SG Stralsund S 3 KR 191/21

Kernpunkte:

  • Eine Aufwandspauschale (AWP) wird erst fällig, wenn das Prüfverfahren abgeschlossen ist.
  • Das kann auch erst nach Jahren der Fall sein, wenn erst in einem Gerichtsverfahren klar wird, dass die Fallprüfung keine Rechnungsminderung nach sich gezogen hat.
  • Der Abschluss der Prüfverfahrens ohne Rechnungsminderung ist keine “auflösende Bedingung”, die einen bereits existierenden Anspruch auf eine AWP entfallen lässt. Dadurch kann der Anspruch auf eine AWP nicht schon verjährt sein, bevor ein endgültiges Ergebnis vorliegt (RdNr 28)

SG Stralsund 3. Kammer

S 3 KR 191/21 vom 26.08.2022

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 25. November 2021 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1 Streitig ist ein Anspruch auf die Zahlung einer Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V.
2 Die Klägerin behandelte in dem Zeitraum vom 23. Juli bis 27. Juli 2016 den bei der Beklagten krankenversicherten Patienten A. vollstationär. Sie forderte für diese Behandlung mit der bei der Beklagten am 29. August 2016 eingegangenen Rechnung eine Vergütung auf der Grundlage der Fallpauschale DRG E64A. Mit Prüfanzeige vom 23. September 2016 informierte der MDK die Klägerin über dessen Beauftragung durch die Beklagte mit der Prüfung der Frage, ob die ICD-10 Klassifikation I26.9 (Lungenembolie ohne Angabe eines akuten Cor pulmonale) von der Klägerin korrekt als Hauptdiagnose verschlüsselt worden sei, und bat um Übersendung einer Reihe von konkret bezeichneten medizinischen Unterlagen). Der MDK gelangte unter Berücksichtigung der angeforderten medizinischen Unterlagen, welche bei ihm am 5. Oktober 2016 eingegangen waren, im Rahmen der vorgerichtlichen Stellungnahme vom 27. Februar 2017 zu der Einschätzung, dass anstelle der verschlüsselten Diagnose I26.9 die Klassifikation I80.28 (Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis sonstiger tiefer Gefäße der unteren Extremitäten) als Hauptdiagnose zu verschlüsseln und damit stattdessen die Fallpauschale DRG F63B abzurechnen gewesen sei. Gestützt auf diese gutachterliche Stellungnahme des MDK machte die Beklagte am 28. Februar 2017 eine Erstattungsforderung in Höhe von 1651,01 € geltend und erklärte am 26. Mai 2017 in Höhe dieser Erstattungsforderung eine Aufrechnung mit einem unstreitigen Vergütungsanspruch aus einem anderen Behandlungsfall. Nachdem die Klägerin mit der am 19. Oktober 2018 erhobenen Klage (S 3 KR 309/18) einen Anspruch auf die Zahlung der aufgerechneten Vergütung geltend gemacht hatte, erkannte die Beklagten im Ergebnis eines durch das Gericht veranlassten Sachverständigengutachtens mit Schriftsatz vom 1. März 2021 den mit der Klage geltend gemachten Vergütungsanspruch an. Dieses Anerkenntnis wurde von der Klägerin mit Schriftsatz vom 5. März 2021 angenommen.
3 Die Klägerin stellte daraufhin der Beklagten mit Schreiben vom 9. Juni 2021 im Wege einer sog. Nachtragsrechnung die Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 aufgrund erfolgloser MDK-Prüfung der Abrechnung der Behandlung des Versicherten A. in Rechnung, deren Begleichung die Beklagte unter Hinweis darauf, dass diese nicht eingeklagt worden sei, ablehnte.
4 Mit der am 24. November 2021 eingegangenen Klage macht die Klägerin einen Anspruch auf die geforderte Aufwandspauschale auf der Grundlage von § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V geltend. Ihrer Meinung nach sei durch die Beklagte auch dann die geltend gemachte Aufwandspauschale zu entrichten, wenn in einem auf das Prüfverfahren nachfolgenden Gerichtsverfahren die Auffassung des MDK keine Bestätigung finden sollte. Insoweit nimmt die Klägerin Bezug auf die Ausführungen des BSG in der Entscheidung vom 23. Juni 2015 (B 1 KR 24/14 R) und meint, dass das MDK-Prüfergebnis für den Anspruch auf die Aufwandspauschale unbeachtlich sei, wenn es im nachfolgenden Gerichtsverfahren keine Bestätigung im Sinne der Zuerkennung eines geringeren Zahlbetrages finden würde. Die Prüfung würde dann nicht zu einer objektiv feststellbaren Abrechnungsminderung führen. Ihr sei darüber hinaus ein Verwaltungsaufwand entstanden (vgl. BSG, Urteil vom 28. November 2013, B 3 KR 4/13 R). Der Zinsanspruch würde sich aus § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V in Verbindung mit § 291 S. 1 BGB ergeben. Die Beklagte würde unzutreffend weiterhin davon ausgehen, dass der Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale bereits mit dem Aufwand entstehen würde. Dies würde sich keineswegs aus den Tatbestandsvoraussetzungen des § 275 Abs. 1c SGB V ergeben. Vielmehr würde der Anspruch nur dann entstehen, wenn dem Krankenhaus ein Aufwand entstanden sei und dieses eine Minderung des Abrechnungsbetrages nach Prüfung durch den MDK nicht zur Folge habe. In dem Fall, in dem die Entstehung eines Anspruchs nicht von dem Eintritt eines Ereignisses, sondern von dessen Unterbleiben abhängen würde, könne dieser erst dann entstehen, wenn feststeht, dass das Ereignis nicht mehr eintreten wird. Dies sei etwa der Fall, wenn ein rechtskräftiges Urteil wie in dem vorliegenden Fall vorliegen würde. Erst dann würden die Tatbestandsvoraussetzungen des § 275 Abs. 1c SGB V vorliegen. Die Verpflichtung zur Zahlung der Aufwandspauschale würde sich daher danach beurteilen, ob die Prüfung der medizinischen Voraussetzungen der Krankenhausabrechnung in dem dafür vorgesehenen Verfahren letztendlich zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führen würde oder nicht. Unter Hinweis auf die Ausführungen des LSG NRW in seiner Sitzungsniederschrift vom 19. Dezember 2019 macht die Klägerin geltend, dass das LSG Berlin-Brandenburg in dem von der Beklagten angeführten Urteil nicht zwischen Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs differenzieren würde.
