr am 18. November 2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 19. Dezember 2005 (Montag). Die Beklagte bringt vor, allem Anschein nach habe der Krankenhausaufenthalt zur Überbrückung der Zeit bis zur Langzeittherapie dienen sollen, wobei offenbar dem Wunsch des Versicherten entsprochen worden sei, der sich nicht habe vorstellen können, bis dahin in ein Übergangswohnheim zu ziehen. Die unstreitig nicht ordnungsgemäße Dokumentation seitens der Landesklinik begründe unzweifelhaft keine Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung. Die Folgen fehlender Dokumentation gingen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu Lasten der Klägerin. Diese habe aber auch keinen Nachweis darüber erbringen können, dass über die vorhandene Dokumentation hinaus Befunde vorgelegen hätten oder Behandlungsmaßnahmen erforderlich oder zumindest tatsächlich durchgeführt worden seien, die auch im strittigen Zeitraum noch einen stationären Aufenthalt erfordert hätten. Die Ausführungen des Sachverständigen seien ungeeignet, da er lediglich auf allgemeine Erwägungen aufgrund seiner ärztlichen Erfahrung zurückgreife.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 25. Oktober 2005 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 193,34 EUR zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Der Krankenhausaufenthalt des Versicherten vom 13. September bis zum 02. Oktober 2002 habe auch die Reha-Fähigkeit des Versicherten für die Langzeiteinrichtung wiederherstellen sollen. Die Beklagte wisse sehr gut, dass ein Patient, der bei Aufnahme eindeutig intoxiert und depressiv sei und an den Auswirkungen seiner narzisstischen Persönlichkeitsstörung gelitten habe, in diesem Zustand auf gar keinen Fall in irgendeine Langzeiteinrichtung aufgenommen werde. Stationsgebot werde nur in ganz besonders schweren Fällen – bei den chronisch mehrfach geschädigten Patienten – oder zu Beginn einer Behandlung angeordnet. Stadtausgänge stellen Belastungserprobungen dar, in deren Rahmen die Patienten zeigen sollten, ob sie der normalen Alltagssituation schon wieder gewachsen seien und ob sie die Copingstrategien, die ihnen die Psychotherapie an die Hand gegeben habe, auch im Alltag umsetzen könnten. Das Weglassen einer – vom Gutachter empfohlenen – Medikation mittels eines Antidepressivums bedeute nicht, dass die Depression nicht behandlungsbedürftig gewesen sei. Darüber hinaus missachte die Beklagte, dass nicht die Entgiftung mit den damit einhergehenden Medikamenten, sondern die Psychotherapie im Vordergrund gestanden habe. Hierbei unterziehe sich der Patient aber hauptsächlich Gruppen- und Einzeltherapien, bei denen er Krankheitseinsicht gewinnen und Bewältigungsstrategien erlernen solle; eine Medikation sei nicht unbedingt erforderlich. In der Psychotherapie sei darüber hinaus auch nicht unbedingt eine ausführliche Dokumentation erforderlich. Berichte über Gruppentherapien seien zum einen nicht erforderlich und üblich, zum anderen aber auch nicht machbar. Ein Therapeut könne innerhalb eines Gruppengesprächs wohl kaum jede Äußerung oder jede Gefühlsregung aller Teilnehmer dokumentieren. Er müsse sich schließlich darauf konzentrieren, die Gruppe zu führen. Auch Einzelgespräche würden anders als bei einem Einzeltherapeuten, der seine Patienten ambulant und ein bis zweimal in der Woche betreue, nur stichpunktartig festhalten. Hätte der Versicherte im streitigen Zeitraum im Rahmen einer ambulanten oder tagesklinischen Behandlung ab Nachmittag bis zum nächsten Morgen in ein Obdachlosenheim gehen müssen, wäre er in diesem nicht stabilen Umfeld sofort wieder rückfällig geworden. Die Klinik habe auf zurückliegende Dokumentationen zurückgreifen können, weil es sich bei dem Versicherten um einen bekannten „Drehtürpatienten“ gehandelt habe. Nachdem im Erörterungstermin vom 01. Juni 2007 seitens des Gerichts darauf hingewiesen worden sei, dass erstinstanzliche Gutachten sei nicht ausreichend und ggf. sei ein ergänzendes Gutachten einzuholen, werde nächst darum gebeten, den erstinstanzlichen Gutachter ergänzend zur Erläuterung etwaiger Ungereimtheiten aufzufordern.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte und die von der Klägerin geführte, den Versicherten betreffende Patientenakte, die beigezogen wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben. Die Klage ist unbegründet, die Widerklage dagegen begründet.

I. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Denn sie ist – ausweislich der Auskunft des Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie vom 19. Mai 2008 im Rechtsstreit L 9 KR 630/07 – durch den Kauf- und Übertragungsvertrag mit dem Land Brandenburg (UR-Nr. 1096/2005 vom 16. Dezember 2005 des Notars D R) Inhaberin der zunächst dem Land Brandenburg als Trägerin der (damaligen) Landesklinik T zustehenden Vergütungsforderungen geworden. Aufgrund der Bezeichnung „Kauf- und Übertragungsvertrag“ ist davon auszugehen, dass das neben dem Kaufvertrag als Verpflichtungsgeschäft erforderliche Verfügungsgeschäft in Form der Abtretung gleichfalls Gegenstand der vertraglichen Regelungen wurde. Möglichen Formvorschriften für die Abtretung (vgl. Rohe, in: Beck’scher Online-Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Stand: 01. Februar 2009, § 398 Rd. 53) ist damit Genüge getan.

II. Die Klage ist unbegründet. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch besteht nicht.

1.) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. dem Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 01. November 1994 in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 22. Dezember 1997 für das Land Berlin (ABK-Vertrag).

a.) Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S. von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser i.S. des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Ver¬gütungsanspruch gegenüber, dessen Höhe auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung, jeweils in der im Jahre 2000 geltenden Fassung, in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger festgelegt wird (BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008, Az.: B 1 KN 1/07 KR R und B 1 KN 3/08 KR R, veröffentlicht in Juris). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht insoweit unabhängig von einer schriftlichen Kostenzusage, die nur als deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzusehen ist (BSGE 86, 166), unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem – wie hier – zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist.

b.) Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich alle allgemeinen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der GKV sowie speziell von Krankenhausbehandlung, insbesondere deren Erforderlichkeit, vorliegen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die zur Krankenbehandlung gehörende Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V) wird gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Der Anspruch ist gerichtet auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nach-stationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen (§ 27 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V; vgl. BSG vom 16. Dezember 2008, a.a.O.).

c.) Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Maßnahmen dürfen daher z.B. nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen; ebenso unterfallen rein pflegerische Maßnahmen nicht der Leistungspflicht der Krankenkassen, vielmehr müssen diese als Teil einer ärztlichen Behandlung dieser Behandlung untergeordnet sein (BSG a.a.O.).

Besondere Mittel des Krankenhauses sind eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter Arzt (BSG a.a.O.). Dabei erfordert die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung weder den Einsatz aller dieser Mittel noch ist er stets ausreichend. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommen. Bei einer psychiatrischen Erkrankung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Geräten in den Hintergrund treten und allein der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG a.a.O.).

d.) Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung. Das gilt auch dann, wenn der Versicherte zur Sicherstellung der ambulanten Behandlung einer Betreuung durch medizinische Hilfskräfte in geschützter Umgebung bedarf und eine dafür geeignete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses nicht zur Verfügung steht. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern (§ 1 Satz 1 SGB V). Es geht dabei um die Bereitstellung der für diese Zwecke benötigten medizinischen Versorgung. Das lässt sich aus zahlreichen Einzelvorschriften des Leistungsrechts, insbesondere aus der Beschreibung der Leistungsziele in § 11 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V sowie aus dem Leistungskatalog in § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V ersehen.

