Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 795/18

Kernpunkte:

  • Eine Leistung, die mit Kategorie 1 im AOP-Katalog steht, ist regelhaft ambulant zu erbringen.
  • Ausnahmen von dieser Regel können nur durch besondere Umstände (Vorerkrankungen / Risikofaktoren oder eingetretene Komplikationen der Behandlung begründet werden.
  • Die abstrakte Möglichkeit einer Komplikation (z. B. Nachblutungsgefahr), die nicht tatsächlich eingetreten ist, begründet keine stationäre Behandlung.
  • Krankenhäuser sind verpflichtet bei der Abrechnung von Eingriffen der Kategorie 1 Angaben zum Grund für die stationäre Aufnahme zu machen.

 

 

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

Urteil vom 08.09.2020
(nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Düsseldorf S 8 KR 1401/15
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 795/18

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.09.2018 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

 

 

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verrechnung einer Vergütungsforderung der Klägerin aus unstreitigen Behandlungsfällen mit einer (angeblichen) Erstattungsforderung der Beklagten. Ferner verlangt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung der Aufwandspauschale in Höhe von 300,- Euro.

Bei der am 00.00.1950 geborenen und bei der Beklagten krankenversicherten B U (im Folgenden: Versicherte) bestand eine Krampfadererkrankung des linken Beines – chronische Insuffizienz der Vena saphena magna (Stadium Hach IV), Seitenastvaricosis sowie Perforansinsuffizienz -. Ferner lag bei der Versicherten eine Adipositas (BMI: 32 kg/qm), ein arterieller Hypertonus, Stressinkontinenz, Refluxkrankheit sowie ein Zustand nach tiefer Venenthrombose rechts vor 12 Jahren, vor. Am 28.04.2015 erfolgte die Patientenaufklärung zu einer geplanten operativen Behandlung der Krampfadererkrankung im Krankenhaus der Klägerin. Hier wurde dann vom 04. bis 05.05.2015 die stationäre Behandlung (Crossektomie und Stripping der Vena saphena magna mit anschließender Einlage einer Redondrainage) durchgeführt. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür unter dem 08.05.2015 1.726,15 Euro in Rechnung, die diese beglich. Sodann veranlasste die Beklagte eine Überprüfung der Abrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK). Dr. E, MDK, gelangte unter dem 22.05.2015 in ihrer Stellungnahme zu der Beurteilung, dass die Versicherte bei fehlender engmaschiger Funktionskontrolle der Redondrainage (fehlende Nachblutungszeichen) ambulant hätte operiert werden können. Patientenseitige Faktoren für das Erfordernis stationärer Behandlung seien nicht dargelegt. Deshalb sei eine akute stationäre Behandlungsbedürftigkeit oder eine besondere Fallschwere, die eine Behandlung ausschließlich mit den Mitteln des Krankenhauses erforderlich gemacht hätten, nicht erkennbar.

Mit Schreiben vom 28.05.2015 rechnete die Beklagte gegen unstreitige Forderungen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen, die in dem beigefügten Zahlungsavis im Einzelnen bezeichnet waren, mit dem ihrer Auffassung nach bestehenden Erstattungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten in Höhe von 1.726,15 Euro auf.

Die Klägerin hat am 04.12.2015 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass die Aufrechnung der Beklagten zu Unrecht erfolgt sei, denn ein Erstattungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten stehe der Beklagten nicht zu. Die Beklagte habe außerdem die Aufwandspauschale in Höhe von 300,- Euro zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 1.726,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 28.05.2015 sowie von weiteren 300,-Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 04.12.2015 zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet: Die Aufrechnung sei zu Recht erfolgt. Ihr stehe ein Erstattungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten in Höhe von 1.726,15 Euro zu. Die Operation der Versicherten sei komplikationslos verlaufen. In der Redondrainage habe sich keine Flüssigkeit gesammelt. Schwerwiegende Nebenerkrankungen hätten ebenfalls nicht bestanden, so dass die Operation hätte ambulant durchgeführt werden können.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten nach Aktenlage von dem Chefarzt Dr. Q, Klinik für Gefäß- und Endovaskuläre Chirurgie, F-Krankenhaus, I, eingeholt. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Dr. Q vom 04.12.2017 Bezug genommen.

Durch Urteil vom 28.09.2018 hat das Sozialgericht Düsseldorf der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihr am 22.10.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.11.2018 Berufung eingelegt.

