Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 112/00

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

Urteil vom 10.04.2001 (rechtskräftig)

Sozialgericht Dortmund S 8 KR 155/99
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 112/00
Bundessozialgericht B 3 KR 45/01 R

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.04.2000 geändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Klägerin ein weiterer Vergütungsanspruch für Krankenhausleistungen (Sonderentgelte) in Höhe von 1.377,38 DM nebst Zinsen zusteht.

Die Klägerin ist Trägerin des St …Hospitals in …, das in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen und Mitglied der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen ist. Der bei der Beklagten versicherte E … F … (Versicherter) befand sich vom 25.10. bis 05.11.1998 u.a. wegen instabiler Angina pectoris, koronarer Herzerkrankung und Hypertonie in stationärer Behandlung des St. Josef-Hospitals. Am 28.10.1998 erfolgte bei dem Versicherten eine Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie und am 02.11.1998 eine koronare Ballon-Dilatation (PTCA).

Die Klägerin stellte der Beklagten für die Behandlung des Versicherten mit Schreiben vom 15.12.1998 neben dem Abteilungs- und Basispflegesatz für die Linksherzkatheteruntersuchung das Sonderentgelt 21.01 (1.766,68 DM) und für die PTCA das Sonderentgelt 20.02 (6.740,10 DM) in Rechnung. Die Beklagte zahlte neben den Pflegesätzen anstelle der Sonderentgelte 21.01 und 20.02 das Sonderentgelt 21.02 (7.129,50 DM), mithin einen um 1.377,38 DM geminderten Betrag, der der Klageforderung entspricht. Die Beklagte vertrat die Ansicht, werde neben einer oder mehreren Linksherzkatheteruntersuchungen während desselben stationären Aufenthaltes eine oder mehrere Ballon-Dilatation(en) am Herzen durch geführt, komme für die gemeinsame Abrechnung aller Leistungen nur das Sonderentgelt 21.02 zur Anwendung.

Am 08.06.1999 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgebracht: Die Sonderentgelte 21.01 und 20.02 seien nebeneinander abrechenbar. Dies ergebe sich schon aus der Textdefinition der streitigen und der weiteren Sonderentgelte 20.01 sowie 21.02. Gerade das Sonderentgelt 21.02 enthalte den Hinweis “nicht zusätzlich abrechenbar zu den Sonderentgelten 20.02 und 21.01”. Hieraus folge, dass die übrigen Sonderentgelte nebeneinander abrechenbar seien. Außerdem unterscheide die Gruppeneinteilung die sonstigen therapeutischen Maßnahmen für den Blutkreislauf (Gruppe 20) von den diagnostischen Maßnahmen mit Untersuchung der Körpersysteme (Gruppe 21). Im Übrigen habe sich die Notwendigkeit der PTCA erst aufgrund der bei der Linksherzkatheteruntersuchung und Koronarangiographie gewonnenen Erkenntnisse ergeben. Die Behandlung an zwei verschiedenen Terminen sei aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.377,38 DM zuzüglich Verzugszinsen nach Maßgabe von § 15 Abs. 1 Satz 4 des Vertrages i.S.v. § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V seit dem 19.02.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet: Nach den Abrechnungsbestimmungen der Spitzenverbände der Krankenkassen könnten die Sonderentgelte 20.02, 21.01 und 21.02 während eines stationären Krankenhausaufenthaltes mehrfach erbracht, aber nur einmal berechnet werden. Eine Besonderheit des Sonderentgeltes 20.02 bestehe darin, dass Dilatationen mehrerer Gefäße oder Gefäßabschnitte mit diesem Entgelt erfasst seien, unabhängig davon, ob die Dilatation in einer oder mehreren Sitzungen vorgenommen werde. Bei einer während desselben stationären Aufenthaltes durchgeführten Linksherzkatheteruntersuchung komme für die gemeinsame Abrechnung aller Leistungen nur das Sonderentgelt 21.02 zur Anwendung.