Zu den Aufgaben der GKV gehört es dagegen nicht, die für eine erfolgreiche Krankenbehandlung notwendigen gesellschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zu schaffen oder diesbezügliche Defizite durch eine Erweiterung des gesetzlichen Leistungsspektrums auszu¬glei¬chen. Für derartige Risiken haben die Krankenkassen nicht einzustehen. Sie haben auch keine Möglichkeit, strukturelle Mängel außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs zu beheben, etwa eine Unterversorgung bei den Betreuungseinrichtungen für psychisch schwer kranke Patienten. Sie tragen dafür weder Verantwortung noch dürfen sie hierfür Geldmittel verwenden. Soweit ausnahmsweise etwas anderes gelten soll, legt das Gesetz dies ausdrücklich fest. Angesichts einer über mehrere Jahrzehnte unveränderten, im krankenversicherungsrechtlichen Schrifttum akzeptierten Rechtsprechung, die durch Fortschreibung des durch sie konkretisierten Rechtszustandes Eingang in das geltende Recht gefunden hat, ist für eine Auslegung des Gesetzes, die den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 SGB V auf andere als medizinisch begründete Behandlungsnotwendigkeiten erweitert, kein Raum (BSG a.a.O.).

e.) Für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung kommt es auf die medizinischen Erfordernisse im Einzelfall und nicht auf eine abstrakte Betrachtung an. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben hierbei im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Dabei haben sie zwar von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wenn die Krankenkasse im Nachhinein beanstandet, die stationäre Behandlung des Patienten sei nicht gerechtfertigt gewesen. Für eine Einschränkung der Kontrollbefugnisse der Krankenkasse und des Gerichts in der Weise, dass von der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung auszugehen ist, wenn der Krankenhausarzt sie bejaht und seine Einschätzung fachlich vertretbar ist, bietet das Gesetz jedoch keine Grundlage. Auch Vereinbarungen in den Normsetzungsverträgen auf Landesebene können daher nicht bewirken, dass die Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung entgegen dem Gesetz nicht nach objektiven Maßstäben getroffen wird, sondern im Ergebnis der subjektiven Einschätzung des Krankenhausarztes überlassen bleibt (BSG a.a.O.).

Der Grundsatz, dass die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung im Prozess vom Gericht vollständig zu überprüfen ist, gilt auch dann, wenn die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nachträglich für einen zurückliegenden Zeitraum bestreitet. Auch in dieser Konstellation ist eine Zurücknahme der gerichtlichen Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse unter Berufung auf einen vermeintlichen Einschätzungsvorrang des verantwortlichen Krankenhausarztes weder vom Gesetz vorgesehen noch von der Sache her erforderlich und deshalb mit dem rechts-staatlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar. Eine Besonderheit besteht – wie schon ausgeführt – lediglich darin, dass die Berechtigung der Krankenhausbehandlung nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen ist, sondern zu fragen ist, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (BSG a.a.O.).

2.) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten im streitigen Zeitraum nicht erforderlich.

a.) Der Versicherte litt im streitigen Zeitraum an folgenden Erkrankungen:

– Alkoholabhängigkeit – chronische Phase – mit sensibler Polyneuropathie im Bereich der unteren distalen Gliedmaßen und mit chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung – rezidivierende Episoden einer reaktiven, zumindest leichtgradig ausgeprägten Depression – Harnblasenkrebs, Harnröhrenstriktur – Ulcus cruris bei beiderseitigen Unterschenkelkrampfadern – Zustand nach Sprunggelenksfraktur links – Zustand nach Fraktur im Bereich des rechten Obersprunggelenkes

Darüber hinaus bestand ein ab dem 27. September 2002 abklingendes vegetatives Entzugssyndrom. Zu diesen Feststellungen gelangt der Senat auf der Grundlage des insoweit überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen G.

Auf welcher Grundlage der Sachverständige darüber hinaus eine steatosis hepatis diagnostizierte, erschließt sich allerdings nicht. Die Sonographie vom 19. September 2002 ergab keinen Hinweis auf eine chronische Leberschädigung. Zugleich jedoch fehlen auch Hinweise, dass diese Erkrankung entscheidungserheblich sein könnte.

aa.) Nicht nachvollziehbar ist hingegen die Diagnose „mittelgradige depressive Episode“. Die in der ICD – 10 (in der in den Jahren 2001 bis 2003 geltenden Version 2.0)unter der Überschrift „affektive Störungen“ zusammengefassten depressiven Episoden (Code F 32.-) werden wie folgt definiert: „Bei den typischen leichten (F32.0), mittelgradigen (F32.1) oder schweren (F32.2 und F32.3) Episoden, leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zur Freude, das Interesse und die Fähigkeit zur Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle und Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig. Reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von „somatischen“ Symptomen begleitet werden, die Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmungen, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust.“

Von einer mittelgradigen depressiven Episode (F 32.1) wird gesprochen, wenn vier oder mehr dieser Symptome vorhanden sind und der betroffene Patient meist große Schwierigkeiten hat, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen.

