Sozialgericht Bayreuth S 6 KR 73/96

Sozialgericht Bayreuth

Urteil vom 27.02.1998 (rechtskräftig)

  • Sozialgericht Bayreuth S 6 KR 73/96
  • Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 89/98

 

I.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 03. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 1996 verurteilt, eine stimmangleichende Behandlung nach dem Behandlungskonzept (gegebenenfalls unter Durchführung eines operativen Eingriffs) eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses, das durch vertragsärztliche Einweisung bestimmt wird, zu gewähren.

II.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die 1946 geborene Klägerin ist Versicherte der Beklagten. Sie ist Mann-zu-Frau transsexuell. 1994 erfolgte eine genitale Transformations-Operation, die von der Beklagten gewährt wurde.

Unter Vorlage eines Schreibens der Freien Universität B. -Universitätsklinikum B.F. – Lehrstuhl für Phoniatrie und Pädaudiologie Professor Dr. G. vom 16.09.1994 – Eingang bei der Beklagten am 10.11.1994 – beantragte die Klägerin eine operative Anhebung der Stimme.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung befürwortete in den Stellungnahmen vom 02.12.1994 und 04.02.1995 diese Maßnahme nicht. Von einer Operation sei wegen zu geringer Erfolgsaussichten abzuraten. Auf einem Kongress im Jahr 1994 sei die Problematik der operativen Stimmanhebung besprochen worden. Es sei über Misserfolge in etwa 70% der Fälle berichtet worden. Außerdem seien Abweichungen von einer statistischen Norm sogar mit ausgeprägtem Leidensdruck nur unter ganz besonderen Umständen als Krankheit im Sinne des SGB V anzusehen. Selbst bei normalen Frauen gebe es eine unterschiedliche Stimmlage, so dass eine tiefe Stimme, die sogar auch bei Männern bewusst angehoben werden könne, nicht unbedingt als gravierende Problematik dargestellt werden könne. Im Übrigen sei nicht zu vergessen, dass eine derartige nicht lebensnotwendige Operation auch zu Komplikationen für den Patienten führen könne und folglich auch zu erheblichen Folgekosten für die Krankenkasse.

Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 03.03.1995 ab.

Mit Bevollmächtigtenschreiben vom 15.03.1995 – Eingang bei der Beklagten am 17.03.1995 – legte die Klägerin Widerspruch ein.

In der sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK M. vom 27.06.1995 ist insbesondere ausgeführt, dass die Operation selbst nicht Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen sei. Es gebe verschiedene Arten operativ den Kehlkopf dahingehend zu verändern, dass die Stimmlage sich verändere. Es gebe in einzelnen Fällen Hinweise, dass hier eine Besserung möglich sei, doch gebe es keine überschaubaren Statistiken. Erfahrungsgemäß gelängen mehr als 50% der Fälle nicht so, wie es gewünscht werde. Die ganze Operationsmethode habe nach wie vor den Charakter des Experimentes, längerfristige Ergebnisse ständen nach wie vor nicht zur Verfügung. Auch gebe es eine Reihe von Frauen, die eine tiefe Stimme haben, ohne dass hieraus die Diagnose einer Krankheit zu schließen wäre. Das Erscheinungsbild der Patientin werde als überwiegend maskulin beschrieben trotz vorangegangener operativer Veränderung. Dies bedeute aber, dass die – vorausgesetzt gelungene – operativ veränderte Stimme hier an der Gesamterscheinung der Persönlichkeit nicht viel ändern werde. Auch gehe es nicht nur darum, die Stimmlage zu erhöhen, damit ein weiblicher Stimmklang entstehe, weiter verändert werde die Fähigkeit die Stimme zu modulieren, was dazu führe, dass ein sogenannter diplophoner Stimmklang entstehen könne, welcher dazu führen könne, dass ein Stimmklang entsteht, welcher im Widerspruch zur äußeren Erscheinung der Persönlichkeit der Patientin stehe, so dass es letztendlich wenig sinnvoll sei, hier die Kostenübernahme für den oben genannten Eingriff zu empfehlen.

