Landessozialgericht Hessen L 8 KR 221/18

Kernpunkte:

  • Die Versandfrist für Unterlagen (§ 7 Abs. 2 Prüfv) ist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist und ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG gedeckt.
  • Wenn Unterlagen, die der MDK präzise angefordert hat nicht fristgerecht eingehen, ist die Kasse berechtigt, nur den „unstrittigen Betrag“ zu bezahlen.
  • Dabei bestimmt die Kasse, was „unstrittig“ ist.

 

 

 

Hessisches Landessozialgericht

Urteil vom 28.05.2020
(nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Kassel S 12 KR 171/17
Hessisches Landessozialgericht L 8 KR 221/18
Bundessozialgericht B 1 KR 24/20 R

 

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 14. Februar 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

Der Streitwert wird auf 1.166, – EUR festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

 

Tatbestand:

 

Im Streit steht die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung und dabei insbesondere das Bestehen eines Vergütungsausschlusses aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 2 der Prüfverfahrensvereinbarung (Prüfv) in der Fassung vom 1. September 2014.

Die bei der Beklagten versicherte C. C. (nachfolgend nur Versicherte) befand sich vom 20. bis 22. Mai 2015 in stationärer Behandlung im Klinikum der Klägerin. Hierfür wurde von der Klägerin der Beklagten am 28. Mai 2015 ein Betrag von insgesamt 2.078,64 EUR auf der Grundlage der DRG E71C in Rechnung gestellt. Die Rechnung wurde von der Beklagten zunächst vollständig beglichen und von ihr dann am 17. Juni 2015 eine Rechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) veranlasst, wobei geprüft werden sollte, ob die Überschreitung der unteren Grenzverweildauer bzw. das Erreichen der unteren Grenzverweildauer medizinisch begründet gewesen sei. Gleichzeitig zeigte die Beklagte der Klägerin die Einleitung des Prüfverfahrens an. Dabei wies die Beklagte darauf hin, dass ihr auf der Grundlage der vorliegenden Daten die Verweildauer der Krankenhausbehandlung nicht nachvollziehbar sei und eine Fehlbelegungsprüfung durch den MDK durchgeführt werde.

Mit Schreiben vom 18. Juni 2015 teilte der MDK der Klägerin mit, dass von ihm bezüglich des vorgenannten Behandlungsfalls eine Prüfung mit der Fragestellung “War die Überschreitung bzw. das Erreichen der unteren Grenzverweildauer medizinisch begründet?” durchgeführt werde und deshalb um Übersendung folgender Unterlagen in Kopie gebeten werde: “Anästhesieprotokoll(&1077;), Ärztliche Dokumentation (Anordnungen etc.), Aufnahmedokumentation Arzt, Aufnahmedokumentation Pflege, ggf. Dekubitusdokumentation, Fieberkurve / Tageskurve, Interventionsberichte, Krankenhausentlassungsbericht (Arztbrief), Histologie, Laborbericht(e) / Mikrobiologie/ Blutgasanalysen, Operationsbericht(e), Pflegebericht”. Sollten darüber hinaus weitere Unterlagen für die Bewertung des Sachverhaltes relevant sein, so seien diese den genannten Unterlagen beizufügen. Bezüglich der Anfrage wurde vom MDK auf § 275 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V, sowie auf die PrüfvV gem. §17&1089; Abs. 2 KHG Bezug genommen. Das Schreiben enthält weiter den Hinweis: “Sollten wir bis 16. Juli 2015 keinen Eingang feststellen, geben wir unseren Auftrag der Krankenkasse zurück. Verspätet eingegangene Unterlagen dürfen für Fälle mit stat. Aufnahme ab dem Jahr 2015 bei der Begutachtung nicht mehr berücksichtigt werden und gehen deshalb unbesehen an Sie zurück.” Nach dem Gutachten des MDK vom 4. August 2015 (Dr. D.) wurde seitens der Klägerin von den angeforderten Unterlagen am 15. Juli 2015 lediglich der Krankenhausentlassungsbericht sowie Laborbericht(e) / Mikrobiologie / Blutgasanalysen vorgelegt. Aus diesen Unterlagen lasse sich die Dauer der stationären Krankenhausbehandlung nicht nachvollziehen. Die Diagnostik hätte zügiger erfolgen und die Versicherte bereits am 21. Mai 2015 wieder entlassen werden können.