Zur Begründung bringt sie vor: Bei dem durchgeführten Eingriff – Crossektomie und Stripping der Vena saphena magna – handele es sich um einen solchen aus dem Katalog ambulanter Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe nach § 115 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), der in der Kategorie 1 gelistet sei. Dies bedeute, dass dieser regelhaft ambulant zu erbringen sei. Zwingende medizinische Gründe, die einer ambulanten Behandlung entgegengestanden hätten, seien nicht gegeben gewesen. Mangels tatsächlich aufgetretener starker intraoperativer Blutungen sowie von Nachblutungen hätte die Versicherte nach dem Eingriff in ambulante Weiterbehandlung entlassen werden können.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.09.2018 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowie den Verwaltungsakten der Beklagten und der Krankenakten der Klägerin.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Klägerin stehen die in dem Zahlungsavis bezeichneten Forderungen aus zwischen den Beteiligten unstreitigen Behandlungsfällen in Höhe von 1.726,15 Euro nicht zu, denn die Beklagte hat zu Recht mit einer Erstattungsforderung aus der Behandlung der Versicherten in Höhe von 1.726,15 Euro aufgerechnet (I.). Ferner kann die Klägerin von der Beklagten auch die Zahlung der Aufwandspauschale nicht verlangen (II.). I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 1.726,15 Euro aus den unter den Beteiligten unstreitigen Behandlungsfällen.

Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (st. Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 28.03.2017 – B 1 KR 29/16 R Rdn. 9 m.w.N.).

Davon ausgehend war die Beklagte aus den unstreitigen Behandlungsfällen einem Vergütungsanspruch der Klägerin ausgesetzt. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass diese Forderungen in voller Höhe gerechtfertigt waren. Eine weitere Prüfung erübrigt sich insoweit (vgl. BSG, Urteil vom 30.07.2019 – B 1 KR 31/18 R Rdn. 9 m.w.N.).

Diese Forderungen sind jedoch durch wirksame Aufrechnung i.H.v. 1.726,15 Euro aufgrund eines Erstattungsanspruchs der Beklagten aus der Behandlung der Versicherten erloschen (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 389 BGB).

Eine Aufrechnung ist wirksam (vgl. dazu im Einzelnen etwa BSG, Urteil vom 30.07.2019 -B 1 KR 31/18 R Rdn. 11 ff.), wenn bei bestehender Aufrechnungslage (§ 387 BGB) die Aufrechnung erklärt wird (§ 388 BGB) und keine Aufrechnungsverbote entgegenstehen.

Die Aufrechnung als empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung erfolgt nach § 388 Satz 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Sie setzt voraus, dass sowohl die Hauptforderung (Passivforderung) als auch die Gegenforderung (Aktivforderung) hinreichend konkret bezeichnet werden. Die Erklärung braucht nicht ausdrücklich abgegeben zu werden, es genügt die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens, selbst wenn der wirkliche Wille nur unvollkommen oder andeutungsweise aus der Erklärung erkennbar wird. Dabei wird auf den für die Auslegung von Willenserklärungen (§ 133 BGB) maßgebenden objektiven Empfängerhorizont abgestellt (zum Ganzen BSG a.a.O. Rdn. 16 m.w.N.). Hier gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Beklagte klargemacht hat, dass sie mit ihrem (behaupteten) Erstattungsanspruch aus dem Behandlungsfall der Versicherten (Gegenforderung) gegen die unstreitigen Forderungen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen i.H.v. 1.726,12 Euro aufrechnen wollte.

Eine Aufrechnungslage ist gegeben, wenn die in Rede stehenden Forderungen gleichartige Leistungen betreffen und die Beteiligten jeweils Gläubiger bzw. Schuldner der Forderungen sind, wobei die Hauptforderung erfüllbar und die Gegenforderung sowohl fällig als auch durchsetzbar sein muss (vgl. § 387 BGB). Die beiden Forderungen sind gleichartig, weil sowohl der behauptete Erstattungsanspruch aus dem Behandlungsfall der Versicherten wie auch die Vergütungsansprüche aus den unstreitigen Behandlungsfällen jeweils auf Geldzahlung gerichtet sind.

Die Beteiligten sind wechselseitig Gläubigerin bzw. Schuldnerin dieser beiden Forderungen. Die Hauptforderung aus den unstreitigen Behandlungsfällen war erfüllbar. Denn die Beklagte konnte und durfte im Zeitpunkt der Aufrechnung auf die von der Klägerin in Rechnung gestellten Beträge Zahlungen leisten.