Mit Bevollmächtigtenschreiben vom 15.11.1995 – Eingang bei der Beklagten am 17.11.1995 – begründete die Klägerin ihren Widerspruch. Sie leide sehr unter ihrer tiefen männlichen Stimme. Deshalb sei die gewünschte Operation schon aus psychiatrischer Sicht als medizinisch notwendig einzustufen. Dies werde zu Recht von Dr. B. sehr in den Vordergrund gestellt und auch von mehreren psychiatrischen Einschätzungen bestätigt. Auf Grund der gegebenen psychischen Beeinträchtigungen sei auch die Diabetes-Behandlung schwierig. Dass das Erscheinungsbild überwiegend maskulin sei und ein eventueller weiblicher Stimmklang dann im Widerspruch zur äußeren Erscheinung stünde, sei weit überzogen. Wenn überhaupt, entsteht der Eindruck eben durch die männliche Stimme, abgesehen davon handle es sich um ein weibliches Erscheinungsbild. Die meisten Menschen gingen hier nur nach der Stimme, nach dem Gehör. Transsexuelle litten sehr an den verbleibenden körperlichen Merkmalen, dies sei insbesondere dann der Fall, wenn sie auf Grund dieses Merkmals noch irrtümlich dem früheren Geschlecht zugeordnet würden. Da in Amsterdam die Misserfolgsquote laut eigenem Anschreiben der VU nur 10% betrage, werde in Anwendung des § 18 SGB V die Kostenübernahme für eine Behandlung gemäß § 18 SGB V dort beantragt.

Hinsichtlich des weiteren Schriftwechsels wird wegen der Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Klägerin legte noch eine Bescheinigung von Dr. B vom 14.03.1996 und der M.L. Universität H. vom 09.02.1996 – Eingang bei der Beklagten am 01.04.1996 – vor. Dr. B. führt aus, durch eine logopädische Behandlung könne man die Stimmbandlänge nicht ändern, so dass eine logopädische Behandlung vor einer stimmbandverkürzenden Operation völlig sinnlos erscheine. Die operative Anhebung der mittleren Sprechstimmlage sei unbedingt erforderlich. Diese Operation gehöre heute zu den Routineeingriffen in verschiedenen Kliniken und stelle kein Experiment dar. Abschließend sei noch erwähnt, dass die Stimme und die psychische Verfassung eine Einheit darstelle. In der ärztlichen Bescheinigung der M.L. Universität ist ausgeführt, es liege eine Androglottie mit deutlicher Tendenz zur Hyperfunktion vor. Es sei Ausdruck des Bestrebens der Patientin, die tiefe männliche Stimmlage willkürlich zu erhöhen. Eine Operation zur Stimmerhöhung (Cricothyreoidepexie) mit anschließender Stimmfunktionstherapie sei bei dieser Patientin aus medizinischen wie psychischen Gründen indiziert. Einerseits könne dadurch die pathologische hyperfunktionelle Stimmgebung, welche durch die bewusste angestrengte Überhöhung der Stimme zustande komme, vermindert werden, andererseits stelle die operative Stimmerhöhung die Grundlage zu einer Verweiblichung des Stimmklanges dar. Im Zusammenhang mit einer postoperativen logopädischen Therapie zur Festigung der erhöhten Sprechstimmlage sowie zum Erlernen eines weiblichen Stimmeinsatzes und einer weiblich geprägten Melodik könne vermutlich eine weibliche Klangfarbe erreicht werden. Als Folge davon könne es ebenfalls zu einer Verminderung der psychischen Probleme kommen, die mit der noch vorhandenen männlichen Stimme zusammenhängen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.1996 zurück (ausweislich der Postzustellungsurkunde der Bevollmächtigten der Klägerin am 15.05.1996 zugegangen). Die Beurteilungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung seien entsprechend ihrer Zweckbestimmung bei der Entscheidung der Kasse über die Gewährung oder Versagung einer Leistung nach der medizinischen Seite hin richtunggebend. Angesichts dessen sei eine Kostenübernahme für die streitige stimmerhöhende Operation nicht möglich. Soweit auf eine Kostenübernahme in vergleichbaren Fällen verwiesen werde, könne dies vorliegend ebenfalls nicht zu einer anderen Entscheidung führen. Im Falle der Klägerin seien die medizinischen Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nicht erfüllt.