5 Die Klägerin beantragt,
6 die Beklagte zu verurteilen, an sie 300,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7 Die Beklagte beantragt,
8 die Klage abzuweisen.
9 Sie erhebt die Einrede der Verjährung. Der Zahlungsanspruch auf eine Aufwandspauschale sei bei Klageerhebung verjährt gewesen und damit nicht durchsetzbar. Die Verjährung würde sich grundsätzlich nach der Fälligkeit der Forderung und nicht nach deren Entstehung richten. Fällig sei die Forderung, wenn sie zum ersten Mal geltend gemacht werden könne. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 16. Juli 2020 die Entstehung des Anspruchs auf den Zugang der Prüfanzeige beim Krankenhaus gesetzt. Die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage würde sich stellen, wann genau der Zahlungsanspruch auf eine Aufwandspauschale fällig werden würde. Unter Verweis auf das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 8. Dezember 2016 (L 1 KR 508/14) vertritt sie insoweit die Auffassung, dass der Anspruch auf die Aufwandspauschale nicht erst fällig würde, wenn rechtskräftig entscheiden sei, dass die Prüfung gemäß § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V a.F. nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt habe, sondern dann, wenn dem Krankenhaus ein Aufwand entstanden sei. Richtigerweise würde das Landessozialgericht dabei auf die Natur des Anspruches abstellen, denn ein Aufwandsersatzanspruch würde grundsätzlich mit dem Aufwand (hier Übersendung der Unterlagen an den MD) entstehen. Mit der Übersendung der Unterlagen sei der Aufwandsersatzanspruch entstanden. Er würde jedoch rückwirkend entfallen, wenn die Bedingung für den Aufwandsersatz, die Rechnungsminderung nicht eingetreten sei. Die Rechnungsminderung sei damit nur eine Bedingung, keine Tatbestandsvoraussetzung. Der vom BSG ausgelobte „gestreckte Tatbestand“ würde mit der Prüfanzeige an das Krankenhaus beginnen und mit der Übersendung der Unterlagen an den MD enden. Nach dieser Rechtsprechung wäre die Fälligkeit der Aufwandspauschale mit der Übersendung der Unterlagen durch das Krankenhaus an den MD entstanden unter der auflösenden Bedingung einer Rechnungsminderung in der nachfolgenden Einzelfallprüfung. Die Klägerin habe die Unterlagen an den MD im Dezember 2016 versandt, weshalb hier die Verjährung des Anspruches Ende 2020 eingetreten sei. Gemäß § 200 BGB würde die Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs (d.h. mit der Übersendung der Unterlagen) beginnen und würde einer vierjährigen Verjährung unterliegen. Die Klägerin hätte den Zahlungsanspruch im Rahmen des Vergütungsverfahrens mit einklagen müssen.