Mit Schreiben vom 25. August 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Verweildauer des Behandlungsfalls nach dem Gutachten des MDK um einen Tag hätte verkürzt werden können. Daraus resultiere ein Erstattungsanspruch i.H.v. 1.166 EUR. Hierbei handele es sich um eine abschließende Entscheidung gemäß § 8 PrüfvV.

Nachfolgend wurde von der Beklagten eine Verrechnung des vorgenannten streitgegenständlichen Rechnungsbetrages mit einer unstreitigen Rechnung der Klägerin durchgeführt.

Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Kassel vom 27. April 2017 gewandt.

Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin weitere Unterlagen zur streitgegenständlichen stationären Behandlung vorgelegt. Dazu hat der MDK in einem Gutachten vom 27. Oktober 2017 (Dr. E.) Stellung genommen und ausgeführt, dass die stationäre Verweildauer auf Basis der nunmehr vorgelegten Daten vollständig nachzuvollziehen sei. Nachfolgend hat die Beklagte vorgetragen, dass § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV 2015 eine Ausschlussfrist beinhalte und deren Nichteinhaltung zum Anspruchsuntergang des streitigen Betrages geführt habe.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 14. Februar 2018 verurteilt, der Klägerin 1.166 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 28. August 2015 zu zahlen. Die Beklagte sei auch insoweit zur Zahlung des geltend gemachten Rechnungsanspruchs verpflichtet. Aus dem Gutachten des MDK vom 27. Oktober 2017 ergebe sich zweifelsfrei, dass auf Seiten der Versicherten die von der Klägerin geltend gemachte vollstationäre Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit vorgelegen habe und Rechtsgründe, die einem vollständigen Rechnungsausgleich entgegenstünden, nicht vorlägen. Die seitens der Beklagten durchgeführte Aufrechnung in Höhe der streitgegenständlichen Forderung sei hingegen nicht rechtmäßig. Der Vergütungsanspruch sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erloschen bzw. auf der Grundlage der PrüfvV ausgeschlossen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Klägerin die vom MDK angeforderten Unterlagen vollständig vorgelegt habe oder nicht, da § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist beinhalte, sondern deren Regelungsgehalt sich auf eine verfahrensrechtliche Frist zur Beendigung des Prüfverfahrens beschränke, ohne dass bei einem Verstreichen dieser Frist das Sozialgericht in einem späteren Klageverfahren an einer Einbeziehung nachträglich oder zusätzlich vorgelegter Unterlagen durch ein Krankenhaus an deren Verwertung gehindert wäre. Hieraus folge auch kein entsprechendes Beweisverwertungsverbot. Selbst wenn insoweit von einer von den Vertragspartnern tatsächlich vereinbarten materiell-rechtlichen Ausschlussfrist ausgegangen werden könnte, wäre diese nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG gedeckt, damit rechtswidrig und im gerichtlichen Verfahren nicht zu beachten.

Am 19. April 2018 hat die Beklagte Berufung gegen das ihr am 23. März 2018 zugestellte Urteil eingelegt.

