Sozialgericht Aachen S 14 KR 560/19

Urteil

Sozialgericht Aachen
S 14 KR 560/19
Nicht rechtskräftig

Datum:
07.07.2021

1

Tatbestand:

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Die Beteiligten streiten um eine Rückforderung des Teils einer Vergütung für Krankenhausbehandlung die auf der Kodierung des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 2017) 8-550 (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung) beruht.

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Die Beklagte betreibt ein in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein – Westfalen auf-genommenes Krankenhaus.

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In der Zeit vom 19.01.2017 bis 07.02.2017 wurde im Krankenhaus der Beklagten eine bei der Klägerin gesetzlich krankenversicherte Patientin (geboren xx.xx.xxxx) vollstationär behandelt.

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Hierfür stellte die Beklagte der Klägerin unter Kodierung des OPS 8-550.1 (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten) insgesamt 4.133,78 EUR nach der Fallpauschale (DRG 2017) I41Z (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen an Muskel – Skelett – System und Bindegewebe) in Rechnung.

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Nach Eingang der Rechnung am 22.04.2017 beauftragte die Klägerin den MDK mit einer Einzelfallprüfung zu den Fragen, ob die medizinische Notwendigkeit für die Prozedur 8-550.1 und die inhaltlichen Voraussetzungen erfüllt seien und über den gesamten Zeitraum eine akutstationäre Behandlungsnotwendigkeit gegeben gewesen sei. Der MDK teilte dies der Beklagten mit Schreiben vom 02.05.2017, die bei der Beklagten am 19.06.2017 einging, mit und kam nach Prüfung im Begehungsverfahren in seinem Gutachten vom 04.07.2017 zu dem Ergebnis, dass die Kodierung zutreffend erfolgt sei. Die Mindestmerkmale des OPS 8-550.1 würden gemäß der Vorgaben im OPS-Katalog 2017 belegt. Die Strukturmerkmale fänden in dem Ergebnis keine Berücksichtigung.

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Die Klägerin beglich die Rechnung vollständig und zahlte der Beklagten zudem eine Aufwandspauschale.

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In der Folge zog die Klägerin Gutachten des MDK vom 17.05.2017 und 28.08.2018 (Widerspruchsgutachten) bei, indem der MDK hinsichtlich einer Abfrage zu Strukturmerkmalen des streitigen OPS (2016) zu der Auffassung gelangt war, die strukturellen Voraussetzungen zur Abrechnung seien von der Beklagten formal nicht erfüllt worden, weil die Erfordernisse einer fachärztlichen Behandlungsleitung und einer qualifizierten Pflegekraft infolge unzureichender Vertretungsvorkehrungen in Abrede zu stellen seien. Die vorhandenen Kooperationsverträge der Beklagten mit anderen Leistungserbringern stelle eine jederzeitige Verfügbarkeit entsprechenden Fachpersonals nicht ausreichend sicher.

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Nachdem die Beklagte die Aufforderung der Klägerin vom 04.10.2019 zur Rechnungskorrektur um 2.139,30 EUR, die auf der Kodierung des streitigen OPS beruhen, ablehnte (E-Mail vom 04.10.2019), “verrechnete” die Klägerin zunächst den aus ihrer Sicht bestehenden Rückforderungsanspruch mit einer Vergütungsforderung der Beklagten für die Behandlung eines anderen bei der Klägerin versicherten Patienten (Schreiben vom 30.10.2019), revidierte dies aber am 21.04.2017 wieder und zahlte die entsprechende Vergütungsforderung.

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Im Dezember 2019 forderte die Klägerin die Beklagte auf, in Bezug auf Abrechnungen mit dem OPS 8-550, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und fügte eine Auflistung der offenen Forderungsfälle bei, die dem Gericht nicht vorgelegt worden ist.

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Nachdem dies beklagtenseitig abgelehnt wurde (E-Mail vom 13.12.2019) hat die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am 19.12.2019 Klage erhoben.

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Unter Bezugnahme auf die MDK – Strukturbegutachtung sei die Kodierung des OPS 8-550 aus der Abrechnung des streitigen Behandlungsfalles zu streichen und somit ein Betrag von 2139,30 EUR zu erstatten.

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Die Gutachten des MDK beträfen das Jahr 2016, der hier streitige Behandlungsfall liege demgegenüber im Jahr 2017. Sollte der MDK Feststellung Recht haben, bedeutete dies, dass die Beklagten einer Vielzahl von Fällen zugleich wahrheitswidrig erklärt hätte, die Mindestmerkmale zu erfüllen, obwohl dies nicht zuträfe. Strukturmerkmale machten sich nicht am einzelnen Patientenfall fest und seien losgelöst von diesem über jährlich 365 Tage rund um die Uhr zu erfüllen. Es sei doch ein Einfaches, dass die Beklagte nunmehr eine Versicherung an Eides statt abgebe und im Rahmen dieser mitteile, dass sie entgegen der Feststellungen des MDK die Strukturmerkmale erfülle und dabei erläutere, weshalb die Feststellungen des MDK inhaltlich falsch seien. Gegebenenfalls müsste der Rechtsstreit zweitinstanzlich fortgeführt werden.

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In der mündlichen Verhandlung wird ergänzt, die Klägerseite beziehe sich auf die Strukturgutachten des MDK vom 04.07.2017 und 28.08.2018. Das Erfordernis der Vertretung der ärztlichen Behandlungsleistung ergebe sich unmittelbar aus dem OPS-Merkmal der Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich Geriatrie erforderlich). Außerdem sei zu beanstanden, das Qualifikationsnachweise für die Bereiche Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Psychologie nicht erbracht worden seien.

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Im Übrigen sei im Wege der Amtsermittlung die Patientenakte beizuziehen und der Klägerin Einsicht zu gewähren, da nicht auszuschließen sei, dass insbesondere die erforderliche wöchentliche Teambesprechung nicht ordnungsgemäß i.S.d. BSG-Rechtsprechung dokumentiert worden sei.

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Der (Unter)bevollmächtigte der Klägerin beantragt, 1. Einsichtnahme in die Patientendokumentation.

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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.139,30 EUR nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin sei mit ihren unsubstantiierten Einwänden gegen die Abrechnung der Beklagten bereits aus formalen Gründen ausgeschlossen. Gemäß § 8 S. 3 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfVV) hätte die Klägerin der Beklagten spätestens bis zum 22.05.2018 die wesentlichen Gründe für die negative Entscheidung über die Abrechnung mitteilen müssen. Dies habe nicht erfolgen können, da der MDK für den konkreten Behandlungsfall eine abschließende positive Leistungsentscheidung getroffen habe. Abgesehen davon trage das MDK – Gutachten vom 28.08.2018 nicht den Mindeststrukturmerkmalen des OPS Rechnung. Die Vorlage einer Behandlungsdokumentation des streitigen Behandlungsfalles sei aufgrund der Unerheblichkeit nicht erforderlich.

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Die Kammer hat die Beklagte zur Vorlage der Patientendokumentation aufgefordert. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.

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Die Beklagte hat eine von ihrem Geschäftsführer unterzeichnete Checkliste zur Abfrage der Strukturmerkmale des OPS-Kodes 8-550, Version 2017 vom 23.03.2017 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass im Vergleich zum Jahr 2016 kein struktureller Unterschied in der personellen Besetzung bestand, lediglich einzelne Therapeuten ausgetauscht wurden.

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Die Kammer hat die Akten des beim Sozialgericht Aachen abgeschlossenen Verfahren S 8 (14) KR 105/18 und des rechtshängigen Parallelverfahren S 13 KR 423/18 beigezogen. In beiden Verfahren waren/sind Vergütungsansprüche für durch die Beklagte (u.a.) im Jahr 2017 vollstationär behandelte Patienten aufgrund der Kodierung des OPS 8-550 streitig (gewesen). Die Berechtigung zur Kodierung des OPS wurde/wird – wie vorliegend – seitens der jeweiligen Krankenkassen aufgrund der MDK – Strukturgutachten vom 17.05.2017 und 28.08.2018 in Abrede gestellt. Auf den Inhalt der beigezogenen Gerichtsakten wird Bezug genommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Klägerin Bezug genommen.

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Entscheidungsgründe:

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A. Die von der Klägerin im Hauptantrag im Gleichordnungsverhältnis erhobene echte Leistungsklage ist zulässig aber unbegründet.

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I. Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Bei einer auf Zahlung der Vergütung für die Behandlung von Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. entsprechend BSGE 116, 146 = SozR 4-2500 § 115b Nr 5, R. 8 m.w.N.; BSG Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R -, Rn. 8, juris m. w. Nachw.; BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R -, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr. 5, Rn. 9; BSG, Urteil vom 17. Juni 2000 – B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166; Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R-, juris). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

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II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Vergütung in Höhe der Klageforderung von 2.139,30 EUR, die auf der Kodierung des OPS 8-550.1 für die vollstationäre Behandlung der bei der Klägerin versicherten Patientin im Zeitraum vom 19.01.2017 bis 07.02.2017 beruht. Der von der Klägerin geltend gemachte öffentlich- rechtliche Erstattungsanspruch infolge der vollständigen Begleichung der Rechnung vom 22.04.2017 besteht nicht.