Dagegen richtet sich die mit Bevollmächtigtenschreiben vom 10.06.1996 – Eingang beim Sozialgericht Würzburg am 12.06.1996, verwiesen an das Sozialgericht Bayreuth mit Beschluss vom 16.07.1996 – eingelegte Klage.

Das Gericht hat am 30.04.1997 einen Termin zur mündlichen Verhandlung durchgeführt. Zweck des Termins war – in voller Besetzung des Gerichtes – zunächst in “Augenschein” zu nehmen, ob Erscheinungsbild und Stimme der Klägerin in einem noch normgerechten Verhältnis zueinander stehen. Nachdem dies – als vorläufiges Ergebnis der Beweisaufnahme – zu verneinen war, hat das Gericht den Rechtsstreit zur weiteren Sachverhaltsermittlung vertagt.

Das Gericht hat anschließend Beweis erhoben durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigen-Gutachtens bei Prof. Dr. Dr. E. an der HNO-Klinik der F.A. Universität E. – Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie. In dem unter Mitwirkung von Oberärztin PD Dr. U. P. und dem Assistenzarzt Dr. R. erstatteten Gutachten ist zusammenfassend ausgeführt, dass die Stimme der Klägerin nicht im Normbereich einer weiblichen Stimme liege und nicht zur Person der Klägerin passe. Die Stimmangleichung solle durch eine Gesamtmaßnahme mit einer stationären konservativen Stimmtherapie, einer folgenden operativen Behandlung und einer nachfolgenden ambulanten Stimmtherapie erfolgen. Die Individualprognose einer solchen Stimmtherapie mit der konservativen Vor- und Nachbehandlung sowie einer stimmangleichenden Operation sei als günstig einzuschätzen (Nutzen/Risiko-Abwägung). Die Kosten/Nutzen-Relation sei ebenfalls als günstig einzuschätzen. Die Frage, welche Behandler infrage kämen, beantwortete der ärztliche Sachverständige nicht.

Im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 21.01.1998 hat sich die Klägerin mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden erklärt, während die Beklagte mit Schriftsatz vom 28.01.1998 geltend gemacht hat, die nunmehr in den Klageantrag einbezogene stationäre konservative Stimmtherapie vor der stimmerhöhenden Operation sowie die nachfolgende ambulante Stimmtherapie sei nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Im Bevollmächtigtenschreiben vom 04.02.1998 hat die Klägerbevollmächtigte demgegenüber die Auffassung vertreten, die Behandlungsschritte seien entsprechend dem medizinischen Gutachten als eine Einheit zu sehen und die Beklagte habe bisher die Kostenübernahme für die Behandlung zur Stimmerhöhung abgelehnt.

In der mündlichen Verhandlung vom 27.02.1998 hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.03.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.1996 zu verurteilen, eine stimmangleichende Behandlung nach dem Behandlungskonzept (gegebenenfalls unter Durchführung eines operativen Eingriffs) eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses, das durch vertragsärztliche Einweisung bestimmt wird, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

     die Klage abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten, des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, die Schwerbehindertenakte, die Akten der LVA Unterfranken und zahlreiche ärztliche Befundberichte samt der übersandten Fremdbefunde. Hierauf und auf den sonstigen Inhalt der Akten wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist mit dem zuletzt gestellten Klageantrag begründet.