Das Sozialgericht Dortmund hat der Klage durch Urteil vom 28.04.2000 stattgegeben. Das Sonderentgelt 21.02 finde nur Anwendung, wenn Katheteruntersuchung und Dilatation während eines Eingriffs durchgeführt würden. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Sonderentgelte 21.02 und 21.01. Dass bei einer kombinierten Erbringung der Leistungen während eines Eingriffs und ebenfalls kombinierter Reintervention eine geringere Vergütung erzielt werde als bei zwei Einzelmaßnahmen in getrennten Eingriffen führe zwar zu einer Bewertungsungereimtheit, die aber wegen der unterschiedlichen Eingriffsvorbereitungen nicht gravierend erscheine.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 25.05.2000 zugestellte Urteil am 16.06.2000 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren und trägt zur Begründung ergänzend vor: Nach der 5. Änderungsverordnung zur Bundespflegesatz-Verordnung sei die Abrechnungsregelung von Fallpauschalen auf Sonderentgelte übertragen worden. Zusätzlich zu einem Sonderentgelt dürfe ein weiteres nur berechnet werden, wenn dies in den Entgeltkatalogen zugelassen sei. Wie bei anderen Entgelten seien auch in den Gruppen 20 und 21 Parallel- und Wiederholungseingriffe während desselben stationären Aufenthaltes in der Mischkalkulation enthalten und deshalb nicht gesondert abrechnungsfähig. Da mit dem Sonderentgelt der “Leistungskomplex eines Behandlungsfalles” vergütet werde, bezögen sich die in der Verordnung aufgeführten Definitionen regelmäßig auf die Hauptleistung. Sämtliche Leistungen, die der Leistungskomplexbeschreibung zuordenbar seien, würden folglich durch das Sonderentgelt abgegolten. Dies entspreche auch der in einem Schreiben vom 18.06.1997 niedergelegten Auffassung des Bundesministeriums für Gesundheit, gerichtet an die Universitätskliniken des Saarlandes. Im Übrigen werde durch die Aufteilung der stationären Behandlung in mehrere Sitzungen der Krankenhausaufenthalt wesentlich verlängert. Diagnostik und Therapie seien aus wirtschaftlichen und humanen Gründen in einer Sitzung zu kombinieren, soweit nicht zwingende medizinische Gründe für eine Aufteilung der Behandlung vorlägen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.04.2000 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und entgegnet: Bei dem Versicherten habe bereits zum Aufnahmezeitpunkt ein Zustand nach Bypass-Operation neben einer Niereninsuffizienz, einer erheblichen Adipositas und einer arteriellen Hypertonie bestanden. Nach Durchführung der Diagnostik seien zunächst die alternativen Therapiemöglichkeiten einer erneuten Bypass-Operation oder der Aufweitung durch Ballonkatheter mit dem Versicherten besprochen worden, so dass nicht sofort die Dilatation habe erfolgen können. Außerdem erfordere ein Zustand nach Bypass-Operation bei der Herzkatheteruntersuchung eine größere Menge an Kontrastmittelgabe, die wegen der Niereninsuffizienz durch weitere therapeutische Interventionen nicht zusätzlich habe erhöht werden können. Die Erbringung beider Leistungen während desselben Eingriffs sei des halb medizinisch nicht möglich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Abrechnungsunterlagen der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 28.04.2000 war die Klage abzuweisen.

Zur Zulässigkeit der Klage nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im Urteil des Sozialgerichts Bezug.

Die Klage ist unbegründet, denn die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen (weiteren) Anspruch auf Zahlung von 1.377,38 DM für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 25.10. bis 05.11.1998.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist der Sicherstellungsvertrag zwischen der Krankenhausgesellschaft in Nordrhein-Westfalen und den Verbänden der Krankenkassen gemäß § 112 SGB V. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift schließen die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam mit der Landeskrankenhausgesellschaft Verträge, um sicherzustellen, dass Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen des SGB V entsprechen. Das St …Hospital in …, dessen Trägerin die Klägerin ist, ist gemäß § 108 Nr. 2 SGB V in die Versorgung der Versicherten der Beklagten eingebunden. Gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 b SGB V regelt der Sicher stellungsvertrag u.a. die Kostenübernahme und Abrechnung der Entgelte. Der am 01.01.1997 in Kraft getretene Sicherstellungsvertrag sieht in § 6 Abs. 1 die Erteilung einer Kostenzusage vor, die die vertraglichen Beziehungen im Einzelfall dokumentiert.

