Landessozialgericht Rheinland-Pfalz L5 KR 76/18

Kernpunkte:

  • Eine Duraplastik ist bei einer Kraniotomie nicht als integralen Teil der OP zu betrachten.
  • Ob eine Duraplastik zusätzlich zum Zugang kodiert werden darf, hängt vom Aufwand ab.
  • Periost-Schwenklappen wird zusätzlich als Duraplastik kodiert.
    Schlagworte: Duraplastik, monokausal, Neurochirurgie, Zugang

 

Aktenzeichen:
L5 KR 76/18
S 12 KR 908116

Verkündet am
26.11.2018


Landessozialgericht Rheinland-Pfalz

Im Namen des Volkes
Urteil

 

In dem Rechtsstreit

– Klägerin und Berufungsbeklagte

Prozessbevollmachtigte: Rechtsanwälte Junge pp., Salierring 32, 50677 Köln

gegen

BahnBKK, vertreten durch den Vorstand, Regionalgeschäftsstelle Nord-Ost, Bornitzstraße 73 75, 10365 Berlin

Beklagte und Berufungsklägerin

hat der 5_ Senat des Landessozialgerichts RheinlandPfalz in Mainz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2018 durch

Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Riebel
R
ichter am Landessozialgericht Wiemers
Richterin am Landessozialgericht Dr
. Wiegand
ehrenamtlichen Richter Kras
ehrenamtl
ichen Richter Moll
für Recht erkannt:

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 16.02.2018 wird zurückgewiese
  2. Die Beklagte tragt auch die Kosten des Berufungsverfahrens
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Streitig sind Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 2.114 ,65 nebst Zinsen.

Die Klägerin ist Rechtsträgerin des nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Marienhaus. In diesem wurde der (…) geborene, bei der Beklagten krankenversicherte (im Folgenden: Versicherter) vom (…).2018 bis zum (…).2012 vollstationär behandelt. Noch am Aufnahmetag wurde der Versicherte wegen einer fortschreitenden neurologischen Symptomatik im Sinne einer aphasischen Störung und einer Hemiparese rechts an einer cortico-subcortical links temporal gelegenen Blutung operiert. Es erfolgte eine klassische Kraniotomie. Hierfür wurden die Schädelkalotte (Schädeldach) und Dura (äußerste Hirnhaut) eröffnet, das Hamatom abgesaugt und zusätzlich krankhaft verändertes Gehirn (kontusionierte Gehirnanteile) reseziert. Die Dura wurde mittels Periost-Schwenklappen (Dura-Ersatzplastik) erweitert. Das Klinikum rechnete am (…).2012 unter Zugrundelegung der Fallpauschale (Diagnosis Related Group 2012 DRG ) B20B (Kraniotomie oder große Wirbelsäulen-Operation mit komplexer Prozedur, Alter> 15 Jahre, mit intraoperativem neurophysiologischen Monitoring oder komplexer Diagnose) Insgesamt 9362,85 ab; diese Forderung beglich die Beklagte zunächst vollständig. Auf Grund einer Überprüfung des Behandlungsfalles durch den Medizinischen Dienst des Bundeseisenbahnvermögens (MDBEV) – Gutachten des Arztes H vom 04.07.2013 und 30.12.2013- kam die Beklagte sodann jedoch zum Ergebnis, dass die vom Krankenhaus der Rechnung zugrunde gelegten Prozeduren nach
dem 2012 geltenden Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 5-016.10
(Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe der Schädelknochen: Vordere Schäldelgrube) und 5021.0 (Rekonstruktion der Hirnhäute; Duraplastik an der Konvexität) auf Grund des Prinzips der monokausalen Kodierung nicht zusätzlich neben dem korrekt zu Grunde gelegten OPS 5013.4 (Inzision von Gehirn und Hirnhäuten: Entleerung eines intrazerebralen Hämatoms) anzugeben seien. Auf Grund dieser Änderungen sei der Behandlungsfall mit der geringer vergüteten Fallpauschale B20E (Kraniotomie oder große Wirbelsäulen-Operation ohne komplexe Prozedur, Alter: > 2 Jahre, mit komplexer Diagnose oder bestimmtem Eingriff bei Trigeminusneuralgie) zu vergüten. Nachdem das Klinikum die von der Beklagten erbetene diesbezügliche Datenberichtigung nicht durchführte, nahm letztere am 27.07.2016 eine Aufrechnung in Höhe des sich zu ihren Gunsten ergebenden Differenzbetrages in Höhe von 2.114,65 € mit einer Forderung des Klinikums aus der Behandlung eines anderen Versicherten der Beklagten vor.

