Sozialgericht Düsseldorf S 11 KR 1238/11

Sozialgericht Düsseldorf

Urteil vom 27.01.2015 (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Düsseldorf S 11 KR 1238/11
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 16 KR 174/15

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.741,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2011 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 6.741,73 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Vergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von 6.741,73 EUR.

Der bei der Klägerin Versicherte I1-Q L wurde in der Zeit vom 17.11.2007 bis 06.12.2007 stationär in dem von der Beklagten betriebenen, für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen (§ 108 SGB V) Krankenhaus in I2 behandelt. Die Behandlung erfolgte wegen Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems auf der Intensivstation. Die im Jahr 2007 von der Beklagten gestellte Rechnung wurde seitens der Beklagten zunächst erstattet. Die Beklagte codierte als Prozedur unter anderem den OPS-Kode 8-980*(intensivmedizinische Komplexbehandlung).

Im Zusammenhang mit einem anderen Abrechnungsfall begutachtete der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) das Haus der Beklagten in I2 am 11.12.2009. In seiner Stellungnahme vom 11.12.2009 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass die strukturellen Merkmale des OPS 8-980 Kode formal nicht erfüllt seien. Nicht in allen Fällen sei eine kontinuierliche ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation gewährleistet. Die Intensivstation sei bis zum Eintreffen des Hintergrunddienstes bzw. bis zur Rückkehr des auf der Intensivstation diensthabenden Anästhesisten, der seine Patienten kenne, dann nicht ärztlich besetzt, wenn eine Reanimation auf einer anderen Station durchgeführt werden müsse, wenn eine Notfall-Operation erfolge oder wenn ein Notfallpatient in der Notaufnahme dringend versorgt werden müsse.

Mit Schreiben vom 18.01.2010 teilte die Klägerin der Beklagten das Ergebnis der MDK-Begutachtung mit und bat um Rechnungskorrektur bereits abgerechneter Fälle. Diese Rechnungskorrektur lehnte die Beklagte ab.

Die Klägerin hat am 27.12.2011 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass aufgrund der Einschätzung des MDK hinsichtlich der strukturellen Voraussetzungen es nicht möglich sei, der Beklagten eine Vergütung für den OPS-Kode 8-980 zu gewähren. Die ständige Anwesenheit eines Arztes, die der Kode voraussetze, meine nicht, dass der auf der Intensivstation tätige Anästhesist neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses planmäßig weitere Aufgaben erfüllen müsse. So sei die Voraussetzung für die Kodierung nicht erfüllt, wenn der anwesende Arzt gleichzeitig Aufgaben an andere Stelle des Krankenhauses wahrnehmen müsse.

Die Klägerin ist ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 27.11.2014 ordnungsgemäß vom Termin der mündlichen Verhandlung benachrichtigt worden.

Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesende und nicht vertretene Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verurteilen, 6.741,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass seitens der Klägerin bereits kein schlüssiger Vortrag vorliege. So ziehe die Klägerin unzulässige Schlussfolgerungen aus der Begehung des Hauses der Beklagten im Jahre 2009. Sie könne sich insoweit nicht darauf berufen, dass diese Umstände bereits auch im Jahr 2007 vorgelegen hätten. Zudem verstoße die Klägerin gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, hier insbesondere das Beschleunigungsgebot. So liege der hier abgerechnete Fall im Jahre 2007 und eine Erstattung werde seitens der Klägerin erst im Jahr 2010 geltend gemacht. Die Klägerin habe somit gegen das Beschleunigungsgebot bei der Prüfung verstoßen. Zudem sei die Klägerin mit ihren Einwendungen bereits deshalb ausgeschlossen, da sie die Frist gemäß § 275 Abs. 1c SGB V hinsichtlich der medizinischen Prüfbarkeit von Rechnungen der Krankenhäuser nicht eingehalten habe. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte selbstverständlich die Voraussetzungen für eine intensivmedizinische Komplexbehandlung erfülle, hier insbesondere eine ständige Anwesenheit eines Arztes auf der Intensivstation gewährleistet sei. Dieses ergebe sich bereits aus den Auslegungsgrundsätzen des DIMDI zu dem streitigen OPS-Kode. Es werde im Übrigen bestritten, dass der diensthabende Anästhesist die Intensivstation im vorliegenden Fall verlassen habe. Darüber hinaus habe das DIMDI im Februar 2011 eine Klarstellung zum OPS-Kode 8-980 ergänzt. Danach heißt es u.a., dass der Arzt der Intensivstation kurzfristig zu einem Notfalleinsatz innerhalb des Krankenhauses (z.B. Reanimation) hinzugezogen werden könne.

