Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 KR 119/08

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht

Urteil vom 14.01.2010 (rechtskräftig)

  • Sozialgericht Itzehoe S 1 KR 73/07
  • Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 KR 119/08

 

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 17. September 2008 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 62,02 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch über einen Zinsanspruch der Klä-gerin in Höhe von 6 % auf 665,70 EUR ab 7. Juni 2007.

Die Klägerin betreibt das W.-klinikum in H., das im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zur medizinischen Versorgung der Versicherten zugelassen ist. Am 23. Juli 2005 wurde gegen 20:00 Uhr der fünfjährige Versicherte der Beklagten T. K. we-gen Übelkeit, Erbrechen und im Übrigen unklarer Diagnose sta-tionär aufgenommen. Gegen 22:00 Uhr verließ er gegen ärztli-chen Rat das Klinikum. Mit Rechnung vom 5. Au¬gust 2005 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten für den Aufenthalt Kosten in Höhe von 665,70 EUR geltend. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 9. August 2005 ab; sie berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu einem Aufenthalt im Krankenhaus über Nacht als Voraussetzung für die Annahme einer stationären Aufnahme. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 wies die Klägerin gegenüber der Beklagten darauf hin, dass infolge einer geringen personellen Ausstattung die Anfragen nur verzö-gert und nach Eingangsdatum bearbeitet werden könnten; sie komme unaufgefordert auf das Anliegen zurück.

Am 7. Juni 2007 hat die Klägerin die Behandlungskosten beim Sozialgericht Itzehoe gerichtlich geltend gemacht und eine Verzinsung ab 8. August 2005 in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und ab Klagerhebung in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gefordert. Zur Begrün-dung hat sie ausgeführt, der Vergütungsanspruch sei mit der Aufnahme des Versicherten T. K. entstanden. Die Entscheidung des verantwortlichen Krankenhausarztes werde durch die Vermu-tung ihrer Richtigkeit gestützt. Die Beklagte habe dagegen kein Überprüfungsverfahren durchgeführt und auch in der Folge-zeit keine konkreten Beanstandungen geltend gemacht. Vielmehr habe sie im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozial-gerichts die Forderung endgültig abgelehnt. Insofern sei auch ihr eigenes Schreiben vom 10. Oktober 2005 unschädlich, denn es könne nicht von ihr verlangt werden, dass sie Fragen beant-worte, die gar nicht gestellt worden seien. Eine Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit könne auch nicht mehr im Gerichtsverfahren nachgeholt werden. Der Zinsanspruch ab 8. August 2005 ergebe sich aus § 9 der Pflegesatzvereinbarung. Der weitergehende Anspruch auf Prozesszinsen ergebe sich aus den §§ 280, 288, 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 665,70 EUR nebst Zin-sen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. August 2005 und ab Klagerhebung zuzüglich Zin-sen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und ausgeführt, die Krankenhausaufnahme sei ein so genannter Tagesfall gewesen. Die Klägerin habe in dem Schreiben vom 10. Oktober 2005 angekündigt, sie werde auf den Vorgang zu-rückkommen. Eine weitere Reaktion sei aber nicht erfolgt, da-her sei sie nicht gehalten gewesen, ihre Entscheidung zu über-prüfen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 17. September 2008 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 665,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Eu-ropäischen Zentralbank ab 8. August 2005 zu zahlen, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesent-lichen ausgeführt, der Vergütungsanspruch des Krankenhauses entstehe unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistungen durch den Versicherten, ohne dass es einer Kostenübernahmeer-klärung bedürfe. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbe-handlung entscheide zunächst der Krankenhausarzt; dessen Ent-scheidung sei von der Krankenkasse nach objektiven Kriterien zu überprüfen. Zwar bestehe nach der Vertragslage zwischen den Beteiligten keine primäre Vergütungspflicht, nach der die Be-klagte ohne Weiteres geltend gemachte Krankenhausrechnungen begleichen müsste; denn § 9 der Pflegesatzvereinbarung bein-halte lediglich eine Fälligkeitsregelung. Jedoch hätten die Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung vor-gelegen. Zwar sei der Versicherte der Beklagten lediglich zwei Stunden im W.-klinikum behandelt worden. Die Krankenhausbe-handlung sei infolge eines unklaren Krankheitsbildes von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Frau Dr. Lang verordnet wor-den. Der Versicherte sei neurologisch auffällig gewesen, habe Bauchschmerzen gehabt, sich erbrochen und es habe eine unklare Wesensveränderung vorgelegen. Es seien ein EEG, ein Screening auf akzidentell eingenommene Substanzen und ein laborchemi-sches Screening als weitere diagnostische Maßnahmen geplant gewesen, die einen stationären Aufenthalt erfordert hätten. Allein aufgrund des ausdrücklichen Wunsches der Eltern nach einem unauffälligen Verlauf sei von diesen Maßnahmen Abstand genommen worden. Die Voraussetzungen für eine stationäre Auf-nahme seien daher trotz der kurzen Dauer des Aufenthalts er-füllt gewesen. Angesichts des Vermerks “04 Behandlung gegen ärztlichen Rat beendet” hätte es für die Beklagte nahegelegen, vor Ablehnung der Zahlung die Rechnung zu hinterfragen. Die Klägerin habe lediglich einen vertraglichen Zinsanspruch, je-doch keinen Anspruch auf Prozesszinsen. § 291 BGB als Rechts-grundlage hierfür sei bei Vergütungsansprüchen von Leistungs-erbringern gegenüber einer Krankenkasse dann nicht anwendbar, wenn – wie in § 9 der Pflegesatzvereinbarung – eine Verzugs-zinsregelung vereinbart sei. Das Sozialgericht hat die Beru-fung zugelassen.

Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. November 2008 zugestellt worden, ihre Berufung dagegen ging am 23. Dezember 2008 beim Schleswig-Holsteinischen Lan-dessozialgericht ein. Sie führt aus, die vertragliche Verzugs-zinsregelung schließe den gesetzlichen Anspruch auf Prozess-zinsen nicht aus. Die Krankenkassen und die Leistungserbringer ständen sich auf dem Gesundheitsmarkt als Nachfrager und An-bieter medizinischer Dienst- und Sachleistungen gegenüber; hierbei handele es sich um einen Teil des allgemeinen Wirt-schaftslebens, in dem Verzugs- und Prozesszinsen selbstver-ständlich seien. Der Gesetzgeber habe die wirtschaftliche Po-sition der Leistungserbringer stärken wollen. Das Krankenhaus-entgeltgesetz und die Bundespflegesatzverordnung sähen daher Regelungen über Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung vor, um den Krankenhäusern die notwendigen Mittel für den laufenden Betrieb sicherzustellen. Der in der Pflegesatzvereinbarung vorgesehene Zinssatz von zwei Prozent über dem Basiszinssatz sei nicht geeignet, die Zahlungen zu beschleunigen, sondern bewirke vielmehr zinsgünstige Darlehen für die Krankenkassen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 17. September 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, weitere sechs Prozent Zinsen auf 665,70 EUR ab 7. Juni 2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, § 291 BGB sei nur dann anwendbar, wenn keine vertragliche Zinsregelung getroffen worden sei; dies sei je-doch hier der Fall. Darüber hinaus regle die Norm nicht die Höhe des Zinssatzes der Prozesszinsen, sondern verweise auf § 288 BGB, so dass die Prozesszinsen nicht höher sein könnten als Verzugszinsen. Selbst bei Anwendung der Vorschrift sei die Zinsforderung daher auf die vertraglich vereinbarte Höhe be-schränkt. Es sei unerheblich, ob dieser Zinssatz unangemessen niedrig sei, denn er beruhe auf der Vereinbarung der vertrag-lichen Regelung und es sei ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn die Klägerin nunmehr einen höheren Zinssatz fordere.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Behandlungsakte der Klägerin, die Verwaltungsakte der Be-klagten und die Verfahrensakte haben dem Senat vorgelegen. Zur Ergänzung der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) war der Senat berechtigt, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Die Berufung der Klägerin ist zulässig; infolge der Zulassung durch das Sozialgericht ist sie insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 SGG).

Sie ist aber nicht begründet. Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten keinen weitergehenden Verzinsungsanspruch hat. Ein derartiger An-spruch besteht nicht.