Am 26.09.2016 hat die Klägerin daraufhin Zahlungsklage in Höhe von 2.114,65 nebst Zinsen zum Sozialgericht Koblenz (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, beim Versicherten sei bei der am (…).2012 notfallmäßig durchgeführten Operation zur Hämatomentlastung links cortico-subcortical (unter der Hirnrinde liegend) zwar eine primäre Adaption der Dura gelungen, jedoch kein vollständiger Verschluss der gesamten Durafläche. Deshalb sei ein gestielter Periostlappen in den Duradefekt eingenäht worden, wodurch der Verschluss der Dura erfolgt und auch eine Erweiterungsplastik erreicht worden sei. Insofern habe es sich um einen zusätzlichen Arbeitsschritt gehandelt, der nicht im alleinigen Sinne der Hämatomentlastung zu planen gewesen sei, weshalb der OPS 5-021 .0 die zusätzlich zur Hämatomentlastung (OPS 5-013.4) erbrachte Leistung beschreibe, die zu Beginn des Eingriffes nicht absehbar gewesen sei. Das Gericht hat von Amts wegen von Prof. Dr, Vatter (mit Privat-Dozentin Dr. Boström), Klinik und Polyklinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Bonn, ein Gutachten vom 05.07.2017 eingeholt. Der Sachverständige hat dargelegt, klassischerweise werde in Standardfällen bei der Ausräumung eines intrazerebralen Hämatoms eine Verschlüsselung mit den OPS-Kodes 5010.0 (Schädeleröffnung über die Kalotte: Kraniotomie Kalotte) und 5013.4 (Inzision von Gehirn und Hirnhäuten: Entleerung eines intrazerebralen Hämatoms) vorgenommen. Im Behandlungsfall des Versicherten hätten Besonderheiten vorgelegen. Die Dura sei im Umfang erweitert worden , um dem Gehirn mehr Platz zur Ausdehnung geben zu können. was man als Duraplastik bezeichne. Hierzu sei körpereigenes Gewebe (Periost) verwendet, eingeschwenkt und eingenäht worden Hierbei handele es sich um einen zusätzlichen aufwändigen Arbeitsschritt. Des Weiteren sei
e
ine Abtragung bzw. Entfernung von kontusioniertem (blutig-verändertem), möglicherweise auch infarziertem Hirngewebe erfolgt, was technisch ein aufwändigerer Operationsschritt sei als im gleichen Ausmaß eine Blutung abzusaugen, Man müsse daher erwägen, welcher der beiden Prozedurenschlüssel, also entweder 5013.4 oder 5-015.2 (Exzision und Destruktion von erkranktem intrakraniellem Gewebe: Intrazerebrales sonstiges erkranktes Gewebe) zur Anwendung gelange. Unter Berücksichtigung des Prinzips der monokausalen Kodierung sei zu überlegen, welcher der beiden Prozedurenschlüssel den durchgeführten Operationsschritt angemessener darstelle. Da in solchen Fällen die Anwendung des herwertigen Kodes vorgeschlagen werde, falle die Antwort eindeutig auf den Prozedurenschlüssel 5-015.2. Demgegenüber könne die vom Klinikum zusätzlich kodierte Ziffer 5-016.10 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe der Schädelknochen: Vordere Schädelgrube) nicht zur Anwendung gelangen, weil beim Versicherten kein zerstörtes Schädelknochengewebe entfernt worden sei, sondern zerstörtes Hirngewebe. Zu kodieren seien damit die OPS 5010.0 (Zugang), 5-015.2 (Hauptprozedur: Abtragung von kontusioniertem Gehirn) und 5021.0 (Dura Rekonstruktion mit gestieltem Periostlappen). Die Klägerin hat sich die Ausführungen des Sachverständigen zu Eigen gemacht und betont, auch die von ihm vorgeschlagene Kodierung ergebe eine Abrechnung des Behandlungsfalls mit der DRG B20B. Die Beklagte ist der Beurteilung des Sachverständigen entgegen getreten und hat betont, ausgehend von dem ihres Erachtens inhaltlich leitenden Eingriff im Sinne des OPS 5-013.4 (Inzision von Gehirn und Hirnhäuten Entleerung eines intrazerebralen Hämatoms), der das Ziel der erforderlichen Operation dargestellt habe, seien unter Berücksichtigung der Deutschen Kodierrichtlinien 2012 (DKR) zur Mehrfachkodierung (P003d) weitere OPSKodes nur auf der Basis entsprechender Hinweise im OPS zu verschlüsseln. Unter der Subkategorie 5013 im OPS 2012 gebe es den Hinweis. “Der Zugang ist gesondert zu kodieren (5-010, 5-011).” Damit sei neben dem Kode 5013.4 der Kode 5-010.10 (Schädeleröffnung über die Kalotte: Kraniektomie [Kalotte] Kalotte) für den Zugang anzugeben. Da sich keine weiteren Hinweise im OPS beim inhaltlich leitenden Eingriff fänden, könne die zusätzliche Kodierung weiterer Prozeduren nicht erfolgen. Die Argumentation des Sachverständigen hinsichtlich der zusätzlichen Kodierung beruhe auf dem Aufwand, den die Einzelschritte verursacht hätten. Auf diesen komme es jedoch nicht an. Demgegenüber hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Duraplastik als eigenständiger, aufwändiger Arbeitsschritt nichts mit dem herkömmlichen Verschluss der Dura gemein habe und damit gerade nicht regelhafter Bestandteil der vom Sachverständigen bestätigten Prozeduren 5015.2 und 5-021.0 sei. Die Plastik stelle etwas vollkommen anderes dar als eine bloße Naht bzw. ein Wiederverschluss. Zu verweisen sei auch auf die Kodierempfehlung Nr. 449 .Duraplastik” der Sozialmedizinischen Expertengruppe der MDK-Gemeinschaft “Vergütung und Abrechnung” (SEG4), der sich der Fachausschuss für ordnungsgemäße Kodierung und Abrechnung der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling e.V. angeschlossen habe, wonach bei einer durchaus vergleichbaren Fallgestaltung die zusätzliche Kodierbarkeit des OPS 5021.0 zu dem im Beispiel der Kodierempfehlung verwandten OPS 5013.1 bestätigt werde.


