Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 KR 27/07

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht

Urteil vom 10.10.2007 (nicht rechtskräftig)

  • Sozialgericht Lübeck S 3 KR 352/06
  • Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 KR 27/07

 

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 16. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des zweiten Rechtszuges. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 58,06 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Behandlungskosten in Höhe von 58,06 EUR. Dabei geht es um die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, Kosten nachzuberechnen.

Die Klägerin betreibt das St. E -Krankenhaus in L , das in den Krankenhausbedarfsplan des Landes Rheinland-Pfalz aufgenommen ist. In dem Krankenhaus wurde in der Zeit vom 23. Februar bis 2. März 2006 die Versicherte der Beklagten F H stationär behandelt. Die Klägerin stellte der Beklagten am 15. März 2006 3.390,39 EUR zuzüglich Nebenkosten, insgesamt 3.393,45 EUR, in Rechnung, die sie mit folgenden Diagnosen codierte:

Hauptdiagnose entgleister Diabetes mellitus (E 11.91 nach ICD 10) Nebendiagnosen Bronchopneumonie (J 18.0) Harnwegsinfekt (N 39.0) Streptokokken Gruppe D (Sekundärcode zu N 39.0 – B 95.2) Vorhofflimmern intermittierend (I 48.10) Coronare Herzkrankheit (I 25.9) Arterielle Hypertonie (I 10.0)

Die Klägerin setzte hierfür die DRG (Diagnosis Related Group) K60B an. Die Beklagte überwies den geforderten Betrag.

Mit Schreiben vom 12. Juni 2006 teilte die Klägerin der Beklagten – wie auch in anderen Fällen – mit, dass anlässlich einer internen Überprüfung die fehlerhafte Codierung des Behandlungsfalles aufgefallen sei. Hauptdiagnose sei die Bronchopneumonie (J 18.0), der entgleiste Diabetes mellitus (E 11.91) sei Nebendiagnose. Es ergebe sich daraus die DRG E77B mit einem Differenzbetrag von 58,65 EUR. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 20. Juni 2006 die Nachzahlung in diesem wie auch in den anderen Fällen ab. Sie verwies auf § 9 Abs. 1 Satz 1 des Behandlungsvertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V), nach dessen Abs. 1 Satz 1 die Schlussrechnung innerhalb von 14 Kalendertagen nach Beendigung der Krankenhausbehandlung zu übersenden sei. Mit der Zahlung sei das Vertragsverhältnis beendet. Eine Korrektur der Rechnung sei vertraglich nicht geregelt und würde dem Sinn der Vertragsvereinbarung widersprechen. Krankenkassen seien verpflichtet, innerhalb der Zahlungsfrist die Abrechnung zu überprüfen und im erforderlichen Falle ein Gutachterverfahren einzuleiten. Denn mit zunehmendem Zeitablauf verschlechtere sich die Beweislage des Krankenhauses und erhöhe sich der Überprüfungsaufwand. Im Umkehrschluss sei auch das Krankenhaus gehalten, die Abrechnung innerhalb der Vertragszeiten zu überprüfen und gegebenenfalls zu beanstanden. Dies gelte umso mehr, weil das Krankenhaus allein über die notwendigen Daten verfüge und damit in die Lage versetzt sei, eine formell und materiell richtige Rechnung zu erstellen. Die Klägerin habe jedoch die Rechnung erst drei Monate nach dem stationären Aufenthalt korrigiert. Weiterer Schriftwechsel zwischen den Beteiligten verlief ergebnislos.

Am 6. September 2006 hat die Klägerin den Betrag mit der Klage beim Sozialgericht Lübeck geltend gemacht. Sie hat ausgeführt, der Korrektur der Rechnung stehe nichts entgegen. Insbesondere sei durch die Übersendung der ersten Schlussrechnung ein weiter gehender Anspruch nicht verwirkt. Die Rechnung übe keinen Vertrauenstatbestand aus, aufgrund dessen die Beklagte Vermögensdispositionen hätte treffen können. Die Bezeichnung als Schlussrechnung bedeute nicht die Beendigung des Vertragsverhältnisses, sondern lediglich des Krankenhausaufenthaltes. Der geforderte Zinssatz ergebe sich aus dem Behandlungsvertrag.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 58,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 %Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Juni 2006 zu zahlen, hilfsweise, die Berufung zuzulassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung zuzulassen.