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1. Das aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete Rechtsinstitut des öffentlich – rechtlichen Erstattungsanspruches setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSG, Urteil vom 01. August 1991 – 6 RKa 9/89 -, BSGE 69, 158-166, SozR 3-1300 § 113 Nr. 1, Rn. 17 ff.). Ein öffentliches Rechtsverhältnis liegt hier zwischen den Beteiligten vor, da die Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus nach den maßgeblichen §§ 107 ff. SGB V öffentlich-rechtlich geprägt sind (BSG SozR 3-2500 § 39 Nr. 4 m.w.N.).

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Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. Bürgerliches Gesetzbuch), dem der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als beide Ansprüche als Ausdruck eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes, dem Ausgleich einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung dienen. Wenn auch im Zivilrecht nicht ausdrücklich geregelt ist, wann eine Bereicherung ungerechtfertigt ist, ist jedoch allgemein anerkannt, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, grundsätzlich zurückgefordert werden können (vgl. zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausleistungen (BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 – B 3 KR 21/03 R -, BSGE 93, 137-149, SozR 4-2500 § 137c Nr. 2, Rn. 16).

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2. Da die Beklagte den OPS 8-550.1 zurecht kodiert hat, besteht indes ein Rechtsgrund für die vollständige Begleichung der Rechnung vom 22.04.2017 nach der DRG 2017 I41Z durch die Klägerin. Die Ansteuerung der DRG im Falle der berechtigten Eingabe des streitigen OPS ist zwischen den Beteiligten ebenso unumstritten wie die Rechtmäßigkeit der übrigen Vergütungsbestandteile (allgemein zu weiteren Vergütungsbestandteilen vgl. § 7 Satz 1 Nr. 2 – 8 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in der seit dem 01.01.2017 gültigen Fassung). Insoweit bedarf es keiner Ermittlungen der Kammer (BSG, Urteil vom 19. Juni 2018 – B 1 KR 38/17 R -, Rn. 9, juris; BSG, Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 10/15 R -, Rn. 9, juris).

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a) Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht, unabhängig von einer Kostenzusage, unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (ständige Rechtsprechung, vergleiche BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R-, juris m. w. Nachw.; Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R -, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr. 5, Rn. 11-13; BSG, Urteil vom 10. März 2015 – B 1 KR 2/15 R -, BSGE 118, 155-164, SozR 4-2500 § 39 Nr. 23, Rn. 11 m.w.N.). Eine Versorgung von Patienten außerhalb des Versorgungsauftrags, ohne dass ein Notfall vorliegt, ist nicht zu vergüten (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG) (BSG, Urteil vom 27. November 2014 – B 3 KR 1/13 R -, Rn. 9, juris). Diese Voraussetzungen waren nach dem Gesamtzusammenhang unstreitig erfüllt. Eine nähere Prüfung erübrigt sich auch insoweit (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z. B. BSG SozR 4-2500 § 129 Nr. 7 Rn. 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr. 2 Rn. 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr. 4 Rn.8; BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 – B 1 KR 31/18 R -, BSGE (vorgesehen), SozR 4 (vorgesehen), Rn. 9).

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b) Die Vergütung für Krankenhausbehandlung der Versicherten bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V und § 17b des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen -FPV) konkretisiert. Die Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als “Vertragsparteien auf Bundesebene” mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KHEntgG.

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Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert, dem sog. Grouper (vgl. § 1 Abs. 6 S. 1 FPV 2011; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl. BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr. 2, Rn. 19 ff). Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH – Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus -, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs. 1 S. 1 KHG und § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG genannten Vertrags-partner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind (vgl. BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 58 Rn. 13). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (z.B. die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (ICD-10-GM), die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen OPS sowie die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den DKR für das jeweilige Jahr (zu deren normativer Wirkung vgl. BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr. 2, R. 18).

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c) Die Anwendung der normenvertraglichen Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl. BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 19 Rn. 17 m.w.N.; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr. 2, Rn. 27; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 51 Rn. 13 m.w.N.; BSG SozR 4-5562 § 2 Nr. 1 Rn. 15; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl. BSG SozR 4-1500 § 160a Nr. 32 Rn.12 ff).

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3. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass der OPS 8-550.1 im vorliegenden Behandlungsfall berechtigt kodiert worden ist.

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Der Tatbestand des OPS 8-550.x hatte im maßgeblichen Abrechnungsjahr 2017 folgende (Grund)voraussetzungen: – Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Zusatzweiterbildung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich Geriatrie erforderlich). Die fachärztliche Behandlungsleitung muss überwiegend in der zugehörigen geriatrischen Einheit tätig sein. – Standardisiertes geriatrisches Assessments zu Beginn der Behandlung in mindestens vier Bereichen (Mobilität, Selbsthilfefähigkeit, Kognition, Emotion) und “am Ende der geriatrischen frührehabilitativen Behandlung in mindestens zwei Bereichen (Selbstständigkeit, Mobilität). Lässt der Zustand des Patienten die Erhebung einzelner Assessmentbestandteile nicht zu, ist dies zu dokumentieren. Wenn der Zustand des Patienten es erlaubt, ist eine Erhebung nachzuholen. – Soziales Assessment zum bisherigen Status in mindestens fünf Bereichen (soziales Umfeld, Wohnumfeld, häusliche/außerhäuslichen Aktivitäten, Pflege-/Hilfsmittel bedarf, rechtliche Verfügungen). Lässt der Zustand des Patienten die Erhebung einzelner Assessmentbestandteile nicht zu, ist dies zu dokumentieren. Sofern möglich sind die fehlenden Bestandteile fremdanamnestisch zu erheben bzw. ist die Erhebung nachzuholen, wenn der Zustand des Patienten es erlaubt. – Wöchentliche Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung mit wochenbezogener Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele. – Aktivierend – therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal. Mindestens eine Pflegefachkraft des geriatrischen Teams muss eine strukturierte curriculare geriatriespezifische Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 180 Stunden sowie eine mindestens sechsmonatige Erfahrung in einer geriatrischen Einheit nachweisen. – Teamintegrierter Einsatz von mindestens zwei der folgenden vier Therapiebereiche: Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie, Psychologie/Neuropsychologie.

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Die weiteren OPS 8-550.x unterscheiden sich nach Behandlungstagen von (mindestens) 7 (OPS 8-550.1), 14 (OPS 8-550.2) und 21 (OPS 8-550.3) und proportional ansteigenden (Mindest)therapieeinheiten.

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Auf der Grundlage der durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2394) zum Jahr 2019 eingeführten der §§ 301 Abs. 2 S. 4 a. F. (heute S. 6), 295 Abs. 1 S. 6 a. F. (heute S. 8) SGB V – nach dem das DIMDI bei Auslegungsfragen u. a. zu den OPS Klarstellungen und Änderungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit vornehmen kann, soweit diese nicht zu erweiternden Anforderungen an die Verschlüsselung führen – hat das DIMDI den OPS 8-550 zum Januar 2019 rückwirkend für die Zeit ab 01.01.2013 zum Spiegelstrich vier dahingehend “klargestellt”, dass die wöchentliche Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen erfolgt, einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung. Die für diesen Code erforderliche wochenbezogener Dokumentation ist erfüllt, wenn Sie die Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele umfasst. Hierfür sind die Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen ausreichend. Über die in diesem Code genannten Berufsgruppen hinaus ist eine Beteiligung weiterer Berufsgruppen, insbesondere des Sozialdienstes, nicht erforderlich. Weitere Nachweise zur Durchführung der Teambesprechung sind nicht erforderlich.

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a) aa) Soweit die Beklagte dem streitigen OPS 8-550 Voraussetzungen an die Struktur in dem von ihr dargelegten Sinne entnimmt, dass Merkmale losgelöst vom einzelnen Patientenfall jährlich über 365 Tage zu erfüllen seien, ist letztlich allein die Frage zu beantworten, ob – wie die Klägerin im Ergebnis ableitet – die Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher, besonders qualifizierter Behandlungsleitung bzw. die aktivierend – therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal mit mindestens einer Pflegefachkraft im geriatrischen Team mit näher bezeichneter Zusatzqualifikation zugleich erfordert, dass eine jederzeitige Vertretungsmöglichkeit der entsprechenden Teammitglieder sichergestellt sein muss. Diese Forderung ließe sich – wobei eine entsprechende Vertretung im vorliegenden Verfahren nicht bezweifelt wird – auf Akteure der teamintegriert eingesetzten Therapiebereich (Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie, Psychologie/Neuropsychologie) übertragen.

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Soweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung klägerseitig moniert worden ist, für die Behandler in den Therapiebereichen Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie und Psychologie/Neuropsychologie hätten keine Qualifikationsnachweise vorgelegen, geht die Kammer davon aus, dass dies letztlich auf einer unvollständigen Erfassung der zuletzt wieder zur Klagebegründung ins Feld geführten Strukturgutachten beruht. So hatte sich der aus dem MDK-Strukturgutachten vom 17.05.2017 entnommene Einwand zum Widerspruchsgutachten vom 28.08.2018 ausdrücklich erledigt.