Durch Urteil vom 16.02,2018 hat das SG die Beklagte verurteilt, an die Klagerin 2.114,65 nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.07.2016 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne von der Beklagten die Begleichung der nach rechtswidriger Verrechnung noch ausstehenden Behandlungskosten für den stationären Aufenthalt des Versicherten in der Zeit vom (…)2012 bis (…).2012 in Höhe der Klageforderung verlangen. Sie habe die Grundvoraussetzung eines Anspruchs auf vollstationäre Vergütung erfüllt. indem sie den Behandlungsanspruch des Versicherten nach § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erfüllt habe, sodass ihr als zugelassenem Krankenhaus im Sinne des § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V ein Vergütungsanspruch zustehe, dessen Höhe sich nach § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) bemesse und auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenvertrage, Fallpauschalen Vereinbarungen) konkretisiert werde. Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalles zu einer Fallgruppe (DRG) werde die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen mit einem Kode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) herausgegebenen “Operationenund Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V” (OPS301) verschlüsselt 301 Abs 2 Satz 2 SGB V) in einem zweiten Schritt werde der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet werde. Nach Maßgabe dieser Vorgaben habe die Klägerin zu Recht den Behandlungsfall des Versicherten mit der DRG B20B abgerechnet. Denn entsprechend dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Vatter sei entgegen der Auffassung der Beklagten vorliegend zusätzlich der OPS 5-021.0 (Rekonstruktion der Hirnhäute: Duraplastik an der Konvexität) zu kodieren , was zur Ansteuerung der DRG B20B führe. Der Sachverständige habe zutreffend darauf hingewiesen, dass vorliegend eine Abweichung vom üblichen Standardfall vorgelegen habe. Dieser stelle die Eröffnung des Schädels über die Kalotte, die Inzision von Gehirn bzw. Gehirnhäuten, die Entleerung eines intrazerebralen Hämatoms und den Wundverschluss dar und werde mit den OPS 5010.0 sowie 5013.4 abgebildet. Vorliegend lasse sich dem Operationsbericht jedoch entnehmen , dass nicht nur einzelne kontusionierte Gehirnanteile abgetragen worden seien, sondern dass zum Verschluss der Hirnhaut ein Periostlappen in den Hirnhautdefekt gestielt eingenäht worden sei. Hierzu sei ein körpereigenes Gewebe, nämlich Knochenhaut, verwendet, eingeschwenkt und eingenäht worden. Der Sachverständige habe zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um einen zusätzlichen aufwändigen Arbeitsschritt gehandelt habe, der üblicherweise bei der Standardoperation nicht zur Anwendung gelange. Es habe sich mithin um einen deutlich aufwändigeren Operationsschritt als beim regulären Duraverschluss gehandelt, der im Kode 5010.0 als üblicher “Zugangsrückzugsweg” mitenthalten sei. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spreche auch unter Berücksichtigung des Prinzips der monokausalen Kodierung die Kodierempfehlung der SEG4 Nr 449 “Duraplastik” vom 11.06.2012. Diese beschäftige sich genau mit dem hier vorliegenden Problem, dass bei erheblicher Hirnschwellung ein PeriostLappen präpariert, auf das angeschwollene Gehirn aufgelegt und mit einigen Haltenähten an der Dura befestigt werde. Nach der MDK-Kodierempfehlung sei bei dieser Fallgestaltung der OPS 5-021.0 zusätzlich zu kodieren. Der Zinsanspruch in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz resultiere aus § 9 Abs 7 Krankenhausbehandlungsvertrag RheinlandPfalz (KBV).