Für das Bestehen einer Aufrechnungslage kommt es damit entscheidend darauf an, ob die Gegenforderung – also der behauptete Erstattungsanspruch der Beklagten aus der Behandlung der Versicherten – im Zeitpunkt der Aufrechnung fällig und durchsetzbar war.

Als Rechtsgrundlage hierfür kommt allein der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Betracht, der voraussetzt, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (BSG, Urteil vom 01.07.2014 – B 1 KR 62/12 R Rdn. 9 m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 27.10.2016 – L 5 KR 132/16 m.w.N.). Dies ist der Fall, wenn die Klägerin gegenüber der Beklagten für die hier in Rede stehende stationäre Behandlung der Versicherten keinen Vergütungsanspruch hatte. Die oben bereits näher dargelegten Voraussetzungen eines Vergütungsanspruches für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung am 04.05. und 05.05.2015 waren nicht erfüllt, so dass die Klägerin für die Behandlung der Versicherten keine Vergütung zu beanspruchen hatte. Im vorliegenden Fall fehlt es an der Erforderlichkeit vollstationärer Behandlung i.S.v. § 39 Abs. 1 SGB V für die durchgeführte Crossektomie und das Stripping der Vena saphena magna. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte nur dann Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Stellt sich die Entscheidung des Krankenhausarztes über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung auch aus seiner Sicht ex ante als medizinisch nicht vertretbar heraus, so besteht keine Zahlungspflicht der Krankenkassen (BSG, Urteile vom 16.06.2012, B 3 KR 14/11 R und vom 16.05.2013, B 3 KR 32/12 R, juris; vgl. auch Urteil vom 30.06.2009, B 1 KR 24/08 R juris).

Eine primäre Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit der Versicherten hat hier nicht bestanden. Dem Grunde nach handelt es sich bei den durchgeführten Maßnahmen um Prozeduren, nämlich die OPS 5-385.70 (“Unterbindung, Exzision und Stripping von Varizen: Crossektomie und Stripping: V. saphena magna), die von Kategorie 1 Abschnitt 2 der Anlage 1 des hier maßgeblichen auf der Basis von § 115b SGB V geschlossenen Vertrages – Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus – (AOP-Vertrag) vom 01.06.2012 erfasst und die damit in der Regel nicht sowohl als auch (dann Kategorie 2), sondern (abgesehen von nicht einschlägigen Ausnahmefällen) unstreitig ausschließlich ambulant zu erbringen sind.

In Abweichung hierzu bestimmt allerdings § 3 Abs. 3 des AOP-Vertrages, dass eine stationäre Durchführung solcher in der Regel ambulant durchzuführenden Leistungen erforderlich sein kann, wenn die Kriterien a), b), d), e) und f) gemäß Anlage 2 zu den Gemeinsamen Empfehlungen zum Prüfverfahren nach § 16 KHG in der gültigen Fassung vom 15.04.2004 erfüllt sind. Es kann hier dahinstehen, ob im Fall der Versicherten tatsächlich besondere Umstände vorgelegen haben, die ausnahmsweise eine stationäre Behandlung erforderlich gemacht hätten. Denn nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.05.2012, B 3 KR 14/11 R; Urteil vom 21.04.2015 B 1 KR 10/15 R, jeweils juris) ist es erforderlich, dass zu den nach § 301 SGB V gebotenen Informationen in solchen Fällen, in denen regelhaft ambulante Behandlung ausreichend ist, zusätzlich Angaben zu Begleiterkrankungen oder sonstigen Gründen gemacht werden, die Anlass für die stationäre Behandlung als Ausnahmefall gegeben haben (vergl. ferner BSG, vom 17.09.2013, B 1 KR 51/12; vom 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R; vom 14.10.2014 B 1 KR 26/13 R). Nur so wird das Krankenhaus oder sein Träger seinen Informationspflichten gerecht und schafft damit die unerlässliche Basis dafür, dass die Krankenkasse der Abrechnung vertrauen kann (Koch, juris-PK, 4. Aufl. 2020, § 301, Rdnr. 12). Die Klägerin hat im Behandlungsfall der Versicherten derartige Angaben zu Umständen, die hier – ausnahmsweise – stationäre Behandlung bedingt hätten und die gemäß § 301 SGB V der Beklagten zu übermitteln gewesen wären, nicht gemacht. Schon deshalb ist ein Vergütungsanspruch der Klägerin aus dem Behandlungsfall der Versicherten zu verneinen.