Nach § 27 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. § 39 Abs. 1 SGB V räumt dem Versicherten einen Anspruch auf Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus ein, wenn die Aufnahme erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Gemäß § 12 SGB V müssen Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig – und daher an dieser Stelle nicht mehr näher zu erörtern -, dass die Klägerin transsexuell ist, dies als Krankheit zu werten ist und dementsprechend Leistungsansprüche nach dem SGB V ausgelöst werden. Die bisher durchgeführten geschlechtsanpassenden – auch operativen – Maßnahmen hat die Beklagte gewährt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich der Streitgegenstand nicht auf eine Operation. Streitig ist zwischen den Beteiligten von Anfang an, ob bzw. welche Behandlungsmaßnahmen hinsichtlich der Stimme zu ergreifen sind.

Die Klägerin hat vorliegend zwar zunächst ausschließlich eine stimmerhöhende Operation angestrebt, doch ergibt sich durch Auslegung im Gesamtzusammenhang, dass sich das Begehren hierauf nicht beschränkt. Der Klägerin geht es nämlich letztlich allein um das Erlangen einer “weiblichen Stimme”. Sie ist lediglich in diesem Zusammenhang der – nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zutreffenden – Auffassung, dass hierzu ein Stimmtraining nicht ausreicht. Das Gericht hat zu entscheiden, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zu ergreifen sind.

Ein diesbezüglicher Leistungsanspruch wird ausgelöst, wenn – und dies ist hier der Fall – die Mann-zu-Frau Transformation nicht abgeschlossen ist, die Stimme also i.S. einer weiblichen Stimme außerhalb des Normbereichs liegt, in Widerspruch zum Erscheinungsbild der Klägerin steht und die durch die § 12 SGB V geforderten Abwägungen hinsichtlich Nutzung und Risiko sowie Nutzen und Kosten einer Behandlung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich erscheinen lassen.

Die Beweisaufnahme hat vorliegend ergeben, dass die Stimme der Klägerin nicht im Normbereich liegt. Sie ist weder für sich genommen “weiblich”, noch ist sie mit dem übrigen Erscheinungsbild der Klägerin in Einklang zu bringen. Das Gericht hält diesbezüglich zwei Betrachtungsweisen für maßgeblich, nämlich einmal eine laienhafte Betrachtungsweise, wozu auch die Betrachtung durch das Gericht gehört. Diesbezüglich ist das Gericht in zwei mündlichen Verhandlungen, die in voller Besetzung des Gerichts jeweils durchgeführt wurden, zu der Überzeugung gelangt, dass Erscheinungsbild und Stimme nicht in Einklang stehen. Der inzwischen erreichte, durchaus weibliche Charakter der Klägerin wird durch die eindeutig männliche Stimme stark verwischt und sehr beeinträchtigt. Das Stimmbild ist nicht mit dem einer tiefen Frauenstimme gleichzusetzen. Dieses Missverständnis zwischen Erscheinungsbild und Stimme macht die Klägerin auffällig. Am Telefon wird sie als Mann betrachtet.

Maßgeblich ist des Weiteren, ob die Stimme nach medizinischen Maßstäben normgerecht ist. Auch dies ist nach Überzeugung des Gerichts nicht der Fall. Insoweit stützt sich das Gericht insbesondere auf die Beurteilung im Gutachten von Prof. Dr. Dr. E. Danach liegt das sogenannte Stimmfeld insgesamt im männlichen, nicht im weiblichen Normbereich und passt nicht zur Klägerin.

Wenn das Vorliegen einer Transsexualität als Krankheit angesehen wird und geschlechtsangleichende Maßnahmen als Krankenbehandlung mit allen auch operativen Konsequenzen für die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale gewährt werden, so darf hiervon die Stimme nicht ausgenommen werden. Dies verbietet sich gerade und erst Recht dann, wenn die äußerlichen Geschlechtsmerkmale bereits angepasst wurden.