Gegen das ihr am 27.02.20 18 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.03.2018 Berufung eingelegt. Sie verweist zur Begründung weiterhin auf das Grundprinzip des OPS, einen durchgeführten Eingriff möglichst mit einem Kode abzubilden (monokausale Kodierung). Dies bedeute, jeder Einzelkode enthalte normalerweise alle Informationen für eine Prozedur mit allen notwendigen Komponenten , wie zB Vorbereitung, Lagerung, Anästhesie, Zugang, die eigentliche Operation, Naht usw (Hinweis auf Abschnitt “Prozedurenkomponenten” in DKR 2012 P001f) Hinsichtlich der Frage, welcher Einzelkode zunächst zur Anwendung komme, seien die Nutzungshinweise des OPS 2012 zu berücksichtigen. Dort finde sich unter “Mehrfachkodierung”: “Sofern mehrere Kodes zur vollständigen Dokumentation eines komplexen Eingriffes erforderlich sind, ist der inhaltlich leitende Eingriff an erster Stelle zu dokumentieren.” Dies sei im vorliegenden Behandlungsfall der Kode 5013.4, da dieser Eingriff das Ziel der erforderlichen Operation darstelle. Bei der Ermittlung der neben dem inhaltlich leitenden Eingriff zusätzlich anzugebenden Kodes komme der Abschnitt Mehrfachkodierungaus der DKR 2012 P003d zum Tragen. Dieser verweise darauf, dass bei komplexen Eingriffen die Angabe weiterer Kodes neben dem inhaltlich leitenden Kode ausschlilich auf der Basis diesbezüglicher Hinweise im OPS vorzunehmen sei: “In einigen Bereichen ist eine Kodierung von Operationen mit mehreren Kodes vorgesehen. Dies ist insbesondere für die Abbildung komplexer Eingriffe erforderlich. In diesen Fallen wurden im OPS Hinweise formuliert, die auf eine gesonderte Kodierung der einzeln durchgeführten Eingriffe verweisen.” Unter der Zwischenüberschrift “Mehrfachkodierung” werde in den Nutzungshinweisen des OPS 2012 formuliert: “In einigen Bereichen ist eine Kodierung von Operationen mit mehreren Kodes vorgesehen Dies ist insbesondere für die Abbildung komplexer Eingriffe erforderlich. In diesen Fallen wurde ein Hinweis formuliert, der auf die gesonderte Kodierung von durchgeführten Teilmaßnahmen eines komplexen Eingriffes verweist.” Diesen Vorgaben der DKR komme im Hinblick auf die FAQ (Frequently Asked Questions) 1011 des DIMDI der Vorrang zu. Das Ziel der DKR, in gleichgelagerten Behandlungsfällen eine gleichartige Kodierung zu sichern, könne in Bezug auf die Abbildung komplexer Eingriffe mit dem OPS nur umgesetzt werden, wenn die zusätzliche Angabe weiterer Kodes direkt vom Vorhandensein von Hinweisen determiniert werde Ergänzend verweise sie, die Beklagte, auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) vom 07.02.2018 (L 8 KR 256/15).

Die Beklagte beantragt,
das
Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 16.02.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.


Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auch wenn sich aus dem OPS-Text zum Schlüssel 5013.4 kein Hinweis ergebe, der auf eine zusätzliche Verschlüsselung der Duraplastik (OPS 5021.0) verweise, habe das DIMDI doch in der FAQ OPS 0011 mit Gültigkeit seit OPS 20 (ab 01.01.2001) ausgeführt: “Im OPS sind nicht alle Kombinationsmöglichkeiten von Operationen/Prozeduren mit dem Hinweis gekennzeichnet, dass eine zusätzliche Kodierung erforderlich und möglich ist. Grundsätzlich ist alles, was regelhaft Bestandteil des kodierten Eingriffes ist, im Kode abgebildet. Darüber hinaus gehende Maßnahmen sind zusätzlich zu kodieren, auch wenn es keinen entsprechenden Hinweis im OPS gibt.Folgerichtig werde in den Nutzungshinweisen zum OPS seit der Version 2015 ausgeführt: “In einigen Bereichen ist eine Kodierung von Operationen (sic!) mehreren Kodes vorgesehen. Dies ist insbesondere für die Abbildung komplexer Eingriffe erforderlich. In diesen llen gibt es oft, aber nicht in jedem Fall einen Hinweis beim Kode des leitenden Eingriffs, der auf die gesonderte Kodierung von durchgeführten Teilmaßnahmen eines komplexen Eingriffes verweist.” Vor dem Hintergrund der FAQ OPS 0011 des DIMDI komme diesen Ausführungen nur klarstellende Funktion zu.


Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte, die Krankenakte der Klägerin und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen Der Akteninhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat der Klage zu Recht mit zutreffender Begründung stattgegeben, denn der Klägerin steht der geltend gemachte (restliche) Vergütungsanspruch nebst Zinsen zu. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetzt (SGG) auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Die Beklagte hat mit ihrer Berufung keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten. Der Sachverhalt ist in medizinischer Hinsicht durch das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Vatter vom 05.07.2017 hinreichend geklärt. Auf der Basis dieses Gutachtens hat das SG die maßgeblichen Vergütungsregelungen im vorliegenden Behandlungsfall zutreffend angewendet. Entgegen der Auffassung der Beklagten sieht insbesondere der (vergütungsrelevanten) zusätzlichen Kodierung des OPS 5021 .0 der Grundsatz der monokausalen Kodierung nicht entgegen. Dieser beinhaltet, dass eine Prozedur normalerweise vollständig mit all ihren Komponenten, wie z.B. Vorbereitung , Lagerung, Anästhesie , Zugang, Naht, usw., in einem Kode abgebildet ist: Abweichungen davon sind in den Hinweisen beschrieben (vgl. DKR 2012, P001f). Bei den Operationen am Nervensystem z.B. ist gewöhnlich der Zugang zusätzlich zu kodieren. Deshalb werden diese individuellen Komponenten einer bereits kodierten Prozedur nicht noch einmal gesondert verschlüsselt. Ebenso sind eingriffsverwandte diagnostische Maßnahmen nicht gesondert zu kodieren, wenn diese in derselben Sitzung durchgeführt werden und regelhaft Bestandteil der interventionell-therapeutischen Prozeduren sind und dies im OPS nicht anders geregelt ist (z.B diagnostische Arthroskopie vor arthroskopischer Meniskektomie wird nicht verschlüsselt). Vorliegend handelte es sich aber bei der Operation des Versicherten der Beklagten nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Vatter und unter Berücksichtigung des ärztlichen Operationsberichts, wie bereits das SG hervorgehoben hat, um einen von der Standardoperation abweichenden zusätzlichen aufwändigen Operationsschritt, weil nicht der im Kode 5010.10 übliche “Zugangsrückzugsweg” durchgeführt wurde, sondern eine Rekonstruktion im Sinne einer Erweiterung der Dura und Einnähen von Knochenhaut erforderlich war. Da dieses Vorgehen gerade nicht regelhafter
Bestandteil des
kodierten Eingriffes, also keine Komponente des inhaltlich leitenden Eingriffs ist, ist es als darüber hinausgehende Maßnahme zusätzlich zu kodieren. Dem steht auch die DKR 2012 P003d zur “Mehrfachkod ierungnicht entgegen, wie das DIMDI in der FAQ OPS 0011 hervorgehoben hat. Den von der Beklagten in der Berufungsbegründung gesehenen Widerspruch zur Kodierrichllinie DKR 2012 P003d “Mehrfachkodierung” vermag der Senat insoweit nicht zu erkennen. Diese Richtlinie erfasst die Fälle, in denen für die Abbildung komplexer Eingriffe durch Hinweise klargestellt werden soll, dass im Kode eigentlich enthaltene Komponenten gleichwohl gesondert verschlüsselt werden sollen. Um eine solche Fallgestaltung handelt es sich vorliegend jedoch gerade nicht, weil die beim Versicherten durchgeführte Duraplastik nicht zum Standardverfahren einer Hämtomentleerung gehört. Dies unterscheidet die vorliegende Fallgestaltung vom Sachverhalt, der dem Urteil des Hessischen LSG vom 25.01.2018 (L 8 KR 256/15) zugrunde lag, bei dem der Verschluss einer Darmwand nach Appendektomie als integraler Bestandteil der nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführten Blinddarmoperation gewertet wurde, der deshalb nicht gesondert zu kodieren war.

Der Berufung der Beklagten bleibt nach alledem der Erfolg versagt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung

Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs 2 SGG sind nicht gegeben.