Dies ist im Falle des Versicherten anhand der Patientenakte nicht nachvollziehbar. So ist der ärztlichen Dokumentation keines dieser Symptome zu entnehmen. Aus der Pflegedokumentation ergibt sich ein (teilweise auf Zahnschmerzen zurückzuführender) gestörter Schlaf sowie eine nicht unerhebliche Unruhe und Nervosität. Ein viertes Symptom, das die Einstufung als mittelgradig rechtfertigen würde, ist nicht ersichtlich. Widersprüchlich erscheint auch, dass der Versicherte im fraglichen Zeitraum ausweislich der Patientenakte nur als subdepressiv beschrieben wird, sodass unklar bleibt, ob die Schwelle zur Depression überhaupt überschritten wurde.

Der Senat weist an dieser Stelle aus gegebenem Anlass darauf in, dass sich die Dokumentation eines Krankenhauses nicht auf das Festhalten eines Ergebnisses (Depression) beschränken darf, ohne dies durch Aufzählung der einzelnen Symptome zu begründen. Das Vorliegen einer (schwer-, mittel- oder leichtgradigen) Depression hätte die Klägerin mittels der Patientenakte nur dadurch nachweisen können, dass sie für jeden Tag, an dem ihre behandelnden Mitarbeiter von einer Depression des Versicherten ausgingen, die hierfür erforderlichen Symptome der o.g. Definition aufzeichnet. Erst wenn diese Symptome in einer bestimmten Anzahl vorliegen, kann daraus auf eine (schwer-, mittel- oder leichtgradige) Depression geschlossen werden.

bb.) Auch eine narzisstische Persönlichkeitsstörung konnte der Senat nicht feststellen.

Die in Kapitel V der ICD-10 (Version 1.3) insbesondere unter den Kennziffern F 60 bis F 62 erfassten Persönlichkeitsstörungen sind „tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigen. Sie verkörpern gegenüber der Mehrheit der betreffenden Bevölkerung deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in den Beziehungen zu anderen. Solche Verhaltensmuster sind meistens stabil und beziehen sich auf vielfältige Bereiche des Verhaltens und der psychologischen Funktionen. Häufig gehen sie mit einem unterschiedlichen Ausmaß persönlichen Leidens und gestörter sozialer Funktionsfähigkeit einher.“ Bei den spezifischen Persönlichkeitsstörungen (F 60.-) handelt es sich „um schwere Störungen der Persönlichkeit und des Verhaltens der betroffenen Person, die nicht direkt auf eine Hirnschädigung oder -krankheit oder auf eine andere psychiatrische Störung zurückzuführen sind. Sie erfassen verschiedene Persönlichkeitsbereiche und gehen beinahe immer mit persönlichen und sozialen Beeinträchtigungen einher. Persönlichkeitsstörungen treten meist in der Kindheit oder in der Adoleszenz in Erscheinung und bestehen während des Erwachsenenalters weiter.“ Die narzisstische Persönlichkeitsstörung ist der Gruppe der sonstigen spezifischen Persönlichkeitsstörung (F 60.8) zugeordnet.

Insoweit bleibt der Sachverständige die Darstellung der das Ergebnis „Persönlichkeitsstörung“ rechtfertigenden Symptome schuldig. Erforderlich gewesen wäre insofern die Beschreibung, welche konkreten starren Reaktionen der Versicherte auf welche konkreten unterschiedlichen persönlichen und sozialen Lebenslagen zeigt und inwiefern sein Wahrnehmen, Denken, Fühlen und seine Beziehungen zu anderen im einzelnen von der Mehrheit der Bevölkerung abweicht. Erst diese Angaben erlauben es Dritten – sei es Kostenträger oder Gericht -, die Diagnose „Persönlichkeitsstörung“ nachzuvollziehen. Die bloße Übernahme einer Diagnose aus einem früheren Entlassungsbericht genügt hingegen nicht.