Die Erstattungsforderung ist im Augenblick der Überzahlung, d.h. noch im Jahre 2015, entstanden (dazu BSG, Urteil vom 23.06.2015 – B 1 KR 26/14 R Rdnr. 44 m.w.N.) und war damit im Zeitpunkt der Aufrechnung auch fällig. Denn mangels Sonderregelung – § 15 Abs. 1 Satz 1 des Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V findet auf Erstattungsforderungen keine Anwendung – trat Fälligkeit nach den allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 271 Abs. 1 BGB) mit dem Entstehen des Anspruchs ein.

Gegen die Durchsetzbarkeit der Erstattungsforderungen bestehen keine Bedenken. Einreden hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

Aufrechnungsverbote greifen nicht ein. Weder §§ 8 ff. PrüfVV 2015 noch § 15 Abs. 4 Satz 2 des Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V stehen der Wirksamkeit der Aufrechnung entgegen.

Die Regelungen der PrüfVV 2015 finden auf den vorliegenden Fall Anwendung. Denn die Vereinbarung ist zum 01.09.2014 in Kraft getreten (vgl. § 12 Satz 1 PrüfVV 2015) und gilt für die Überprüfung bei Patienten, die, wie hier die Versicherte, ab dem 01.01.2015 in ein Krankenhaus aufgenommen worden sind (§ 12 Satz 2 PrüfVV 2015). Sie ist auch in sachlicher Hinsicht anwendbar, da eine Auffälligkeitsprüfung durchgeführt wurde, die – anders als eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung eines Krankenhauses – der Anwendung der PrüfVV 2015 unterliegt (vgl. BSG Urteil vom 25.10.2016

– B 1 KR 18/16 R). In § 2 Abs. 1 PrüfVV 2015 ist insoweit bestimmt, dass diese Vereinbarung für die gutachtlichen Stellungnahmen nach § 275 Abs. 1c SGB V zur Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V gilt. Die an den MDK gerichteten Fragen (“Bestand die medizinische Notwendigkeit der Aufnahme in ein Krankenhaus?”, “Ist/Sind die Prozeduren korrekt?”) betrafen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V), so dass es um eine Auffälligkeitsprüfung und nicht um eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit ging.

Die näheren Vorgaben, die § 9 PrüfVV 2015 für Aufrechnungen macht, sind eingehalten. Denn zum einen liegt zwischen der Behandlung und der Aufrechnung ein Zeitraum von deutlich weniger als neun Monaten (vgl. § 9 Satz 1 i.V.m. § 8 Satz 3 PrüfVV 2015). Zum anderen hat die Beklagte die Hauptforderung (also die Forderung aus den unstreitigen Behandlungsfällen), gegen die sie mit ihrem Erstattungsanspruch aufgerechnet hat, mit der Listung im Zahlungsavis im Sinne von § 9 Satz 2 PrüfVV 2015 hinreichend konkret benannt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.07.2019 – B 1 KR 31/18 R, juris).

Damit steht auch § 15 Abs. 4 Satz 2 des Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V einer Aufrechnung nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob § 9 PrüfVV 2015 ein sich aus § 15 Abs. 4 Satz 2 des Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V ergebendes Aufrechnungsverbot als Spezialregelung verdrängt (so Urteil des erkennenden Senats vom 26.04.2018 – L 5 KR 593/17 Rdn. 28) oder ob ein solches Aufrechnungsverbot im Bereich von § 9 PrüfVV nicht nur nachrangig, sondern sogar nichtig ist (so BSG Urteil vom 30.07.2019, a.a.O., Rdn. 25 bis 27).

 

II.

 

Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Aufwandspauschale i.H.v. 300,- Euro aus § 275 Absatz 1c Satz 3 SGB V (in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.2011) besteht nicht, weil die Prüfung zu einer Minderung (Wegfall) des Abrechnungsbetrages geführt hat.

Da die Klägerin schon mit ihren Hauptforderungen nicht durchdringt, liegen auch die Voraussetzungen für die geltend gemachten Zinsansprüche (gemäß § 15 Abs. 1 des Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V) nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere die Voraussetzungen nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG sind nicht erfüllt, da sich die Entscheidung an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts orientiert.