Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 54/06

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg

Urteil vom 18.02.2010 (nicht rechtskräftig)

  • Sozialgericht Berlin S 87 KR 3017/04
  • Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 54/06

 

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin erstrebt die Aufnahme des so genannten IMEG-Patienten-Monitors in das vom Beklagten geführte Hilfsmittelverzeichnis.

Dieses Gerät ist Teil eines Intramyokardialen Elektrogramms (IMEG), welches der Überwachung einer möglichen Organabstoßung nach einer Herz- oder Herz-Lungen-Transplantation dient. Zur Anwendung dieser elektrophysiologischen Methode ist die Implantation eines telemetriefähigen Herzschrittmachers und zweier epikardialer Schraubelektroden während der Transplantation erforderlich. In der dann folgenden postoperativen Überwachungsphase kann über eine Empfangsspule – diese gleicht derzeit äußerlich einer “Fliegenklatsche” – das IMEG beider Herzventrikel in das am Patientenbett stehende streitgegenständliche Monitorgerät übertragen werden, welches den Amplitudenwert bestimmter Ausschläge im Elektrokardiogramm – der so genannten QRS-Komplexe – speichert. Die Daten, die sich bei den bis zu 40 Messungen (von jeweils 16 Sekunden Dauer) pro Nacht ergeben, werden von einem in den Monitor integrierten Modem täglich per Telefonleitung von der Wohnung des Patienten in das Transplantationszentrum bzw. die Praxis des nachbehandelnden Vertragsarztes übertragen. Die anhand dieser Daten per Computer erstellte Grafik erlaubt eine Aussage zur Abstoßungssituation: Ein mindestens 3 Tage anhaltendes Abfallen der QRS-Komplexamplitudenwerte um mehr als 8 % über die individuelle Variabilität begründet den Verdacht einer akuten Abstoßung und führt zu weiterer Diagnostik und Therapie.

Gefertigt wird der IMEG-Patienten-Monitor (Modell Hz 9) von der Firma PN E (Inhaber: P. Ne, mit Sitz in B, straße). Hersteller des implantierbaren Herzschrittmachers als weiterer Produktkomponente ist die St. J GmbH mit Sitz in N.

Ihren am 3. Dezember 2001 beim damals zuständigen Beigeladenen zu 3) eingegangenen Antrag auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis lehnten die damals zuständigen Spitzenverbände der Krankenkassen mit Bescheid vom 27. Oktober 2003 und Widerspruchsbescheid vom 25. März 2004 ab, da es sich bei dem IMEG-Patienten-Monitor Hz 9 nicht um ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) handele.

Das Sozialgericht verpflichtete die früheren Beklagten, die Spitzenverbände der Krankenkassen, mit Urteil vom 13. Dezember 2005 unter Aufhebung der oben genannten Bescheide, “den IMEG-Patienten-Monitor” mit Telefonmodem in das Hilfsmittelverzeichnis nach § 128 SGB V aufzunehmen”. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt:

“Das SGB V enthält keine Definition des Hilfsmittels. Abstrakt kann mit Zuck (MedR 2003, 335, 336) der Begriff des Hilfsmittels als Sache mit medizinischer Zweckrichtung beschrieben werden. Wegen ihrer Weite ist diese Definition jedoch für die Frage eines Anspruches auf Aufnahme einer Sache in das Hilfsmittelverzeichnis unbrauchbar. Eine Eingrenzung ergibt sich daraus, dass die Sache Gegenstand von potentiellen Leistungsansprüchen gemäß § 33 SGB V sein muss. Das ist für das in Rede stehende Gerät mit Telefonmodem zu bejahen. Der IMEG-Patientenmonitor ohne Telefonmodem wird demgegenüber nach Angaben der Klägerin nur im Krankenhaus eingesetzt und kann nicht Gegenstand eines Leistungsanspruchs von Versicherten sein.