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bb) Keiner weiteren Diskussion bedarf zunächst, dass es zur Abrechnung des streitigen OPS in struktureller Hinsicht überhaupt der Einrichtung eines geriatrischen Teams bedarf, in dem die den Voraussetzungen des OPS entsprechend qualifizierten Kräfte repräsentiert sind (BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 21/14 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 46, Rn. 17). Keiner Entscheidung bedarf es dabei, ob die vier Therapiebereiche Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie, Psychologie/Neuropsychologie i.S. e. Strukturvoraussetzung vorgehalten werden müssen, oder ob das Vorhalten von mindestens zwei dieser Therapiebereiche ausreicht (für letztes: Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2014 – L 1 KR 60/14 -, Rn. 23, juris; SG Aachen, Urteil vom 30.05.2018 – S 1 KR 148/17, nicht veröffentlicht). Denn es besteht vorliegend – soweit nachvollziehbar auch auf Seiten der Klägerin – kein Zweifel daran, dass im Krankenhaus der Beklagten im Jahr 2017 alle Therapiebereiche vorhanden waren. Dies erkennt der MDK im Strukturgutachten vom 28.08.2018 an und wird durch die zuletzt vorgelegte “Checkliste zur Abfrage der Strukturmerkmale des OPS – Kodes 8- 550 geriatrischen frührehabilitative Komplexbehandlung, Version 2017” für das Abrechnungs-jahr 2017 nochmals ausdrücklich durch den Geschäftsführer der Beklagten dokumentiert. Entsprechendes gilt für das Vorhandensein einer “regulären” fachärztlichen Behandlungsleitung (Dr. Dr. L., Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin und Geriatrie, fakultative Weiterbildung klinische Geriatrie, fakultative Weiterbildung Spezielle Internistische Intensivmedizin, Umweltmedizin) und einer im Sinne des OPS, Spiegelstrich 5, Satz 2 qualifizierten Pflegefachkraft (K. U., Gesundheits- und Krankenpflege, Zusatzweiterbildung Geriatrie und sechsmonatige Tätigkeit in einer anerkannten Weiterbildungseinrichtung für Geriatrie).

42

b) Das Erfordernis der Gewährleistung einer jederzeitigen Vertretungsmöglichkeit der ärztlichen Behandlungsleistung und der i. S. d. OPS (Spiegelstrich 5, S. 2) qualifizierten Pflegefachkraft zur Kodierung des OPS 8-550 – wie sie klägerseitig für erforderlich erachtet wird – vermag die Kammer dem OPS aber nicht zu entnehmen.

43

Die Klägerseite hat diese in den in Bezug genommenen MDK-Strukturgutachten ohne weitere Erläuterung zu Grunde gelegte Strukturvoraussetzung, trotz anwaltlicher Vertretung und einem Hinweis der Kammer, dass ein entsprechendes Erfordernis nicht erkennbar sei, in ihrer rechtlichen Genese erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung versucht begründen zu lassen. Dabei hat sich die Klägerseite auf die Ansicht beschränkt, dies ergebe sich unmittelbar aus dem Erfordernis der Behandlung eines geriatrischen Teams unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Spiegelstrich 1) (ebenfalls ohne Begründung: SG Kassel, Urteil vom 05. November 2018 – S 12 KR 141/17, nicht veröffentlicht).

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aa) Der OPS formuliert das Erfordernis einer jederzeitigen Vertretungsmöglichkeit des geforderten besonders qualifizierten Personals ersichtlich gerade nicht ausdrücklich. Dabei ist bereits dargelegt worden (s. 2. c), dass bei der Auslegung von Vergütungsregelungen – wie dem hier streitigen OPS 8-550 – eine besonders strenge Orientierung am Wortlaut geboten ist, während Bewertungen und Abwägungen zu versagen sind. Soweit ohnehin der Wortlaut die Grenze jeder Auslegung ist, kann es hiernach nicht ausreichen, dass das Verständnis einer Abrechnungsregelung – wie von einer anderen Krankenkasse im Verfahren S 8 (14) KR 105/18 für die hier seitens der Klägerin vertretene Ansicht angeführt worden ist – mit dem Wortlaut (noch) vereinbar ist. Vielmehr wird ersichtlich, dass sich dem Verständnis der Abrechnungsregelungen unter dem Anspruch einer konkreten Regelung (der Struktur einer Allgemeinverfügung ähnlich, § 31 S. 2 Alt. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X)) zu näheren ist. Danach ist grundsätzlich erforderlich, dass Anforderungen ausdrücklich benannt werden. Nicht ausdrücklich Aufgenommenes ist grds. keine Voraussetzung für die Kodierbarkeit.

45

bb) Soweit die Krankenkasse (im Verfahren S 8 (14) KR 105/18) dem MDK folgend – über den Wortlaut des OPS 8-550 hinaus – i. S. e. ständigen Gewährleistungspflicht die Erforderlichkeit einer über den einzelnen Behandlungs- /Abrechnungsfall hinausgehenden Sicherstellung der fachärztlichen Behandlungsleistung/herausgestellten Pflegefachkraft durch die Möglichkeit einer Vertretung bei Krankheit oder Urlaub der entsprechenden Kräfte aus dem Erfordernis nach Spiegelstrich vier, der wöchentlichen Teambesprechung unter Beteiligung der fachärztlichen Behandlungsleitung, ableiten will, vermögen auch systematische Gesichtspunkte dies nicht überzeugend zu begründen. (Auch) die im Verfahren S 8 (14) 105/18 beteiligte Krankenkasse ist eine Erläuterung des offenbar von ihr gesehenen logischen Zusammenhanges der wöchentlichen Teambesprechung mit dem Erfordernis einer ständigen Vertretungsmöglichkeit der ärztlichen Behandlungsleitung schuldig geblieben. Die in Bezug genommenen “Strukturgutachten” des MDK vom 17.05.2017 und 28.08.2018 (an der Legitimation für derartige Strukturprüfungen zweifelnd: Beume/Porten, KH 2014, S. 1044 (1048); zur Problematik auch: Horndasch/Dennler, f&w 2017, S. 243 – jeweils die Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen Einzelfall- und Strukturvoraussetzung betonend; für die Zulässigkeit der- und Zuständigkeit der Krankenkassen für die Überprüfung: BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 25/12 R -, SozR 4-5562 § 7 Nr 4, Rn. 21; BSG, Urteil vom 19. Juni 2018 – B 1 KR 38/17 R -, Rn. 31, juris; durch das MDK-Reformgesetz an Januar 2020 geregelt in § 275d SGB V) lassen nicht erkennen, worauf die eigenommene Rechtsauffassung beruht; zumal nicht einmal den Auslegungshinweisen des MDK zum OPS 8-550, Version 2017 (https://kcgeriatrie.de/Info-Service Geriatrie/Documents/2017 Auslegungshinweise 8-550.pdf; abgerufen zuletzt am 07.07.2020) das Erfordernis einer generell verfügbaren ausreichend qualifizierten Vertretung für den möglichen Fall der Abwesenheit der ärztlichen Behandlungsleistung und/oder der herausgestellten Pflegefachkraft zu entnehmen ist. Gegenteilig stellen diese Hinweise unter Punkt 4 in Bezug auf die ärztliche Behandlungsleitung konkret auf die Leitung der Behandlung “des” Patienten ab. In der Vergangenheit ist die Kodierung des OPS durch den MDK offensichtlich auf den Behandlungsfall bezogen (zu Recht) moniert worden, wenn ein Teammitglied krankheitsbedingt die wöchentliche Teambesprechung versäumt hat (vgl. den unbeachtet gebliebenen Änderungsvorschlag der Deutschen Krankenhaus-gesellschaft zum OPS 2014: https://www.dimdi.de/dynamic/.downloads/klassifikationen/ops/vorschlaege/vorschlaege2014/169-geriatfruehreha-schlottmann.pdf; abgerufen am 21.10.2018)). Insofern ist der MDK offensichtlich bereits in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass die wöchentliche Teambesprechung einzelfallbezogen zu prüfen ist. Dem entspricht, dass das Merkmal der Teambesprechung in den Checklisten zur Abfrage der Strukturmerkmale des OPS 8-550 nicht abgefragt wird/wurde.