Die Höhe des Vergütungsanspruchs der Klägerin beurteilt sich nach den Vorschriften der Bundespflegesatz-Verordnung (BPflV) in der hier anzuwendenden Fassung der 5. Verordnung zur Änderung der BPflV vom 09.12.1997 (BGBl. I S. 2874 ff.; in Kraft getreten gemäß Art. 4 Abs. 2 am 01.01.1998). Nach § 1 Abs. 1 BPflV werden die vollstationären Leistungen der Krankenhäuser nach dieser Verordnung vergütet. Was Krankenhausleistungen sind, definiert § 2 BPflV. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen gehören unstreitig dazu.

Gemäß § 10 Abs. 1 BPflV werden die allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet durch Pflegesätze nach § 11 (Fallpauschalen und Sonderentgelte), einen Gesamtbetrag nach § 12 (Budget) sowie tagesgleiche Pflegesätze nach § 13. Fallpauschalen vergüten die allgemeinen Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall (§ 11 Abs. 1 BPflV). Mit den Sonderentgelten wird nach §§ 11 Abs. 2, 14 Abs. 3 BPflV ein Teil der allgemeinen Krankenhausleistungen für einen in den Entgeltkatalogen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 oder § 16 Abs. 2 BPflV bestimmten Leistungskomplex eines Behandlungsfalles vergütet. Sie umfassen insbesondere die Kostenarten nach Nr. 1 – 4 und 14 in Blatt 1 der Leistungs- und Kalkulationsaufstellung (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BPflV) und werden zusätzlich zu dem Abteilungs- und dem Basispflegesatz berechnet.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 BPflV vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 17 die bundesweit geltenden Entgeltkataloge für Fallpauschalen und Sonderentgelte nach § 17 Abs. 2 a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und deren Weiterentwicklung einschließlich der Abrechnungsbestimmungen. Bei der Vereinbarung der Entgeltkataloge bestimmen die Vertragsparteien nach § 15 Abs. 3 BPflV die mit Fallpauschalen und Sonderentgelten zu vergütenden Leistungen sowie bundeseinheitliche Bewertungsrelationen, wobei die Sonderentgelte nach der Abgrenzung des § 11 Abs. 2 zu bestimmen sind. Soweit zur Leistungsabgrenzung Diagnose- oder Operationsschlüssel verwendet werden, sind die in § 301 Abs. 2 SGB V bestimmten Klassifikationen in der jeweils vom Bundesministerium für Gesundheit in Kraft gesetzten Fassung zu verwenden.

Zwar haben die Vertragsparteien eine Fachgruppe für pflegesatz-rechtliche Zweifelsfragen eingerichtet, die anstrebt, bei strittigen Auslegungsfragen im Zusammenhang mit der Abrechnung nach der Bundespflegesatz-Verordnung einvernehmliche Empfehlungen zu erarbeiten. Seit Anfang 1998 wurden jedoch bisher nur Empfehlungen vereinbart, die nicht die hier streitige Auslegungsfrage betreffen (vgl. Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatz-Verordnung, Kommentar Bd. I, Stand: Dezember 2000 S. 653 ff.). Auf Länderebene haben sich nur die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft und die Verbände der Krankenkassen im Lande für Baden-Württemberg auf eine “gemeinsame Absprache III” über weitere (ab 2000 geltende) Abrechnungsregeln verständigt (Dietz, S. 622), die auch Regeln zur hier streitigen Abrechnungskonstellation enthält (Dietz, S. 651).