Der IMEG-Patienten-Monitor mit Telefonmodem erfüllt die Definition der Produktgruppe 21 des Hilfsmittelkataloges. Der wohl erforderliche “Eigenanteil” des Patienten bei der Bedienung des Gerätes ist bereits durch die jeweiligen Applikation der “Fliegenklatsche” sowie dadurch gegeben, dass der Patient die tatsächliche Sachherrschaft über das Gerät innehat. Der Hilfsmitteleigenschaft steht nicht entgegen, dass der Patient die Messergebnisse nicht selbst wahrnimmt und auswertet. Es kann auch nicht verlangt werden, dass der Patient selbst in der Lage ist, mit Hilfe des Gerätes Maßnahmen zu ergreifen bzw. zu unterlassen. Schon die Definition der Produktgruppe 21 lässt es alternativ ausreichen, dass entsprechende Maßnahmen nach der Rückgabe mit dem behandelnden Arzt vorgenommen werden.” Gegen dieses, den damaligen Beklagten am 10. Januar 2006 (IKK-Bundesverband) bzw. am 11. Januar 2006, (alle übrigen damaligen Beklagten) zugestellte Urteil richteten sich deren Berufungen vom 9. Februar 2006 (AOK-Bundesverband, IKK-Bundesverband, Bundesverband der Landwirtschaftlichen Krankenkassen) und 10. Februar 2006 (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., AEV-Arbeiterersatzkassen-Verband e.V., See-Krankenkasse, BKK-Bundesverband). Aufgrund des Beschlusses des Senats vom 15. Mai 2009 werden der Spitzenverband Bund der Krankenkassen als alleiniger Beklagter bzw. Berufungskläger und die Rechtsnachfolger der bisherigen Spitzenverbände der Krankenkassen als Beigeladene geführt.