46

Wie auch die Erfordernisse der “Behandlung durch ein geriatrisches Team unterfachärztlicher Behandlungsleitung”, des “standardisierten geriatrischen Assessments” einer Mindestanzahl, “aktivierend – therapeutischer Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal” und der “teamintegrierte Einsatz” spezifischer Therapiebereiche gab das Erfordernis der “wöchentlichen Teambesprechung” aus seinem Wortlaut im Jahr 2017 heraus nicht preis, ob damit abstraktgenerelle Strukturvoraussetzungen aufgestellt werden sollen, die unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall aufgrund der allgemeinen Organisation und Dienststruktur des Krankenhauses (vgl. zu dieser Umschreibung einer Strukturvoraussetzung: BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 25/12 R -, SozR 4-5562 § 7 Nr 4, Rn. 21) zu beurteilen sind, oder ob (allein) ein unmittelbarer Bezug zum Behandlungsfall besteht. Beides erschien prima facie gleichermaßen möglich. Auf einen Bezug zum konkreten Behandlungsfall wiesen und weisen immerhin, wenngleich nicht zwingend, die normierten Dokumentationspflichten. Die Pflicht zur wochenbezogenen Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele im Rahmen der wöchentlichen Teambesprechung stellen insoweit ebenso wie die Pflicht zur Dokumentation der Unmöglichkeit der Erhebung einzelner Assessmentbestandteile aufgrund des Zustandes des Patienten einen Bezug zum konkreten Behandlungsfall her und weisen insofern von einer Strukturvoraussetzung weg (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Dezember 2016 – L 5 KR 4875/14 -, Rn. 39-41, juris). Dies wurde und wird in Bezug auf die personelle Qualität der wöchentlichen Teambesprechung durch die zeitliche Staffelung der OPS 8-550-x von (mindestens) 7, 14 oder 21 Tagen des jeweiligen Behandlungsfalles, also einer, zwei oder drei Behandlungswochen gestützt. Ein konkreter Behandlungsfall nach dem OPS 8-550 ohne mindestens einmalige Teambesprechung ist hiernach – anders als bei einer abstrakt-generellen Strukturvoraussetzung denkbar – nicht möglich. Die Korrespondenz der – nur auf den konkreten Behandlungsfall beziehbaren – (Mindest)zeiteinheiten mit der Taktung der umschriebenen Teambesprechung sprach und spricht insofern dafür, dass auch diese Voraussetzung mit Blick auf den konkreten Behandlungsfall zu beurteilen ist. Bestätigt wird der Befund durch die rückwirkende “Klarstellung” des DIMDI zum Jahr 2019 für die Zeit ab 2013, dass Beiträge zur wöchentlichen Teambesprechung der “patientenbezogen” beteiligten Berufsgruppen, einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung (insoweit unverändert), ausreichend sind. Die fachärztliche Behandlungsleistung musste und muss hiernach durch einen i. S. d. ersten Mindestmerkmals des OPS 8-550 qualifizierten Arztes gerade im konkreten Einzelfall tatsächlich übernommen werden.

47

cc) Unter systematischen Gesichtspunkten ist ferner festzustellen, dass das Regelungswerk des OPS personelle Gewährleistungspflichten als solche benennt. So erfordert der OPS 8-980 zur sonstigen multimodalen Komplexbehandlung etwa die “Gewährleistung einer ständigen ärztlichen Anwesenheit” i. S. e. “allgemeinen”, von der tatsächlichen Anwesenheit im konkreten Behandlungsfall unabhängigen Sicherstellung “unter allen – vorhersehbaren – Umständen” (BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 25/12 R -, SozR 4-5562 § 7 Nr 4, Rn. 18 ff.; vgl. auch OPS 8-981 “neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalles”, 1. Unterpunkt – dazu: BSG, Urteil vom 19. Juni 2018 – B 1 KR 38/17 R -, Rn. 15 ff., juris), während auch dort für die fachärztliche Behandlungsleitung keine Gewährleistungsanforderung formuliert wird – etwa i. S. d. Erfordernisses einer unter allen vorhersehbaren Umständen gegeben qualifizierten Vertretungsmöglichkeit der ärztlichen Behandlungsleitung. Die OPS 8-98b.00 ff. geben erkennbar strukturell vor, dass “jeder” akute Schlaganfallpatient umgehend von einem Facharzt für Neurologie oder einem entsprechend qualifizierten Arzt untersucht wird. Zum Teil werden Voraussetzungen im OPS sogar ausdrücklich als Strukturmerkmal gekennzeichnet, etwa im OPS 8.98b (andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalles). In anderem Zusammenhang wird über Begriffe des “Vorhandenseins” und des “Einsatzes” die Unterscheidung zwischen strukturellen Erfordernissen von fallbezogenen Merkmalen eindeutig, so etwa – im Gegenüber zum OPS 8-550 (vgl. dazu: Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2014 – L 1 KR 60/14 -, Rn. 23, juris; SG Aachen, Urteil vom 30.05.2018 – S 1 KR 148/17, nicht veröffentlicht) – in den OPS 8-98a(.1) (teilstationäre geriatrische Komplexbehandlung), OPS 8-97d (multimodale Komplexbehandlung bei Morbus Parkinson) und zugleich erkennbar, dass auch strukturelle Erfordernisse gerade während des konkret zu vergütenden Behandlungsfalles gegeben gewesen sein müssen (vgl. OPS 8-98a, einleitender Satz: Jeder Tag mit teilstationärer geriatrische Behandlung, an dem die nachfolgenden Bedingungen erfüllt werden ( )). Vorgaben zur Erforderlichkeit von Stellvertretungen benennt der OPS ausdrücklich – in Ziffern 8-98d und 8-98h etwa gerade die ärztliche Behandlungsleitung betreffend.

48

Sofern also im Rahmen der vorgesehenen fachärztlichen Behandlungsleitung im OPS 8-550, deren Anwesenheit bei der wöchentlichen Teambesprechung erforderlich ist, eine ständige Anwesenheitsgewährleistung einer ärztlichen Behandlungsleistung bzw. einer Stellvertretung gerade nicht ausgesprochen wird, deutet auch dies darauf hin, dass es diesbezüglich auf den tatsächlichen personellen Einsatz, die tatsächliche Übernahme der Behandlungsleitung (im konkreten Behandlungsfall) ankommt (für die fachärztliche Behandlungsleistung im Rahmen des OPS 8-981 “Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls” entsprechend: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. März 2015 – L 11 KR 5212/13 -, Rn. 51 ff., juris: In dem Fall war allein ein qualifizierter Behandlungsleiter vorhanden, kein Vertreter. Das LSG sah den OPS als erfüllt an).

49

dd) Dies verdeutlicht in Bezug auf die Personalie der fachärztlichen Behandlungsleitung und deren Anwesenheit im Rahmen der wöchentlichen Teambesprechung i. S. d. OPS 8-550 die Entscheidung des Ersten Senates des BSG vom 14.10.2014 (B 1 KR 25/13 -, juris). Auch im dortigen Fall hatte die beklagte Krankenkasse die Auffassung vertreten, das klagende Krankenhaus dürfe den OPS nur abrechnen, falls bei Abwesenheit des die Qualifikationserfordernisse der fachärztlichen Behandlungsleitung erfüllenden Arztes adäquater Ersatz zur Verfügung stehe. Sie – die beklagte Krankenkasse – habe die Klägerin informiert, Rechnungen mit dem OPS 8-550 nur zu akzeptieren, wenn sie die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise (BSG, a.a.O. -, Rn. 2). Anders als im Fall des o. a. Urteils des BSG vom 18.07.2013 (B 3 KR 25/12 R) zum Erfordernis der “Gewährleistung einer ständigen ärztlichen Anwesenheit” im OPS 8-980 – indem auch schon die tatsächliche ständige Anwesenheit eines Arztes im konkreten Behandlungsfall zweifelhaft war (vgl. a.a.O., Rn. 19) – hat das BSG den Vergütungsanspruch des Krankenhauses im Urteil vom 14.10.2014 (a.a.O. -, Rn. 14) und in der Parallelentscheidung mit Urteil vom 10.03.2015 (B 1 KR 4/15 R -, Rn. 14, juris) – trotz der entsprechenden Begründung der Krankenkasse – jedoch gerade nicht aufgrund einer vom konkreten Behandlungsfall unabhängigen Sicherstellung einer fachärztlichen Behandlungsleitung “unter allen – vorhersehbaren – Umständen” verneint, sondern hat die tatsächliche Übernahme der Behandlungsleitung/ die tatsächliche Anwesenheit während der wöchentlichen Teambesprechung im konkreten Behandlungsfall geprüft (vgl. auch: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Dezember 2016 – L 5 KR 4875/14 -, Rn. 37, juris; SG Aachen, Urteil vom 23. April 2013 – S 13 KR 214/12 -, Rn. 18, juris ; SG Aachen, Urteil vom 23. April 2013 – S 13 KR 212/12 -, Rn. 17; SG Magdeburg, Urteil vom 30. Juli 2013 – S 45 KR 75/11 WA -, Rn. 44, juris; SG Berlin, Urteil vom 22. August 2012 – S 28 KR 631/09 -, Rn. 27, juris), die sich nicht als Strukturvoraussetzung begreifen lässt (vgl. zur Charakteristik eines Strukturmerkmals nunmehr auch § 275 Abs. 2-3 SGB V in der seit Januar 2020 gültigen Fassung). Da die allein ausreichend qualifizierte Ärztin des Krankenhauses bei konkreten Teamkonferenzen im jeweiligen Behandlungszeitraum nicht anwesend war, hat das BSG den Anspruch des Krankenhauses abgelehnt. Die geforderte Verantwortung könne nur bei persönlicher Anwesenheit eines über die in OPS 8-550 genannten Qualifikationen verfügenden, seine Behandlungsleitung für die Dauer der Behandlung tatsächlich ausübenden Facharztes wahrgenommen werden (BSG, Urteil vom 10. März 2015 – B 1 KR 4/15 R -, Rn. 14, juris).