Da die Stimme der Klägerin nicht – auch nicht annähernd – im Normbereich einer weiblichen Stimme liegt, sind diesbezüglich Behandlungsmaßnahmen zu ergreifen. Welche dies im Einzelnen sein werden, will das Gericht im Einzelnen nicht entscheiden und braucht es nach dem Klageantrag der Klägerin auch nicht.

Im Gutachten von Prof. Dr. Dr. E. wird als erforderlich und zweckmäßig eine Gesamtmaßnahme mit einer stationären konservativen Stimmtherapie, einer folgenden operativen Behandlung und einer nachfolgenden ambulanten Stimmtherapie empfohlen. Die Kosten/Nutzen- und Nutzen/Risiko-Abwägung hinsichtlich einer Operation wird dabei als günstig eingeschätzt. Im Gutachten werden verschiedene operative Techniken mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen dargestellt.

Nach der Bescheinigung der M.L. Universität H. wird eine Operation zur Stimmerhöhung mit anschließender Stimmfunktionstherapie vorgeschlagen.

Damit steht für das Gericht fest, dass jedenfalls eine Behandlung nach einem Gesamtkonzept eines Krankenhauses erforderlich, zweckmäßig und wirtschaftlich ist.

Da ein Versicherter ein “Rahmenrecht” auf eine Behandlung nach den §§ 27 ff SGB V hat, das durch Vertragsärzte bzw. nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser konkretisiert wird, genügt es für die vorliegende Entscheidung, diesen Anspruch auf Konkretisierung in der gerichtlichen Entscheidung festzulegen. Damit wird auch eine zu starre Begrenzung auf ein bestimmtes Behandlungskonzept vermieden. Eine Bindung an das System der gesetzlichen Krankenversicherung ist dadurch sichergestellt, dass das Recht zur Konkretisierung zugelassenen Leistungserbringern übertragen wird.

Zu betonen ist, dass die vorliegende Entscheidung ausschließlich einen konkreten Einzelfall betrifft. Bestimmend für diese Entscheidung ist zunächst, dass zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass bei der Klägerin eine Transsexualität Mann-zu-Frau vorliegt, die als Krankheit gewertet wird, dementsprechend Leistungsansprüche aus der gesetzlichen Krankenversicherung auslöst und die diesbezügliche Behandlung weitgehend unumkehrbar durchgeführt ist. Weiter ist für das Gericht maßgeblich, dass es sich zweimal von der Person und von der Stimme der Klägerin einen Eindruck verschafft hat und schließlich sich aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere aus dem vom Gericht eingeholten ärztlichen Sachverständigen-Gutachten ergibt, dass bei der Klägerin Person und Stimme so weit auseinander klaffen, dass nur eine Behandlung nach einem Gesamtkonzept – unter Durchführung einer Operation – mit einer guten Erfolgsprognose Nutzen/Risiko, wobei der zu erwartende Erfolg und die Kosten nicht außer Verhältnis stehen, in Betracht kommt. Rückschlüsse, die für weitere Verfahren verwertbar wären, sind demnach aus der vorliegenden Entscheidung nicht zu ziehen.

Für das Gericht ist nicht die psychische Belastung der Klägerin durch die Stimme maßgeblich, sondern der Umstand, dass das Erscheinungsbild der Klägerin (Frau) und die Stimme (Mann) nicht zusammenpassen. Da das Auseinanderfallen von biologischen Merkmalen im Falle der Transsexualität Leistungsansprüche im Sinne einer geschlechtsangleichenden Behandlung auslöst, ist eine solche Behandlung eben nicht nur auf die primären Geschlechtsmerkmale, sondern auch auf die sekundären Geschlechtsmerkmale, wozu auch die Stimme zu rechnen ist, zu erstrecken.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 193, 183 SGG.