Der mit Schriftsatz vom 6. Februar 2009 gestellte Berufungsan-trag der Klägerin ist auszulegen. Nachdem das Sozialgericht die Beklagte verurteilt hatte, Zinsen in Höhe von zwei Pro-zentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentral-bank auf 665,70 EUR ab 8. August 2005 zu zahlen, hat die Klä-gerin beantragt, dass die Beklagte Zinsen in Höhe von weiteren sechs Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagerhebung auf die Hauptforderung zu zahlen habe. Da die Beteiligten le-diglich darüber streiten, ob die Regelung über die Rechtshän-gigkeitszinsen gemäß § 291 BGB auf die Forderung anzuwenden ist, die gemäß der Verweisung auf § 288 BGB 8 % (Abs. 2) oder 5 % (Abs. 1) über dem Basiszinssatz betragen, ist nur die Zinsdifferenz, mithin eine Verzinsung von zusätzlichen sechs Prozentpunkten im Streit, nicht jedoch sechs Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Im Übrigen war der Senat nicht gehal-ten, von einem feststehenden Betrag als Forderung auszugehen. Denn der Zeitpunkt, in dem die Beklagte der Klägerin die Hauptforderung in Höhe von 665,70 EUR gezahlt hat, ist nicht bekannt, sodass der Zinsbetrag nicht in voller Höhe beziffert werden konnte. Der Streitwert (zu dessen Festsetzung siehe un-ten) konnte nur aufgrund näherungsweise gemachter Angaben auf 62,02 EUR festgesetzt werden.

Der Zinsanspruch ist eine Nebenforderung zur Hauptforderung. Diese entsteht, wenn der Versicherte die Krankenhausleistung in Anspruch nimmt und die leistungsrechtlichen Voraussetzungen des § 39 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) vorliegen auf Grund der Vergütungsvereinbarung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V sowie der weiteren Bestimmungen des Krankenhausfinanzierungs-gesetzes (KHG) und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV). Der Leistungsanspruch des Versicherten wandelt sich nach ständiger Rechtsprechung – auch des erkennenden Senats – mit der berech-tigten Inanspruchnahme unter Zugrundelegung der vorliegenden Leistungsvoraussetzungen in einen Vergütungsanspruch des Kran-kenhauses um. Dass die Voraussetzungen für eine Vergütung vor-liegen, ist nach dem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil des Sozialgerichts zwischen den Beteiligten nicht mehr strei-tig.

Ein Anspruch auf Verzinsung der Hauptforderung im Sozialrecht außerhalb des Regelungsbereichs des § 44 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch wurde lange Zeit verneint. Insbesondere in den Rechtsbeziehungen zwischen den Leistungserbringern und den Leistungsträgern wurde keine Rechtsgrundlage für eine Verzin-sung des Kostenübernahmeanspruchs eines Krankenhausträgers ge-genüber der Krankenkasse gesehen, und zwar hinsichtlich der Verzugszinsen (§ 288 BGB) als auch hinsichtlich der Prozess-zinsen (§ 291 BGB; vgl. die übersichtliche Darstellung in Paw-litta, juris PK-SGB V Rz. 65 ff.). Gesetzliche Regelungen, insbesondere in § 11 Abs. 3 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und § 17 Abs. 1 BPflV über Verzugszinsen bei verspä-teter Zahlung, die in den Verträgen nach § 112 SGB V geregelt werden sollten, durchbrachen diesen Rechtsgrundsatz. Es kam hinzu, dass mit der Einführung des § 197a SGG durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 (BGBl. I Seite 2144) die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Verfahrenskosten herangezogen wurden, ferner die Tatsache, dass sich der Markt der medizinischen Leistungen zu einem ech-ten Wirtschaftsmarkt entwickelt hatte. Dies rechtfertigte es, Forderungen zwischen Leistungserbringern und Leistungsträgern entsprechend ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zu behandeln und von den Beschränkungen des sozialrechtlichen Leistungserbrin-gungsrechts und Beitragsrechts auszunehmen (Urteile des BSG vom 28. September 2005, B 6 KA 71/04 R, SozR 4-2500 § 83 Nr. 2 und vom 23. März 2006, B 5 KR 6/05 R, SozR 4-7610 § 291 Nr. 3; nach Fassung des vorliegenden Urteils veröffentlichtes Urteil des BSG vom 8. September 2009, B 1 KR 8/09 R). In Abkehr von dieser früheren Rechtsprechung ist nunmehr § 69 SGB V Rechts-grundlage für den Zinsanspruch zwischen einem Leistungserbrin-ger und Leistungsträger, hier gemäß Satz 3 der Vorschrift in der anzuwendenden Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. Novem¬ber 2003 (BGBl. I Seite 2190, in Kraft ab 1. Januar 2004, ab 1. April 2007 gemäß Satz 4 der Vorschrift aufgrund des Gesetzes vom 26. März 2007, BGBl. I Seite 378).