50

In diesem Zusammenhang zieht das BSG (a.a.O.) unter Hinweis auf das Urteil vom 18. Juli 2013 (B 3 KR 7/12 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 30, Rn. 22) eine Parallele zum Verständnis des “Verantwortlichen” bei der multimodalen Schmerztherapie im OPS 8-918 (dort 2007, Wortlaut ab 2009 um das Erfordernis einer täglichen ärztliche Visite oder Teambesprechung und eine interdisziplinäre wöchentliche Teambesprechung ergänzt). Die dort wörtlich angesprochene “ärztliche Behandlungsleitung” bezieht sich aber offenkundig auf den konkreten Behandlungsfall und lässt keine Möglichkeit eines abstrakt- strukturellen Verständnisses i. S. e. Gewährleistungspflicht für alle Behandlungsfälle unter allen vorhersehbaren Umständen zu. Denn dem Wortlaut nach hat eben “eine mindestens 7-tägige interdisziplinäre Behandlung” der ihrem gesundheitlichen Profil nach beschriebenen Patienten hier “mit ärztlicher Behandlungsleitung” “nach festgelegtem Behandlungsplan” zu erfolgen, wobei der Verantwortliche über die Zusatzbezeichnung “Spezielle Schmerztherapie” verfügen muss (vgl. entsprechend die auf den Behandlungsfall bezogene Prüfung des BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 7/12 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 30, Rn. 22, freilich wiederrum ohne Begründung eines Vertretungserfordernisses – zur Einordnung als “Einzelfall”-, statt als strukturelle” Voraussetzung durch das BSG auch: Beume/Porten, KH 2014, S. 1044 (1046); ebenso: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01. März 2012 – L 5 KR 192/10 -, Rn. 34, juris).

51

Soweit aus dem Kreis der Krankenkassen vertreten worden ist (vgl. wiederrum die Verfahrensakte SG Aachen S 8 (14) 105/18), aus der Entscheidung vom 14.10.2014 (B 1 KR 25/13 -, Rn. 14, juris) sei zu folgern, es genüge nicht, dass die Leitung letztlich regelhaft keinen Dienst habe, ohne dass eine adäquate Stellvertretung vorliege, ist dies der Entscheidung des BSG insofern gerade nicht zu entnehmen. Vielmehr hätte das BSG – teilte es die Auffassung der Krankenkasse – zudem seine Prüfung auf die allgemeine Dienststruktur des Krankenhauses gerichtet, jedenfalls aber nach dem Befund des Versäumnisses einer wöchentlichen Teambesprechung während des Behandlungszeitraumes durch die als fachärztliche Leitung in Betracht kommende Ärztin weitere Ausführungen dazu gemacht, dass damit die Sicherstellung der Anwesenheit der fachärztlichen Behandlungsleitung während wöchentlicher Teambesprechungen zugleich auch “allgemein” nicht gewährleistet gewesen sei. Denn soweit die Sicherstellung der fachärztlichen Leitung selbst im Falle einer generellen Gewährleistungspflicht – auch nach der Auffassung der Krankenkasse, die etwa keine Vorkehrungen für den Fall der Erkrankung des Vertreters der sich im Urlaub befinden etatmäßigen Behandlungsleitung gesichert sehen will – auf das Vorhersehbare beschränkt, bleibt festzustellen, ob dem Säumnis im Einzelfall ein unvorhergesehener Umstand zugrunde lag. Ein solcher hinderte die Kodierung in der Konsequenz nämlich nicht.

52

ff) Auch die Ausführungen des BSG im Rahmen des Urteils vom 19.12.2017 (B 1 KR 19/17 -, juris, Rn. 35, 36) sprechen hieran knüpfend für eine auf den jeweiligen Behandlungsfall bezogene Untersuchung der wöchentlichen Teambesprechung unter Beteiligung unter anderem der fachärztlichen Behandlungsleitung. So prüft das BSG die wochenbezogene Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele im Zusammenhang mit der wöchentlichen Teambesprechung ganz konkret für den einzelnen streitigen Behandlungsfall. Dabei verdeutlicht es die Bedeutung der wöchentlichen Teambesprechung für die Qualität der Behandlung des “jeweiligen Versicherten”. Der Patient müsse im Falle der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung einer spezifischen, konkreten, mehrstimmigen, aber konzentrierten Therapieantwort des aus verschiedenen Berufsgruppen bestehenden Teams bedürfen. Insofern müsse erkennbar sein, welcher jeweils eigenständige Beitrag von jedem der genannten Therapiebereiche für “den einzelnen Patienten” in Abstimmung erbracht werden könne und noch zu erbringen sei. Im konkreten Fall habe die festgestellte wochenbezogene Dokumentation den Qualitätsanforderungen insofern nicht genügt, als aus ihr (u.a.) nicht hervorgehe, dass “die Versicherte wochenbezogen eine Komplexbehandlung” erhalten habe.

53

ee) Es wird erkennbar, dass die generell-strukturelle Gewährleistung einer personeller Ressource gerade dort zielführend ist, wo der Ressourcenaufwand (vgl. Beume/Porten, KH, 2014, S. 1044) keine zwingende Bedeutung für den einzelnen Behandlungsfall hat, vielmehr ein generell möglicher, ggfs. akut auftretender Bedarf sichergestellt werden soll, während der tatsächliche, konkret- individuelle Einsatz dort beabsichtigt sein wird, wo – wie bei der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung – der Ressourcenaufwand die Qualität jeder einzelnen Behandlung erreicht.

54

ff) Insofern kann es dahinstehen, ob ohnehin eine hinreichende Vertretungsmöglichkeit des für eine ärztliche Behandlungsleistung qualifizierten Arztes und der im Sinne des OPS 8-550 Spiegelstrich 5, Satz 2 qualifizierten Pflegefachkraft im Krankenhaus der Beklagten bestand, die immerhin für die ärztliche Behandlungsleistung zwei Kooperationsverträge abgeschlossen hat und hinsichtlich einer Kooperation mit einem anderen Krankenhaus “im Rahmen dessen Leistungsfähigkeit” im Verfahren S 8 (14) KR 105/18 durch ihre Geschäftsführer dargelegt hat, dass im Kooperationskrankenhaus genügend personelle Ressourcen vorhanden (gewesen) seien, damit die dortigen Abläufe durch die Kooperation nicht beeinträchtigt würden. Um die lückenlose Vertretung im Krankenhaus der Beklagten darzustellen, seien mehrere Ärzte des Kooperationskrankenhauses in die Abläufe im Krankenhaus der Beklagten mit einbezogen worden (vgl. hierzu das Schreiben des Kooperationspartners vom 18.10.2018 im Verfahren S8 (14) KR 105/18). Die Vertretung sei bereits mehrfach “gelebt” worden. Der zweite Kooperationsvertrag mit einem niedergelassenen, qualifizierten Arzt Stelle eine weitere Absicherung dar. Ebenso kann offenbleiben, ob die entsprechende Kooperation- die im Gegensatz zum OPS 8-98b eben gerade nicht im OPS-8-550 angesprochen ist – § 2 Abs. 3 KHEntgG und/oder den durch das BSG (Urteil vom 19. Juni 2018 – B 1 KR 38/17 R -, Rn. 26, juris) angesprochenen Kriterien für eine Kooperation genügt.

55

c) Dass ein entsprechender Aufwand im zu vergütenden Einzelfall entstanden ist, respektive die Voraussetzungen des OPS 8-550.1 während des konkreten Aufenthaltes der bei der Klägerin versicherten Patientin in der Zeit vom 19.01.2017 bis 07.02.2017 insoweit erfüllt waren, wie sie die konkrete Behandlung der Patientin und die personelle Ausstattung während des konkreten Behandlungszeitraumes betreffen steht zwischen den Beteiligten nicht ernsthaft in Streit. Dies wird durch das von der Klägerin im Rahmen der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1, 1c) SGB V (in der bis Ende 2019 gültigen Fassung; vgl. seither: § 275c Abs. 1 SGB V) eingeholte Gutachten des MDK vom 04.07.2017 bestätigt, das auf einer “Prüfung vor Ort” im Krankenhaus der Klägerin (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 Hbs. 2 Alt. 1 PrüfVV 2016) basiert. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die Abrechnung der Klägerin vollständig zutreffend war, insbesondere auch die zwischen den Beteiligten umstritten gebliebene Kodierung des OPS 8-550.1.

56

aa) Auch auf ausdrückliche Aufforderung der Kammer zu einer diesbezüglichen Stellungnahme hat die Klägerin die Erfüllung der Voraussetzungen des OPS im konkret in seiner Vergütung streitigen Behandlungsfall schriftsätzlich nicht in Zweifel gezogen. Erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat sie Akteneinsichtnahme in die Patientendokumentation beantragt und die Möglichkeit in den Raum gestellt, dass die Dokumentation insbesondere nicht den seitens des BSG erst mit Urteil vom 19.12.2017 (B 1 KR 19/17 R) – und somit nach der Einzelfallprüfung des MDK – aufgestellten Anforderungen an die Dokumentationspflichten der wöchentlichen Teambesprechung genügen könnte (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 35, juris). Dass die seitens die BSG aufgestellten Anforderungen durch die bereits angesprochenen rückwirkenden Klarstellung des DIMDI zum Jahr 2019 für die Zeit ab 2013 zum Teil “zurückgeschnitten” worden sind, hat die Klägerin dabei nicht vergegenwärtigt.

