Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 KR 3/99
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 21.02.2001 (nicht rechtskräftig)
- Sozialgericht Hannover S 11 KR 182/97
- Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 KR 3/99
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Kostenerstattung für ambulante Rehabilitationsmaßnahmen.
Die Kläger sind Mitglieder der Beklagten. Die am 10. Juli 1935 geborene Kläge-rin zu 1) und der am 28. August 1920 geborene Kläger zu 2) unterzogen sich im März 1997 einer Bypassoperation im Herzzentrum F … Der am 3. September 1932 geborene Kläger zu 3) war am 17. und 18. Oktober und vom 23. Oktober bis 27. Oktober 1997 wegen akutem Myokardinfarkt und Arte-riosklerose in stationärer Behandlung. Bei ihm bestand im November 1997 eine koronare 2-Gefäßerkrankung und arterielle Verschlusserkrankung. Der Arzt für Innere Medizin – Kardiologie – G., beantragte für die Kläger zu 1) und 2) im Ap-ril 1997 und für den Kläger zu 3) mit Schreiben vom 13. November 1997 bei der Beklagten die Durchführung einer ambulanten Anschlussheilbehandlung in der Einrichtung „Cardiovital-Institut für Prävention und Rehabilitation von Herz- und Kreislauferkrankungen GmbH“. Diese steht unter der Leitung eines Diplom-Psychologen, einer Sporttherapeutin, einer Ernährungswissenschaftlerin und der kardiologischen Praxisgemeinschaft H. und bietet ein Rehabilitationspro-gramm (Bewegung, Stressbewältigung, Ernährung, medizinische Überwa-chung) für Herzpatienten nach Akutbehandlungen im Krankenhaus oder im Herzkatheterlabor in Form von 3-4-wöchigen Kursen, wobei die einzelnen An-wendungen vormittags durchgeführt werden und nach einem festgelegten Stundenplan im Halbstunden-Rhythmus wechseln. Die Kosten für einen Kurstag betrugen 1997 170,- DM. Darüber hinaus verordnete I. den Klägern mit Verordnungen vom 7. Mai 1997 (Klägerin zu 1) und Kläger zu 2)) und 13. November 1997 (Kläger zu 3)) computergesteuertes Ergometertraining als Aufbautraining im schwelligen Leistungsbereich, sporttherapeutisch angeleitet unter ärztlicher Überwachung, sport- und bewegungstherapeutische Übungs-behandlungen unter besonderer Berücksichtigung von Funktionsgymnastik, Koordinationsschulung und Körperwahrnehmung, psychologisches Entspan-nungstraining. Vermittlung von Grundlagen des autogenen Trainings und der funktionellen Entspannungstherapie, Gruppen- und Einzelgespräche zur Stressidentifikation und –Bewältigung, kardiale Ernährungsberatung unter be-sonderer Berücksichtigung der Risikofaktoren und Unterstützung in der Ernäh-rungsumstellung, medizinisch-kardiologische Risikoanalyse und Gesundheits-schulung im Rahmen einer therapeutischen Gesamtkonzeption von Fachärzten für Kardiologie, Dipl-Psychologen, Dipl-Oecotrophologen, Sportlehrern und Be-wegungstherapeuten.
Die Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 24. April 1997 (Klägerin zu 1)), 28. April 1997 (Kläger zu 2)) und 17. November 1997 (Kläger zu 3)) ab. Sie bot der Klägerin zu 1) an, die Kosten einer stationären Anschlussheilbehand-lung in einer Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag beste-he, zu übernehmen. Sie bat die Klägerin zu 1) um Rücksprache, damit eine entsprechende Klinik ausgesucht werden könne. Der Kläger zu 2) wurde um Rücksprache gebeten für den Fall, dass er an einer stationären Rehabilitati-onsmaßnahme interessiert sei. Dem Kläger zu 3) bot die Beklagte eine teilstati-onäre Rehabilitation im Gesundheitszentrum in der J. an.
Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) führten die ambulante Rehabilitation bei Cardiovital in der Zeit vom 5. Mai – 30. Mai 1997 durch (Kosten: jeweils 3.400,- DM). Der Kläger zu 3) führte die Maßnahme vom 17. November bis 5. Dezember 1997 durch (Kosten: 2.550,- DM – Rechnung vom 20. Januar 1998).
