Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 KR 181/99

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen

Urteil vom 25.04.2001 (nicht rechtskräftig)

  • Sozialgericht Hannover S 2 KR 238/97
  • Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 KR 181/99

 

Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 24. August 1999 wird geändert. Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Kläger und des Beigeladenen für beide Instanzen. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten wegen der Kostenübernahme der stationären Behandlungskosten für den bei der Beklagten versicherten Beigeladenen.

Der 1943 geborene Beigeladene befand sich vom 3. Juni bis 17. Juni 1997 in stationärer Behandlung in der von den Klägern betriebenen Orthopädischen Klinik E … Die Verordnung von Krankenhausbehandlung erfolgte am 29. Mai 1997 durch den Facharzt für Orthopädie F … Dieser verordnete die stationäre Krankenhausbehandlung wegen therapieresistenter Beschwerden bei abgelaufener 1. LWK (Lendenwirbelkörper) –fraktur im Januar 1997 (vgl Befundbericht F. vom 9. März 1998). Bei der stationären Aufnahme am 3. Juni 1997 stellte der untersuchende Facharzt für Orthopädie G. ua Druckschmerzen mit deutlicher Schmerzangabe im Bereich der Dornfortsätze Th 12/L1 und im Bereich der paravertebralen Muskulatur der Übergangsregion von BWS (Brustwirbelsäule) und LWS (Lendenwirbelsäule) fest, ferner Myogelosen und Blockierung im BWS-LWS-Übergangsbereich sowie Druckschmerzen im Bereich beider Darmbeinkämme und der Iliosakralgelenke beidseits. Der Finger-Bogen-Abstand war bei der Aufnahmeuntersuchung schmerzbedingt nicht überprüfbar. Die Seitneigung und Rotation von BWS und LWS waren schmerzbedingt auf 10/0/10 Grad eingeschränkt, Pseudo-Laséque deutlich beidseits positiv. Der Beigeladene klagte über verstärkte BWS-LWS-Schmerzen, die ständig vorhanden seien und sich bei geringsten Belastungen deutlich verstärkten und in den Bereich beider Beckenkämme und im Bereich beider Oberschenkel ausstrahlten; er könne keine Drehbewegungen mit der LWS machen und sich zur Zeit nicht selbst versorgen, da er sich schmerzbedingt auch nicht bücken könne (vgl Bericht H., Fachärzte für Orthopädie, vom 3. Juni 1997).

Am 4. Juni 1997 beantragten die Kläger gegenüber der Beklagten die Übernahme der Krankenhauspflegekosten. Nach dem Vorbringen der Kläger hätte die Sachbearbeiterin der Beklagten in einem Telefonat am 4. Juni 1997 ihnen gegenüber eine “Krankenhausbegutachtung” angekündigt (Schreiben der Kläger vom 25. Juni 1997). Dies bestritt die Beklagte, denn es sei lediglich die Einholung einer Stellungnahme bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) angekündigt worden. Diese erfolgte dann nach Aktenlage am 10. Juni 1997.

Mit Schreiben vom 20. Juni 1997 und 8. Juli 1997 lehnte die Beklagte gegenüber den Klägern die Kostenübernahme der stationären Behandlung für den Beigeladenen ab, da der MDK in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen sei, dass sich eine medizinische Notwendigkeit der stationären Behandlung nicht erkennen lasse. Nach der Begutachtung am 30. Mai 1997 sei lediglich die Durchführung einer stationären Rehabilitations-Maßnahme empfohlen worden. Mit Schreiben vom 25. Juni und vom 14. Juli 1997 widersprachen die Kläger der Auffassung der Beklagten. Die Notwendigkeit einer stationären Behandlung sei im Rahmen einer ganz ausführlichen Aufnahmeuntersuchung festgestellt worden. Das Gutachten des MDK habe ihnen erst am 26. Juni 1997 vorgelegen.