Sie hat ausgeführt, es könne allenfalls ein Betrag in Höhe von 58,06 EUR zuerkannt werden, denn von dem Rechnungsbetrag sei der Abschlag nach § 140d SGB V vorzunehmen. Jedoch auch dieser berichtigte Betrag stehe der Klägerin nicht zu. Die Beklagte hat sich erneut darauf gestützt, dass nach der vertraglichen Vereinbarung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungslegung Überprüfungen vorzunehmen seien. Die Klägerin sei nach drei Monaten von der Nachberechnung ausgeschlossen. Mit zunehmendem Zeitablauf verschlechtere sich die Beweislage für die Forderungsbegründung. Im Übrigen wäre die vierjährige Verjährungsfrist obsolet, wenn ein Krankenhaus während des gesamten Fristablaufes Kostenerstattungen nachfordern könnte. Ebenso wie die Krankenkassen könnten auch die Krankenhäuser lediglich innerhalb der Vertragsfrist für die Rechnungslegung Korrekturen nachreichen. Das Verhalten der Klägerin verstoße gegen Treu und Glauben. Die Übersendung der Rechnung habe einen Vertrauenstatbestand geschaffen, an dem sie sich wegen ihrer Haushalts- und Beitragsplanungen habe ausrichten müssen. Dies erfordere, dass Schlussrechnungen als solche behandelt und keine Nachforderungen erhoben würden. Die Vorgehensweise der Klägerin führe zur Erlösoptimierung. Krankenhäuser könnten mit der entsprechenden EDV-Ausstattung Behandlungsfälle beliebig und nach erheblichem Zeitablauf umcodieren. Wegen der Überprüfungsnähe sehe § 9 Abs. 6 Satz 4 des Behandlungsvertrages zwar vor, dass Beanstandungen sachlicher und rechnerischer Art auch nach der Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden könnten. Um derartige Beanstandungen handele es sich hier jedoch nicht, denn der Lebenssachverhalt werde nicht geändert und die Beklagte habe die Rechnung nicht sachlich oder rechnerisch berichtigt. Der Landesvertrag sehe Fristen für die Rechnungsstellung und die Zahlung von jeweils 14 Tagen vor. Daran müsse sich die Klägerin halten lassen. Die Beklagte hat eine Überprüfung des Behandlungsfalls durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) durchführen lassen und ergänzend ausgeführt, bei der Versicherten hätten zwei gleichwertige Hauptdiagnosen vorgelegen. Die Pneumonie habe bereits bei der Aufnahme bestanden und sei der Klägerin von Anfang an bekannt gewesen. Sie hätte daher bereits die erste Rechnung richtig erstellen können. Mit Ergänzungen, die sie bei der ersten Rechnungsstellung hätte berücksichtigen können, sei sie ausgeschlossen.

Das Sozialgericht Lübeck hat die Beklagte mit Urteil vom 15. Dezember 2006 antragsgemäß verurteilt; die Berufung gegen die Entscheidung hat es zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Begutachtung durch den MDK Rheinland-Pfalz habe ergeben, dass die Klägerin ihrer Abrechnung richtige Diagnosen zugrunde gelegt habe. Ihrem Anspruch ständen keine Einwände der Beklagten entgegen. Der Grundsatz von Treu und Glauben sowie das Verbot unzulässiger Rechtsausübung seien nicht verletzt. Insbesondere sei die Forderung nicht verwirkt. Hierfür fehle es bereits an einem Zeitablauf von gewisser Dauer; drei Monate reichten hierfür trotz der Bestimmungen des § 9 des Krankenhausbehandlungsvertrages nicht aus. Nach dessen Abs. 6 Satz 4 könnten Beanstandungen rechnerischer und sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht und Differenzbeträge verrechnet werden. Das gelte zwar grundsätzlich nur für Beanstandungen der Krankenkassen, zeige jedoch, dass das Prinzip der zeitnahen Abwicklung der Vergütungsverhältnisse auch Abweichungen zulasse. Die Regelung beinhalte keinen Ausschluss der Neuberechnung der Kosten innerhalb von 28 Tagen nach Entlassung des Patienten. Die Fristen für die Rechnung und deren Bezahlung gälten für den Regelfall des Abrechnungsverhältnisses und schlössen eine Neufeststellung der Behandlungskosten nicht aus. Die Klägerin habe nach der ersten Rechnung keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, der die Verwirkung der Forderung zur Folge habe.