Zur Begründung der Berufung wird vorgebracht, bei einem Hilfsmittel müsse es sich um eine bewegliche Sache handeln, die den Erfolg einer Heilbehandlung bei Anwendung durch die Versicherten selbst sicherstellen solle. Der IMEG-Patienten-Monitor sei als Teilkomponente allein wirkungslos und bereits deshalb kein Hilfsmittel. Zum rechtzeitigen Erkennen von Abstoßungsreaktionen seien zwei weitere Teilkomponenten, der implantierte Chip sowie das im betreuenden Herzzentrum vorgehaltene Empfangsgerät, erforderlich, für die jedoch keine Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis beantragt worden sei. Aber auch alle drei Komponenten zusammen sicherten ohne weiteres Zutun eines Arztes, ohne seine speziellen Fachkenntnisse und weitere, durch ihn eingeleitete Maßnahmen nicht den Erfolg der Krankenbehandlung. Der herztransplantierte Patient veranlasse lediglich allabendliche Applikationen der Elektrospule auf seiner Brust und sei daher bei Einsatz des streitgegenständlichen Produktes nicht nur völlig datenblind, er könne mittels dieses Produktes auch nicht selbst auf seine Krankenbehandlung positiv Einfluss nehmen. Im Gegensatz dazu beeinflussen die Patienten, denen bereits im Hilfsmittelverzeichnis aufgenommene Hilfsmittel der Produktgruppe (PG) 21 (“Messgeräte für Körperzustände und -funktionen”) verordnet wurden, mit diesen Hilfsmittel ihren Krankheitsverlauf bzw. ihre Krankenbehandlung bewusst selbst und würden von diesen Geräten dabei unterstützt. So bestimme ein Patient mit den in die PG 21 bereits aufgenommenen Blutzuckermessgeräten seinen Blutzuckerspiegel selbst und richte daran selbsttätig seine Medikation aus. Gleiches gelte für den Gerinnungsmonitor “CoaguCheck” zur Feststellung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes. Der IMEG-Patienten-Monitor müsse daher wie die beiden übrigen Teilkomponenten als Teile der Praxisausstattung bzw. des Praxisbedarfs behandelt werden. Der IMEG-Patienten-Monitor könne den Patienten nicht vor Abstoßungsreaktionen bewahren, sondern lediglich Körperreaktionen des Patienten aufzeichnen. Im Übrigen könnten reine Vertriebsunternehmen – wie die Klägerin – weder selbst die Eintragung eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis beantragen noch das Aufnahmeverfahren betreiben.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Der IMEG-Patienten-Monitor mit Telefonmodem sei nicht für den Einsatz im Krankenhaus, in der Arztpraxis oder einer sonstigen Einrichtung, sondern speziell für die Anwendung im häuslichen Bereich des Patienten konzipiert, um die erforderliche kontinuierliche Abstoßungsüberwachung ohne stationäre Aufnahme des Patienten durchführen zu können. Bei der Entlassung des Patienten aus dem Krankenhaus nach der stationären Rekonvaleszenzzeit werde dem Patienten der IMEG-Patienten-Monitor vertragsärztlich verordnet und nach vorheriger Schulung und Einweisung in die Verwendung des Monitors nach Hause mitgegeben, wo er vom Patienten täglich für einen Zeitraum zwischen 24 und 36 Monaten eingesetzt werde. Der Gesetzgeber gehe von einem umfassenden Hilfsmittelbegriff aus. Das Bundessozialgericht (BSG) habe Hilfsmittel in Abgrenzung zu den Heilmitteln definiert als alle ärztlich verordneten Sachen, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Folgen von Gesundheitsschäden milderten oder ausglichen. Danach sei der IMEG-Patienten-Monitor ein Hilfsmittel zur Sicherung des Behandlungserfolges, denn er trage zum Erfolg der Behandlung von Patienten, die zuvor eine Herztransplantation erhalten hätten, bei und sichere den durch die Transplantation und die weitere Krankenbehandlung bereits erzielten Behandlungserfolg. Dabei solle der IMEG-Patienten-Monitor insbesondere den Patienten vor gesundheitsbeeinträchtigenden Abstoßungsreaktionen bewahren und die Abstoßung des transplantierten Herzens verhindern. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei für den Leistungsanspruch des Versicherten auf Versorgung mit einem Hilfsmittel gerade nicht erforderlich, dass das Hilfsmittel alleine den Behandlungserfolg sichere. Auch im Pflegehilfsmittelverzeichnis nach § 40 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI) seien in der Produktgruppe 52 verschiedene Hausnotrufsysteme als Pflegehilfsmittel enthalten, bei denen ein abgesetzter Notruf an eine an das Hausnotrufsystem angeschlossene Zentrale übermittelt werden müsse, also der im häuslichen Bereich vorhandene Teil des Notrufsystems allein nicht den vom Hausnotrufsystem erfolgten Zweck ohne zusätzliche externe Komponente erfüllen könne. Der Einsatz eines Hilfsmittels müsse auch nicht anstelle der ärztlichen Krankenbehandlung treten und diese ersetzen, sondern es sei im Gegenteil erforderlich, dass das Hilfsmittel innerhalb der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt werde, also der Hilfsmitteleinsatz Behandlungsmaßnahmen des Arztes flankiere. Auch bei den vom BSG als Hilfsmittel anerkannten Geräten zur nicht-invasiven Magnetfeldtherapie finde eine über das Anlegen und Einschalten des Gerätes hinausgehende eigenständige Einflussnahme des Versicherten auf den Erfolg der Krankenbehandlung nicht statt. Nicht einsichtig sei, warum ein technisches Gerät, dass ausschließlich und über einen längeren Zeitraum im häuslichen Bereich des Patienten eingesetzt werden solle, wie dies eben bei Hilfsmitteln üblich sei, als Praxisausstattung von den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Einrichtungen angeschafft werden solle. Dass der IMEG-Patienten-Monitor nicht auf den Körper einwirke, führe in der Sache nicht weiter, da auch das bereits im Hilfsmittelverzeichnis gelistete Blutgerinnungsmessgerät “CoaguCheck” keinerlei Wirkung auf den Körper entfalte, da es wie der Patienten-Monitor eben ein Messgerät für Körperzustände und damit ein diagnostisches Hilfsmittel sei. Anders als in der vom Beklagten zitierten Entscheidung des BSG vom 22. April 2009 sei sie – die Klägerin – kein reines Vertriebsunternehmen, sondern die für das erstmalige Inverkehrbringen verantwortliche Herstellerin des IMEG-Abstoßungsmonitoring-Systems, dessen Bestandteil der IMEG-Patienten-Monitor sei. Dass sie zugleich den Vertrieb, also das Geschäft mit den Abnehmern, übernehme, stelle die Herstellereigenschaft nicht in Frage. Für letztere sei gerade nicht erforderlich, dass die Herstellungshandlungen vom Hersteller selbst vorgenommen würden. Aus den von ihr eingereichten Antragsunterlagen gehe hervor, dass die Fa. PN E Zulieferer sei. Sollte der Senat dieser Einschätzung nicht folgen, berufe sie sich vorsorglich darauf, dass sie im Hinblick auf den gestellten Antrag auf Aufnahme des IMEG-Patienten-Monitors in das Hilfsmittelverzeichnis auch für die Fa. PN E im Rahmen gewillkürter Prozessstandschaft gehandelt habe und weiter handele. Dies ergebe sich zumindest im Wege der Auslegung aus der im Antragsverfahren vorgelegten “Gemeinsamen Erklärung des Zulieferers (Herstellers) und des Auftraggebers der Anmeldung von Medizinprodukten zur Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis (Inverkehrbringer)” vom 21. Dezember 2001 / 21. Januar 2002. Hieraus gehe hervor, dass sie – die Klägerin – im Einverständnis mit der Fa. PN E als Auftraggeber für die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis fungieren dürfe. Bereits im Verwaltungsverfahren hätten die entsprechenden Erklärungen vorgelegen und seien die Verhältnisse zur Fa. PN E offen gelegt gewesen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben, da die Klage unzulässig ist, aber auch unbegründet wäre. Die angegriffenen Bescheide erweisen sich im Ergebnis als rechtmäßig.