Die Kläger haben am 15. September 1997 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie haben vorgetragen, der Beigeladene sei durch den Facharzt für Orthopädie F. an die Kläger zur stationären Behandlung überwiesen worden. Es habe eine Eingangsuntersuchung stattgefunden, die die stationäre Behandlung notwendig begründet habe. Die stationäre Behandlung sei bis zum 17. Juni 1997 erfolgt. An diesem Tag sei der Beigeladene auf seinen eigenen Wunsch entlassen worden. Die Kläger haben die Befundberichte vom 3. Juni 1997 (Aufnahmebefund H.) und vom 23. Juni 1997 (Bericht an F., unvollständig, ohne Unterschrift) sowie die Verordnung von Krankenhausbehandlung des F. vom 29. Mai 1997 vorgelegt.

Das SG hat einen Befundbericht bei F. (9. März 1998) eingeholt. Außerdem liegt das vom MDK – I., Arzt für Chirurgie – erstellte Gutachten vom 25. März 1999 vor.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 24. August 1999 verurteilt, an die Kläger 2.000,78 DM nebst 4 vH Zinsen seit dem 15. September 1997 zu zahlen. Die zulässige Klage sei begründet, denn vor dem Hintergrund des Vertrauensschutzes im Zusammenhang mit der Bewilligung bzw Verordnung von Krankenhauspflege (BSG, Urteil vom 23. April 1996 – 1 RK 20/95 und Urteil vom 21. August 1996 – 3 RK 2/96) und vor dem Hintergrund, dass der Vergütungsanspruch des Krankenhausträgers gegen die Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung grundsätzlich unmittelbar durch die Inanspruchnahme der Sachleistung durch den Versicherten entstehe (LSG Niedersachsen, Urteil vom 18. November 1998 – L 4 KR 13/97), sei dem prozessualen Zahlungsbegehren voll inhaltlich Rechnung zu tragen. Hierbei komme es nach Auffassung der Kammer nicht darauf an, ob die materiellen Voraussetzungen der Krankenhauspflegebedürftigkeit im vorliegenden Fall erfüllt gewesen seien – wie die Kläger vorgetragen hätten – oder nicht.

Gegen dieses ihr am 15. September 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. Oktober 1999 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen eingelegt. Sie trägt vor, das erstinstanzliche Urteil stehe nicht in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung; das Krankenhaus hafte, wenn bei ex-ante-Betrachtung die Krankenhausbehandlung nicht notwendig gewesen sei. Das LSG Niedersachsen gehe in seinem Urteil vom 18. November 1998 – L 4 KR 13/97 – zutreffend davon aus, dass die Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus die Einrede der Nichterforderlichkeit der Krankenhausbehandlung geltend machen könne. Ausweislich des MDK-Gutachtens vom 10. Juni 1997 sei in dem hier strittigen Fall stationäre Behandlung nicht notwendig gewesen; diese Feststellung sei vom MDK mit Gutachten vom 25. März 1999 bestätigt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 24. August 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Entgegen der Ansicht der Berufungsklägerin sei die Krankenhausbehandlung erforderlich und notwendig gewesen. Aus dem Befundbericht des F. vom 9. März 1999 ergäbe sich eindeutig, dass er die Krankenhausbehandlung deshalb für notwendig erachtet habe, weil die bisherigen ambulanten Behandlungen ohne Erfolg geblieben seien. Besondere Bedeutung habe zudem, dass der Beigeladene über akute Schmerzen geklagt und angegeben habe, er habe keine Drehbewegung mit der LWS machen und sich nicht selbst versorgen können. Die insgesamt (später) erfolgten Begutachtungen/Untersuchungen durch den MDK vom 10. Juni 1997 und 25. März 1999 seien nicht stichhaltig. Die bei der Aufnahmeuntersuchung (3. Juni 1997) von dem Beigeladenen geäußerten Probleme und die damit verbundenen Schmerzen seien nicht entsprechend gewürdigt worden.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Behandlungsunterlagen der Kläger beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakten des ersten und zweiten Rechtszuges sowie auf den der beigezogenen Akten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 f Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist form- sowie fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Klage als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG zulässig; denn es geht um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt der Beklagten gegen die Kläger nicht ergehen musste und auch nicht ergangen ist. Das Gleichordnungsverhältnis ist bereits durch den am 1. November 1992 in Kraft getretenen öffentlich-rechtlichen Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V – zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen (SVtr) entstanden. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen (vgl BSG, Urteil vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R mwN).