10 Die Klägerin würde auch nicht hinreichend berücksichtigen, dass nicht die MD-Prüfung zu einer Rechnungsminderung führen würde, sondern der Leistungsentscheid der Krankenkasse. Die Krankenkasse sei nicht an das Prüfergebnis des MD gebunden. Daher könne nicht auf das Ergebnis des MD-Gutachtens abgestellt werden. Auf die leistungsrechtliche Entscheidung der Krankenkasse könne nicht abgestellt werden, weil es diese erst mit der Einführung der PrüfvV geben würde. Ferner müsse die leistungsrechtliche Entscheidung nicht das Ergebnis des MD-Prüfverfahrens widerspiegeln. Was würde geltend, wenn die Krankenkasse keine leistungsrechtliche Entscheidung fällen würde, was, wenn das Prüfverfahren abgebrochen würde, weil nicht die notwendigen Unterlagen vom Krankenhaus eingereicht worden seien. Ihres Erachtens würde von keinem Landessozialgericht bei der Fälligkeit oder Entstehung eines AWP-Anspruches auf den Ausgang des Klageverfahrens abgestellt. Was würde gelten, wenn kein Klageverfahren geführt würde. Die Rechtsauffassung der Klägerin würde bedeuten, dass das Krankenhaus immer eine Klage gegen die leistungsrechtliche Entscheidung erheben müsse, damit der Anspruch auf eine Aufwandspauschale entsteht. Dies sei sicher nicht vom Gesetzgeber gewollt. Unberücksichtigt bliebe dabei auch die Konstellation, dass in einem Klageverfahren der Prüfumfang einer Abrechnung von einer MD-Prüfung erheblich abweichen könne. So könne das Gericht Strukturmerkmale und auch andere Kodierungen prüfen, die nicht Gegenstand der MD-Prüfung gewesen seien. Würde das Gericht dann keine Rechnungsminderung feststellen, würde das Krankenhaus einen Aufwand ersetzt bekommen, der kein Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gewesen sei. Daher sei es juristische nicht haltbar, auf den Ausgang des Klageverfahrens abzustellen.
11 Die Kammer hat die Gerichtsakten des vorhergehenden Klageverfahren S 3 KR 309/18 beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 

12 Die zulässige Klage ist begründet.
13 1. Die Klägerin verfolgt den geltend gemachten Vergütungsanspruch unter Berücksichtigung des zwischen den Beteiligten bestehenden Gleichordnungsverhältnisses im Wege einer hier statthaften und auch im Übrigen zulässigen echten Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG).
14 2. Die Klage ist auf die Bezahlung der durch die Klägerin mit Nachtragsrechnung vom 9. Juni 2021 geforderten Aufwandspauschale bei erfolgloser MDK-Prüfung in Höhe von 300,00 € gerichtet, deren Erfüllung die Beklagte vorgerichtlich abgelehnt hat.
15 3. Die Klage ist vollumfänglich begründet, weil die Kammer nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt ist, dass die Klägerin auf der Grundlage des erstmalig vom 1. April 2007 eingefügten, mit Wirkung vom 25. März 2009 durch Artikel 3 des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17. März 2009 (BGBl. I S. 534) betragsmäßig abgeänderten, und durch Artikel 1 des MDK-Reformgesetzes vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2789) mit Wirkung vom 1. Januar 2020 aufgehobenen § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V einen Anspruch auf die Zahlung einer Aufwandspauschale hat. Der Anspruch ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht verjährt. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
16 a) Gemäß § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung im September 2016 hat die Krankenkassen dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 € zu zahlen, falls die nach § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 275 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V von der Krankenkasse eingeleitete Prüfung einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
17 aa) Gegenstand des dem vorliegenden Klageverfahren vorhergehenden Rechtsstreits S 3 KR 309/18 war die Rechtmäßigkeit der durch die Klägerin für die vollstationäre Behandlung des Versicherten A. vom 23. bis 27. Juli 2016 abgerechneten Fallpauschale DRG E64A und zwar hier die Kodierbarkeit der ICD-10 Klassifikation I26.9 als Hauptdiagnose im Sinne der Deutschen Kodierrichtlinien des Jahres 2016. Der Gegenstand des durch die Beklage eingeleiteten MDK-Prüfverfahrens war somit eine sog. sachlich-rechnerische Prüfung.
18 Zwar begründete ein solcher Gegenstand des MDK-Prüfverfahrens nach ständigen Rechtsprechung des BSG, der die Kammer folgt, unter Bezugnahme auf die Regelungen in § 275 Abs. 1 und Abs. 1c SGB V in ihren bis 31. Dezember 2015 geltenden Fassungen keinen Anspruch auf die Zahlung von Aufwandspauschalen für sachlich-rechnerische Prüfungen, auch wenn die Prüfungen zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrags geführt haben (BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R –, BSGE 130, 299-306, SozR 4-2500 § 275 Nr. 32, Rn. 11). Auf den vorliegenden Fall findet jedoch § 275 Abs. 1c SGB V in der mit Wirkung vom 1. Januar 2016 durch Einfügung eines Satzes 4 durch Art 6 Nr. 21a Gesetz zur Reform der Strukturen in der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) vom 10.12.2015 (BGBl I 2229) Fassung Anwendung. Als Prüfung nach § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V ist danach nunmehr jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen, mit der die Krankenkasse den MDK beauftragt und die eine Datenerhebung durch den MDK beim Krankenhaus erfordert. Diese Neuregelung findet für alle Prüfverfahren Anwendung, in dem der Prüfauftrag der Krankenkasse – wie hier – mit der Prüfanzeige des MDK vom 23. September 2016 dem Krankenhaus nach dem 31. Dezember 2015 zugegangen ist (BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R –, BSGE 130, 299-306, SozR 4-2500 § 275 Nr. 32, Rn. 14). Der 1. Senat des BSG hat dies überzeugend damit begründet, dass der Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale kein Annexanspruch zum Vergütungsanspruch des Krankenhauses für die stationäre Behandlung oder gar ein Bestandteil des Vergütungsanspruchs ist, sondern eigenen tatbestandlichen Voraussetzungen unterliegt, und erst mit der Anzeige des MDK beim Krankenhaus im Rahmen eines gestreckten Tatbestands der Rechtsboden für die Entstehung des Anspruchs auf Zahlung einer Aufwandspauschale gelegt sei (BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R –, BSGE 130, 299-306, SozR 4-2500 § 275 Nr. 32, Rn. 14).