Mangels weiterer vertraglicher Konkretisierung auf Bundes- oder Landesebene sind deshalb für den Vergütungsanspruch der Klägerin gemäß Nr. 21 der Anlage 2 zu § 11 Abs. 2 BPflV die Abrechnungs-Bestimmungen des bundesweiten Sonderentgelt-Kataloges nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 BPflV anzuwenden. Danach gelten u.a. folgende Abrechnungs-Bestimmungen (BGBl. 1997 Teil I S. 2879):

“1. Sonderentgelte werden für die im Entgeltkatalog bestimmten Leistungskomplexe berechnet.

2. Maßgeblich für die Zuordnung eines Patienten zu einem Sonderentgelt und damit für die Abrechenbarkeit des Entgelts ist der im Entgelt-Katalog ausgewiesene Leistungskomplex.

Dabei gilt folgende Rangfolge der Definitionen: a) der Operationenschlüssel nach dem OPS 301 (Spalte 4); b) der Diagnosenschlüssel nach der ICD (Spalte 3), soweit ein solcher vorgegeben ist, um Sonderentgelte voneinander abzugrenzen, für die in Spalte 4 dieselbe operative Leistung ausgewiesen ist; c) die Textdefinition (Spalte 2); sie ist maßgeblich, soweit eine nähere Definition der Sonderentgelte mit den Schlüsseln nach den Spalten 4 und 3 nicht dargestellt werden kann und somit nur aus der Textfassung hervorgeht.”

In Anhang 3 der BPflV sieht der Katalog bei Versorgung in Hauptabteilungen Sonderentgelte wie folgt vor:

Das Sonderentgelt 20.02 (II sonstige therapeutische Maßnahmen, Gruppe 20: Maßnahmen für den Blutkreislauf) betrifft nach OPS-301 (Spalte 4) die Leistung 8-837.0. Textlich erfasst sie folgende Definition:

“Dilatation eines oder mehrerer koronarer Gefäße (PTCA):

Perkutane transluminale Dilatation und Rekanalisation von Koronararterien, einschließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs bei Ein- und Mehr-Gefäßerkrankungen, ggf. auch mehrfach während des stationären Aufenthaltes, einschließlich erforderlicher Kontrollangiographien und Reinterventionen.”

Das Sonderentgelt 21.01 (III Diagnostische Maßnahmen, Gruppe 21: Untersuchungen der Körpersysteme) betrifft nach OPS-301 die Leistung 1-275.0 bis 2 und wird wie folgt definiert: “Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie, ggf. mit Anlage eines temporären Schrittmachers, ein schließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs, ggf. auch mehrfach während des stationären Aufenthaltes, soweit nicht während des gleichen Eingriffs eine Dilatation durchgeführt wird.”

Das Sonderentgelt 21.02 betrifft nach OPS-301 die Leistung 1-275.0 bis 2 kombiniert mit 8-837.0 und erfasst textlich die Definition: “Linksherzkatheteruntersuchung bei Ein- und Mehrgefäßerkrankungen mit Koronarangiographie und Dilatation eines oder mehrerer koronarer Gefäße (PTCA), ggf. mit Anlage eines temporären Schrittmachers, einschließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs, ggf. auch mehrfach während des stationären Aufenthaltes, nicht zusätzlich abrechenbar zu den Sonderentgelten 20.02. und 21.01.”

Ausgehend von der in Anlage 2 zu § 11 Abs. 2 BPflV vorgegebenen Rangfolge der Definitionen für die Zuordnung eines Patienten/ Leistungskomplexes zu einem Sonderentgelt und dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 BPflV, wonach Sonderentgelte einen bestimmten Leistungskomplex eines Behandlungsfalles vergüten, kann auch bei einer Linksherzuntersuchung und anschließender PTCA in getrennten Eingriffen, aber während eines stationären Aufenthaltes nur das Sonderentgelt 21.02 abgerechnet werden.