Gegen die ihr am 6. März 2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. März 2007 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie verweist auf die Bestimmungen des Rheinland-Pfälzischen Krankenhausbehandlungsvertrages, der in allen seinen Regelungen eine zeitnahe Durchführung der Abrechnung fordere. Dies gelte für die unverzüglich abzugebende Kostenübernahmeerklärung, die Aufnahme- und Entlassungsanzeige binnen dreier Werktage, die Rechnungslegung innerhalb von 14 Tagen nach Entlassung und deren Ausgleich innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang. Auskünfte und Mitteilungen müssten ebenfalls unverzüglich erfolgen. Damit stehe der Vertrag im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 3 Bundespflegesatzverordnung (BPflV). Dementsprechend sei auch der Überprüfungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V auf eine zeitnahe Abwicklung des Vertragsverhältnisses ausgerichtet. Zweck dieser Bestimmungen sei die zeitnahe Klärung von Zweifelsfragen. Das Gebot zügiger Verfahrensschritte richte sich an beide Vertragsteile der Krankenhausbehandlung. Mit dem Ausgleich der ersten Schlussrechnung sei das Vertragsverhältnis beendet gewesen. Die Klägerin könne zwar eventuell in unmittelbarer Zeitnähe Korrekturen an einer Schlussrechnung vornehmen. Nach Ablauf mehrerer Monate sei das aber nicht mehr möglich. Nach längerem Zeitablauf sei sie – die Beklagte – nicht oder nur erschwert in der Lage, die Plausibilität der Rechnung zu überprüfen. Bei verspäteten Abrechnungen sei das Krankenhaus im Vorteil, da es über die notwendigen Unterlagen verfüge, nicht aber – bei Überzahlungen – die Krankenkasse. Der Behandlungsvertrag sehe Korrekturen der Rechnungen nur in begründeten Einzelfällen vor. Hier seien jedoch keine rechnerischen Beanstandungen durchgeführt worden, sondern die Klägerin habe sich in einem unbeachtlichen Motivirrtum befunden, der kein Anfechtungsrecht begründe. Beanstandungen sachlicher Art seien ebenfalls nicht geltend gemacht. Denn der Lebenssachverhalt sei gleichbleibend. Sachliche und rechnerische Beanstandungen seien regelmäßig nur durch die Krankenkassen zu erheben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Krankenhauskosten im Gesamthaushalt ungefähr 40 % betrügen und sie eine sichere Kalkulationsgrundlage benötige.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 16. Dezem¬ber 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und stellt einen Vertrauenstatbestand gegenüber der Beklagten in Abrede. Ebenso wie eine Krankenkasse das Recht habe, innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist die Abrechnung des Krankenhauses zu überprüfen, müsse dies im Umkehrschluss auch für das Krankenhaus gelten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des Krankenhauses sowie die Verfahrensakte verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Infolge der Zulassung durch das Sozialgericht ist sie insbesondere statthaft, § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -.

Sie ist aber nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Lübeck ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat es die Beklagte zur Zahlung einer weiteren Behandlungsvergütung in Höhe von 58,06 EUR nebst Zinsen als Behandlungskosten verurteilt, denn die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen entsprechenden Anspruch.

Die Klägerin erhebt zutreffend eine echte Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG, denn sie begehrt die Verurteilung der Beklagten zu einer Leistung, auf die grundsätzlich – bei gegebenen Leistungsvoraussetzungen – ein Rechtsanspruch besteht. Ein Verwaltungsakt konnte nicht ergehen, weil sich das klagende Krankenhaus und die Krankenkasse gleich geordnet gegenüberstehen und es an dem notwendigen Subordinationsverhältnis fehlt (BSG, Urt. v. 28. September 2006, B 3 KR 23/05 R, SozR 4-2500 § 112 Nr. 6; Urt. d. Senats vom 22. März 2006, L 5 KR 160/04).

