Sozialgericht Dortmund S 48 (44) KR 307/05

Sozialgericht Dortmund

Urteil vom 12.08.2008 (nicht rechtskräftig)

  • Sozialgericht Dortmund S 48 (44) KR 307/05
  • Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 169/08

 

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Restkosten einer stationären Behandlung des bei der Beklagten versicherten xxx vom 02. bis 05.12.xx in Höhe von 506,54 EUR nebst Zinsen.

Dem xxx geborenen Versicherten verordnete der Urologe Dr. xxx am 29.11.2004 Krankenhausbehandlung auf Grund von Restkonkrementen in der rechten Niere. Der stationäre Aufenthalt bei der Klägerin fand vom 02. bis 05.12.xx statt. Es wurde eine extrakorporale Stoßwellenlithotripsie bei Harnsteinen mit auxilären Maßnahmen durchgeführt. Unter Bezugnahme auf den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weigerte sich die Beklagte, die Rechnung vom 27.12.xx in Höhe von 1.299,94 EUR vollständig zu bezahlen. Es sei ein Abschlag für die Nichterreichung der unteren Grenzverweildauer in Höhe von 506,54 EUR vorzunehmen. Die präoperative Diagnostik und die Aufklärung hätten vorstationär durchgeführt werden können.

Am 21.12.xx hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Diagnosis Related Group (DRG) L 42 Z korrekt abgerechnet worden sei. Die mittlere Verweildauer betrage im Jahr 2004 4,5 Tage und 2005 sogar 5,4 Tage. Die Verweildauer sei somit nicht zu beanstanden. Eine Kürzung könne nur vorgenommen werden, wenn die tatsächliche Verweildauer kürzer sei. Die Fallpauschale decke die Kosten weitgehend unabhängig von der Verweildauer ab. Das Ansinnen der Beklagten unterlaufe das DRG-System. Vorstationäre Untersuchungen könnten nicht extra geltend gemacht werden. Bei dem Abschlag für die untere Grenzverweildauer handele es sich nur um eine Patientenschutzregel. Es fände keine Kontrolle statt, ob weniger Belegungstage möglich gewesen wären. Ebenso scheide eine fiktive Aufspaltung aus. Die Prüfung der Notwendigkeit der Dauer beziehungsweise eine Fehlbelegungsprüfung finde insoweit nicht statt. Das Krankenhaus allein solle entscheiden, ob Leistungen stationär oder prästationär erbracht werden. Die Kosten seien so kalkuliert. Dies sei auch § 17 c Abs. 1 Ziffer 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) zu entnehmen. Am Aufnahmetag hätten umfangreiche unabdingbare notwendige Maßnahmen stattgefunden. Diese seien in der Gesamtheit kaum vorstationär zu erbringen. Sie sei zwar nicht zur vorstationären Leistung verpflichtet. Dies sei aber im vorliegenden Fall möglich gewesen. Die Ablauforganisation sei Sache des Krankenhauses ebenso wie die Haftung für die Aufklärung. Die Einschränkung des § 17 c KHG gelte auch für die Einzelfallprüfung. Zur weiteren Begründung überreicht die Klägerin Seite 177 zu § 17 c KHG des Kommentars Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Loseblattsammlung, Stand: Juli 2007 und Bundestagsdrucksache 14/6893, Seite 34.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verurteilen, an sie die restlichen Krankenhauskosten für die stationäre Behandlung des Versicherten xxx, in der Zeit vom 02. bis 04.12. in Höhe von 506,54 EUR nebst 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte geht weiterhin davon aus, das Diagnostik und Aufklärung vorstationär hätten stattfinden können. Ein Abschlag für das Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer

sei somit vorzunehmen. Die fehlende Abrechnungsmöglichkeit könne nicht zu einem präoperativen Tag führen. Gerade dann bestünde die Gefahr, dass Versicherte zu früh entlassen würden. Die medizinische Notwendigkeit für die Dauer des stationären Aufenthaltes sei zu prüfen und diese sei relevant. Verdachtsabhängige Einzelfallprüfungen seien weiterhin gesetzlich vorgesehen. Ansonsten wäre man faktisch im Prüfungsrecht und in der -pflicht beschnitten. Die Einzelfallprüfung sei unabhängig von § 17 c KHG. Zur weiteren Begründung überreicht die Beklagte die Abrechnungsbestimmungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der Fallpauschalenverordnung (KFPV) 2004, die Gemeinsame Empfehlung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft zum Prüfverfahren nach § 17 c KHG vom 06.04.2004 und die Bundestagsdrucksache 14/7862, Seite 14 f.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Patientenakte Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Kammerberatung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben.

