Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 101/98

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

Urteil vom 26.01.1999 (rechtskräftig)

  • Sozialgericht Köln S 19 KR 160/97
  • Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 101/98

 

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.08.1998 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt die Erstattung der Behandlungskosten für eine Excimer-Laser-Behandlung beider Augen zur Korrektur ihrer Fehlsichtigkeit.

Die … geborene Klägerin war familienversichertes Mitglied der Beklagten. Am 27.08.1996 beantragte ihr Vater unter Übersendung diverser Unterlagen die Kostenübernahme für eine Laseroperation beider Augen, wobei er darauf hinwies, die Operation werde am 03.09.1996 durchgeführt. Beigefügt war u.a. eine Bescheinigung des Augenarztes Dr. Sch … vom 15.08.1996, in der dieser angibt, bei der Klägerin bestehe eine Myopie. Kontaktlinsen würden wegen mangelnden Tränenflusses, eine Brille wegen Oligosinusitis nicht vertragen. Die Kurzsichtigkeit sei durch eine Excimer-Laser-Behandlung vollständig zu beseitigen. Die Kosten hierfür betrügen je Auge 3.400 DM. Mit Schreiben vom 08.09.1996 übersandte der Vater der Klägerin die Liquidationen von Dr. Sch … vom 03.09.1996, mit denen Dr. Sch … jeweils für die Behandlung des rechten und des linken Auges “laut Honorarvereinbarung” 3.400 DM berechnet hat. Unter Spezifikation wird ausgeführt: Excimer-Laser-Benutzung 2.564,17 DM; ärztliche Leistungen einschließlich Vor- und Nachsorge 835,83 DM. Ferner verlangte die Klägerin die Erstattung von Taxikosten in Höhe von insgesamt 123,20 DM für Fahrten am 04. und 06.09.1996. Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung bzw. der beratende Augenarzt Dr. K …, der die Klägerin am 25.03.1997 konsiliarisch untersuchte, verneinten in drei Stellungnahmen vom 05.03.1997, 28.04.1997 und 17.06.1997, daß nach den Befunden bzw. vorgelegten Unterlagen eine Notwendigkeit für den Eingriff bestanden habe. Die Klägerin habe sowohl mit einer Brille als auch mit Kontaktlinsen versorgt werden können. Mit Bescheid vom 24.06.1997 lehnte die Beklagte die Erstattung der Kosten ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.1997 zurück.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Behandlung mit dem Excimer-Laser sei die einzige in Betracht kommende Behandlungsmethode gewesen. Sie hat sich dazu auf eine Bescheinigung des Augenarztes Dr. G … vom 06.12.1997 bezogen.

Mit Urteil vom 24.08.1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

Im Berufungsverfahren trägt die Klägerin vor, die Behandlung sei medizinisch notwendig gewesen. Der Vertragsarzt Dr. Sch … habe vor der Behandlung den Versicherungsfall festgestellt. Die privatärztliche Behandlung sei nur deshalb gewählt worden, weil die streitige Behandlung noch nicht Eingang in die vertragsärztliche Versorgung gefunden habe und daher keine Abrechnung innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung möglich gewesen sei. Dem Erstattungsanspruch könne nicht entgegengehalten werden, daß bereits vor der Entscheidung der Beklagten die Behandlung durchgeführt worden sei. Sie habe in dem Antrag auf die beabsichtigte Durchführung der Operation hingewiesen, die Beklagte sei daher verpflichtet gewesen, sie unverzüglich darauf hinzuweisen, daß sie die Entscheidung der Kasse abzuwarten habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.08.1998 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.1997 zu verurteilen, ihr – der Klägerin – 6.923,20 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und sieht sich in ihrer Auffassung durch mehrere von ihr vorgelegte sozialgerichtliche Entscheidungen bestätigt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Excimer-Laser-Operation sowie der anläßlich dieser Operation durchgeführten Taxifahrten.