Die Beklagte ist der Ansicht, die streitige Verweildauer sei nach den Feststellungen des MDK nur auf der Basis der Patientenunterlagen medizinisch nachvollziehbar gewesen, die bereits im Prüfverfahren explizit angefordert, durch die Beklagte jedoch nicht übermittelt worden seien. Da hierdurch die Ausschlussfrist zur Vorlage der prüfrelevanten Unterlagen nach Anforderung durch den MDK von 4 Wochen nach § 7 Abs. 2 S. 3 der PrüfvV nicht eingehalten worden sei, habe dies zum Anspruchsuntergang des streitigen Betrages geführt. Diese Regelung sei auch von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG umfasst. Nach der Gesetzesbegründung würden bundeseinheitliche Konkretisierungen zu notwendigen Regelungsinhalten vorgegeben. Die Benennung der Regelungsinhalte sei ausdrücklich nicht abschließend. Intention des Gesetzgebers sei es gewesen, Konflikte zwischen den Vertragspartnern zu vermeiden und die Eigenverantwortung der Vertragspartner zu stärken, um durch vereinbarte Vorgaben gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermindern.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 14. Februar 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, es sei davon auszugehen, dass die Nichteinhaltung der AktenübermittIungsfrist lediglich das MDK-Prüfverfahren beende, um es der Krankenkasse zu ermöglichen, ihre Ieistungsrechtliche Entscheidung zu treffen, ohne dass dies den Verlust des streitigen Vergütungsanspruches des Krankenhauses zur Konsequenz hätte. Die gegenteilige Auffassung habe im Wortlaut von § 7 PrüfvV keinen Niederschlag gefunden. Anders als in den §§ 6 und 8 PrüfvV werde dort nicht klargestellt, dass es sich bei der in § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV enthaltenen Frist um eine Ausschlussfrist handele.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Entscheidung des Senats konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch in der Sache begründet. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten der geltend gemachte und vom Sozialgericht Kassel zuerkannte Vergütungsanspruch für die streitgegenständliche stationäre Behandlung nicht zu.

Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung der Versicherten im Zeitraum vom 20. bis 22. Mai 2015 in Höhe von (weiteren) 1.166,- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juni 2012 zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den gesamten von der Klägerin (zunächst) geltend gemachten Betrag in Höhe von 2.078,64 EUR gezahlt, jedoch zu Recht nachträglich den Vergütungsanspruch mit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen gegen die Beklagte aufgerechnet.

Der mit der erhobenen Leistungsklage verfolgte Vergütungsanspruch der Klägerin aus anderweitigen Krankenhausbehandlung anderer Versicherter der Beklagten ist unstreitig. Darauf, welchen Vergütungsanspruch die Klägerin auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nicht an (vgl. z.B. Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 10), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – juris, Rn. 8, 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R – juris, Rn. 8 und 25. Oktober 2016 – B 1 KR 7/16 R – juris, Rn. 9). Der anderweitige Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erlosch dadurch, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam die Aufrechnung erklärte (vgl. BSG, BSG, Urteil vom 8. Oktober 2019 B 1 KR 2/19 R – juris, Rn. 9; Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R –, juris, Rn. 33 m.w.N.). Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch waren gegenseitig und gleichartig, der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar. Der Beklagten steht insoweit als Grundlage für ihre Gegenforderung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 1.166, – EUR zu, denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte in der streitigen Höhe ohne Rechtsgrund.