Die Klage ist als echte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) zulässig. Bei einer auf Zahlung oder Erstattung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage zwischen einem Krankenhausträger und einer Krankenkasse handelt es sich um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Zahlungsanspruch auf eine vertragliche Rechtsgrundlage oder auf Bereicherungsrecht gestützt wird (Bundessozialgericht, Urteil vom 04.03.2004, Az.: B 3 KR 4/03 R).

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen weiteren Vergütungsanspruch in Höhe von 506,54 EUR. Zu Recht geht die Beklagte davon aus, dass ein Abschlag wegen des Nichterreichens der unteren Grenzverweildauer vorzunehmen ist, da die Diagnostik und Aufklärung vorstationär hätten stattfinden können.

Rechtsgrundlage für den restlichen Vergütungsanspruch der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V), § 112 Abs. 2 Satz 1 SGB V, die Pflegesatzvereinbarung, das KHG sowie das KHEntgG und der entsprechende Landesvertrag in Verbindung mit dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Leistungsanspruch des Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkasse entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Die Krankenkasse ist bei einem zugelassenen Krankenhaus als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegt (Bundessozialgericht, Urteil vom 13.05.2004, Az.: B 3 KR 18/03 R).

Wegen einer Fehlbelegung von einem Tag ist die Rechnung vom 27.12. in Höhe von 1.299,94 EUR um 506,54 EUR zu kürzen.

Nach § 17 b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Das Vergütungssystem hat nach § 17 b Abs. 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Comorbitäten abzubilden. Sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach § 17 b Abs. 1 Satz 1 KHG werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Nach § 17 b Abs. 2 Satz 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben des § 17 b Abs. 1 und 3 KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert, die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgunsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden.

Auf der Grundlage von § 17 b Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KHG hat das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung am 13.10.2003 die Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 erlassen. Gemäß § 1 Abs. 3 der Fallpauschalenverordnung 2004 ist soweit die Verweildauer von nicht verlegten Patientinnen oder Patienten kürzer als die untere Grenzverweildauer ist, für den dafür im Fallpauschalenkatalog ausgewiesenen Tag und jeden weiteren, nicht erbrachten Belegungstag ein Abschlag von der Fallpauschale vorzunehmen. Im Fallpauschalenkatalog ist der erste Tag mit Abschlag ausgewiesen. Die Höhe des Abschlags je Tag wird ermittelt, indem die für diesen Fall im Fallpauschalenkatalog ausgewiesene Bewertungsrelation mit dem Basisfallwert multipliziert wird. Der Entlassungstag zählt nicht mit.

Die Kodierung mittels DRG L 42 Z ist im vorliegenden Fall unstreitig. Die untere Grenzverweildauer wird nicht erreicht. Diese liegt bei der vorliegenden DRG bei zwei Tagen. Zu Recht nimmt die Beklagte einen Abschlag vor. Dessen Höhe wird nicht bestritten. Da der Entlassungstag nicht mitzählt, bleibt als medizinisch notwendiger Tag nur ein Tag des stationären Aufenthaltes übrig. Der Aufenthalt am 02.12. war medizinisch entbehrlich.

Ein Versicherter hat nach § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist dabei, dass die Krankheit zum Einen behandlungsbedürftig ist und dass ihr zum Anderen mit den spezifischen Mitteln des Krankenhauses begegnet werden muss, um sie zu heilen oder zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu linden. Lässt sich eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, so besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Es ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen (mit weiteren Nachweisen: Bundessozialgericht, Urteil vom 13.05.2004, Az.: B 3 KR 18/03 R).