19 Aus den vorgenannten Erwägungen folgt, dass der geltend gemachte Anspruch somit seine Rechtsgrundlage in § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V findet. Denn unter Anknüpfung an den Zugang der Prüfanzeige des MDK bei der Klägerin am 23. September 2016 als maßgeblicher Zeitpunkt für die Anwendbarkeit der Regelungen für das Prüfverfahren kommt es vorliegend nicht darauf an, dass die Regelung des § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V durch Artikel 1 des MDK-Reformgesetzes vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2789) mit Wirkung vom 1. Januar 2020 aufgehoben worden und durch die Regelung des § 275c Abs. 1. S. 2 SGB V ersetzt worden ist. Es kommt daher vorliegend nicht darauf an, dass erst mit dem im vorhergehenden Klageverfahren S 3 KR 309/18 mit Schriftsatz vom 1. März 2021 erklärten Anerkenntnis der Beklagten objektiv feststeht, dass das von der Beklagten eingeleitete MDK-Prüfverfahren zu keiner Abrechnungsminderung geführt hat bzw. die Klägerin erst mit Schreiben vom 9. Juni 2021 den Anspruch auf eine Aufwandspauschale für das vorangegangene, im Ergebnis erfolglose MDK-Prüfverfahren geltend gemacht hat.
20 bb) Ebenso ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf hier keiner näheren Darlegungen der Kammer, dass der Klägerin unter Berücksichtigung der ausweislich der vorgerichtlichen gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 27. Februar 2017 durch die Klägerin übersandten medizinischen Unterlagen (Aufnahmestatus, Ärztlichen Verlaufsdokumentation, Einweisungsschein, Epikrise, Kurvenblätter, Laborberichte/Mikrobiologiebefunde, Pflegebericht), welche allesamt beim MDK am 5. Oktober 2016 eingegangen waren, ein im Sinne des § 275 Abs. 1c SGB V berücksichtigungsfähiger Aufwand entstanden ist (grundlegend hierzu BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 KR 1/10 R –, BSGE 106, 214-222, SozR 4-2500 § 275 Nr. 3, Rn. 12; vgl. auch BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 24/14 R –, Rn. 9, juris).
21 cc) Ebenso steht unstreitig fest, dass die Beklagte in dem auf das MDK-Prüfverfahren nachfolgenden Klageverfahren S 3 KR 309/18 mit Schriftsatz vom 1. März 2021 jedenfalls konkludent den ursprünglich mit Endabrechnung vom 29. August 2016 geltend gemachten Vergütungsanspruch für die fragliche vollstationäre Behandlung des Versicherten A. im Juli 2016 vollumfänglich als korrekt anerkennt hat. Damit steht erstmals zu diesem Zeitpunkt objektiv fest, dass die durch die Beklagte eingeleitete MDK-Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hat. Ein Erfolg der Abrechnungsprüfung ist nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG objektiv (erst) dann festzustellen, wenn das Krankenhaus nach Einleitung der MDK-Prüfung sich mit einem geringeren als dem Rechnungsbetrag begnügt, sei es, dass es ausdrücklich oder konkludent einer Minderung seiner Abrechnung zustimmt oder diese hinnimmt. Hierfür reicht es beispielsweise aus, dass das Krankenhaus die Zahlung des von der Krankenkasse vorenthaltenen Restbetrages nicht gerichtlich verfolgt oder einer nachträglichen Aufrechnung nicht gerichtlich entgegentritt, oder in einem nachfolgenden Rechtsstreit insoweit unterliegt, als es zu irgendeiner Rechnungsminderung, und sei sie noch so geringfügig, kommt, d.h. die eingeleitete MDK-Prüfung eine der Bedingungen dafür ist, dass letztlich die Krankenkasse im Rahmen der sachlich-rechnerischen Prüfung der Abrechnung einen zunächst nicht beglichenen Teil der Abrechnung auch weiterhin nicht bezahlen muss oder berechtigt ist, eine Erstattungsforderung geltend zu machen. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass das MDK-Prüfergebnis für den Anspruch auf die Aufwandspauschale unbeachtlich ist, wenn es im nachfolgenden Gerichtsverfahren keine Bestätigung im Sinne der Zuerkennung eines geringeren Zahlbetrags findet. Die Prüfung führt dann nicht zu einer objektiv feststellbaren Abrechnungsminderung (BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 24/14 R –, Rn. 10, juris; vgl. hierzu auch Gerlach in: Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, Kommentar, 2. Aufl.2018, § 39 Rn. 104).