Die Widersprüche der Kläger zu 1) und 2) vom 6. Mai 1997 und des Klägers zu 3) vom 8. Dezember 1997 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 25. Juni 1997 und 20. Januar 1998 (Kläger zu 3)) mit der Begründung zurück, dass das Institut Cardiovital keine nach § 95 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) – zugelassene oder ermächtigte ärztlich gelei-tete Einrichtung sei, in der eine vertragsärztliche Versorgung in Anspruch ge-nommen werden könne. Es handele sich um eine außervertragliche Leistung in einer nicht ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtung.
Gegen die am 28. Juni 1997 und 23. Januar 1998 (Kläger zu 3)) zugestellten Bescheide haben die Kläger am 21. Juli 1997 und 23. Februar 1998 (Kläger zu 3)) Klagen vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, die das SG zur ge-meinsamen Entscheidung und Verhandlung verbunden hat. Sie haben vorge-tragen, dass eine Versorgungslücke bestanden habe. Zum Zeitpunkt der Inan-spruchnahme der Behandlung durch die Kläger habe kein vergleichbares An-gebot für die Anschlussheilbehandlung bestanden. Eine stationäre Behandlung sei weder gewünscht noch aus medizinischer Sicht sinnvoll und patientenge-recht gewesen. Eine ambulante Heilbehandlung sei auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzuziehen. Den Klägern sei keine bedarfsgerechte Be-handlung durch die Beklagten als Sachleistung angeboten worden. Die Be-klagte habe die Kläger zudem in einer für sie schwierigen gesundheitlichen Si-tuation nicht umfassend und lückenlos aufgeklärt und beraten. Hier liege ein Systemversagen vor. Dies könne sich auch daraus ergeben, dass der ärztliche Leistungserbringer die ihm übertragenen Informationspflichten gegenüber dem Versicherten nicht oder schlecht erfüllt habe, so dass der Versicherte die vom ärztlichen Leistungserbringer veranlasste objektiv ungerechtfertigte Fremdleis-tung gutgläubig als Kassenleistung in Anspruch genommen habe. Hinsichtlich des Klägers zu 3) sei die Beklagte bereits vor der konkreten Antragstellung für die Anschlussheilbehandlung verpflichtet gewesen, ihn über Anschlussheilbe-handlungen zu beraten. Ihm sei eine andere Behandlungsmöglichkeit als bei Cardiovital nicht bekannt gemacht worden.
Das SG Hannover hat die Klagen mit Urteil vom 11. November 1998 abgewie-sen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung oder Freistellung von den Kosten für die Behandlung bei Car-diovital hätten. Die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 SGB V lägen nicht vor. Ambulante Rehabilitationsmaßnahmen könnten als Pflichtleistung nur einzeln beansprucht werden, insbesondere als Heilmittel gemäß § 32 SGB V. Die Leistung eines zusammenhängenden Komplexes verschiedener Maßnahmen stehe im Ermessen der Krankenkasse. Reha-Maßnahmen kämen von vornher-ein nur durch solche Leistungserbringer in Betracht, die hierzu den Kranken-kassen gegenüber berechtigt seien. Für die ergänzenden Leistungen bestün-den besondere vertragliche Regelungen, durch die die Einhaltung bestimmter Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien gewährleistet werden könne. Es sei als ermessensfehlerfrei anzusehen, dass die Krankenkassen zur Durchsetzung dieser Kriterien derartige Leistungen nur dann gewährten, wenn sie von Ver-tragsunternehmen durchgeführt würden. Cardiovital sei jedoch unstreitig kein zugelassener Heilmittelerbringer und kein Vertragspartner der Beklagten. Diese Einrichtung könne auch nicht wegen eines „Systemversagens“ in Anspruch ge-nommen werden. Sehe das Gesetz für ergänzende Leistungen vor, dass die Gewährung im Ermessen stehe, so könne es grundsätzlich kein Systemversa-gen darstellen, wenn Behandlungsmaßnahmen nicht erbracht würden, weil die Krankenkassen von ihrem Ermessen in der Weise Gebrauch gemacht hätten, dass sie derartige Leistungen auf zugelassene Vertragseinrichtungen be-schränkten. Es könne folglich nicht zugunsten der Kläger unterstellt werden, dass Cardiovital notwendige und zweckmäßige Leistungen erbringe und damit eine tatsächliche Versorgungslücke schließe, weil es innerhalb des Ermessens-spielraumes der Beklagten liege, selbst derart notwendige Leistungen