Nach § 69 SGB V a. F. werden die Rechtsbeziehungen der Kran-kenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend in diesem Kapitel (sc.: Viertes Kapitel des SGB V), in den §§ 63 und 64 und in dem KHG, dem Kranken-hausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverord-nungen geregelt. Nach Satz 3 gelten für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den üb-rigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapi-tel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

Bei dem Anspruch auf Verzinsung einer Hauptforderung handelt es sich um dispositives Recht (Pawlitta a.a.O. Rz. 65). Der Zinsanspruch besteht dem Grund und der Höhe nach nur dann, wenn keine vertragliche Vereinbarung geschlossen ist. In § 9 der Pflegesatzvereinbarung, die zwischen den Beteiligten an-wendbar ist, ist Folgendes geregelt:

“Die Vertragsparteien haben sich darauf geeinigt, dass die übersandten Rechnungen – sofern Leistungspflicht besteht – spesenfrei und ohne Abzug sofort, spätestens jedoch 14 Tage nach Rechnungseingang bei der zuständigen Kranken-kasse (Abrechnungsstelle) zu begleichen sind. Als Tag der Zahlung gilt der Tag der Erteilung des Auftrags an das Geldinstitut oder der Tag der Absendung eines Zahlungsmit-tels an das Krankenhaus. Bei Zahlungsverzug können Ver-zugszinsen in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz der Eu-ropäischen Zentralbank ab Fälligkeitstag berechnet werden. Die o. g. Zinsregelung gilt auch zugunsten der Krankenkas-sen bei Rückforderungen von bereits beglichenen Forderun-gen ab dem Zeitpunkt des Forderungseingangs der Kranken-kassen.”

Die Beteiligten haben somit eine Regelung für Verzugszinsen nach § 288 BGB getroffen. Diese Regelung ist jedoch darüber hinaus auf die Rechtshängigkeitszinsen (Prozesszinsen) gemäß § 291 BGB anwendbar.

Allerdings ist dabei zugrunde zu legen, dass Rechtshängig-keitszinsen im Sinne des § 291 BGB grundsätzlich keine modifi-zierten Verzugszinsen im Sinne des § 288 BGB sind. Alleine hinsichtlich der Höhe verweist § 291 Satz 2 BGB auf die Rege-lungen in § 288 BGB. Im Übrigen hat das BSG zwischen Rechts-hängigkeitszinsen und Verzugszinsen stets unterschieden (vgl. Urteil des 6. Senats des BSG vom 28. September 2005, a.a.O. sowie Urteil des 3. Senats vom 23. März 2006, a.a.O.). Hinter-grund hierfür ist die Tatsache, dass die Rechtshängigkeitszin-sen völlig anders geartete Voraussetzungen als die Verzugszin-sen haben. Als stärkstes Unterscheidungskriterium fehlt bei dem Anspruch nach § 291 BGB die Voraussetzung des Verzuges im Sinne des § 286 BGB einschließlich schuldhaften Verhaltens (§ 286 Abs. 4 BGB), ohne den ein Anspruch auf Verzugszinsen im Sinne des § 288 BGB nicht entsteht. Demgemäß hat das BSG in der vorgenannten Rechtsprechung auch ausgeführt, dass ein An-spruch auf Prozesszinsen selbst dann gegeben sein kann, wenn ein Anspruch auf Verzugszinsen nicht gegeben oder ausgeschlos-sen ist. Diese rechtliche Unterscheidung zwischen Rechtshän-gigkeits- und Verzugszinsen schließt es jedoch nicht aus, die Regelung des § 9 der Pflegesatzvereinbarung auch auf den Zins-anspruch nach § 291 BGB zu erstrecken. Dies ergibt eine Ausle-gung der Vertragsregelung zwischen den Beteiligten.

Zwar haben die Beteiligten mit der Vereinbarung ihrem Wortlaut nach eine Regelung über die Höhe der Verzugszinsen getroffen. Diese Regelung ist jedoch auslegungsfähig und auslegungsbe-dürftig. Denn es fehlt an einer Regelung über die Rechtshän-gigkeitszinsen. Ein Rückgriff auf die gesetzliche Regelung ist nicht ohne weiteres möglich. Wenngleich die Prozesszinsen ein andersgearteter Zinsanspruch als die Verzugszinsen sind, ist nämlich zu berücksichtigen, dass auch mit Rechtshängigkeit der Verzug weiter andauert. Es wäre kein Grund dafür zu erkennen, warum infolge der eingetretenen Rechtshängigkeit Zinsen in an-derer Höhe zu zahlen wären, denn die gerichtliche Geltendma-chung der Forderung stellt kein derartig einschneidendes Er-eignis in den rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Verfahrensbeteiligten dar, das eine andere Zins-höhe rechtfertigen könnte. Die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten bleiben vielmehr gleich. Dies wird letztlich auch nach der gesetzlichen Vorgabe daraus deutlich, dass § 291 Satz 2 BGB auf die Regelungen des § 288 BGB hinsichtlich der Zinshöhe verweist. Diese gesetzliche Vorgabe stützt die Annah-me, dass auch nach der gerichtlichen Geltendmachung die wirt-schaftlichen Interessen gleichgeartet sind wie nach Eintritt des Verzuges. Dem stände eine Auslegung dahingehend, dass sich eine derartige vertragliche Regelung nur auf die Verzugszinsen bezieht, entgegen.