Das Rechtsmittel ist im tenorierten Umfang begründet. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger und des Beigeladenen zu tragen. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.

Der Anspruch auf Zahlung des Betrages von 2.000,78 DM ergibt sich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem am 1. November 1992 in Kraft getretenen SVtr nach § 112 Abs 2 SGB V zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen. Nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet; Satz 3 der Vorschrift verpflichtet die Krankenkassen, mit den zugelassenen Krankenhäusern Pflegesatzverhandlungen zu führen und setzt damit die Vergütungspflicht als selbstverständlich voraus. Der SVtr regelt ua Voraussetzungen und Modalitäten der Zahlungspflichten der Krankenkassen. Der Anspruch des Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse auf Krankenhausbehandlung ergibt sich dagegen aus § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V (vgl ua BSG, Urteil vom 17. Mai 2000 aaO, S 5 des Urteilumdrucks). Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Das bedeutet vor allem, dass beim Versicherten bei Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen müssen, wobei unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand zu verstehen ist, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht.

Der im Gesetz geregelte Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung wird durch die Entscheidung des Krankenhausarztes über die Aufnahme erstmalig und durch die jeweils geplanten und durchgeführten Behandlungsschritte fortlaufend – wenn auch nicht hoheitlich – konkretisiert und erfüllt, und die Krankenkasse ist auf Grund des Sachleistungsprinzips verpflichtet, die entstehenden Kosten zu tragen (BSG, Urteil vom 17. Mai 2000 aaO unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 3; Urteil des Senats vom 18. November 1998 – L 4 Kr 159/97 -). Die vom Vertragsarzt verordnete Krankenhausbehandlung ist deshalb vom Krankenhausarzt zunächst auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen. Das zugelassene Krankenhaus und dessen Ärzte entscheiden nach den vertraglichen Vereinbarungen mit den Kassen mit Wirkung für die Krankenkasse und über die Krankenhausaufnahme des Versicherten sowie die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen. Stellt sich die Entscheidung nachträglich – vollständig oder in einzelnen Teilen – als unrichtig heraus, ist die Krankenkasse dann nicht an die Entscheidung des Krankenhausarztes gebunden, wenn dieser vorausschauend (“ex ante”) hätte erkennen können, dass die geklagten Beschwerden nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründeten, de lege artis also eine Fehlentscheidung getroffen wurde (BSG aaO, S 6 des Urteilumdruckes).

Die Krankenkasse ist nach der Krankenhausaufnahme berechtigt, die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu überprüfen und davon eine Kostenübernahmeerklärung abhängig zu machen. Nach § 4 Abs 1 SVtr hat das Krankenhaus unverzüglich nach der Aufnahme des Versicherten eine Aufnahmeanzeige (§ 20 SVtr) an die Krankenkasse zu senden. Die Krankenkasse hat danach, falls sie in Kenntnis der Verordnung des behandelnden Vertragsarztes und der Aufnahmeanzeige Zweifel an der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung hegt, die Möglichkeit, zur Klärung den MDK einzuschalten (§ 276 Abs 4 SGB V) oder eine Kostenübernahmeerklärung zunächst zu befristen. Das Recht der Krankenkasse zur Prüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch den MDK ist auch in § 7 SVtr vereinbart.