abzuleh-nen. Der Wunsch der Kläger, bei Cardiovital behandelt zu werden, weil diese Einrichtung eine besondere Kombination von Maßnahmen anbiete, könne eine Versorgungslücke jedenfalls nicht begründen. Ein Systemversagen liege ferner nicht darin, dass die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte der Praxisgemeinschaft K. die Kläger nicht ausreichend darüber unterrichtet hätten, dass ihnen Leistungen nicht zugelassener Leistungserbringer verschafft werden sollten. Die Kläger seien nicht gutgläubig gewesen, weil die Beklagte ihnen vor Beginn der Behandlung ausdrücklich mitgeteilt hätte, dass die Rehabilitations-maßnahme bei Cardiovital nicht durchgeführt werden könne. Den Klägern stehe auch kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen des Vorliegens eines Beratungsfehlers zu. Voraussetzung wäre, dass die Kläger im Falle einer richti-gen und vollständigen Auskunft auch auf die aufgezeigten Behandlungsalterna-tiven zurückgegriffen hätten. Dies könne aber nicht angenommen werden, weil die Kläger nach den Gesamtumständen von vornherein nur eine Behandlung bei Cardiovital gewollt hätten. Dies folge schon daraus, dass das Antrags- und Widerspruchsverfahren in Wirklichkeit von Cardiovital gesteuert worden sei.
Gegen das am 10. Dezember 1998 zugestellte Urteil haben die Kläger am 28. Dezember 1998 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersach-sen eingelegt und vorgetragen, dass es im Einzelfall ein durch die Beklagte zu vertretendes Systemversagen darstelle, wenn diese Behandlung nicht geleistet werde. Cardiovital schließe durch sein Behandlungsangebot eine echte Versor-gungslücke. Eine vergleichbare Behandlung werde durch die Beklagte nicht angeboten. Die von Cardiovital angebotene Behandlung sei für die vorliegen-den Fälle die geeignete Behandlungsmethode gewesen.
Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) beantragen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 11. November 1998 und die Bescheide der Beklagten vom 24. und 28. April 1997 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. Juni 1997 aufzu-heben und
2. die Beklagte zu verurteilen, sie vom Rechnungsbetrag für Cardio-vital freizustellen.
Der Kläger zu 3) beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 11. November 1998 und den Bescheid der Beklagten vom 17. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 20. Januar 1998 aufzuheben und
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn vom Rechnungsbetrag für Cardiovital freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des SG Hannover für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Sozialgerichts Hannover S 11 KR 182/97, S 11 KR 183/97 und S 11 KR 64/98 und die Verwaltungsakten der Beklagten ergänzend Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht ein-gelegte und gemäß §§ 143 ff SGG statthafte Berufung ist zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Zutreffend hat das SG Hannover in seinem Urteil vom 11. November 1998 entschieden, dass die Kläger die Erstattung der Kos-ten für ihre Behandlung bei Cardiovital nicht verlangen können.
Rechtsgrundlage für die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche ist § 13 Abs 3 SGB V. Danach hat die Krankenkasse die Kosten für eine selbst- beschaffte notwendige Leistung zu erstatten, wenn die Kasse eine unauf-schiebbare Leistung nicht rechtzeitig hat erbringen können (1. Alternative) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch Kosten entstanden sind (2. Alternative).
Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 1. Alternative SGB V sind nicht gegeben. Zu den unaufschiebbaren Leistungen gehören Notfälle, die einer dringenden Behandlung durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer bedürfen. Ein Notfall iSd § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V, also eine sofortige Gefahr für Leib oder Leben (BSGE 34, 172, 174), hat hier nicht vorgelegen.
Auch die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 2. Alternative SGB V liegen nicht vor.
Der Anspruch des Klägers zu 3) scheitert bereits daran, dass er sich nicht vorab im zumutbaren Umfang um die Sachleistung bemüht hat.