22 dd) Und schließlich wird seitens der Beklagten auch nicht geltend gemacht, dass sie zur Einleitung des Prüfverfahren nach § 275 SGB V unter Beteiligung des MDK durch eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung der Klägerin veranlasst worden ist (vgl. zu einem so einem Fall entfallenden Anspruch auf die Aufwandspauschale BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 24/14 R –, Rn. 11, juris). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob diese Rechtsprechung auch nach der Ergänzung des § 275 Abs. 1c SGB V um einen Satz 4 Anwendung findet (vgl. hierzu z.B. Urteil des SG Reutlingen vom 13. April 2022 – S 1 KR 2269/21 – juris zur weiteren Anwendung der Rechtsprechung des BSG zum Entfallen des Anspruchs auf Aufwandspauschale, wenn eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung die Krankenkasse zur Prüfung der Abrechnung durch den MDK veranlasst hat auch nach Einfügung von Satz 4 in § 275 Abs. 1c SGB V zum 1. Januar 2016).
23 b) Der Durchsetzbarkeit des mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruches steht auch nicht die durch Beklagte erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Insoweit kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob für den geltend gemachten Anspruch auf Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V eine vierjährige oder eine lediglich zweijährige Verjährungsfrist gilt. Denn die Verjährung beginnt frühestens nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist, sodass der Anspruch im Zeitpunkt des Eingangs der Klage am 24. November 2021 in keinem Falle verjährt war; der Eintritt der Verjährung der Forderung (ob nun zwei oder vier Jahre) wird durch die Erhebung der Klage gehemmt (§ 109 Abs. 5 S. 4 SGB V oder § 45 Abs. 2 SGB I analog jeweils i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
24 aa) Es entspricht der bisher ständigen Rechtsprechung des BSG, dass es sich bei dem Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale weder um einen Anspruch auf Vergütung für erbrachte Leistungen des Krankenhauses, noch um einen Annexanspruch zum Vergütungsanspruch handelt, sondern dieser eigenen tatbestandlichen Voraussetzungen unterliegt (BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 24/14 R –, Rn. 14, juris; vgl. auch BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R –, BSGE 130, 299-306, SozR 4-2500 § 275 Nr. 32, Rn. 14). Daher erscheint fraglich, ob Ansprüche auf Aufwandspauschale dem Anwendungsbereich der Regelung des mit Wirkung vom 1. Januar 2019 eingefügten § 109 Abs. 5 S. 1 SGB V (eingefügt durch Artikel 7 des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes vom 11. Dezember 2018 – BGBl. I S. 2394) unterfallen, wonach Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung geleisteter Vergütungen in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem sie entstanden sind. Während zum Teil vertreten wird, das § 109 Abs. 5 S. 1 SGB V im Falle einer Aufwandspauschale nicht anwendbar ist (mit der Folge, dass der Anspruch entsprechend dem in § 45 des Ersten Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil (SGB I) zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken einer vierjährigen Verjährungsfrist unterliegen würde), neigt die Kammer in Übereinstimmung mit Bockholdt der Auffassung zu, dass die Regelungen des § 109 Abs. 5 SGB V ihrem Sinn und Zweck nach (schnellere Schaffung von Rechtsfrieden) auch auf die Aufwandspauschale entsprechend anwendbar sind (Dr. Frank Bockholdt in: Hauck/Noftz SGB V, § 109 Abschluss von Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern, Rn. 212d). Letztlich bedurfte es in dem vorliegenden Rechtsstreit keiner abschließenden Entscheidung dieser Rechtsfrage, weil die Verjährung in beiden Fällen frühestens nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Anspruch auf Aufwandspauschale entstanden ist – d.h. hier mit Wirkung vom 1. Januar 2022. Denn auch im Falle einer entsprechenden Heranziehung des in § 45 Abs. 1 SGB I verkörperten Rechtsgedankens beginnt der Lauf der Verjährungsfrist frühestens mit der Entstehung des Anspruchs, denn unter entsprechender Heranziehung des in § 41 SGB I verkörperten Rechtsgedankens werden Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig, d.h. müssen erst zu diesem Zeitpunkt vom Schuldner bewirkt und können von dem Gläubiger frühestens zu diesem Zeitpunkt gefordert werden.