Nach dem Großen Senat (Beschluss vom 25.09.2007, Az.: GS 1/06) richtet sich die Entscheidung, ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, allein nach den medizinischen Erfordernissen. Er hat klargestellt: Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im

Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat jedoch von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wenn die Krankenkasse im Nachhinein beanstandet, die stationäre Behandlung des Patienten sei nicht gerechtfertigt gewesen. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet zunächst der verantwortliche Krankenhausarzt. Die Verordnung ist dabei nicht bindend. Die Krankenkasse und auch das Gericht prüfen die Erforderlichkeit der stationären Behandlung eigenständig und ohne Bindung an die Beurteilung des zuständigen Krankenhausarztes. Für eine Einschränkung der Kontrollbefugnisse der Krankenkasse und des Gerichts in der Weise, dass von der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung auszugehen ist, wenn der Krankenhausarzt sie bejaht und seine Einschätzung fachlich vertretbar ist, bietet das Gesetz keine Grundlage.

Die stationäre Behandlung des Versicherten am 02.12. war medizinisch nicht notwendig. Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass die stationäre Behandlung an diesem Tag im Sinne des § 12 SGB V unentbehrlich, unvermeidlich oder unverzichtbar gewesen sein sollte und damit notwendig im engeren Sinne. Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens fest. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die stationäre Krankenhausbehandlung an diesem Tag nicht erforderlich war, weder um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, deren Verschlimmerung zu verhüten, noch um Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der aufnehmende Krankenhausarzt hätte zu der Bewertung kommen müssen, dass sogleich am 02.12. der Eingriff hätte durchgeführt werden müssen. Die Diagnostik und die Aufklärung hätten vorstationär durchgeführt werden können. Es ist nicht ersichtlich, dass das EKG, die Sonographie, die Röntgenaufnahmen oder die Laboruntersuchungen nicht vorab hätten durchgeführt werden können. Entweder die Klägerin selbst hätte dies vorstationär erbracht oder der behandelnde Urologe. Ebenso hätte auch die Aufklärung vorab durchgeführt werden können. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass beim Versicherten bereits vorher schon mindestens einmal diese Behandlung stattgefunden hat. Es bedurfte nicht der gleichen Bedenkzeit wie bei der ersten Durchführung. Die medizinische Notwendigkeit lässt sich auch nicht dadurch begründen, dass der Versicherte vom Heimatort bis zur Klägerin einige Kilometer zurücklegen musste. Einschränkungen der Mobilität sind nicht dokumentiert. Insoweit schließt sich die erkennende Kammer den Ausführungen des MDK an. Auf Grund der eindeutigen medizinischen Befundlage bedurfte es auch keines Sachverständigengutachtens. Selbst die Klägerin hat es für möglich erachtet, die Diagnostik und die Aufklärung vorab durchzuführen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte zur Vornahme eines Abschlages berechtigt. Dabei verkennt die erkennende Kammer nicht den pauschalierenden Charakter des Abrechnungssystems. Zu betonen ist jedoch, dass die Fallpauschale die Kosten des Behandlungsfalles nur “weitgehend” unabhängig von der Verweildauer abbildet. Dies betont auch der Klägerbevollmächtigte selbst. Zur Überzeugung der Kammer ist unabhängig von der Abrechnungsart zunächst gemäß § 39 SGB V die medizinische Notwendigkeit zu prüfen. Dies hat der Große Senat im Beschluss vom 25.09.2007 (Az.: GS 1/06) so bestätigt. Aus der Aufgabenstellung der gesetzlichen Krankenversicherung, der Systematik des Krankenversicherungsrechts sowie dem Zweck und der Entstehungsgeschichte des § 39 Abs. 1 SGB V ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Krankenkasse eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nur schuldet, wenn der Gesundheitszustand des Patienten sie aus medizinischen Gründen erfordert. Der Versicherte hätte somit keinen Anspruch auf den Aufenthalt im Krankenhaus. Es ist nicht ersichtlich, warum hier eine Trennung zwischen medizinischer Notwendigkeit nach § 39 SGB V und der Abrechnung