Nach der Rangfolge der Definitionen ist zunächst der OPS-301 maßgebend. Dabei kombiniert das Sonderentgelt 21.02 nach dem Operationenschlüssel die Leistungen 1-275.0 bis 2 (Linksherzkatheter) mit 8-837.0 (Dilatation der Herzkranzgefäße), die sonst als Einzelleistungen in den Sonderentgelten 20.02 und 21.01 genannt sind. Hierbei unterscheidet der OPS nicht danach, ob die Einzelleistungen gleich- oder mehrzeitig oder ob sie einmal oder mehrfach erbracht werden. Auch zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass bei Reinterventionen, also mehrfacher Erbringung der Einzelleistungen das jeweilige Sonderentgelt nur einmal abgerechnet werden kann. Warum dies nach Auffassung der Klägerin bei der mehrzeitigen Erbringung von Teilen einer kombinierten Leistung anders sein soll, lässt sich jedenfalls der vorrangigen Definition nach dem OPS nicht entnehmen. Sie stellt nur auf die Kombination, nicht auf die zeitliche Reihenfolge ab.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass mit den Sonderentgelten einzelne Leistungskomplexe eines Behandlungsfalles vergütet werden. Der Behandlungsfall ist demnach in seiner Gesamtheit, wie er sich bei seinem Abschluss darstellt, zu betrachten. Dies gilt jedenfalls, soweit ein einheitliches Krankheitsgeschehen -wie hier die Herzerkrankung des Versicherten – gegeben ist. Ein Behandlungsfall, der -wie vorliegend- eine Linksherzkatheteruntersuchung als diagnostische Maßnahme und eine Dilatation als therapeutische Maßnahme erforderlich macht, wird durch diese zwei Maßnahmen nicht zu zwei Behandlungsfällen, sondern bleibt einer. Schon der Wortlaut der Begriffe “Leistungskomplexe” und “Behandlungsfall” sowie die Einbeziehung von Reinterventionen innerhalb eines Sonderentgeltes verdeutlichen, dass durch die Abrechnungsvorschriften eine Aufsplittung in Einzelleistungen eines Behandlungsfalles gerade vermieden werden sollte.

Auch die Textdefinitionen der Sonderentgelte 20.02, 21.01 und 21.02 lassen keinen anderen Schluss zu. Zunächst sind sie nur maßgeblich, soweit eine nähere Definition der Sonderentgelte mit den OPS- oder Diagnoseschlüsseln nicht dargestellt werden kann und nur aus der Textdefinition hervorgeht. Schon hieran bestehen Zweifel, weil die Darstellung nach dem OPS eindeutig ist. Im Übrigen verdeutlichen die Textfassungen aber ebenfalls, dass die Leistungskomplexe den Ansatz der Maßnahme innerhalb eines Behandlungsfalles nur einmal erfassen, selbst wenn sie mehrfach während des stationären Aufenthaltes erfolgen oder sogar Kontrollangiographien und Reinterventionen, also weitere Eingriffe erforderlich machen (20.02). Darüber hinaus bestimmt das Sonderentgelt 21.02 ausdrücklich, dass dieses Entgelt selbst bei mehrfacher Erbringung nicht zusätzlich zu den Sonderentgelten nach 20.02 und 21.01 abrechenbar ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lassen sich aus der Unterscheidung der Gruppen “sonstige therapeutische Maßnahmen” und “diagnostische Maßnahmen” sowie der getrennten Aufführung der Leistungen keine Rückschlüsse ziehen. Denn das Sonderentgelt 21.02 ist unter den diagnostischen Maßnahmen eingeordnet, obwohl es mit der Einbeziehung einer Dilatation oder Anlage eines Schrittmachers eindeutig auch therapeutische Maßnahmen enthält. Die getrennten Leistungsdefinitionen sind zudem erforderlich, weil es auch Behandlungsfälle gibt, in denen nur eine Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie oder nur eine Dilatation durchgeführt wird.