Wegen der rechtlichen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs der Klägerin gegenüber der Beklagten aufgrund der von ihr durchgeführten Krankenhausbehandlung nach Maßgabe der in den Entscheidungsgründen des Urteils aufgeführten Bestimmungen des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG), des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der hiernach abgeschlossene Normsetzungsverträge wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden und von den Beteiligten nicht in Abrede gestellten Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen und von einer erneuten Darstellung abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Im Anschluss an das während des gerichtlichen Verfahrens eingeholte Gutachten des MDK vom 27. Oktober 2017 bestehen keine Zweifel und wird es auch von der Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt, dass die vom 20. bis 22. Mai 2015 im Klinikum der Klägerin durchgeführte stationäre Behandlung der Versicherten erforderlich war und nach den einschlägigen Vergütungsregelungen auf der Grundlage der DRG E71C (Neubildungen der Atmungsorgane, mehr als 1 Belegungstag, mit äußerst schweren CC) grundsätzlich den von der Klägerin in Rechnung gestellten Vergütungsanspruch in Höhe von 2.078,64 EUR rechtfertigt. Der danach unstreitig entstandene Anspruch ist aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 2 S. 3 PrüfvV in der für Behandlungsfälle im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2016 und damit vorliegend anwendbaren Fassung vom 1. September 2014 (nachfolgend PrüfvV a.F.) nach Ablauf der 4-wöchigen Frist zur Vorlage der zur Prüfung der Rechnung vom MDK benötigten und angeforderten Unterlagen im streitgegenständlichen Umfang von 1.166,- EUR jedoch wieder erloschen. Die Beklagte war folglich in diesem Umfang berechtigt, die Zahlung aufgrund der von ihr bereits vollständig beglichene Rechnung mit einer anderen noch offenen Rechnung der Klägerin zu verrechnen.

Nach § 7 Abs. 2 S. 2 PrüfvV a.F. kann der MDK bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Das Krankenhaus hat die Unterlagen dann innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln. Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag (§ 7 Abs. 2 S. 3 – 4 PrüfvV a.F.).

Vorliegend wurde von der Beklagten innerhalb der durch § 4 PrüfvV a.F. vorgegebenen Frist von sechs Wochen nach Rechnungsstellung eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausleistung bzw. Korrektheit der Abrechnung nach § 275 Abs. 1c SGB V eingeleitet. Gegenstand der Überprüfung war hierbei die Notwendigkeit der Dauer der stationären Krankenhausbehandlung, so dass es sich zweifelsfrei um eine Auffälligkeitsprüfung im vorgenannten Sinne handelte, welche den Regelungen der PrüfvV a.F. unterliegt (§ 2 Nr. 1 PrüfvV a.F.). Vom MDK wurden nachfolgend im Rahmen der Prüfung im schriftlichen Verfahren konkrete, im Einzelnen bezeichnete Unterlagen zur Prüfung der Dauer der stationären Behandlungsbedürftigkeit angefordert und diese von der Klägerin innerhalb von vier Wochen nach Zugang der betreffenden Prüfanzeige nicht vollständig vorgelegt. An dem Vorstehenden ergeben sich für den Senat aufgrund des insoweit übereinstimmenden Vorbringens der Beteiligten und den von diesen vorgelegten Unterlagen keine Zweifel. Entgegen der Ansicht der Klägerin sowie den Entscheidungsgründen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil ergibt sich hieraus eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, welche die seitens der Beklagten durchgeführte Verrechnung eines Teils des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs in Höhe der sich mangels hinreichender Belege durch den MDK nicht überprüfbaren Verweildauer rechtfertigt. Die Regelung des § 7 Abs. 2 S. 3 und 4 PrüfvV a.F. beinhaltet der Sache nach eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, welche sich auch auf eine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen lässt. Die Formulierung der PrüfvV a.F. in § 7 Abs. 2 S. 4 (“Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag”), lässt zur Überzeugung des Senats allein den Schluss darauf zu, dass bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des vorangegangenen S. 3 (“Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln”), der Sache nach ein Ausschluss des infolgedessen nicht überprüfbaren Zahlungsanspruchs eintritt.