I. Die zum 1. Juli 2008 in Kraft getretene Änderung von § 139 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach nicht mehr die Spitzenverbände der Krankenkassen, sondern der zum gleichen Zeitpunkt gesetzlich geschaffene Spitzenverband Bund der Krankenkassen das Hilfsmittelverzeichnis zu erstellen hat, führt durch die hierin liegende Funktionsnachfolge zu einem gesetzlichen Parteiwechsel auf der Beklagtenseite (s. hierzu bereits Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2008, Az.: L 9 B 192/08 KR ER, veröffentlicht in Juris).

II. Die Klage ist unzulässig.

Nach § 139 Abs. 3 Satz 1 SGB V erfolgt die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis auf Antrag des Herstellers. Er hat die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachzuweisen und das Hilfsmittel mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache zu versehen (§ 139 Abs. 4 SGB V).

1. Herstellerin des allein streitgegenständlichen IMEG-Patienten-Monitors ist die Fa. PN E. Dies ergibt sich aus den – von der Klägerseite zum Beleg ihrer Rechtsauffassung ausdrücklich in Bezug genommenen – Anlagen 2 (Seite 2) und 11 (“Rechtsverhältnis Hersteller zu Inverkehrbringer”) zum Schreiben der Klägerin an den Beigeladenen zu 3) vom 1. Juli 2003. In diesen Anlagen wird die Klägerin demgegenüber als Inverkehrbringerin des “IMEG-Patienten¬sys¬tems” (Anlage 11) bzw. Herstellerin des IMEG-Abstoßungsmonitoring-Systems (Anlage 2) bezeichnet. Letzteres ist aber in seiner Gesamtheit, also einschließlich des implantierbaren Herz¬schrittmachers, gerade nicht Gegenstand des Aufnahmeverfahrens. Darüber hinaus bezeichnet sich die Fa. PN E in ihrer Konformitätserklärung vom 28. Januar 2000 selbst als Hersteller und wird in der den IMEG-Patienten-Monitor Hz 9 betreffenden EG-Prüfbescheinigung der Prüf- und Zertifizierstelle für Medizinprodukte GmbH am Institut für Mikrotechnik und Medizintechnik der Technischen Universität B vom 21. November 2000 ebenfalls als solcher bezeichnet. Aufgrund dieser Prüfbescheinigung ist die Fa. PN E als Hersteller des IMEG-Patienten-Monitors berechtigt, auf diesem das CE-Zeichen anzubringen, durch welches nach § 139 Abs. 5 Satz 1 SGB V der Nachweis der Funktionstauglichkeit und der Sicherheit grundsätzlich erbracht ist. Da das der Erlangung des CE-Zeichens dienende Konformitätsbewertungsverfahren nach § 9 Abs. 1 und 2, § 37 Abs. 1 des Medizinproduktegesetzes (MPG) i.V.m. der Medizinprodukteverordnung vom Hersteller – ggf. unter Einschaltung einer sog. Benannten Stelle – durchzuführen ist, kann auch nur dieser das Aufnahmeverfahren nach § 139 SGB V betreiben.

2. Die Klage ist auch nicht unter dem Blickwinkel einer gewillkürten Prozessstandschaft zulässig. Diese würde voraussetzen, dass die Klägerin befugt wäre, Rechte der Fa. PN E in eigenem Namen geltend zu machen.