Nach der Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit der Rechtspre-chung des Bundessozialgerichts (BSG) (vgl ua Urteil des LSG Niedersachsen vom 17. Januar 1996 – L 4 KR 179/94 mwN; zuletzt Urteil vom 24. Januar 2001 – L 4 KR 11/00; BSG, Urteil vom 15. April 1997 – 1 BK 31/96 = SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74, 75) muss zwischen dem die Haftung der Kran-kenkassen begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nach-teil des Versicherten (Kostenlast) ein Kausalzusammenhang bestehen. Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung sind nur zu ersetzen, wenn die Krankenkasse die Gewährung vorher abgelehnt hatte; ein Kausalzusammenhang und damit eine Kostenerstattung scheiden aus, wenn der Versicherte sich die streitige Be-handlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges selbst besorgt, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten. Erst die Weigerung der Kasse gibt dem Versicherten das Recht, sich die benötigte Behandlung selbst zu beschaffen und die Erstat-tung der dafür aufgewendeten Kosten zu verlangen. Der Versicherte muss, be-vor er sich eine Leistung außerhalb des Kassen- bzw vertragsärztlichen Ver-sorgungssystems beschafft, der Krankenkasse die Prüfung ermöglichen, ob die begehrte Leistung überhaupt vom Sachleistungsanspruch umfasst ist, ob sie geeignet, zweckmäßig und wirtschaftlich ist (§ 12 Abs 1 SGB V), und welche Möglichkeiten der Realisierung des Anspruchs das bereitstehende Versor-gungssystem bietet. Der Versicherte muss sich deshalb grundsätzlich vorher an seine Krankenkasse wenden und die Gewährung beantragen. Er darf der Ent-scheidung der Krankenkasse nicht dadurch vorgreifen, dass er die Maßnahme durchführen lässt und die genannte Prüfung in das Verfahren der Kostener-stattung verlagert.
Der Kläger zu 3) hat die ambulante Rehabilitationsmaßnahme in der Zeit vom 17. November bis 5. Dezember 1997 durchführen lassen. Den Antrag auf Kos-tenerstattung hat er am 14. November 1997 (Freitag) – per Fax – und damit nicht rechtzeitig vor Beginn der ambulanten Rehabilitationsmaßnahme am 17. November 1997 (Montag) gestellt. Er hat damit die Prüfung in das Verfah-ren der Kostenerstattung verlagert, ohne sich zuvor rechtzeitig an die Beklagte zu wenden und ihre Entscheidung abzuwarten, die erst am 17. November und damit erst nach Beginn der Maßnahme getroffen werden konnte. Dagegen kann der Kläger zu 3) auch nicht einwenden, dass lange vor Beginn der Anschluss-heilbehandlung bei Cardiovital ein sozialrechtliches Verhältnis zur Beklagten bestanden habe und sie verpflichtet gewesen sei, ihn entsprechend aufzuklären und zu beraten, denn der Beklagten ist ja überhaupt erst durch den Antrag vom 14. November 1997 bekannt geworden, dass der Kläger eine ambulante Reha-bilitationsmaßnahme bei Cardiovital durchführen wollte. Dies gilt umso mehr, als der Kläger vorgetragen hat, dass er durch das Institut Cardiovital darüber informiert worden sei, dass es hinsichtlich der Kostenübernahme für die ambu-lante Rehabilitationsmaßnahme durch die Beklagte zu Schwierigkeiten kommen könne. Dies hätte ihn veranlassen müssen, sich rechtzeitig vor Beginn der Re-habilitationsmaßnahme an die Beklagte zu wenden.
Hinsichtlich aller Kläger liegen auch die übrigen Voraussetzungen des § 13 Abs 3 SGB V nicht vor. Die Beklagte hat die Erbringung der begehrten Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Eine Leistung ist dann zu Unrecht abgelehnt wor-den, wenn ein Rechtsanspruch darauf bestand oder Ermessen nicht oder feh-lerhaft ausgeübt worden ist. In allen Fällen muss der Versicherte aber einen Anspruch auf die Sachleistung gehabt haben (vgl Krauskopf, Soziale Kranken-versicherung, Stand: August 2000 § 13 Rdnr 28). Zutreffend hat das SG ent-schieden, dass die Kläger keinen Anspruch auf die Durchführung von Rehabili-tationsmaßnahmen bei Cardiovital gehabt haben.