Hinzu kommt, dass die Grenze zu einfach auffälligem oder als störend empfundenem Verhalten, das nicht als krankhaft anzusprechen ist, zu exzentrischen Wesenszügen, aber auch zur bloßen Kriminalität schwer zu ziehen ist (Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrgb.), Sozialmedizinische Begutachtung für die gesetzliche Rentenversicherung, 6. A., 2003, S. 552 ff.). Für die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung hätte daher zusätzlich dargelegt werden müssen, aufgrund welcher konkreter Umstände beim Versicherten eine behandlungsbedürftige narzisstische Störung der Persönlichkeit vorliegt. Dass die Landesklinik für den streitigen Zeitraum diese Diagnose nicht gestellt hat, spricht entscheidend zumindest gegen die Behandlungsbedürftigkeit einer solchen Erkrankung im vorliegenden Fall.

b.) Die vom Senat festgestellten Erkrankungen lassen nicht den Schluss auf die Erforderlichkeit vollstationärer Krankenhausbehandlung im streitigen Zeitraum zu, zumal nach den Feststellungen des Senats allenfalls eine stationäre Rehabilitation stattgefunden hat.

aa.) Zwar spricht gegen das Vorliegen von stationärer Behandlung nicht bereits der Umstand, dass die o.g. Einzelmaßnahmen jeweils für sich auch in einem ambulanten Setting hätten durchgeführt werden können. Denn nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfordert die Behandlung schwerer psychischer Leiden einen komplexen Behandlungsansatz unter Zusammenwirken eines multiprofessionellen Teams von Ärzten, Diplompsychologen, Sozialpädagogen, Ergo- und Bewegungstherapeuten mit fachlich besonders geschultem und erfahrenem psychiatrischen Pflegepersonal im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes (BSG, Urteile vom 16. Februar 2005, Az.: B 1 KR 18/03 R, und vom 20. Januar 2005, Az.: B 3 KR 9/03 R, veröffentlicht jeweils in Juris und jeweils unter Bezugnahme auf Weig/Gelhausen, SGb 96,577 ff). Daher spricht auch allein der Umstand, dass bei der Behandlung des Versicherten in hohem Maße Angehörige nicht-medizinischer Berufe zum Einsatz kamen und der Einsatz ärztlich koordiniert werden musste, nicht per se gegen das Vorliegen (und das Erfordernis) stationärer Behandlung. Der Leistungsanspruch des Versicherten – und somit der Vergütungsanspruch der Klägerin – hängt vielmehr entscheidend von der Schwere der Krankheit und die hierauf bezogenen, mit dem Gesamtbehandlungsplan verfolgten Behandlungsziele ab (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005, a.a.O.).

Angaben zum Gesamtbehandlungsplan sowie insbesondere zu den im streitgegenständlichen Zeitraum verfolgten Zielen ergeben sich jedoch weder aus der Patientenakte noch dem Vorbringen der Klägerin. Zu den im streitgegenständlichen Zeitraum verfolgten Zielen hat zwar im vorgerichtlichen Verfahren das LASV als damalige Aufsichtsbehörde der Landesklinik T in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 08. Mai 2003 angegeben, es habe die therapeutisch relevante differenzialdiagnostische Überlegung im Raum gestanden, ob es sich nach dem 27. Sep¬¬tember 2002 bei dem Versicherten um eine agitierte Depression oder den Wechsel in ein manisches Bild gehandelt habe; durch die Teilnahme am komplex psychiatrischen Therapieprogramm habe die Diagnose einer agitierten depressiven Episode gestellt werden können. Diese Darstellung überzeugt deswegen nicht, weil der ärztliche Verlaufsbericht schon für den 17. und 19. September 2002 eine subdepressive und am 24. September 2002 eine deutlich depressive Stimmung feststellte. Da Angaben zu den Inhalten der vom Versicherten im streitigen Zeitraum wahrgenommenen Therapieeinheiten fehlen, ist darüber hinaus nicht nachvollziehbar, welche konkreten Erkenntnisse oder Veränderungen zur Diagnose „agitierte Depression“ geführt haben.