Mit der vorbehaltlosen Kostenübernahmeerklärung erkennt die Krankenkasse ihre Zahlungspflicht dem Grunde nach an. Die Erklärung ist allerdings für die Entstehung der Zahlungspflicht nicht konstitutiv; diese entsteht bereits mit der Inanspruchnahme der Leistungen des Krankenhauses durch den Versicherten (BSG, aaO, S 7 des Urteils). Aus der Tatsache, dass die Partner des SVtr eine besondere Kostenübernahmeerklärung für erforderlich hielten, wird deutlich, dass sie ihr eine eigenständige Bedeutung beigemessen haben. Das Krankenhaus soll im Interesse einer zügigen Durchführung der Krankenhausbehandlung davon ausgehen können, dass die bei Abgabe der Kostenzusage feststellbaren Voraussetzungen der Eintrittspflicht der Krankenkasse vorliegen, zu denen insbesondere die Versicherteneigenschaft des Patienten zählt. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird das Vorliegen bestimmter, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses begründender Tatbestandsvoraussetzungen vorab festgestellt. Die Kostenübernahmeerklärung hat damit die Wirkung eines sogenannten deklaratorischen Schuldanerkenntnisses im Zivilrecht (BSG ebda).

Vorliegend ist von den Klägern die Krankenhausaufnahme des Beigeladenen unverzüglich angezeigt worden. Nach erfolgter Krankenhausaufnahme am 3. Juni 1997 ist die Anzeige und der Antrag auf Kostenübernahme am 4. Juni 1997 bei der Beklagten eingegangen. Im Anschluss daran hat die Beklagte das nach § 4 Abs 1, Abs 2 SVtr vorgesehene Verfahren nicht eingehalten. Denn sie hat es versäumt, der Klägerseite umgehend nach Eingang der Aufnahmeanzeige und des Antrages auf Kostenübernahme ihre Entscheidung in schriftlicher Form mitzuteilen. Diese Entscheidung erfolgte erst mit Schreiben der Beklagten vom 20. Juni 1997 (Eingang bei der Beklagten am 24. Juni 1997; vgl Krankenakten der Beklagten) und damit nicht mehr “umgehend” (§ 4 Abs 1 S 5 SVtr). Zu diesem Zeitpunkt war der Beigeladene bereits aus der stationären Behandlung entlassen worden. Die Entlassung war am 17. Juni 1997 erfolgt.

In dem Verhalten der Beklagten liegt eine Verletzung des SVtr, denn die nach § 4 des Vertrages vorgesehene Kostenübernahmeerklärung hat umgehend schriftlich zu erfolgen. Liegen die oben genannten Voraussetzungen für einen Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung vor, nachdem diese von dem Vertragsarzt verordnet und von dem Krankenhaus auf Notwendigkeit überprüft wurde, führt dies grundsätzlich zur Einstandspflicht der Krankenkasse. Diese hat dann grundsätzlich in entsprechender Anwendung von § 4 Abs 2 Satz 3 des SVtr die Kosten bis zum Eingang der schriftlichen Mitteilung über die Kostenübernahme bzw –ablehnung bei dem Krankenhaus bzw dem Versicherten zu übernehmen. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus dem SVtr.

Zwar enthält der SVtr insoweit keine ausdrückliche Regelung. Die damit bestehende Regelungslücke ist jedoch in entsprechender Anwendung der Grundsätze des § 157 Bürgerliches Gesetzbuch durch Ermittlung des hypothetischen Willens der Vertragspartner zu schließen. Maßgebend ist, welche Regelung die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 mwN). Dabei kann unterstellt werden, dass die Vertragsparteien nur solche Regelungen vereinbart hätten, die dem geltenden Recht entsprechen und eventuelle Interessenkonflikte zwischen Versicherten, Krankenkasse und Krankenhaus sachgerecht und vernünftig lösen.