Gemäß § 27 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehand-lung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Heilmitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V iVm § 32 SGB V) und medizinische und ergänzende Leis-tungen zur Rehabilitation (§ 27 Abs 2 Nr 6 SGB V iVm § 40 und 43 SGB V). Gemäß § 40 Abs 1 Satz 1 SGB V in der hier noch anzuwendenden Fassung des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2266) konnte die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche Maßnah-men in Form einer ambulanten Rehabilitationskur erbringen, wenn bei Versi-cherten eine ambulante Krankenbehandlung einschließlich ambulanter Rehabi-litationsmaßnahmen nicht ausreichte, um die in § 27 Satz 1 und § 11 Abs 2 be-schriebenen Ziele zu erreichen. Gemäß § 43 Abs 1 SGB V idF des GRG konnte die Krankenkasse als ergänzende Leistungen den Rehabilitationssport fördern, der Versicherten ärztlich verordnet und in Gruppen unter ärztlicher Betreuung ausgeübt wird (Nr 1), solche Leistungen zur Rehabilitation erbringen, die unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern, aber nicht zu den be-rufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation oder den Leistungen zur allgemei-nen sozialen Eingliederung gehören (Nr 2), wenn zuletzt die Krankenkasse Krankenbehandlung geleistet hat oder leistet. Für den Anspruch auf ambulante Reha-Maßnahmen gab es – mit Ausnahme der ambulanten Reha-Kur (früher: freie Badekur) – bis Ende 1999 keine eigenständige Rechtsgrundlage. Der An-spruch wurde nicht von § 40 SGB V erfasst, sondern aus § 27 Abs 1 SGB V abgeleitet (Heilmittel nach Nr 3; andere medizinische und ergänzende Leistun-gen zur Reha einschließlich Belastungserprobung und Arbeitstherapie nach Nr 6 – so BSG, Urteil vom 5. Juli 2000, B 3 Kr 12/99 R; Umbruch S 8). Durch § 40 Abs 1 idF durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S 2657) zur „GKV-Gesundheitsreform 2000“ mit Wirkung ab 1. Januar 2000 ist erstmals ei-ne einheitliche Rechtsgrundlage für alle ambulanten Reha-Maßnahmen ge-schaffen worden. Darin heißt es: Reicht bei Versicherten eine ambulante Kran-kenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Reha-Leistungen in Reha-Einrichtungen, für die ein Versorgungs-vertrag nach § 111 SGB V besteht, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizini-schen Leistungen ambulanter Reha erforderlich ist, in wohnortnahen Einrich-tungen erbringen (§ 40 Abs 1 SGB V n.F.). Bei der von den Klägern durchge-führten Maßnahme handelt es sich um ein vier Stunden täglich dauerndes Pro-gramm aus Gymnastik, Entspannungstraining, Ergometertraining, Ernährungs-beratung und Gesundheitsbildung unter Leitung von Psychologen, Sportthera-peuten, Ernährungswissenschaftlern und Kardiologen, das ambulant am Wohn-ort durchgeführt wird, mithin um eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme.
Rehabilitationsleistungen iSd §§ 27, 40, 43 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des GRG sind Ermessensleistungen der Krankenversicherung. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Reha-Leistungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie bestimmt in diesem Rahmen auch, wo die Re-habilitationsmaßnahme durchzuführen ist, wobei den Wünschen der Versi-cherten nach Möglichkeit Rechnung zu tragen ist (vgl §§ 33, 39 Sozialgesetz-buch – Allgemeiner Teil (SGB I), § 54 Abs 2 Satz 2 SGG – vgl Höfler in KassKomm, Sozialversicherungsrecht, Bd 1, Stand August 2000 § 40 Rdnr 18 ff).