bb.) Die im streitgegenständlichen Zeitraum durchgeführten therapeutischen Maßnahmen hätten aber insbesondere im Rahmen einer stationären Rehabilitationsbehandlung erfolgen können. Denn sie unterscheiden sich letztlich nicht wesentlich von solchen, die auch in einer Rehabilitationseinrichtung erforder¬lich gewesen wären; die Über¬gänge zwischen Krankenhausbehandlung und Rehabilitation sind insoweit fließend (BSG, Urteil vom 20. Januar 2005, a.a.O.). Dieser Umstand belegt die besonderen Schwierigkeiten, bei psychischen/psychiatrischen Erkrankungen stationäre Krankenhausbehandlung und stationäre medizinische Rehabilitation voneinander abzugrenzen, weil Rehabilitationseinrichtung und Krankenhaus sich darin decken, dass beide auf die Behandlung von Krankheiten und die Beseitigung ihrer Folgen beim Betroffenen gerichtet sind. Es lässt sich kaum unterscheiden, was noch zur Behandlung der Krankheit gehört, welche Therapieformen insbesondere bei chronischen Krankheiten noch zur Krankheitsbekämpfung zu rechnen sind und wann eine Ma߬nahme „nur“ zur Sicherung des Erfolges einer vorangegangenen Behandlung dient. Während in der somatischen Medizin die Berücksichtigung der psychosozialen Probleme ganz vorrangig Aufgabe der Rehabilitation ist, gilt dies im Bereich der Psychosoma¬tik/Psychotherapie nicht in diesem Maße; Schädigung und Schädigungsfolgen sind hier eng miteinander verwoben, sodass schon die Krankenhausbehandlungsphase rehabilitative Ele¬mente enthalten muss.

Deshalb kann eine Unterscheidung im Wesentlichen nur nach der Art der Einrichtung, den Behandlungsmethoden und dem Hauptziel der Behandlung getroffen werden, die sich auch in der Organisation der Einrichtung widerspiegeln. Anhaltspunkte zur Differenzierung bietet vor allem § 107 SGB V: Danach ist für eine Rehabilitationseinrichtung insbesondere kennzeichnend, dass die Behandlungsziele nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie zu verfolgen sind § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Dem¬ge¬genüber ist ein Krankenhaus gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB Vmit jederzeit verfügbaren ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet, die Behandlungsziele vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen zu erbringen (BSG a.a.O.; Urteil vom 10. April 2008, Az.: B 3 KR 14/07 R, veröffentlicht unter www.bun¬des¬sozialgericht.de).

cc.) Hiervon ausgehend sind Tatsachen, die die Erforderlichkeit vollstationärer Krankenhausbehandlung belegen, ebenso wenig erkennbar wie Behandlungsmaßnahmen im Rahmen akut-stationärer Behandlung.

(1) Pflegerische Leistungen erhielt der Versicherte im streitigen Zeitraum nicht. Der ärztliche Kontakt des Versicherten beschränkte sich auf die Oberarztvisite am 1. Oktober 2002. Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, dass auch die Gruppentherapie am 30. September 2002 – der Patientenakte sind diesbezüglich nicht einmal Angaben zur Art der Therapie zu entnehmen – durch einen Arzt und nicht z.B. einen Psychologen geleitet wurde, wurden die – dem Senat unbekannten – Behandlungsziele jedenfalls nicht „vorwiegend durch ärztliche und pflegerischen Hilfeleistungen“ verfolgt.

Auch ist anhand der Patientenakte nicht nachzuvollziehen, warum die o.g. therapeutischen Maßnahmen nach dem 27. September 2002 die stationären Bedingungen eines Akutkrankenhauses erforderten. Nach den Eintragungen in der Pflegedokumentation hielt sich der Versicherte tagsüber nur zu den Mahlzeiten auf der Station auf und war in den Abendstunden überwiegend mit Tischtennis- oder Billardspielen beschäftigt. Insbesondere geht weder aus der gesamten Dokumentation noch aus dem klägerischen Vorbringen hervor, welchen „mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen“ (BSG a.a.O.) die o.g. therapeutischen Maßnahmen dienen sollten und warum sie nicht in ebenso Erfolg versprechender Weise ambulant oder im Rahmen einer stationären Rehabilitation durchführbar waren.

Gegen die Erforderlichkeit vollstationärer Behandlung spricht ferner, dass im fraglichen Zeitraum nicht mehr alle der im (ersten) Kostenübernahmeantrag vom 16. September 2002 genannten Therapiemittel im fraglichen Zeitraum eingesetzt wurden. So ist nicht ersichtlich, dass die dort genannten Therapiemittel „tägliche ärztliche Visite mit Befundkontrolle und Therapieanpassung“ und „täglich ärztlich geleitete Psychotherapie“ durchgeführt wurden. Mit letzterer dürfte eine Einzeltherapie gemeint sein, da Gruppentherapie neben „Musik-, Ergo-, Bewegungs-, Physiotherapie“ als weiteres Therapiemittel in diesem Antrag genannt werden.