25 bb) Entgegen der Auffassung der Beklagte ist der Anspruch auf Aufwandspauschale in dem vorliegenden Fall unter Heranziehung der in §§ 40 Abs. 1 und 41 SGB I verkörperten Rechtsgedanken erst im März 2021 entstanden (und damit frühestens fällig geworden). Damit braucht von der Kammer nicht abschließend entschieden werden, ob der Beginn der Verjährungsfrist in Anlehnung an das Zivilrecht neben der Entstehung des Anspruchs auch dessen Fälligkeit verlangt (vgl. insoweit die überwiegende Kommentarliteratur: Groth in: jurisPK-SGB I, 3. Aufl., § 45 SGB I Rn. 24; Rolfs in: Hauck/Noftz, SGB I, K § 45 SGB I Rn. 19; Mrozynski, SGB I, 6. Aufl., § 45 SGB I Rn. 11; Schifferdecker in: KassKomm, SGB I, § 45 SGB I Rn. 26; Lilge in: Lilge/Gutzler, SGB I, 5. Aufl., § 45 SGB I Rn. 18; Gutzler in: BeckOK SozR, § 45 SGB I Rn. 6; Markovic/Timme in: LPK-SGB I, 4. Aufl., § 45 SGB I Rn. 6). Dies wird jedenfalls für den Beginn der Verjährung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser von einem Teil der Kommentarliteratur mit der Begründung abgelehnt, dass der Vergütungsanspruch des Krankenhauses unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten entsteht, aber frühestens mit seiner formal ordnungsgemäßen Abrechnung fällig werden würde. Würde die Verjährung des Vergütungsanspruchs erst mit der Rechnungsstellung zu laufen beginnen, könnte das Krankenhaus auch noch nach Jahr und Tag die Forderung geltend machen, was mit der Intention des Verjährungsrechts nicht vereinbar wäre (Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 109 SGB V (Stand: 06.05.2022), Rn. 216; ebenso Dr. Frank Bockholdt in: Hauck/Noftz SGB V, § 109 Abschluss von Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern, Rn. 214).
26 Eine Entscheidung über die zuvor skizzierte Rechtsfrage ist hier deshalb entbehrlich, weil der hier jedenfalls entsprechend anwendbaren Regelung des § 41 SGB I der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen ist, dass Ansprüche – soweit nicht die besonderen Teile des Sozialgesetzbuches abweichende Regelungen enthalten – prinzipiell mit ihrer Entstehung fällig werden; hier besteht auch eine Vergleichbarkeit mit dem Zivilrecht, wonach wenn keine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist, der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken kann (§ 271 Abs. 1 BGB). Ein Anspruch auf Sozialleistungen im Sinne des § 38 SGB I (als subjektives Recht im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB) entsteht, wenn alle materiell-rechtlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, wobei vom jeweiligen Inhalt der Anspruchsnorm abhängt, welche dies sind bzw., ob eine bestimmte Voraussetzung vor oder gleichzeitig mit einer anderen vorliegen muss oder ob sie auch erst später erfüllt werden kann, und nicht zugleich die Voraussetzungen einer rechtshindernden Einwendung gegeben sind (Prof. Dr. Christian Rolfs in: Hauck/Noftz SGB I, § 40 Entstehen der Ansprüche, Rn. 7, 13).
27 Entsprechend dem aus § 40 Abs. 1 SGB I zu entnehmenden allgemeinen Rechtsgedanken entsteht somit ein Anspruch des Krankenhauses auf Zahlung einer Aufwandspauschale, sobald die in der hier maßgeblichen Rechtsgrundlage des § 275 Abs. 1c SGB V a.F. bzw. nunmehr mit Wirkung vom 1. Januar 2020 wortgleich in § 275c Abs. 1 S. 2 SGB V geregelten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Voraussetzung für eine Entstehung des Anspruchs ist daher – was seitens der Beklagten nicht hinreichend bei der von ihr vertretenen Rechtsauffassung berücksichtigt wird – nicht nur, dass dem Krankenhaus im Rahmen einer Einzelfallprüfung einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V durch den MDK bzw. MD im Rahmen einer Sachverhaltsermittlung auf der sog. dritten Stufe ein Aufwand infolge erneuter Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall entstanden ist (grundlegend hierzu BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 KR 1/10 R –, BSGE 106, 214-222, SozR 4-2500 § 275 Nr. 3, Rn. 12), sondern kumulativ mit den vorgenannten Voraussetzungen ist die Entstehung des Anspruchs auch daran geknüpft, dass „die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt (vgl. hierzu Gerlach in: Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, Kommentar, 2. Aufl.2018, § 39 Rn. 104). Insoweit handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um eine „auflösende (Rechts-)Bedingung“, welche (wie etwa der 1. Senat des LSG Berlin-Brandenburg in dem von der Beklagten angeführten Urteil vom 8. Dezember 2016 – L 1 KR 508/14 – Rn. 23, juris meint) zu einem Entfallen des Anspruchs auf eine Aufwandspauschale nach dessen Entstehung bzw. Fälligkeit führt, sondern das Vorliegen dieser gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen ist konstitutiv für die Entstehung bzw. die Fälligkeit des Anspruchs auf Aufwandspauschale (im Ergebnis ebenso SG Speyer, Urteil vom 28. Juli 2015 – S 19 KR 588/14 – Rn. 48, juris unter Bezugnahme auf die Regelung des § 271 Abs. 1 BGB, wonach die Fälligkeit eintritt, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind und unter Verweis auf SG Mainz, Urteil vom 4. Mai 2015 – S 3 KR 428/14, Rn. 77, juris).