Unabhängig davon, ob § 13 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB V als Anspruchsgrundlage heranzuziehen sind, ist Voraussetzung für einen Erstattunganspruch, daß zuvor dem Versicherten tatsächlich Kosten entstanden sind. Handelt es sich um eine ärztliche Behandlung, setzt der Vergütungsanspruch des Arztes voraus, daß dem Patienten darüber eine Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ erteilt worden ist. Erst mit der Erteilung einer der Vorschriften der GOÄ entsprechenden Rechnung wird die Vergütung fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ), vorher trifft den Patienten keine Zahlungsverpflichtung. In der Rechnung müssen die im Gebührenverzeichnis aufgeführten Leistungen genannt werden und entweder nach § 5 GOÄ bewertet oder nach § 6 Abs. 2 GOÄ analog bewertet werden. Die Liquidation von Dr. Schapira vom 03.09.1996 entspricht diesen Anforderungen nicht. Die ärztlichen Leistungen werden nicht im einzelnen genannt, außerdem wird für die Laserbenutzung ein bestimmter Betrag berechnet, ohne daß erkennbar ist, wie Dr. Sch … zu diesem Betrag gekommen ist. Nach § 2 Abs. 1 der GOÄ (in der Fassung vom 18.12.1995) kann zwar eine von der Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden, nach Abs. 2 muß diese Vereinbarung aber neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung den Steigerungssatz und den vereinbarten Betrag nennen. Es ist daher nicht möglich, zu Gunsten eines Pauschalhonorars ohne Bezug auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ die amtliche Gebührenordnung abzudingen (vgl. Brück, Kommentar zur GOÄ, § 2 Anm. 1.1; früher schon LG Stuttgart, NJW 1985, 688). Die Klägerin hat somit keine ordnungsgemäß Honorarabrechnung erhalten und war daher keiner durchsetzbaren Vergütungsforderung des Arztes ausgesetzt. Daß sie die Rechnung beglichen hat, ist unerheblich. Da die Leistungspflicht der Krankenkasse nicht weiter gehen kann als die Zahlungsverpflichtung des Versicherten, wird durch die Begleichung der Rechnung kein Erstattungsanspruch ausgelöst (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.1998 – B I KR 3/97 R, S. 5 f des Urteilsumdrucks).

Unabhängig davon ist ein Erstattungsanspruch zu verneinen, weil die streitige Behandlung nicht im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB V verordnungsfähig war. Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) schließen den Anspruch der Klägerin aus. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen nach § 135 Abs. 1 SGB V zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat. Diese Richtlinien nach § 92 SGB V sind nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4) als untergesetzliche Rechtsnormen zu qualifizieren, die auch den Leistungsanspruch des Versicherten verbindlich regeln. Hat der Bundesausschuß bereits eine negative Empfehlung zur Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode abgegeben, so ist seine Entscheidung von der Verwaltung und den Gerichten zu beachten. Der Versicherte, der sich eine in den Richtlinien ausgeschlossene Behandlung auf eigene Rechnung beschafft, kann im Kostenerstattungsverfahren nicht einwenden, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in seinem konkreten Fall wirksam gewesen (BSG, a.a.O.).

Die photorefraktive Keratektomie mit dem Excimer-Laser ist eine neue Behandlungsmethode, die nach den NUB-Richtlinien ausgeschlossen ist. In der Bekanntmachung vom 11.05.1993 (Bundesanzeiger vom 21.08.1993, S. 7869) werden Verfahren der refraktiven Augenchirurgie (z. B. radiäre Keratektomie und photorefraktive Keratomieleusis) als Behandlungsmethoden genannt, die in der vertragsärztlichen Versorgung nicht anerkannt sind und deswegen in der Anlage 2 der NUB-Richtlinien (Nr. 13) aufgeführt werden. Wie der von der Beklagten übersandten Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 18.02.1998 aus einem anderen sozialgerichtlichen Verfahren zu entnehmen ist, zählt auch die Keratomieleusis mit Excimer-Laser zu den von der Nr. 13 der Anlage 2 der NUB-Richtlinien erfaßten Verfahren. Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Richtlinien mit höherrangigem Recht bestehen nicht. Vielmehr wird in der Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 18.02.1998 eine sachverständige Stellungnahme zitiert, in der nachvollziehbar und überzeugend dargelegt wird, daß insbesondere wegen der noch völlig offenen Frage, welche Langzeiteffekte der Veränderungen der Hornhaut zu erwarten sind, die Methode (derzeit) nicht als zweckmäßig eingestuft werden kann.

Die Klägerin konnte somit die streitige Behandlung nicht als Sachleistung beanspruchen, so daß dementsprechend auch kein Erstattungsanspruch für die selbstbeschaffte Leistung bestehen kann. Danach § 60 Abs. 1 SGB V Fahrkosten von der Krankenkasse nur übernommen werden, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig sind, besteht damit auch kein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Taxifahrten zur Durchführung der Operation.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.