Der Senat schließt sich diesbezüglich der Rechtsauffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg an (Urteile vom 17. April 2018 – L 11 KR 936/17, juris Rn. 50 ff. sowie vom 21. Januar 2020 – L 11 KR 1437/19, juris Rn. 36), wonach es sich bei § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV a.F. um eine Frist handelt, die einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist entspricht. Hierbei handelt es sich zwar nicht um eine “klassische” Ausschlussfrist, weil das Krankenhaus im Fall einer Fristversäumung nur dann mit der kompletten Vergütungsforderung ausgeschlossen ist, wenn die Krankenkasse der Meinung ist, dass dem Krankenhaus gar kein Anspruch auf Vergütung zusteht. Die Wirkung einer Versäumung der Frist des § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV ist in § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV jedoch ausdrücklich bestimmt. Danach steht dem Krankenhaus bei einer nicht fristgerechten Vorlage der angeforderten Unterlagen nur ein Anspruch auf den unstrittigen Betrag zu. Diese Regelung ist abschließend; in ihrer Wirkung entspricht sie in Bezug auf den strittigen Betrag einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist. Als solche ist die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 PrüfvV auch von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG gedeckt. In einem obiter dictum hat sich das BSG dem angeschlossen und hierbei ausgeführt: “Während etwa § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 der zwischen dem GKV-Spitzenverband und der DKG geschlossenen, am 1. September 2014 in Kraft getretenen Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V aufgrund hinreichender Ermächtigung (vgl. § 17c Abs. 2 KHG; rechtsähnlich z.B. BSG SozR 4-2500 § 129 Nr. 7 RdNr. 15 ff. m.w.N.) mit der Vergütungsbegrenzung auf das Unstreitige eine wirksame, verhältnismäßige und spezielle materiell-rechtliche Ausschlussregelung enthält (zutreffend etwa LSG Baden Württemberg Urteil vom 17. April 2018 – L 11 KR 936/17 – juris RdNr. 53 = KHE 2018/10), existiert für den betroffenen Behandlungsfall (Anm.: aus dem Jahr 2012, d.h. vor Inkrafttreten der PrüfvV) keine gesetzliche oder vertragliche Grundlage, nach der das Krankenhaus im Rechtsstreit über eine weder verjährte noch verwirkte Vergütungsforderung mit tatsächlichem Vorbringen nach Ablauf bestimmter Fristen ausgeschlossen wäre” (BSG, Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 33/18 R –, juris Rn. 16).

Soweit von der Klägerin und hiermit übereinstimmend vom Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil demgegenüber die Auffassung vertreten wird, dass die Vereinbarung einer Ausschlussfrist in der PrüfvV a.F. von der Ermächtigungsgrundlage des § 17 c Abs. 2 KHG nicht gedeckt sei, vermag dies der Senat angesichts des Wortlautes der gesetzlichen Bestimmung sowie auch der hierzu vorliegenden Gesetzesmaterialien nicht nachzuvollziehen. § 17c Abs. 2 KHG in der vorliegend anwendbaren Fassung vom 21. Juli 2014 lautet: 1Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft regeln das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch; in der Vereinbarung sind abweichende Regelungen zu § 275 Absatz 1c Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch möglich. 2Dabei haben sie insbesondere Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über den Zeitpunkt der Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen zu treffen.

Unter der Bezeichnung “Näheres zum Prüfverfahren” als primärer Regelungsgegenstand der PrüfvV a.F. lassen sich ohne weiteres auch die Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch infolge von Verstößen gegen Regelungen zum Ablauf des Prüfverfahrens subsumieren. Die Aufzählung von möglichen Einzelregelungen der PrüfvV a.F. in § 17c Abs. 2 S. 2 KHG ist nicht abschließend, sondern lediglich beispielhaft (“insbesondere”), so dass hierdurch die Regelung einer Ausschlussfrist nicht ausgeschlossen wird und folglich keine Überschreitung des Rahmens der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage darstellt. Bestätigt wird dies durch die betreffenden Ausführungen in den Gesetzesmaterialien. Danach wurden der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit der Neufassung des Abs. 2 von § 17 KHG beauftragt, die nähere Ausgestaltung des Prüfverfahrens für die Einzelfallprüfung durch den MDK vorzunehmen und sollten hierbei insbesondere die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung regeln. Weiter heißt es hierzu in den Materialien wörtlich: Da die Benennung der zu vereinbarenden Regelungsinhalte in Satz 2 nicht abschließend ist, können auch Vereinbarungen zu anderen regelungsrelevanten Sachverhalten getroffen werden. Mit der näheren Ausfüllung dieser Vorgaben haben es die Vertragsparteien auf Bundesebene in der Hand, die Zusammenarbeit der Krankenhäuser und Krankenkassen effektiver und konsensorientierter zu gestalten. In diesem Sinne sind unter Berücksichtigung der Rechtsprechung Vereinbarungen insbesondere zu den folgenden Sachverhalten zu treffen:
– Vereinbarung zum Zeitpunkt der vollständigen Vorlage zahlungsbegründender Unterlagen bei den Krankenkassen
– …
– Zu klären ist, wie Rückforderungen abgewickelt werden und ob und inwieweit eine Aufrechnung mit offenen Forderungen zulässig ist.
(BT-Drs. 17/13947, S. 38).