28 Die Beklagte kann sich bei der von ihr vertretenen Rechtsauffassung weder auf das Urteil des BSG vom 23. Juni 2015 in dem Verfahren B 1 KR 24/14 R noch auf das Urteil des BSG vom 16. Juli 2020 in dem Verfahren B 1 KR 15/19 R stützen. Soweit der 1. Senat des BSG in dem Urteil vom 23. Juni 2015 unter Rn. 10 unter Hinweis auf das Urteil vom 1. Juli 2014 (B 1 KR 29/13 R – Juris Rn. 27) und der Begründung des Entwurfs eines GKV-WSG der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (BT-Drucks 16/3100 S. 171) ausgeführt hat, dass die Aufwandspauschale entfällt, wenn „eine Einzelfallprüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt“, kann hieraus gerade nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich insoweit nicht um eine „materiell-rechtlichen Tatbestandsvoraussetzung, sondern um eine „auflösende Rechtsbedingung“ handeln soll. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Ausführungen des 1. Senats des BSG unter der Rn. 14 zu dem Urteil vom 16. Juli 2020, wonach „mit der Anzeige des MDK beim Krankenhaus ist im Rahmen eines gestreckten Tatbestands der Rechtsboden für die Entstehung des Anspruchs auf Zahlung einer Aufwandspauschale gelegt sei“(BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R –, BSGE 130, 299-306, SozR 4-2500 § 275 Nr. 32, Rn. 14). Unbeschadet der Tatsache, dass die vorgenannten Ausführungen des BSG lediglich im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der Regelung des § 275 Abs. 1c S. 4 SGB V auf vor dem 1. Januar 2016 begonnene Krankenbehandlungen zu lesen sind, bestätigen die vorgenannten Ausführungen des BSG, dass es sich bei der Regelung des § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V um einen sog. „gestreckten Tatbestand“ handelt, mit anderen Worten der Anspruch nicht schon mit der Anzeige des MDK beim Krankenhaus bzw. im Moment der Übermittlung der durch den MDK bzw. MD angeforderten medizinischen Unterlagen durch das Krankenhaus entsteht, sondern mit der Anzeige des MDK beim Krankenhaus „der Rechtsboden für die Entstehung des Anspruchs auf Zahlung der Aufwandspauschale gelegt worden ist“, mit anderen Worten es sich bei diesem Ereignis um den frühesten möglichen Beginn der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen handelt.
29 Die von der Beklagten vertretene Rechtsaufassung rechtfertigt sich auch nicht unter Berücksichtigung der von der Beklagten geltend gemachten Natur des Anspruchs auf Aufwandspauschale. Die Beklagte verkennt insoweit, dass es sich bei dem Anspruch auf Aufwandspauschale tatsächlich nicht (nur) um einen Aufwendungsersatzanspruch des Krankenhauses handelt, sondern, dass die Regelung vom Gesetzgeber zum 1. April 2007 in erster Linie eingefügt worden war, um einer „ungezielten und übermäßigen Einleitung von Begutachtungen“ entgegenzuwirken (Gerlach in: Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, Kommentar, 2. Aufl.2018, § 39 Rn. 99 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/3100, 171). Der (pauschalierte) Aufwandsersatzanspruch ist vielmehr entscheidend an die Erfolglosigkeit des MDK-Prüfverfahrens geknüpft, welche sich an der fehlenden Minderung des Abrechungsbetrages bemisst.
30 Zwar hat der 3. Senat des BSG in dem Urteil vom 28. November 2013 (B 3 KR 4/13 R) ausgeführt, dass nach der Gesetzesbegründung zu § 275 Abs. 1c S 3 SGB V diese Vorschrift in erster Linie dem Bürokratieabbau dienen würde; die festgestellten hohen Prüfquoten im Rahmen der Einzelfallprüfung würden die Abläufe in den Krankenhäusern teils erheblich belasten, für zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand sorgen und in der Regel zu hohen und nicht gerechtfertigten Außenständen und Liquiditätsproblemen führen. Die Aufwandspauschale solle daher einen Anreiz setzen, Einzelfallprüfungen zielorientierter und zügiger einzusetzen und damit einen Beitrag zum angestrebten Bürokratieabbau leisten. § 275 Abs. 1c SGB V solle – so die Gesetzesbegründung weiter – eine einfache und unbürokratische Regelung sein; Detailgerechtigkeit werde nicht in jedem Einzelfall gewährleistet. Deshalb sei auch die Entschädigung der Krankenhäuser für den unnötigen – zusätzlichen – Verwaltungsaufwand pauschaliert worden (BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 4/13 R –, SozR 4-2500 § 275 Nr. 16, Rn. 16). Hieraus kann jedoch entgegen der Beklagten nicht der Schluss gezogen werden, dass der vom BSG ausgelobte „gestreckte Tatbestand“ des § 275 Abs. 1c. S. 3 SGB V a.F. „mit der Übersendung der Unterlagen an den MDK bzw. MD enden“ würde. Die Beklagte berücksichtigt insoweit nämlich nicht hinreichend, dass der Gesetzgeber – so der 1. Senat des BSG in dem Urteil vom 23. Juni 2015 (B 1 KR 24/14 R) – nach der Entstehungsgeschichte lediglich bei missbräuchlichem Vorgehen von Krankenkassen bzw. bei nahezu routinemäßig erfolgender Prüfungseinleitung im Grenzbereich hin zum Rechtsmissbrauch die Zahlung einer Aufwandspauschale als gerechtfertigt angesehen habe, d.h. Zweck der Aufwandspauschale im Sinne des § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V es sei, nur sachwidrige Aufträge der Krankenkassen an den MDK im dargelegten Sinne zu verhindern, die der gezielten Überprüfung von Abrechnungen dienen. Das Gesetz würde – so der 1. Senat weiter – auf die Feststellung der Sachwidrigkeit der MDK-Prüfung im Einzelfall verzichten und stattdessen an deren Stelle den objektiv festzustellenden Erfolg der Abrechnungsprüfung in der Erwartung setzen, dass die Krankenkassen nur solche Prüfungen einleiten würde, bei denen aufgrund von Auffälligkeiten die ernsthafte Möglichkeit einer Minderung des Abrechnungsbetrags im Raum stehen würde (BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 24/14 R –, Rn. 10, juris).