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) i. V. m. dem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 2 SGB V, der zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und der Rheinland-Pfälzi¬schen Krankenhausgesellschaft abgeschlossen worden ist. Zwar ist für die Klägerin kein Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB V, auf den Abs. 4 Satz 3 Bezug nimmt, abgeschlossen worden. Derartige Verträge werden für die Vertragskrankenhäuser im Sinne des § 108 Nr. 3 SGB V abgeschlossen, für die Plankrankenhäuser im Sinne des § 108 Nr. 2 SGB V, zu denen auch das Krankenhaus L zählt, bedarf es eines solchen Status begründenden Vertrages nicht. Für diese wie auch für die Hochschulkliniken im Sinne des § 108 Nr. 1 SGB V wird der Vertragsschluss vielmehr fingiert (Hess in Kasseler Kommentar, SGB V § 109 Rz 2; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 109 Rz 4). Nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen dieses fingierten Versorgungsvertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet. Satz 3 der Vorschrift bestimmt die Verpflichtung der Krankenkassen, mit den Krankenhäusern Pflegesatzverhandlungen zu führen und setzt damit die Vergütungspflicht als selbstverständlich voraus (BSG, Urt. v. 17. Mai 2000, B 3 KR 33/99 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 1). Damit ist eine vereinbarte oder fingierte Vertragsgrundlage für die Durchführung und Abwicklung der stationären Krankenhausbehandlung gegeben, deren Ausgestaltung sich nach den nach Maßgabe des § 109 Abs.4 SGB V und insbesondere § 112 SGB V abzuschließenden öffentlichen Verträgen richtet (BSG, Urt. vom 29. Mai 1996, 3 RK 23/95, SozR 3-2500 § 109 Nr. 1). Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse im einzelnen Behandlungsfall entsteht ohne eine weitere vertragliche Grundlage des Rechtsverhältnisses unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Die Krankenkasse ist bei einem Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V, zu dem auch das Krankenhaus der Klägerin zählt, als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist (BSG, Urt. v. 28. September 2006, a. a. O.).

An der Erforderlichkeit der Behandlung und an der Richtigkeit der Diagnosestellung ist nicht zu zweifeln. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht. Der MDK hat ausgeführt, dass die mit der berichtigten Kostenrechnung herangezogenen DRGs zutreffend sind. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses hat folglich eine vertragliche, in den nach § 109 SGB V ausgestalteten Vereinbarungen angelegte Grundlage. Der Behandlungs- und Zahlungsanspruch im Einzelfall ist jedoch nicht auf vertragliche Willenserklärungen gegründet, sondern basiert auf einem Realakt, nämlich auf der notwendigen Aufnahme und erforderlichen Behandlung des Versicherten im Krankenhaus. Dessen rechtliche Beurteilung richtet sich nach § 69 Satz 2 SGB V. Danach bestimmen sich die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und deren Verbänden abschließend nach dem 4. Kapitel des SGB V, nach den §§ 63 und 64 SGB V sowie nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntG) sowie den danach erlassenen Rechtsverordnungen. Nach Satz 3 der Vorschrift gelten im Übrigen für die Rechtsbeziehungen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem 4. Kapitel des SGB V vereinbar sind. Es handelt sich hierbei nicht um zivilrechtliche Ansprüche; die Fassung des § 69 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, S. 2626) stellt klar, dass es sich um eine öffentliche Rechtsbeziehung handelt, auf die zivilrechtliche Vorschriften nur im Rahmen des Satzes 3 heranzuziehen sind.

Wie oben dargelegt, entsteht der Vergütungsanspruch des Krankenhauses unabhängig von einer weiteren vertraglichen Vereinbarung durch die Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Er entsteht in der Höhe, wie er in den Entgeltvereinbarungen für die zugrunde zu legenden DRGs zwischen den Vertragspartnern bestimmt worden ist. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, und der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit zu zweifeln, dass auf die Erkrankung der Versicherten H die DRG E77B heranzuziehen war, die einen Betrag von 3.449,04 EUR auswies, also einen um 58,65 EUR höheren Betrag als die DRG K60B, die die Klägerin mit ihrer Rechnung vom 15. März 2006 geltend gemacht hatte. Die Differenz zu den tatsächlich geltend gemachten 58,06 EUR ergibt sich aus § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V, der einen 1 %igen Einbehalt zur Förderung der integrierten Versorgung vorsieht. Diese gegenüber der Rechnung vom 15. März 2006 höhere Forderung ist unmittelbar durch die Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherte entstanden und durch den Ausgleich der Rechnung vom 15. März 2006 nicht erloschen. Eine solche Wirkung hat weder die (im Betrag geringere) Rechnung vom 15. März 2006 noch deren Ausgleich. Weder die nach § 112 SGB V zwischen den Vertragspartnern geschlossenen Landesverträge noch das KHG, das KHEntG oder die in § 109 Abs. 4 Satz 3 genannten Pfegesatzvereinbarungen enthalten Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen der Vergütungsanspruch des Krankenhauses getilgt wird oder erlischt. Gemäß § 69 Satz 3 SGB V sind die Bestimmungen des BGB daher entsprechend heranzuziehen.