Damit wird zunächst nochmals klargestellt, dass die gesetzliche Aufzählung der möglichen Regelungsinhalte in § 17 Abs. 2 KHG nicht abschließend ist. Zudem verdeutlicht die in den Gesetzesmaterialien beispielhaft (“insbesondere”) erfolgte Benennung weiterer möglicher Regelungsinhalte der PrüfvV, dass es sich hierbei auch um Regelungen mit Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch handeln kann. So impliziert die Formulierung “Vereinbarung zum Zeitpunkt der vollständigen Vorlage zahlungsbegründender Unterlagen bei den Krankenkassen”, dass die nicht rechtzeitige Vorlage vollständiger Unterlagen Rechtsfolgen für den Zahlungsanspruch nach sich ziehen kann. Dies ergibt sich auch aus dem weiteren, beispielhaft aufgeführten möglichen Regelungsinhalt der PrüfvV “zu klären , wie Rückforderungen abgewickelt werden und ob und inwieweit eine Aufrechnung mit offenen Forderungen zulässig ist”.

Die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Ausschlussfrist in der PrüfvV a.F. folgt für den Senat auch aus dem Umstand, dass die Ermächtigungsgrundlage des § 17c KHG eine Regelung im Gleichordnungsverhältnis zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern trifft. Für entsprechende Regelungen im Gleichordnungsverhältnis zwischen Krankenkassen und Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen (KZÄV) bestehen nach der Rechtsprechung des BSG keine grundsätzlichen Bedenken, wenn eine zwischen den Vertragspartnern im Gleichordnungsverhältnis auf gesetzlicher Grundlage von § 82 SGB V getroffene bundesmantelvertragliche Regelung die Wirkung einer materiellen Sanktion in Form eines Forderungsverlustes hat. So hat es für § 17 Abs. 1 S. 5 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte in der ab dem 1. April 2014 geltenden Fassung, in dem geregelt war, dass von der KZÄV nicht rechtzeitig bearbeitete Berichtigungsanträge die Ersatzkasse “zur Einbehaltung von 75 v.H. der mit den Berichtigungsanträgen geltend gemachten Forderungen” berechtigen, entschieden: “Nach alledem lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Vertragspartner für den Fall einer verspäteten Bearbeitung einen endgültigen Forderungsverlust vereinbaren wollten. Die gravierende Folge eines endgültigen Verlustes der Forderung in Höhe des Einbehalts bedürfte einer klaren, zweifelsfreien normativen Regelung, wie sie das Gesetz etwa in § 106a Abs. 4 Satz 4 SGB V n.F. mit der Formulierung “kann auf die Gesamtvergütung anrechnen” vorsieht” (BSG, Urteil vom 23. März 2016 – B 6 KA 14/15 R –, SozR 4-5555 § 17 Nr. 1, Rn. 30). Hieraus ergibt sich, dass das BSG selbst eine auf der sehr allgemeinen Grundlage von § 82 SGB V getroffene Regelung, die einen Forderungsausschluss beinhaltet, für grundsätzlich zulässig hält und lediglich eine zweifelsfreie Regelung fordert.