31 Hieraus zieht die Kammer in Übereinstimmung mit den vorgenannten Ausführungen des 1. Senats des BSG den Schluss, dass die Entstehung der Aufwandspauschale „an den objektiv festzustellenden Erfolg der Abrechnungsprüfung“ geknüpft ist, mit anderen Worten es sich insoweit um eine „materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung“ und gerade nicht um eine „auflösende Bedingung“ handelt. Weder die von der Beklagten angeführte Tatsache, dass nicht die MD-Prüfung zu einer Rechnungsminderung führen würde, sondern die Leistungsentscheidung der Krankenkasse, welche nicht an die Feststellungen des MDK bzw. MD gebunden sei, noch die angeführte Tatsache, dass sich nicht immer ein Klageverfahren anschließen würde bzw. der Prüfumfang im Klageverfahren von dem Prüfumfang des vorhergehenden MD-Prüfverfahrens abweichen könnte, rechtfertigen eine andere Bewertung. Vielmehr hat das BSG a.a.O. in aller Deutlichkeit umfassend klargestellt, wann „objektiv“ ein Erfolg der Abrechnungsprüfung festzustellen ist bzw. in welchen Fallkonstellationen – u.a. auch bei einem wie hier nachfolgenden Gerichtsverfahren – die Prüfung nicht zu einer objektiv feststellbaren Abrechnungsminderung geführt hat.
32 Nach alledem kann schließlich dahingestellt bleiben, dass die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung im Übrigen die Krankenhäuser unbillig im Sinne des § 242 BGB belasten würde, weil diese aufgrund der bekannten Verfahrensdauer eines nachfolgenden Gerichtsverfahren in jedem Falle zur Hemmung der Verjährung des Anspruchs auf Aufwandspauschale gezwungen wären, den Anspruch auf Aufwandspauschale zeitgleich mit der Klage auf die Vergütungsforderung für die geleistete Behandlung gerichtlich geltend machen müssten, mit der Folge, dass diese einseitig das Kostenrisiko für eine aufgrund des Eintritts der angeblich „auflösenden Bedingung“ nach der Klageerhebung entfallenden Anspruchs auf Aufwandspauschale tragen würden.
33 Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen ist der Anspruch auf Aufwandspauschale nach alledem erst im März 2021 entstanden, weil nämlich erst in Kenntnis des mit Schriftsatz vom 1. März 2021 durch die Beklagten in dem vorangegangenen Klageverfahrens S 3 KR 309/18 abgegebenen Anerkenntnisses „objektiv“ festgestellt werden kann, dass das von der Beklagten eingeleitete MDK-Prüfverfahren im Ergebnis der im anschließenden Gerichtsverfahrens veranlassten Beweiserhebung nicht zu einer Abrechnungsminderung geführt hat.
34 4. Die Klägerin hat nach alledem auf der Grundlage von § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V in Verbindung mit §§ 291 S. 1 und S. 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB auch einen Anspruch auf die Zahlung von Zinsen auf die Klageforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 25. November 2021. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass die Klage am 24. November 2021 beim Sozialgericht eingegangen und somit gemäß § 94 S. 1 SGG rechtshängig geworden ist. Der Anspruch auf die Prozesszinsen steht der Klägerin entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem auf die Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag zu (Seichter in: Herberger/Martinek/ Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 291 BGB (Stand: 23.02.2022), Rn. 13; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 24/14 R –, Rn. 14, juris; Gerlach in: Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, Kommentar, 2. Aufl.2018, § 39 Rn. 106).
35 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO und berücksichtigt den Erfolg der Klage.
36 6. Das Rechtsmittel der Berufung bedurfte hier gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG einer ausdrücklichen Zulassung durch die Kammer, weil der mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruch den dortigen Grenzbetrag von 300,00 € unterschreitet und mit der Klage keine laufenden oder wiederkehrenden Leistungen von mehr als einem Jahr geltend gemacht werden. Die Kammer hat hier aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des hier streitigen Beginns der Verjährung des auch unter Berücksichtigung der nunmehr mit Wirkung vom 1. Januar 2020 durch Artikel 1 des MDK-Reformgesetz vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2789) eingefügten Regelung des § 275c Abs. 1 S. 2 SGB V fortbestehenden Anspruchs auf die Zahlung einer Aufwandspauschale im Falle eines erfolglosen Prüfverfahrens durch den MD die Berufung auf der Grundlage von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.