Auch sonst ergibt der Wortlaut der Sonderentgelt-Textdefinitionen, dass der “Eingriff” den jeweils gesamten Leistungskomplex erfasst, unabhängig davon, ob er mehrfach oder mehrzeitig erbracht wird. Demzufolge handelt es sich bei dem Leistungskomplex Linksherzkatheteruntersuchung und Dilatation um einen Eingriff i.S.d. Sonderentgeltnummer 21.02 während eines Behandlungsfalles, unabhängig davon, in welcher zeitlichen Reihenfolge die Einzelleistungen erbracht werden. Diese Auffassung wird gestützt durch das von der Beklagten vorgelegte Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 18.06.1997, wonach sich die aufgeführten Definitionen regelmäßig auf die Hauptleistung beziehen, innerhalb derer eine Bandbreite an Leistungen berücksichtigt werden, die bei üblicherweise auftretenden Fallgestaltungen im Zusammenhang mit der definierten Hauptleistung erbracht werden und nicht danach differenziert wird, ob die Leistungen während eines oder mehrerer Eingriffe erbracht werden. Auch in der Kommentierung (Strehlau/Schwoll: Handbuch zur Abrechnung von Krankenhausleistungen, Ausgabe Dezember 1999, Teil III: Abrechnung von Sonderentgelten/2 zu SE 21.02) wird davon ausgegangen, dass sich in der Neuformulierung der Leistungsumfang des Sonderentgelts 21.02 dem einer Fallpauschale insofern nähert, als alle mit dem Ersteingriff in Zusammenhang stehenden Interventionen über das Sonderentgelt abgegolten werden sollen. Höhere Kosten wurden danach bei der Kalkulation des Entgeltes im Fallmix berücksichtigt. Dass Linksherzkatheteruntersuchungen während desselben stationären Aufenthaltes vor der Ballon-Dilatation nicht gesondert, sondern nur als Kombinationsentgelt über 21.02 abgerechnet werden können (Strehlau/Schwoll zu SE 21.02), sieht ebenso die gemeinsame Absprache III für Baden-Württemberg vor (Dietz/Bofinger, S. 651).

Letztlich zeigt auch ein Vergleich mit der zuvor geltenden Fassung der BPflV (4. Verordnung der BPflV vom 17.04.1996 -BGBl. I S. 619- und der insoweit gemäß Art. 1 Nr. 4, Art. 2 der 3. Verordnung zur Änderung der BPflV vom 18.12.1995 -BGBl. I S. 2006- geltende und in Anhang 2 zu Art. 1 Nr. 11 abgedruckte Sonderentgelt-Katalog), dass nur das Kombinationsentgelt abgerechnet werden kann. Denn bei einem Vergleich sind in der Neufassung die Bewertungsrelationen für die Sonderentgelte unverändert geblieben. Dies spricht dafür, dass bei der Neufassung der Textdefinitionen lediglich redaktionelle und klarstellende Änderungen, aber keine Ausweitung der Abrechnungsmöglichkeiten vorgenommen werden sollten. Hiervon ist auch der Verordnungsgeber ausgegangen (Bundesrat-Drucksache 802/97 Seite 54).

Die Textfassung des Sonderentgeltes 21.02 lautete: “Linksherzkatheteruntersuchung bei Ein- oder Mehr-Gefäßerkrankungen mit Koronarangiographie und Dilatation, ggf. mit Anlage eines temporären Schrittmachers, einschließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs”.

Dies zeigt, dass sich das Wort “Eingriff” ausschließlich auf die Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen bezieht und nur klarstellt, dass auch diese Leistungen von dem Sonderentgelt mit umfasst sind. Gleiches gilt für die Textfassung der Sonderentgelte 20.02 und 21.01. Hieraus kann wegen der unverändert gebliebenen Bewertungsrelationen nur geschlossen werden, dass in der 5. ÄnderungsVO mit der Textergänzung des Sonderentgeltes 21.01 im letzten Halbsatz ” … ggf. auch mehrfach während des stationären Aufenthaltes, soweit nicht während des gleichen Eingriffs eine Dilatation durchgeführt wird”, nur eine Klarstellung erfolgt ist. Und zwar dahingehend, dass bei einer kombinierten (auch zeitlich getrennten) Erbringung von Linksherzkatheteruntersuchung und Dilatation gerade nicht die Entgelte 21.01 und 20.02 nebeneinander abgerechnet werden können, sondern nur das Kombinationsentgelt 21.02 anfällt.

Mangels Hauptanspruch entfällt auch der Anspruch auf Zinsen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG.

Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG) zugelassen.