Auch in anderen Zusammenhängen hat das BSG materiell-rechtliche Ausschlussfristen in untergesetzlichen Regelungen für unbedenklich angesehen: “Die KÄVen sind allerdings auf der Rechtsgrundlage des § 85 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB V (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl. I 2266) befugt, in ihrem HVM (Honorarverteilungsmaßstäben) Regelungen über die Modalitäten der Abrechnung durch die Vertragsärzte zu treffen. Sie dürfen in diesem Zusammenhang auch Abrechnungsfristen vorgeben und diese als Ausschlussfristen ausgestalten. Zwar dient der HVM grundsätzlich nur der Verteilung der Gesamtvergütung (BSGE 88, 20, 22 = SozR 3-2500 § 75 Nr. 12 S. 68). Doch dürfen in ihm auch Sachverhalte geregelt werden, die mit der Honorarverteilung im Zusammenhang stehen. Hierzu zählen insbesondere Bestimmungen über die Form und den Zeitpunkt der Vorlage der Abrechnungen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 32 S. 246; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 85 RdNr. 161). Im HVM können insbesondere nicht nur die Fristen geregelt werden, die die Vertragsärzte bei der Abrechnung einhalten müssen, sondern auch die Folgen, die sich aus einem Fristversäumnis für die Abrechnungen ergeben. § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V lässt daher auch eine Regelung im HVM zu, nach der Abrechnungsscheine von der Vergütung ausgeschlossen sind, die nicht innerhalb des festgesetzten Einsendetermins zur Abrechnung eingereicht werden. Entgegen der Auffassung der Revision bedarf die Ausgestaltung von Abrechnungsfristen als materielle Ausschlussfristen in einem HVM keiner ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Die gesetzliche Ermächtigung für den Erlass des HVM in § 85 Abs. 4 SGB V und der der KÄV damit eingeräumte Regelungsspielraum wird grundsätzlich dem Parlamentsvorbehalt und dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot gerecht (dazu BSG SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 RdNr. 28, 29). Weitergehende Anforderungen ergeben sich auch nicht im Hinblick auf das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Ausgestaltung einer Abrechnungsfrist als Ausschlussfrist stellt für sich genommen keinen derart schwerwiegenden Eingriff in die Berufsausübung dar, dass für ihn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre” (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 – B 6 KA 19/04 R –, SozR 4-2500 § 85 Nr. 19, Rn. 21 22). Weiterhin dürfen nach der Rechtsprechung des BSG Landesverträge über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung Fristen für die Erhebung von Forderungen aus Vertragsleistungen setzen und als materielle Ausschlussfristen gestalten (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2006 B 3 KR 29/05 R –, SozR 4-2500 § 33 Nr. 14).

Nach der Gesetzesbegründung soll die Vorschrift des § 17c KHG Konflikte zwischen den Vertragspartnern bei der Abrechnungsprüfung im Krankenhausbereich vermeiden und die Modalitäten der Konfliktlösung stärker in die Eigenverantwortung der Vertragspartner zu legen (BT-Drs. 17/13947). Dies impliziert die Zulässigkeit von Regelungen im Vertrag, welche die Verletzung von Verfahrens- bzw. Mitwirkungspflichten durch den (teilweisen) Verlust des Vergütungsanspruchs bzw. des Rückforderungsrechts sanktionieren. Denn wenn die Missachtung verfahrensbezogener Regelungen in der PrüfVV a.F. nicht mit Sanktionen versehen werden dürfte, stellt sich die Frage nach dem Sinn solcher Verfahrensregelungen.

Die Verbindlichkeit der PrüfvV a.F. nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen für die Beteiligten ergibt sich sodann unmittelbar aus § 17c Abs. 2 S. 4 KHG, wonach die vorliegend der PrüfvV a.F. zu Grunde liegende Festsetzung durch die Schiedsstelle unter anderem für die Krankenkassen und die zugelassenen Krankenhäuser unmittelbar verbindlich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.