Die Beklagte hat bei der Entscheidung über den Antrag der Kläger ihr Ermes-sen nicht fehlerhaft ausgeübt. Ein Anspruch auf ambulante Reha-Maßnahme kommt nicht in Betracht, wenn die Behandler oder die Einrichtung nicht zuge-lassen sind oder vertraglich nicht mit dem Krankenversicherungsträger verbun-den sind. Dieser Grundsatz gilt sowohl für den stationären als auch für den am-bulanten ärztlichen Bereich und für sonstige Leistungserbringer (vgl BSG, Urteil vom 23. November 1995 – 1 RK 5/94; LSG Niedersachsen, zuletzt Urteil vom 8. November 2000 – L 4 KR 186/98). Dies gilt sowohl für das alte als auch für das ab 1. Januar 2000 geltende Recht. Gemäß § 95 Abs 1 Satz 1 SGB V neh-men an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ua ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen teil. Gemäß § 124 SGB V dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, wie Leistungen der physikalischen Therapie, an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden (Hess, KassKomm, aaO § 124 Rdnr 3; Schmidt, in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II Bd 1, 19. Auflage, Stand: 1. Oktober 1999 § 124 Rdnr 54 ff). Auch Anbieter einzelner Reha-Maßnahmen waren nach § 124 SGB V wie Erbringer von Heilmitteln zuzulassen (vgl BSG, Urteil vom 5. Juli 2000 – B 3 KR 12/99 R). Gemäß § 40 Abs 1 SGB V n.F. kann die ambu-lante Reha ebenfalls grundsätzlich nur in Einrichtungen nach § 111 SGB V er-bracht werden. Die in § 40 Abs 1 SGB V nF genannten „wohnortnahen Einrich-tungen“ sind nach der Rechtsprechung des BSG durch Verwaltungsakt zuzu-lassen (vgl BSG, aaO, Umbruch S 11 ff). § 40 Abs 1 letzter Halbsatz SGB V n.F. verweist nicht auf § 111 SGB V; der in § 125 a des Gesetzentwurfs zur GKV-Gesundheitsreform 2000 vorgesehene Abschluss von Versorgungsverträ-gen ist nicht Gesetz geworden; diese sind jedoch nach der Rechtsprechung des BSG in verfassungskonformer Anwendung der bestehenden Grundsätze des Leistungserbringerrechts durch Verwaltungsakt zuzulassen, wobei für die Zu-lassung wohnortnaher Einrichtungen zur ambulanten Versorgung mit Reha-Leistungen eine Bedarfsprüfung gemäß § 111 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V nicht stattfindet (BSG aaO.). Sinn und Zweck des Abschlusses von Versorgungsver-trägen oder der Zulassung ist die Einhaltung bestimmter Qualitäts- und Wirt-schaftlichkeitskriterien. Nach übereinstimmenden Auskünften der Beteiligten ist Cardiovital weder als Leistungserbringer zugelassen noch besteht ein Versor-gungsvertrag mit der Beklagten.
Zutreffend hat das SG auch das Vorliegen eines Systemversagens verneint. Ausnahmsweise können Versicherte Leistungen bei solchen Anbietern in An-spruch nehmen, die nicht zur Teilnahme an der Versorgung der Versicherten zugelassen sind oder mit denen keine Verträge der Krankenkassen bestehen, wenn das vorhandene Naturalleistungssystem der Kassen nicht in der Lage ist, den erforderlichen Behandlungsbedarf sicherzustellen. Die Voraussetzungen sind jedoch nur gegeben, soweit das im SGB V begründete Naturalleistungs-system objektiv außerstande ist, den erforderlichen Diagnose- oder Behand-lungsbedarf rechtzeitig und in ausreichendem Maße sicherzustellen (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 12 = BSGE 79, 190). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Von einer Versorgungslücke kann nicht ausgegangen werden, wenn am Wohnort des Versicherten das Leistungsangebot durch zugelassene Leistungs-erbringer ausreichend gesichert ist (Krauskopf, aaO, § 13 Rdnr 27). Die von Cardiovital erbrachten Leistungen können am Wohnort einzeln durch Ver-tragstherapeuten der Kassen (zB Ärzten, Psychologen, Krankengymnasten, Ergotherapeuten) erbracht werden oder ggf im Rahmen einer stationären Re-habilitationsmaßnahme, die die Beklagte den Klägern zu 1) und 2) auch ange-boten hat. Der Kläger zu 3) ist auf ein zugelassenes Gesundheitszentrum ver-wiesen worden. Die Kläger haben jedoch keinen Anspruch auf ambulante Re-habilitationsleistungen in einer bestimmten oder in der von Cardiovital erbrach-ten Form. Zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass es grundsätzlich kein Systemversagen darstellen kann, wenn die Krankenkassen von ihrem Er-messen in der Weise Gebrauch machen, dass sie derartige Leistungen auf zu-gelassene Vertragseinrichtungen beschränken.
Nach der Rechtsprechung des BSG kann ein Systemversagen sich auch dar-aus ergeben, dass der ärztliche Leistungserbringer die ihm kraft Zulas-sung übertragenen öffentlich-rechtlichen Informationspflichten gegenüber dem Versicherten nicht oder schlecht erfüllt hat, so dass der Versicherte die vom ärztlichen Leistungserbringer veranlasste objektiv ungerechtfertigte Fremdleis-tung im schutzwürdigem Vertrauen „gutgläubig“ als Kassenleistung in Anspruch genommen hat, sog Rechtscheinshaftung (BSGE 73, 271 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4; § 13 Nr 12; LSG Niedersachsen, Urteil vom 20. September 2000 – L 4 KR 117/98 -). Entgegen der Auffassung der Kläger liegen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor. Der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 2) hat die Beklagte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich mitgeteilt, dass die Rehabilitationsmaß-nahmen bei Cardiovital nicht zu Lasten der Krankenversicherung durchgeführt werden können. Der Kläger zu 3) hat selbst eingeräumt, dass ihn Cardiovital auf mögliche Schwierigkeiten beim Leistungsanspruch gegenüber dem Kosten-träger hingewiesen habe.