Nach § 362 Abs. 1 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Es handelt sich hierbei um die geschuldete, nicht um die geforderte Leistung. Dies bedeutet, dass dann, wenn die Höhe einer Schuld der einzelvertraglichen Ausgestaltung unterliegt, wie regelmäßig bei zivilrechtlichen Ansprüchen, zwar die geschuldete Leistung mit der geforderten Leistung identisch sein kann. Denn in der Forderung eines geringeren Entgelts kann eine Vertragsänderung liegen. Ist aber – wie hier – die Höhe der Forderung durch ein (auch vertragliches) Regelwerk vorherbestimmt, entsteht die Forderung in dieser vorbestimmten Höhe, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Die Höhe unterliegt nicht der Disposition der Vertragspartner. Dies ist die Konsequenz daraus, dass der Vergütungsanspruch des Krankenhauses unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten entsteht, ohne dass es einer weiteren Willenserklärung zwischen dem Krankenhaus und der Krankenkasse oder dem Versicherten bedarf. Ein Anspruch entsteht hierdurch nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach. Zivilrechtliche Entgeltforderungen können selbst dann abgeändert werden, wenn eine Rechnung ausdrücklich als Schlussrechnung und damit als Abschlusstatbestand für das Schuldrechtsverhältnis bezeichnet worden ist (BGH, Urt. v. 19. Februar 1998, VII ZR 236/96). Die Nachforderung nach einer solchen Schlussrechnung richtet sich gemäß § 242 BGB allein nach Vertrauensschutzgesichtspunkten. Eine Bindung an eine derartige abschließende Rechnung setzt einen Vertrauenstatbestand voraus, an dem der Schuldner der Forderung sich ausgerichtet und entsprechend eingerichtet hat. Die Tatsache, dass nach einer Schlussrechnung eine Nachforderung überhaupt möglich ist, bedeutet zugleich, dass die Rechnung selbst den notwendigen Vertrauenstatbestand nicht darstellen kann; vielmehr müssten es außerhalb der Rechnung liegende Tatsachen sein, auf die sich der Schuldner in seinem vertrauensbedingten Verhalten gestützt haben könnte. Für derartige Tatbestände ist hier jedoch nichts ersichtlich. Zu dem Vertrauenstatbestand hat die Beklagte abgesehen von der übersandten Rechnung vom 15. März 2006 nichts vorgetragen. Sie stützt sich allein auf ein bei ihr entstandenes Vertrauen, unabhängig davon, ob dies auch schützenswert ist (vgl. zu der gegenüber der früheren Rechtsprechung erweiterten Zulassung, Nachforderungen zu erheben, Heinrichs in: Palandt, BGB, 67. Aufl., § 242 Rz. 56 b). Das Krankenhaus kann nach alledem eine Nachforderung erheben, auch wenn es bereits eine Kostenrechnung übersandt hat.