57

Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Einsichtnahme in die Patientenakte konnte die Kammer schon deshalb nicht entsprechen, weil die Beklagte, in der Ansicht, dass die Patientendokumentation nicht entscheidungserheblich sei diese – trotz Aufforderung der Kammer – nicht vorgelegt hat. Der klägerische Hinweis auf die sozialgerichtliche Amtsermittlungspflicht geht insofern schon im Ansatz fehl, zumal die Kammer die Beklagte darauf hingewiesen hat, dass sie nach Beweislastgrundsätzen das Risiko trage, dass die Kammer in Bezug auf die Relevanz der Patientendokumentation zu einer anderen Auffassung gelange.

58

bb) Im Ergebnis teilt die Kammer die Auffassung der Beklagten. Die Klägerin ist mit einzelfallbezogenen Einwendungen nach § 8 S. 3, 4 PüfvV 2016 ausgeschlossen, so dass es einer Einzelfallprüfung anhand der Patientdokumentation nicht bedarf.

59

Vertragspartner der PrüfvV sind der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Zwischen diesen Selbstverwaltungspartnern entstehen – abhängig vom Ergebnis der Abrechnungsprüfung – Leistungs- bzw. Erstattungsansprüche zwischen den jeweils betroffenen Leistungsträgern und Leistungserbringern. Diese haben über ihre Bundesverbände mit der PrüfvV einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen, der für die Krankenkassen, den jeweiligen MDK sowie alle nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser unmittelbar verbindlich ist (§ 17c Abs. 2 S. 4 KHG in der bis Ende 2019 gültigen Fassung bzw. in der hier maßgeblichen Fassung vom 19.12.2016, § 2 Abs. 2 PrüfvV 2016). Unmittelbar verbindlich bedeutet, dass es keines weiteren Aktes bedarf. Der Vertrag hat damit normative Wirkung. Anders als bei den Verträgen nach §§ 112 oder 115 SGB V wird durch die PrüfvV auch der MDK gebunden. Die gesetzliche Bindung des MDK an die Vertragsinhalte ist kein unzulässiger “Vertrag zu Lasten Dritter”, sondern systemimmanent und notwendig, da die Krankenkassen für Versäumnisse des MDK, etwa bei der fristgemäßen Anzeige des Prüfverfahrens nach § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V, haften. Die Zurechnung des Handelns des MDK mit Wirkung gegenüber den Krankenkassen ergibt sich nicht aus der analogen Anwendung zivilrechtlicher Zurechnungstatbestände, sondern unmittelbar aus § 275 SGB V (BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 24/11 R -, BSGE 112, 141-156, SozR 4-2500 § 275 Nr 8, Rn. 25; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 05. März 2020 – L 5 KR 84/20 B ER -, Rn. 23f., juris).

60

Die Krankenkasse hat dem Krankenhaus gemäß § 8 S. 1 PrüfvV 2016 im Falle einer Einzelfallprüfung im Sinne der PüfvV ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen. Wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder korrekt war, sind dem Krankenhaus die wesentlichen Gründe darzulegen (S. 2). Die Mitteilungen nach S. 1 und S. 2 haben innerhalb von 11 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs. 3 zu erfolgen (S. 3). Die Regelung des S. 3 wirkt gemäß S. 4 ausdrücklich als Ausschlussfrist (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 05. März 2020 – L 5 KR 84/20 B ER -, Rn. 26, juris).

61

(1) Die mit MDK – Gutachten vom 04.07.2017 ohne Beanstandungen beendete Einzelfallprüfung des MDK stellte eine Prüfung im Sinne der PrüfvV dar. Gemäß § 2 S. 1 PrüfvV galt die Vereinbarung für die gutachterlichen Stellungnahmen nach § 275 Abs. 1c SGB V – hinsichtlich des hier streitigen Behandlungsfalles in der alten, ab dem 01.01.2017 gültigen Fassung – zur Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V für jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses nach § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V a. F., mit der die Krankenkasse den MDK beauftragt und die eine Datenerhebung durch den MDK beim Krankenhaus erfordert. Mit dem 2. Halbsatz knüpft die Regelung an die Einführung des S. 4 des § 275 Abs. 1c SGB V in der bis zum 31.12.2019 gültigen Fassung (vgl. § 275c Abs. 1 S. 3 SGB V n. F.) an, die eine Reaktion auf die Rechtsprechung des Ersten Senates des BSG ab Juli 2014 darstellte (vgl. BT-Drs. 18/6586, S. 110; Scholz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 275 SGB V (Stand: 15.06.2020), Rn. 3), der den Anwendungsbereich der Einzelfallprüfung im Sinne des § 275 Abs. 1c i.V.m. § 275 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V in einer Differenzierung zwischen Auffälligkeitsprüfungen einerseits und Prüfungen der sachlich – rechnerischen Richtigkeit andererseits auf erstgenannte beschränkt hatte (vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 2014 – B 1 KR 29/13 R -, BSGE 116, 165-172, SozR 4-2500 § 301 Nr 4; BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 – B 1 KR 28/16 R -, Rn. 9ff., juris; zur breiten Kritik: Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand 11/2018, § 275, Rn. 39ff.). Da der streitige Be-handlungsfall nach Einführung des S. 4 des § 275 Abs. 1c SGB V a. F. liegt, bedarf es keiner näheren Erläuterung, dass mit dem Einzelfallgutachten des MDK vom 04.07.2017 ohnehin auch nach Maßgabe der Rechtsprechung des Ersten Senates zur vorherigen Rechtslage eine Prüfung im Sinne des § 275 Abs. 1c SGB V abgeschlossen wurde, weil der maßgebliche Prüfauftrag der Klägerin in der Frage, ob die medizinische Notwendigkeit für die streitige Prozedur und die inhaltlichen Voraussetzungen erfüllt seien bzw. ob über den gesamten Zeitraum eine akutstationäre Behandlungsnotwendigkeit bestand auf eine Auffälligkeitsprüfung im Sinne der Rechtsprechung des Ersten Senates gerichtet war (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 2016 – B 1 KR 22/16 R -, BSGE 122, 87-102, SozR 4-2500 § 301 Nr 7, Rn. 32 und insb. 33; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17. April 2018 – L 11 KR 936/17 -, Rn. 39, juris).

62

(2) Die elfmonatige Ausschlussfrist des § 8 S. 3 PrüfVV war bereits bei Klagerhebung am 19.12.2019 längst verstrichen, unabhängig davon, ob man hinsichtlich der “Übermittlung” der Prüfanzeige auf die Absendung der Prüfanzeige mit Schreiben vom 02.05.2017 oder auf den Eingang bei der Beklagten am 19.06.2017 abstellt. Damit ist die Klägerin mit einzelfallbezogenen Einwänden ausgeschlossen.

63

(3) Die Ausschlussfrist in § 8 S. 3, 4 PrüfVV ist auch wirksam. Der Erste Senat des BSG hat mit Urteil vom 19.11.2019 (B 1 KR 33/18 R -, Rn. 16, juris Bezugnahme auf Landes-sozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17. April 2018 – L 11 KR 936/17 -, Rn. 53, juris; ferner: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Januar 2020 – L 11 KR 1437/19 -, Rn. 36, juris) in einem obiter dictum – im Zusammenhang mit § 7 Abs. 2 S. 3, 4 PrüfvV 2014, nach denen das Krankenhaus nur einen Anspruch auf den unstrittigen Rechnungsbetrag hat, wenn es durch den MDK angeforderte Unterlagen nicht binnen 4 Wochen einreicht – klargestellt, dass er keine Zweifel daran hat, dass spezielle materiell-rechtliche Ausschlussregelungen der PrüfvV ihre hinreichende Ermächtigung in § 17c Abs. 2 KHG finden (kritisch: Thomae, GesR 2020, S 225 mit Blick auf den zum Jahr 2020 eingeführten § 17c Abs. 2b S. 3 KHG).

64

Dem schließt sich die Kammer an. Nach § 17c Abs. 2 S. 1 KHG in der für den vorliegenden Behandlungszeitraum maßgeblichen Fassung vom 16.12.2016 regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (a. F.); in der Vereinbarung sind abweichende Regelungen zu § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V (a. F.) möglich. Dabei haben sie gem. § 17c Abs. 1 S. 2 KHG (a. F.) insbesondere Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über den Zeitpunkt der Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen zu treffen; die §§ 275 bis 283 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleiben im Übrigen unberührt.