Zwar hat die Fa. PN E unter dem 12. Februar 2010 bestätigt, dass die Klägerin berechtigt sei, ein ihr – der Fa. PN E – zustehendes Antragsrecht nach § 139 SGB V im eigenen Namen geltend zu machen. Die gewillkürte Verfahrensstandschaft hätte jedoch bereits im Verwaltungsverfahren erfolgen müssen (BSG, Beschluss vom 24. August 2009, Az.: B 3 KR 1/09 C, veröffentlicht in Juris, m.w.N.), was im vorliegenden Fall nicht geschah. Die o.g. Anlage 11 zum Anmeldungsantrag spricht nicht für, sondern gegen eine schon im Verwaltungsverfahren erfolgte Verfahrensstandschaft. In dieser “Gemeinsamen Erklärung” vom 21. Dezember 2001 / 21. Januar 2002 beauftragt die Klägerin im Einverständnis mit der Fa. PN E die B C GmbH – unter dieser Bezeichnung firmiert gegenwärtig die o.g. Prüf- und Zertifizierstelle an der Technischen Universität B – mit der Anmeldung des “IMEG-Patientensystems” zur Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis. Aus der insoweit bestehenden Übereinstimmung kann aber nicht gefolgert werden, dass die Klägerin berechtigt wäre, die Rechte der Fa. PN E im umfassender Weise geltend zu machen, zumal die Anmeldung in Abweichung von der o.g. “Gemeinsamen Erklärung” tatsächlich durch die Klägerin und nicht durch die B C GmbH erfolgte.

Unabhängig davon ist das für jede gewillkürte Prozessstandschaft zu fordernde eigene Rechtsschutzinteresse der Klägerin (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 9.A., § 54 Rd. 11a m.w.N.) weder behauptet noch anderweitig ersichtlich. Dieses Interesse dürfte im Übrigen nicht mit dem Rechtsschutzinteresse der Fa. PN E als Rechtsinhaberin identisch sein (vgl. BVerwGE 61, 334). Die Klägerin und die Fa. PN E haben jedoch, was die Aufnahme des IMEG-Patienten-Monitor in das Hilfsmittelverzeichnis anbelangt, ein identisches Interesse: das der Absatzsteigerung.

III. Die Klage wäre, ihre Zulässigkeit unterstellt, aber auch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufnahme des IMEG-Patienten-Monitors in das Hilfsmittelverzeichnis. Denn es handelt sich hierbei nicht um ein Hilfsmittel i.S.d. SGB V.

1) Zweifelhaft ist bereits, ob der Schwerpunkt der von der Klägerin den Versicherten bzw. den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten angebotenen Leistung überhaupt auf der Überlassung des IMEG-Patienten-Monitor liegt. Denn nach einer von der Klägerin erstellten, offensichtlich Werbezwecken dienenden Broschüre, welche ihrem Schreiben vom 29. November 2001 an den Beigeladenen zu 3) beigefügt war, ist IMEG eine Dienstleistung, die dem behandelnden Arzt von ihr – der Klägerin – zur Verfügung gestellt werde. Rechtliche Grundlage sei ein Dienstvertrag zwischen der Klägerin und der behandelnden Klinik. Materiell bestehe die Leistung der Klägerin aus Daten, die in Form eines Reports an eine von der Klinik bestimmte Adresse übermittelt werde. Steht demzufolge eine gegenüber Ärzten zu erbringende Dienstleistung der Klägerin im Mittelpunkt, so dürfte schon dies einer Eintragung in das Hilfsmittelverzeichnis entgegenstehen.

2) Nach § 139 Abs. 1 Sätze 1 bis 2 SGB V erstellt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis, in dem von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen sind. Im welchem Umfang die Krankenkassen Versicherte mit Hilfsmitteln zu versorgen haben, ergibt sich aus § 33 SGB V. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen (§ 33 Abs. 1 Satz 4 SGB V). Darüber hinaus definiert § 31 SGB IX Hilfsmittel als solche Gegenstände, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen (Nr. 1), den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern (Nr. 2) oder eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind (Nr. 3). Dieser Hilfsmittelbegriff, der die bis dahin ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zusammenfasst, ist auch im Rahmen des § 33 SGB V maßgebend (BSG, Urteile vom 3. August 2006, Az.: B 3 KR 25/05 R, und vom 26. März 2003, Az.: B 3 KR 23/02 R – Rollstuhl-Ladeboy, beide veröffentlicht in Juris). Danach sind lediglich fest eingebaute Inventarbestandteile einer Wohnung oder auch einer Praxis keine Hilfsmittel; im Übrigen spielt es aber keine Rolle, ob die Gegenstände von professionellen Anwendern oder von Laien benutzt werden (BSG, Urteil vom 3. August 2006, a.a.O., m.w.N.). Weiterhin kommt es nicht darauf an, ob die Mittel unmittelbar am Körper der kranken oder behinderten Personen wirken und dadurch den ärztlichen Behandlungserfolg sichern oder eine Behinderung ausgleichen oder ob dies mittelbar dadurch erfolgt, dass eine Hilfsperson in die Lage versetzt wird, die beabsichtigten Ziele zu erreichen. Für den Bereich des Behinderungsausgleichs hat das BSG dies bereits mehrfach entschieden (BSG, Urteile vom 3. August 2006 und 26. März 2003, jeweils a.a.O., sowie vom 16. September 2004, Az.: B 3 KR 19/03 R – schwenkbarer Autositz -, veröffentlicht in Juris). Entscheidend ist danach, ob das Mittel im Einzelfall der behinderten Person dadurch zu Gute kommt, dass die Auswirkungen ihrer Behinderungen behoben oder gemildert werden, selbst wenn dies dadurch geschieht, dass die Pflege durch Dritte erleichtert wird (BSG, Urteil vom 3. August 2006, a.a.O.).