Der entsprechenden Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften steht auch nicht entgegen, dass sie nach § 69 Satz 3 SGB V unter dem Gebot der Vereinbarkeit mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem 4. Kapitel des SGB V steht. Zu diesen Vorschriften zählen auch die zweiseitigen Verträge und Rahmenempfehlungen über die Krankenhausbehandlung gemäß § 112 SGB V. Die in diesen Vereinbarungen getroffenen Bestimmungen über die Rechnungslegung und den Ausgleich von Rechnungen stehen einer Nachforderung nach erteilter Rechnung nicht entgegen. Zwar bestimmt § 9 Abs. 1 des Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V, dass nach Beendigung der Krankenhausbehandlung der zuständigen Krankenkasse in der Regel innerhalb von 14 Kalendertagen nach der Entlassung eine Schlussrechnung übersandt wird. Die Vorschrift sieht selbst diese Bestimmung als Grundsatz an (“in der Regel”) und lässt Ausnahmen hiervon zu. Die Klägerin hat die Rechnung innerhalb der Frist übersandt; es geht vorliegend nicht um die originäre Rechnung, sondern um deren Abänderung bzw. eine Nachberechnung. Diese ist weder durch § 9 Abs. 1 noch durch den hinter der Vertragsvereinbarung stehenden Zweck gehindert. Die Bestimmung zielt darauf ab, dass ein Behandlungsverhältnis zeitnah abgerechnet wird; insbesondere soll es der Krankenkasse ermöglicht werden, Unklarheiten zeitnah auszuräumen. Mit weiterem Zeitablauf wird es den Beteiligten des Behandlungsverhältnisses erschwert, die Tatsachen den Abrechnungsbestimmungen zutreffend zuzurechnen. Dementsprechend sieht § 9 Abs. 6 des Vertrages eine Zahlung innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang vor. Allerdings regelt die Vorschrift auch die Möglichkeit, dass Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art noch nach der Bezahlung der Rechnung geltend gemacht und Differenzbeträge verrechnet werden können. § 9 Abs. 6 beinhaltet also selbst die Möglichkeit, dass auch ein bereits abgeschlossenes Abrechnungsverhältnis bei Fehlern aufgegriffen werden kann. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Korrektur der Rechnung aufgrund einer fehlerhaft herangezogenen DRG eine rechnerische oder sachliche Berichtigung im Sinne des § 9 Abs. 6 Satz 4 des Behandlungsvertrages darstellt, denn im Zusammenhang mit § 69 Satz 3 SGB V ist allein maßgeblich, dass der Vertrag derartigen nachträglichen Korrekturen nicht entgegensteht und diese seinem Sinn und Zweck nicht zuwiderlaufen. Zu Recht verweist zwar die Beklagte darauf, dass mit fortlaufendem Zeitablauf die Sach- und Beweislage unklarer wird und in zunehmendem Maße schlechter nachvollziehbar ist. Nachträgliche Korrekturen rechnerischer oder tatsächlicher Art sind grundsätzlich noch möglich, allerdings wirkt sich die Änderung der Beweislage zu Lasten dessen aus, der vertragliche Fristen nicht einhält (vgl. BSG, Urt. v. 28. Mai 2003, B 3 KR 10/02 R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 1). Wenn sich folglich nach Erteilung der ersten Rechnung nicht mehr nachvollziehen ließe, welche DRG zutreffenderweise heranzuziehen war, ginge dies zu Lasten der Klägerin. Die Richtigkeit der DRG E77B steht hier aber nicht in Frage, so dass es auf Beweislastgrundsätze nicht ankommt. Insgesamt steht das Regelwerk zu § 112 Abs. 2 SGB V einer Korrektur der Rechnung nicht entgegen. § 17 Abs. 1 Satz 3 BPflV fordert Regelungen in den Pflegesatzvereinbarungen, die eine zeitnahe Zahlung der Pflegesätze an das Krankenhaus ermöglicht. Die Verträge nach § 112 SGB V, insbesondere § 9 des Vertrages nach Abs. 2 Nr. 1, beinhalten diese Regelung, führen – wie dargelegt – aber nicht zu einem anderen Ergebnis. Im Übrigen soll diese Vorschrift die Liquidität des Krankenhauses sicherstellen, nicht aber die Krankenkassen vor Nachforderungen schützen. § 17c Abs. 3 KHG sieht vor, dass die Vertragspartner Pauschalen entwickeln sollen, um Rückerstattungen oder Nachforderungen der Entgelte zu vermeiden. Wenngleich die Voraussetzungen der Regelung nicht unmittelbar und vollumfänglich erfüllt sind, zeigt dies, dass der Gesetzgeber von der Möglichkeit von Nachforderungen ausging. Die Ausschlussregelung in § 69 Satz 3 SGB V greift folglich nicht ein.

Mithin war die Klägerin berechtigt, die Korrektur der Rechnung vom 15. März 2006 durchzuführen und die Nachforderung zu erheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach der erhobenen Forderung im Berufungsverfahren, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.