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(aa) Der Wortlaut des § 17c Abs. 2 S. 1 KHG ließ/lässt eine weite Regelungsbefugnis der Vertragsparteien erkennen, soweit sie umfassend ermächtigt werden, das “Nähere zum Prüfverfahren” zu regeln. Hierdurch kommt zum Ausdruck, dass den Vertragsparteien grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt wird zu entscheiden, über welche Inhalte sie eine Regelung treffen wollen. S. 2 legt zwingende Regelungsgegenstände fest, ohne den mit S. 1 eröffneten Spielraum zu beschränken. Dabei verdeutlicht das Wort “insbesondere”, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Vertragsparteien sich zu weiteren Regelungsgegenständen verständigen. Ausgehend davon, dass gerade einerseits zu der Prüfungsdauer und andererseits zur Abwicklung von Rückforderungen Regelungen zu treffen sind, liegt es dabei besonders nahe, dass die Vertragsparteien hierzu nicht nur Fristen festlegen, sondern auch die Folgen deren Versäumnis. Eine Festlegung von Fristen ohne die Verständigung über die Folgen einer Säumnis läuft weitgehend leer (vgl. SG Köln, Urteil vom 04. Mai 2016 – S 23 KN 108/15 KR -, Rn. 37 – 39, juris; SG Reutlingen, Urteil vom 14. März 2018 – S 1 KR 2084/17 -, Rn. 48, juris, SG Kassel, Gerichtsbescheid vom 25. November 2016 – S 12 KR 594/15 -, Rn. 42, juris; a. A.: SG Dortmund, Urteil vom 05. Mai 2017 – S 49 KR 580/16 -, Rn. 44, juris).

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(bb) Das Wortlautverständnis wird durch die Gesetzesbegründung bestätigt, in der darauf hingewiesen wird, dass die Benennung der zu vereinbarenden Regelungsinhalte in § 17c Abs. 2 KHG nicht abschließend sei (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17. April 2018 – L 11 KR 936/17 -, Rn. 52, juris). Ferner verdeutlicht die Gesetzesbegründung das Telos, die Eigenverantwortung der Vertragsparteien zu stärken, Regelungen zur konsensorientierten Konfliktvermeidung und -lösung unter der Zielsetzung der Beschleunigung eines Ergebnisses zu vereinbaren (BT-Drs 17/13947, S. 38).

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Dabei ist Grundvoraussetzung der Zielsetzung die Gleichberechtigung der Verhandlungspartner, die es nicht erlaubt, lediglich einseitig Ausschlussfristen zuzulassen. Entsprechend einseitige Regelungen erschienen zudem zugleich unverhältnismäßig (zu diesem Kriterium: BSG, Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 33/18 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 77, Rn. 16). Insofern steht die zum August 2013 eingeführte Vorschrift, deren Gesetzesbegründung allgemein auf die Berücksichtigung der Rechtsprechung bei der Vereinbarung verweist, im Geiste und Lichte der Rechtsprechung des bis Ende 2014 (ebenfalls) für Streitigkeiten aus dem Bereich der stationären Versorgung zuständigen Dritten Senates des BSG, der in seiner stetigen Rechtsprechung unter dem Rechtsprinzip von Treu und Glauben die Auffassung vertrat, dass die dauerhaften professionellen Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen von einem systemimmanenten Beschleunigungsgebot geprägt seien und zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichteten (BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 21/12 R -, BSGE 114, 105-118, SozR 4-2500 § 275 Nr 14, Rn. 20 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dessen (und § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V) hatte der Senat auch zeitliche Beschränkungen in Bezug auf die Geltendmachung von Forderungen aus abgerechneten Krankenhausvergütungen abgeleitet (BSG, a.a.O., Rn. 22, 31; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 12/08 R -, BSGE 105, 150-157, SozR 4-2500 § 109 Nr 20, Rn. 15ff.). Ähnliche Argumentationsstrukturen fanden sich in der Zeit vor der Einführung des § 17c Abs. 2 KHG aber auch in der Rechtsprechung des Ersten Senates, soweit es um Nachvergütungsforderungen von Krankenhäusern ging (BSG, Urteil vom 08. September 2009 – B 1 KR 11/09 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 19, Rn. 16; BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 6/12 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 27, Rn. 13; BSG, Urteil vom 05. Juli 2016 – B 1 KR 40/15 R). Dass die Kammer keine überzeugenden Gründe zu erkennen vermag, weshalb in umgekehrte Richtung nicht entsprechendes gelten kann, hat sie bereits dargelegt (SG Aachen, Urteil vom 04. September 2018 – S 14 KR 94/18 -, Rn. 66, juris ; SG Aachen, Urteil vom 10. Juli 2018 – S 14 KR 515/17 -, Rn. 48, juris).

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(cc) Auch die systematische Auslegung stützt das Ergebnis. Die Vorschrift zum näher zu regelnden Prüfverfahren des § 275 Abs. 1c SGB V a. F. prägt in den Sätzen 1 und 2 ein gerade auch an die Krankenklassen adressiertes Beschleunigungsgebot. Satz 2 beinhaltet dabei eine Ausschlussfrist zulasten der Krankenkassen (wenngleich nach der bisherigen Rechtsprechung des Ersten Senates des BSG auch nicht i. S. e. Einwendungsausschlusses: BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 24/11 R -, BSGE 112, 141-156, SozR 4-2500 § 275 Nr 8, Rn. 22 m.w.N.), soweit die Prüfung spätestens 6 Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den medizinischen Dienst im Krankenhaus anzuzeigen ist. Soweit § 17c Abs. 2 S. 1 HS 2 gerade eine Änderung dieser Regelung ausdrücklich zulässt, wird die Kompetenz der Vertragsparteien zu Ausschlussregelungen im Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (a. F.) – auch zulasten der Krankenkassen deutlich (a.A. SG Dortmund, Urteil vom 05. Mai 2017 – S 49 KR 580/16 -, Rn. 44, juris).

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Dass die Aufforderung zu einer “zeitnahen Prüfung” nach § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V a. F. insbesondere auch an die Krankenkassen gerichtet ist, zeigen die Gesetzesmaterialien, nach denen die zeitnahe Durchführung der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V für sämtliche Schritte der Einleitung durch die Krankenkasse und der Durchführung der Prüfung durch den medizinischen Dienst gilt. Der Norm ist daher ein prinzipielles Beschleunigungsgebot entnommen worden (u. a. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 3 KR 14/11 R -, BSGE 111, 58-71, SozR 4-2500 § 109 Nr 24, Rn. 26). Der Gesetzgeber sah im Krankenhausbereich Handlungsbedarf, weil nach seiner Wahrnehmung von einzelnen Krankenkassen die Prüfungsmöglichkeit in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt werde und dies in der Regel zu hohen und nicht gerechtfertigten Außenständen und Liquiditätsproblemen führe sowie auch zu Unsicherheiten bei Erlösausgleichen und Jahresabschlüssen (BT -Drs. 16/3100, S.171).

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Dies wiederrum korrespondiert – wenngleich in umgekehrte Richtung – der Argumentation, die der Erste Senat des BSG zur zeitlichen Begrenzung von Krankenhausnachvergütungsforderungen angeführt hat, soweit er es als unzulässig erachtet hat, nach Ablauf des auf eine vorbehaltlose und nicht offensichtlich unschlüssige Schlussrechnung eines Krankenhauses folgenden Jahres – trotz der nicht verstrichenen kurzen Verjährungsfrist von 4 Jahren – eine Nachforderung zu erheben. Weil die Krankenkassen auf tragfähige Berechnungsgrundlagen angewiesen seien, müssten sie sich grundsätzlich auf die Schlussrechnung eines Krankenhauses schon im laufenden Haushaltsjahr verlassen können, in dem die Rechnung gestellt werde. Dies versetzte sie in die Lage, die dem geltenden Haushaltsplan zu Grunde liegenden Ausgaben – und Einnahmeerwartungen mit den tatsächlichen Ausgaben und Einnahmen verlässlich abzugleichen und etwaige auf das folgende Haushaltsjahr zu übertragende Über – oder Unterdeckungen zu erkennen (BSG, Urteil vom 08. September 2009 – B 1 KR 11/09 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 19, Rn. 16; BSG, Ur-teil vom 13. November 2012 – B 1 KR 6/12 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 27, Rn. 13; BSG, Urteil vom 05. Juli 2016 – B 1 KR 40/15 R -, SozR 4-2500 § 109 Nr 58, Rn. 20 f.; zur Übertragbarkeit in umgekehrte Richtung: SG Aachen, Urteil vom 10. Juli 2018 – S 14 KR 515/17 -, Rn. 48,f., juris). Entsprechend ist ableitbar, dass die Umsetzung des aus § 275 Abs. 1c S. 1, 2 SGB V zu entnehmenden Beschleunigungsgebotes in der PrüfvV zur Vereinbarungen von Ausschlussfristen mit der Wirkung von Einwendungs- und letztlich Forderungsausschlüssen berechtigt.