stattfinden soll. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Es ist auch nicht ersichtlich, dass in der Rechtsprechung eine Tendenz bestehen soll, diese Parallelität aufzugeben. In einem ersten Schritt ist zunächst die medizinische Notwendigkeit und sodann erst die Frage der Höhe der Vergütung zu klären. So ist auch bei der Abrechnung nach dem DRG-System vorzugehen. Aus dem Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29.11.2006 (Az.: S 6 KNK 77/05) ist nichts Anderes zu entnehmen. Es wird gerade die medizinische Notwendigkeit entsprechend § 39 SGB V bejaht.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Regelung zur unteren Grenzverweildauer einer medizinisch nicht gerechtfertigten, zu frühen Entlassung des Patienten entgegenwirken soll und somit als reine Patientenschutzregel zu verstehen sei, vermag dies nicht zu einer anderen Einschätzung zu führen. Gemäß § 17 c Abs. 1 Nr. 2 KHG hat der Krankenhausträger durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass eine vorzeitige Verlegung oder Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibt. Diese sogenannte blutige Entlassung sollte vermieden werden und deshalb wurde die untere Grenzverweildauer eingeführt. Zur Überzeugung der Kammer sind die Interessen in der vorliegenden Fallkonstellation jedoch anders gelagert. Streitgegenständlich ist gerade nicht ein zu kurzer stationärer Aufenthalt sondern die medizinische Notwendigkeit. Es kann auch nicht erkannt werden, inwieweit im vorliegenden Fall einer blutigen Entlassung vorgebeugt werden soll. Soweit am ersten Tag des stationären Aufenthalts keine medizinische Notwendigkeit vorliegt, besteht vielmehr die Gefahr, dass dieser bereits abgelaufene Tag am Ende der Behandlung eingespart und gleichwohl eine zu frühe Entlassung droht, um den Aufenthalt wirtschaftlich durchzuführen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte auch berechtigt, die Notwendigkeit der Dauer zu überprüfen. Insoweit findet gemäß § 275 SGB V weiterhin eine verdachtsabhängige Einzelfallprüfung der Belegungstage statt. Es ist nicht ersichtlich, warum gesetzgeberisch beabsichtigt sein sollte, diese abzuschaffen. Die Durchführung der Begutachtung von Behandlungsfällen wäre jedoch obsolet, wenn das Gutachtenergebnis keinen Einfluss auf die Abrechnungsmöglichkeit hätte. Es ergibt sich aus der Bundestagsdrucksache 16/3100, Seite 171, und dem Ausschussbericht (Bundestagsdrucksache 14/7862, Seite 14 f.) eindeutig, dass die Einzelfallprüfung neben der verdachtsunabhängigen Stichprobenprüfung nach § 17 c KHG bestehen soll. Der Prüfungsumfang von § 17 c KHG im Rahmen der Stichproben kann hier dahinstehen, da vorliegend eine Einzelfallprüfung durchgeführt worden ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist aus der Bundestagsdrucksache 14/6893, Seite 33 f., nicht zu entnehmen, dass eine Beschränkung der Prüfung der Verweildauer auch für § 275 SGB V eingeführt werden sollte. Dagegen spricht vielmehr die spätere Bundestagsdrucksache 16/3100. § 17 c KHG regelt nur die Stichprobenprüfung. Der Paragraph musste eingeführt werden, da eine Stichprobenprüfung umstritten war. Der Prüfungsumfang der Krankenkassen sollte erweitert werden. Soweit im Kommentar Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Loseblattsammlung, § 17 c KHG, II., Ziffer 2 wohl eine andere Auffassung vertreten wird, ist dieser nicht zu folgen. Es ist nicht ersichtlich, warum § 17 c Abs. 1 Ziffer 2 KHG Anwendung finden sollte bei einer Einzelfallprüfung gemäß § 275 SGB V. Auch der Kommentar Dietz/Bofinger stellt unter § 17 c KHG, II, Ziffer 4 eindeutig klar, dass die verdachtsunabhängige Stichprobenprüfung neben die anlassabhängige Einzelfallprüfung nach § 275 SGB V tritt. Dies entspricht auch der Gemeinsamen Empfehlung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft zum Prüfverfahren nach § 17 c KHG vom 06.04.2004. Die Prüfungsmöglichkeiten sollten erweitert werden. Zu Recht weist die Beklagte auch darauf hin, dass ansonsten das Prüfungsrecht und die Prüfungspflicht faktisch leerlaufen würden. Dies kann so vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein. Dann bedürfte es einer Klarstellung.

Gemäß § 8 KHEntgG erfolgt für die vorstationäre Behandlung keine Vergütung. Daraus lässt sich jedoch nicht die Vergütung für medizinisch nicht notwendige Tage herleiten. Es ist auch nicht erforderlich, dass die vorstationäre Diagnostik zwingend im Krankenhaus erfolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung war die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Weitere Entscheidungen zur unteren Grenzverweildauer liegen nicht vor.