Das Argument der Klägerin, dass mit einer derartigen Ver-tragsauslegung den Krankenkassen der Weg zu zinsgünstigen Dar-lehen zu Lasten der Leistungserbringer eröffnet würde, vermag dagegen nicht zu überzeugen. Denn einerseits erschließt sich nicht, warum dies während des Verzuges anders sein sollte. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der gegenüber § 288 BGB verhältnismäßig niedrige Zinssatz mit einer sehr kurz bemesse-nen Fälligkeitsregelung einhergeht. Die Vereinbarung stellt somit die Berücksichtigung verschiedener Interessenlagen dar, auf der einen Seite die Belange der Krankenkassen, insbesonde-re ihre Finanzkraft, auf der anderen Seite die angespannte wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser, deren Betrieb wirtschaftlich gewährleistet werden soll. Die Auslegung, dass sich die Zinsregelung in § 9 der Pflegesatzvereinbarung nicht nur auf Verzugszinsen im eigentlichen Sinne, sondern auch auf Rechtshängigkeitszinsen bezieht, ist daher rechtlich zulässig und interessengerecht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Frage, ob eine Regelung über Verzugszinsen in einer Pflegesatzvereinbarung sich auch auf Prozesszinsen bezieht, höchstrichterlich nicht geklärt ist; ferner ist in der zivilrechtlichen Rechtsprechung und Literatur keine Meinungsäußerung darüber ersichtlich, ob sich eine Vereinbarung über Verzugszinsen auch auf Rechtshän-gigkeitszinsen erstreckt.

Die Berechnung des Streitwertes erfolgt nach § 52 GKG nach dem Wert der mit der Klage bzw. dem Rechtsmittel geltend gemachten Forderung. § 43 Gerichtskostengesetz steht der Berücksichti-gung der Zinsen nicht entgegen, da diese im Berufungsverfahren nicht mehr Nebenforderung, sondern Hauptforderung geworden sind. Pro Jahr ergibt sich eine Zinsforderung in Höhe von 39,942 EUR, ausgehend von einem Betrag in Höhe von 665,70 EUR und einem Zinssatz von 6 %. Gemäß § 40 GKG ist für die Wertbe-rechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung entscheidend, die den Rechtszug einleitet. Für die Streitwertberechnung ist daher der Zeitraum zwischen der Klagerhebung und der Berufungserhebung, also vom 7. Juni 2007 bis 23. Dezember 2008 maßgeblich. Dies sind ein Jahr und 199 Tage. Es ergibt sich daraus eine Zinsforderung in Höhe von 39,94 EUR + 22,08 EUR Summe 62,02 EUR. Nach § 289 BGB sind weitere Prozesszinsen auf Verzugszinsen nicht zu zahlen.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Revision angefochten werden.

Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten in-nerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Bundessozialgericht Graf-Bernadotte-Platz 5 34119 Kassel

einzulegen. Die Revisionsschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.

Als Prozessbevollmächtigte sind zugelassen

• Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände und Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder. Sie müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln,

• selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, be-rufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft, Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Ge-währ für eine sachkundige Prozessvertretung bieten. Die genannten Organisationen dürfen nur ihre jeweiligen Mitglieder vertreten und müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln,

• juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorstehend be-zeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusam-menschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durch-führt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. Sie müssen durch Per-sonen mit Befähigung zum Richteramt handeln,

• jeder Rechtsanwalt,

• jeder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Be-fähigung zum Richteramt.

Ein Beteiligter, der danach zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunter-nehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäf-tigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammen-schlüsse vertreten lassen.

Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm und, soweit Ver-fahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vor-schrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen Be-vollmächtigten aus dem Kreis der oben genannten Gewerkschaften oder Vereinigungen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhält-nisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorge-schriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwa-renhandel bezogen werden.

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Revision begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse – gegebenenfalls nebst entspre-chenden Belegen – bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Revision beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt wer-den.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundes-sozialgericht ausgewählt.

– Richter am Landessozialgericht – – ist urlaubsbedingt ortsab- wesend.