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Entsprechend hatte auch der Dritte Senat des BSG – an dessen Rechtsprechung sich der Gesetzgeber bei der Einführung des § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V ausdrücklich orientierte (BT-Drs a.a.O.) – keine Zweifel daran, dass § 17c Abs. 2 KHG nach seiner Einführung zum 01.08.2013 die Kompetenz der Vertragsparteien umfasst, die Rechtsfolgenseite einer nicht i. S. d. § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V fristgerecht beschleunigten Einzelfallprüfung i. S. e. Einwendungsausschlusses zu regeln (BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 21/12 R -, BSGE 114, 105-118, SozR 4-2500 § 275 Nr 14, Rn. 32). Mit dem MDK-Reformgesetz hat der Gesetzgeber dies zum Januar 2020 in § 17c Abs. 2 Nr. 8, Abs. 2b (insb. S. 3) KHG nunmehr untermauert (zu den Motiven, u.a. wiederrum die Beschleunigung vgl. BT-Drs 19/14871, S. 113). Hiernach können Einwendungen und Tatsachenvortrag in Bezug auf die Rechtmäßigkeit einer Krankenhausabrechnung im gerichtlichen Verfahren nicht geltend gemacht werden, wenn sie im Rahmen einer nun zwingenden vorgerichtlichen einzelfallbezogenen Erörterung zwischen den Beteiligten nicht innerhalb einer zwischen den Vertragsparteien der PrüfvV zu vereinbarenden Frist geltend gemacht worden sind (und ein Vertretenmüssen gegeben ist).

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(dd) Die Entscheidung des Ersten Senates des BSG vom 19.04.2016 (B 1 KR 33/15 R -, juris; ferner: BSG, Urteil vom 13. November 2012 – B 1 KR 27/11 R -, BSGE 112, 156-170, SozR 4-2500 § 114 Nr 1), nach der das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) es verbiete, Überprüfungsmöglichkeiten der Krankenkassen gegenüber Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser über die allgemeinen gesetzlichen Rahmenvorgaben hinaus durch (landes)vertragliche Regelung zeitlich einzuschränken steht dem insofern schon deshalb nicht entgegen, weil sie einen Vergütungsstreit aus dem Jahr 2009, also vor Einführung des § 17c Abs. 2 KHG betraf (a. A. SG Detmold, Urteil vom 20. April 2018 – S 24 KR 863/17 -, Rn. 28, juris; SG Kassel, Urteil vom 14. Februar 2018 – S 12 KR 171/17 -, Rn. 50, juris), mit dem – nach dem soeben Dargelegten – eine einfachrechtliche Kompetenz geschaffen wurde, die gegenüber dem Wirtschaftlichkeitsgebot spezieller geregelten Beschleunigungsgebote im Bereich der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs. 1c S. 1, 2 SGB V a. F. effektiv – unter Eischluss der Vereinbarung von Ausschlussfristen, auch i. S. v. Einwendungsausschlüssen – auszugestalten. Dabei ist zu bedenken, dass der Erste Senat sich nicht auf eine konkret-rechtsregelförmige Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebotes in Form eines Verbotes stützen konnte. Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist kein Vademecum des Prüfverfahrens für Krankenhausvergütungen und erreicht es abseits konkret-materialisierter Rechtsregeln in der Rechtsdichte eines Prinzips (zum Wesen des Prinzips: Alexy, Recht, Vernunft, Diskurs, 1995, S. 204), als eine der ersten praktischen Antworten des Krankenhausvergütungs- bzw. des Krankenversicherungsleitungsrechts insgesamt bei Auslegungsfragen. Eine entsprechende Dichte erreicht aber die Ableitung des ebenso einfachgesetzlich entgegengestellten Beschleunigungsgebotes jenseits konkreter rechtsregel-förmiger Anordnungen des § 275 Abs. 1c, S. 1, 2 SGB V (a. F.), dessen Materialisierung § 17 Abs. 2c KHG den Vertragsparteien überantwortet und in diesem Auftrag zur Konkretisierung zugleich dessen Gewicht zu Lasten des Wirtschaftlichkeitsgebotes bereichsspezifisch überwiegen lässt – sofern es überhaupt im Einzelfall zum einem Konflikt kommen mag; immerhin wirken spiegelbildliche Ausschlussfristen zulasten der Krankenhäuser zugunsten der Versichertengemeinschaft.

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Entsprechend sieht der Erste Senat des BSG, wie dargelegt, mit Urteil vom 19.11.2019 (B 1 KR 33/18 R) gerade in § 17c Abs. 2 KHG (erst) die hinreichende Ermächtigungsgrundlage für spezielle materiell-rechtliche Ausschlussfristen im Rahmen im Rahmen der Einzelfallprüfung. Es besteht nach dem Dargelegten – auch wenn die Entscheidung vom 19.11.2019 zu einer Regelung zulasten der Krankenhäuser Stellung bezieht – auch kein Anlass zu der Annahme, dass der Erste Senat § 17c Abs. 2 KHG in seiner Tauglichkeit als Ermächtigungsgrundlage für spezielle materiell-rechtliche Ausschlussregelungen in der PrüfvV zulasten der Krankenkassen anders beurteilt. Dabei ist zu vergegenwärtigen, dass im Urteil vom 19.04.2016 (B 1 KR 33/15 R) im Ausgangspunkt eine Regelung zulasten des Krankenhauses entscheidungserheblich war. So verlangte das klagende Krankenhaus eine Nachvergütung, welche die Krankenkasse wegen des landesvertraglichen Fristversäumnisses ablehnte. Die entsprechende Regelung sah vor, dass Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung nur innerhalb von 6 Monaten geltend gemacht werden könnten (S. 1). Das gleiche gelte auch für Nachforderungen der Krankenhäuser (S. 2). Die wegen des Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot bestehende Nichtigkeit des Ausschlusses zulasten der Krankenkasse habe – so der Erste Senat des BSG – eine Nichtigkeit der spiegelbildlichen Regelung zulasten des Krankenhauses zur Folge, da die Vertragsparteien die jeweiligen Fristen im Sinne einer ausgewogenen Gesamtregelung konzipiert hätten (vgl. a.a.O. -, Rn. 12, juris). In eine entsprechend ausgewogene Gesamtregelung fügt sich aber auch der im Urteil vom 19.11.2019 für wirksam erachtete § 7 Abs. 2 S. 3, 4 PrüfvV 2014 im Gegenüber zu § 8 Abs. S. 3, 4 PrüvV. Dies verdeutlicht die PrüfvV 2016. Dort ist weiterhin in § 7 Abs. 2 geregelt, dass das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstreitigen Rechnungsbetrag hat, soweit es Unterlagen nicht fristgerecht vorlegt (S. 6). Ergänzt worden ist, dass das Prüfverfahren unter gewissen Bedingungen fortgesetzt wird – wiederum mit Ausschlussfrist (S. 7-9). Soweit daran die Folge geknüpft wird, dass sich die Frist nach § 8 S. 3 PrüvV entsprechend verlängert (§ 7 Abs. 2 S. 10 PrüfvV) verdeutlicht dies den Charakter einer Gesamtregelung, der sich aber auch ohnedies sowohl aus dem unmittelbaren Regelungszusammenhang und dem erkennbaren Bemühen der Vertragspartner um eine ausgewogene Balance in den Beiträgen zur Beschleunigung der Einzelfallprüfung ergab und ergibt. Insofern wäre der Erste Senat im Urteil vom 19.11.2019 (B1 KR 33/18 R) nicht zur Aussage der Wirksamkeit der in § 7 Abs. 2 S. 3, 4 PrüfvV enthaltenen Ausschlussfrist aufgrund hinreichender einfachgesetzlicher Ermächtigung gelangt, wenn er nicht zugleich von einer Wirksamkeit des § 8 S. 4 PrüvV (2014/2016) ausginge.

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(4) An der Verhältnismäßigkeit der Ausschlussfrist des § 8 S. 3, 4 PrüfvV bestehen keine Zweifel. Die Zwecklegitimität liegt im gesetzlichen Auftrag, Regelungen zur Verfahrensbeschleunigung zu treffen. Eine Frist ohne Ausschlusswirkungen ist bei weitem nicht gleichermaßen effektiv, sondern ohne praktischen Nutzen. Dabei sind Ausschlussfristen wechselseitig vereinbart und die Elfmonatsfrist in § 8 S. 3 PrüfvV lässt den Krankenkassen einerseits ausreichend Zeit um Mithilfe des MDK – unter (mit Ausschlussfrist) stehender Mitwirkung – der Krankenhäuser die Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Einzelfall zu prüfen. Dabei gewährleitet die Frist (unter Hinzurechnung der Frist § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V a.F.) nahezu exakt, dass in jedem Fall bis zum Abschluss des auf die Abrechnung folgenden Jahres eine endgültige Klärung erreicht sein muss (zur Bedeutung dessen: SG Aachen, Urteil vom 04. September 2018 – S 14 KR 94/18 -, Rn. 65-67, juris; SG Aachen, Urteil vom 10. Juli 2018 – S 14 KR 515/17 -, Rn. 47-49, juris) und geht über die Frist von 6 Monaten hinaus, die der Dritte Senat vormals unmittelbar aus § 275 Abs. 1c S. 1 a.F. entbunden hat (BSG, Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 21/12 R -, BSGE 114, 105-118, SozR 4-2500 § 275 Nr 14, Rn. 22).

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B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung und folgt dem Ausgang des Verfahrens.

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C. Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wonach bei einem Antrag, der eine bezifferte Geldleistung betrifft, deren Höhe maßgebend ist.