Die Kläger können die Kostenerstattung auch nicht nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verlangen. Dieser Anspruch geht auf Vornahme der notwendigen Amtshandlungen zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozial-rechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (Seewald, KassKomm, aaO, vor §§ 38 bis 47, SGB I Rang-Nrn 30 ff). Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt eine Pflichtverletzung voraus; dh der Leistungsträger oder eine andere zuständige Behörde muss eine bestehen-de Pflicht zur Auskunft, Beratung (vgl §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – SGB I) und verständnisvollen Förderung des Berechtigten verletzt, also trotz bestehendem konkreten Anlass nicht oder nur unzureichend erfüllt haben (vgl BSGE 60, 79, 85; LSG Niedersachsen, Urteil vom 22. September 1998 – L 4 KR 222/96). Pflichtwidriges Verhalten genügt, ein Verschulden wird nicht vorausgesetzt (BSGE 49, 76; 51, 89, 84). Das rechtswidrige Verhalten des Leis-tungsträgers oder einer anderen Behörde muss zu Nachteilen für den Berech-tigten geführt haben. Dabei handelt es sich regelmäßig um Nachteile, die durch ein Tun oder Unterlassen des Berechtigten eintreten. Diese nachteiligen Dispo-sitionen und der daraus resultierende Schaden müssen ursächlich auf das feh-lerhafte Verhalten der Behörde zurückzuführen sein (vgl BSGE 50, 12). Dies ist der Fall, wenn bei pflichtgemäßer Betreuung und Information der Berechtigte mutmaßlich anders gehandelt hätte und hierdurch die nachteiligen Folgen ver-mieden worden wären.
Eine Verletzung der Beratungspflicht liegt nicht vor. Der Kläger zu 3) ist in dem ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 17. November 1997 auf die Möglich-keit der teilstationären Rehabilitation im Gesundheitszentrum in der Kestnerstraße verwiesen worden. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Beklagte ihn vor seiner Antragstellung über eine Anschlussheilbehandlung hätte beraten können, wenn er sich erst einen Tag vor Beginn seiner geplanten Reha-Maßnahme bei Cardiovital am 17. November 1997 an die Beklagte gewandt hat. Darüber hinaus ist vom behandelnden Krankenhaus nach Abschluss der Behandlung im Oktober 1997 kein Antrag auf eine Anschlussheilbehandlung gestellt worden. Nach dem zwischen den Rentenversicherungsträgern in Nie-dersachsen und den Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen Nie-dersachsen vereinbarten Verfahren leitet jedoch der behandelnde Arzt im Kran-kenhaus eine Anschlussheilbehandlung ein, wenn er sie für medizinisch not-wendig hält und beauftragt die Krankenhausverwaltung oder den Krankenhaus-sozialdienst mit der Antragsaufnahme. Die Klägerin zu 1) ist von der Beklagten am 24. April 1997 auf die Möglichkeit der Durchführung einer stationären An-schlussheilbehandlung in einer Rehabilitationseinrichtung hingewiesen und ge-beten worden, sich mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Dies hat diese jedoch nicht getan, sondern bereits vor Eingang ihres Widerspruchs bei der Be-klagten am 13. Mai 1997 die ambulante Anschlussheilbehandlung bei Cardio-vital am 5. Mai 1997 aufgenommen. Gleiches gilt für den Kläger zu 2). Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die Kläger bei einer ausführlicheren Information der Beklagten anders gehandelt hätten und hierdurch die nachteiligen Folgen vermieden worden wären. Außerdem ist der Herstellungsanspruch nur auf rechtmäßiges Handeln gerichtet. Dies läge bei einer Behandlung oder Rehabi-litationsmaßnahme durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer aber gerade nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein gesetzlicher Grund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG für die Zulassung der Revision hat nicht vorgelegen.