In der gesetzlichen Krankenversicherung entsteht die Zahlungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage grundsätzlich unmittelbar durch die Inanspruchnahme der Sachleistung seitens des Versicherten. Damit kommt es im Bereich der Krankenhausbehandlung dem Krankenhausarzt eine “Schlüsselstellung” zu, denn das zugelassene Krankenhaus und dessen Ärzte sind auf Grund des Sachleistungsprinzips gesetzlich ermächtigt, mit Wirkung für die Krankenkasse über die Aufnahme sowie die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen und damit konkludent auch über den Leistungsanspruch des Versicherten zu entscheiden; die Krankenkasse ist dann grundsätzlich an diese Entscheidung gebunden (BSG ebda). Wie bereits ausgeführt, gilt dies nur dann nicht, wenn sich die Entscheidung nachträglich – vollständig oder in einzelnen Teilen – als unrichtig herausstellt. Die Krankenkasse ist nur dann nicht an die Entscheidung des Krankenhausarztes gebunden, wenn dieser vorausschauend (“ex ante”) hätte erkennen können, dass die geklagten Beschwerden nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründeten, de lege artis also eine Fehlentscheidung getroffen hat. Auf das Fehlen einer Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse kommt es dagegen nicht an (BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsbeziehungen zwischen Krankenhaus und Krankenkasse erscheint eine Regelung sachgerecht, die § 4 Abs 2 Satz 3 SVtr auch auf die Fälle anwendet, in denen – wie hier – bis zur Entlassung des Versicherten aus dem Krankenhaus keine Mitteilung der Krankenkasse trotz erfolgter Aufnahmeanzeige (§ 4 Abs 1 SVtr) erfolgt. Bis zum Eingang ihrer schriftlichen Mitteilung bei dem Krankenhaus bleibt die Krankenkasse einstandspflichtig. Damit waren die Krankenhauspflegekosten bis zum Ende des stationären Aufenthaltes am 17. Juni 1997 grundsätzlich von der Beklagten zu übernehmen.

Eine andere Beurteilung könnte sich nur für den Fall ergeben, dass der Krankenhausarzt vorausschauend (“ex ante”), also bei der Aufnahme des Beigeladenen, hätte erkennen können, dass die geklagten Beschwerden des Beigeladenen nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründeten, de lege artis also eine Fehlentscheidung getroffen hätte (vgl BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4). Dafür ergeben sich jedoch hier keine Anhaltspunkte. Der untersuchende Krankenhausarzt der orthopädischen Klinik J. konnte auf Grund klinischer Befunderhebung Druckschmerzen mit deutlicher Schmerzangabe im Bereich der Dornfortsätze Th 12/L 1 und im Bereich der paravertebralen Muskulatur der Übergangsregion von BWS und LWS feststellen. Es bestanden Myogelosen und Blockierung im BWS-LWS-Übergangsbereich sowie zusätzlich Druckschmerzen im Bereich beider Darmbeinkämme und der Iliosakralgelenke beidseits. Der Finger-Boden-Abstand war bei der Aufnahmeuntersuchung schmerzbedingt nicht überprüfbar. Auf Grund dieser “hoch akuten LWS-Symptomatik” wurde der Beigeladene zur konsequenten Ruhigstellung und physikalischen Therapie stationär eingewiesen (vgl Bericht K. vom 3. Juni 1997). Diese Beurteilung wird dem Grunde nach durch das Gutachten des MDK vom 2. Juni 1997 bestätigt, wonach auf Grund der erhobenen Befunde die Durchführung eines Heilverfahrens vorgeschlagen wurde. Demnach ging selbst der Gutachter des MDK seinerzeit auf Grund der durchgeführten körperlichen Untersuchung des Beigeladenen davon aus, dass eine ambulante Behandlung für den Beigeladenen nicht ausreiche. Schließlich wurde von dem behandelnden Arzt F., der die Krankenhauspflege verordnete, ausführlich die Beschwerdesymptomatik und die Therapieresistenz bei dem Beigeladenen geschildert. Unter Berücksichtigung dieser Befunde und des Beschwerdebildes bleibt es dem Krankenhausarzt überlassen, über die Erforderlichkeit und Art der Krankenhausbehandlung autonom zu entscheiden.

In Ansehung dieser Rechtslage kann dahingestellt bleiben, inwieweit das grundsätzliche der Beklagten zustehende Prüfungsverfahren über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit auf Grund nachträglich bekannt gewordener Umstände zu einer anderen Einschätzung führen könnte; rechtlich wirkt sich dieses auf den anhängigen Streitfall hier nicht aus.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 13 Abs 7 SVtr.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs 2 Nrn 1, 2 SGG).