Berücksichtigte man nur diese Maßgaben, könnte der IMEG-Patienten-Monitor als Hilfsmittel i.S.v. § 33, § 139 SGB V angesehen werden. Denn er kann bei einem Wohnungswechsel mitgeführt werden und dient – im Zusammenwirken mit dem implantierten Herzschrittmacher und der EDV-Einheit beim die Transplantationsnachsorge durchführenden Arzt – unstreitig der Sicherung eines Behandlungserfolgs, nämlich der erfolgreichen Herz- oder Herz-Lungen-Transplantation. Da durch seinen Einsatz einer Organabstoßung erfolgreich entgegengewirkt werden kann, dürfte er auch einer (weiteren) drohenden Behinderung vorbeugen.

Der IMEG-Patienten-Monitor ist jedoch nicht alleine, sondern nur im Zusammenwirken mit dem implantierten Herzschrittmacher und der EDV-Einheit beim die Transplantationsnachsorge durchführenden Arzt geeignet, den Erfolg der Organtransplantation zu sichern und einer drohenden weiteren Behinderung vorzubeugen. Dies steht einer Qualifikation als eigenständiges Hilfsmittel i.S.d. SGB V entgegen.

In Abgrenzung zu Heilmitteln kommen als Hilfsmittel allein bewegliche Sachen in Betracht. Der IMEG-Patienten-Monitor ist ein körperlicher Gegenstand und damit eine Sache im Sinne des § 90 BGB. Auch stellt er keine untrennbare Einheit mit dem implantierten Herzschrittmacher und der EDV-Einheit dar, so dass er sachenrechtlich Gegenstand eigener Rechte und Pflichten sein kann (vgl. § 93 BGB). Weiterhin stellt er eine technische Hilfe dar, die der Versicherte/Patient bei sich führen kann. Insoweit ist das eingesetzte Mittel grundsätzlich geeignet, ein Hilfsmittel im Sinne der §§ 33 SGB V, 31 SGB IX zu sein.

Jedoch kann der IMEG-Patienten-Monitor für sich genommen die durch §§ 33 SGB V, 31 SGB IX vorgegebenen Ziele – die Sicherung der Krankenbehandlung, der Behinderungsausgleich oder die Vorbeugung einer drohenden Behinderung – weder ganz noch teilweise erreichen. Da der verfolgte Zweck allein durch den IMEG-Patienten-Monitor nicht bewirkt werden kann, fehlt ihm die Hilfsmitteleigenschaft. Es bedarf immer auch des Einsatzes der beiden anderen Komponenten des Systems. Ohne deren Einsatz ist der IMEG-Patienten-Monitor funktional wertlos. Anders als im sachenrechtlichen Sinne (siehe oben) stellt er funktional eine untrennbare Einheit mit den beiden anderen Komponenten des Systems dar, so dass auch nur das gesamte System – bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen – als Hilfsmittel angesehen werden kann. Eine Zerlegung des nur insgesamt wirkenden Systems in seine einzelnen Komponenten würde dem final ausgerichteten Begriff des Hilfsmittels nicht gerecht werden (vgl. hierzu auch das Urteil des Senats vom 18. Februar 2010, Az.: L 9 KR 18/08, zur Veröffentlichung in Juris vorgesehen).

Aus einer Eintragung von Hausnotrufsystemen in das Pflegehilfsmittelverzeichnis nach § 40 SGB XI Hausnotrufsysteme ergibt sich nichts anderes. Denn ob für dieses Verzeichnis nach dem SGB XI die gleichen Grundsätze gelten wie für das Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 SGB V, ist im hiesigen Rechtsstreit nicht zu klären.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.