Soweit die Klägerin das Erfordernis stationärer Behandlung über den 27. September 2002 hinaus zunächst neben der Rückfallgefährdung des Versicherten insbesondere mit einer mittelgradig ausgeprägten Depression begründete, dürfte dies im Widerspruch zu ihren Verlängerungsanträgen vom 23. September 2002 und insbesondere vom 10. Oktober 2002 stehen. Gerade von diesem letzten, erst über eine Woche nach der Entlassung des Versicherten gestellten Verlängerungsantrag bezüglich des hier streitigen Zeitraums wäre die Erwähnung dieser Erkrankung als verlängerungsbegründend zu erwarten gewesen. Dass die Begründung dieses Antrages stattdessen auch auf das geplante Prozedere – ein nahtloser Übergang von der stationären Behandlung in eine (rehabilitative) Langzeiteinrichtung sollte erreicht werden – eingeht, ist ein Hinweis darauf, dass zumindest nicht nur medizinische Erfordernisse Grundlage für den stationären Aufenthalt im streitigen Zeitraum waren.

Auch die diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen überzeugen nicht. Er begründet die Erforderlichkeit stationärer Behandlung insbesondere mit zusätzlichen, von den Krankenhausärzten therapeutisch nur unzureichend berücksichtigten Erkrankungen (narzisstische Persönlichkeitsstörung, Krebserkrankung). Ungeachtet der Tatsache, dass der Senat eine narzisstische Persönlichkeitsstörung nach den Kriterien der ICD-10 nicht feststellen konnte (s.o. unter 2. a. bb.) bleibt offen, welche spezifischen Mittel des Krankenhauses zur Behandlung dieser zusätzlichen Erkrankungen erforderlich waren.

(2) Aus der von den einschlägigen medizinischen Fachgesellschaften erstellten Leitlinie „Psychotherapie der Depression“ ergibt sich nicht anderes. Nach Auffassung des BSG (Urteil vom 10. April 2008, a.a.O.) sind dieser Leitlinie (im Internet nach ihrem Außer-Kraft-Treten nur noch unter http://aerzteblatt.lnsdata.de/download/files/2004/07/x0001045.pdf abrufbar) wichtige Anhaltspunkte zur Frage zu entnehmen, welche ärztliche und nicht-ärztliche therapeutische Versorgung als krankenhaustypisch anzusehen ist. Indikationen für eine stationäre Einweisung sind demzufolge – eine schwere suizidale Krise, – differentialdiagnostische Unklarheiten (somatische oder zusätzliche psychiatrische Erkrankung) – deutliche Verschlechterung unter ambulanter Behandlung – sehr ausgeprägte Schwere der Symptomatik (z. B. Antriebshemmung, psychotische Wahrnehmungen) – weitgehende Unfähigkeit zur Alltagsbewältigung – plötzlicher Zusammenbruch des sozialen Netzwerkes – mittelschwere depressive Episode, wenn im Umfeld besonders belastende Faktoren vorliegen.

Im Falle des Versicherten lag keine dieser Indikationen vor. Die im Schreiben des LASV vom 08. Mai 2003 erwähnte „differentialdiagnostische Überlegung“ ist unbeachtlich, da die Gleichzeitigkeit von somatischen (Harnblasenkrebs, Ulcus cruris) und psychiatrischen Erkrankungen offensichtlich und unstrittig ist. Eine mittelschwere depressive Episode bestand nach den Feststellungen des Senats gerade nicht.

III. Die nach § 100 SGG zulässige Widerklage ist begründet.

Da nach den Feststellungen des Senats über den 27. September 2002 hinaus vollstationäre Krankenhausbehandlung nicht mehr erforderlich war und die Beklagte auch den 28. September 2002 vergütet hat, obwohl dieser Tag als reiner Entlassungstag gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz Bundespflegesatzverordnung bei vollstationärer Behandlung nicht zu vergüten gewesen wäre, kann sie im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs die Rückzahlung dieser Vergütung beanspruchen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.