Ferner hat die Beklagte noch zur Stützung ihres Vorbringens die Berufungsschrift zu dem Urteil der 9. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.11.2014 (Az.: S 9 KR 1240/11) vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte auch ohne Anwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden. Die Klägerin ist in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese verfahrensrechtlich zulässige Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs.1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG-).

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 6.741,73 EUR.

Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch, den die Klägerin zulässig im Wege der Leistungsklage i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG geltend macht (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2014, B 1 KR 2/13 R m.w.N.), ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl. z.B. BSGE 109, 236). Es ist der Klägerin – ungeachtet der Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit höherrangigem Recht – landesvertraglich nicht verwehrt, diesen geltend zu machen (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 1 des für Nordrhein-Westfalen geltenden Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vom 06.12.1996 in der Gestalt des Änderungsvertrages vom 19.08.1998 – Sicherstellungsvertrag -).

Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt u.a. voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 264 Nr. 3 Rdn. 15). So liegt es hier. Die Klägerin zahlte der Beklagten 6.741,73 Euro ohne Rechtsgrund. Die im Rahmen der Schlussrechnung für den Behandlungsfall I1-Q L im Jahr 2007 abgerechnete Vergütung war um diesen Betrag zu kürzen.

Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und – wie hier – iS von § 39 Abs. 1 S 2 SGB V erforderlich ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Beklagten nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschalengesetz – FPG) vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412), der Anlage 1 Teil a) KFPV 2007 (vom 13.10.2003, BGBl I 1995) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (idF durch Art 3 Nr 3 FPG und Art 13 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190).

Vorliegend hätte die Beklagte im Rahmen der Abrechnung nicht den OPS-Kode 8-980 (intensivmedizinische Komplexbehandlung) abrechnen dürfen. Hierunter fällt nach dem Wortlaut des Kodes die Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organsysteme oder kurzfristige (( 24 Stunden) Intensivbehandlung sowie die kurzfristige (( 24 Stunden) Stabilisierung von Patienten nach operativen Eingriffen. Unter den “Hinweisen” des DIMDI finden sich die Mindestmerkmale zur Kodierung dieser Prozedur. Danach müssen unter anderem folgende Mindestmerkmale kumulativ vorliegen: “(1) Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen. (2) Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein”.

Das Merkmal “ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein” ist zur Überzeugung der Kammer nicht erfüllt. Dies ergibt sich bereits aus den Auslegungsgrundsätzen des DIMDI zu dem streitigen OPS-Kode. Hiernach bedeutet ständige Anwesenheit eines Arztes, dass der Arzt ständig auf der Intensivstation anwesend sein müsse, d.h. er muss innerhalb kürzester Zeit (etwa 5 Minuten) direkt handlungsfähig am Patienten sein. So sei es zwar durchaus denkbar, dass er sich während des Dienstes auf der Station in einem Nebenraum kurz ausruhe, genauso, wie er in einem anderen Bereich der Intensivstation beschäftigt sein könne. Damit gemeint sei allerdings nicht, dass er neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben erfüllen müsse. Dies ist aber zur Überzeugung der Kammer gerade der Fall. Denn der Arzt auf der Intensivstation ist, wenn eine Reanimation auf einer anderen Station durchgeführt werden muss, wenn ein dringendes Prämedikationsgespräch im Kreissaal oder in der Ambulanz erforderlich ist, wenn eine Notsektio ansteht oder wenn ein Notfallpatient im Schockraum dringend versorgt werden muss, nicht mehr auf der Intensivstation anwesend. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass – anders als im vom Bundessozialgericht am 08.07.2013, B 3 KR 25/12 R, entschiedenen Fall, bei dem der auf der Intensivstation anwesende Arzt gleichzeitig auch noch eine andere Station zu betreuen hatte – der bei der Beklagten tätige diensthabende Arzt neben seiner eigentlichen Aufgabe auf der Intensivstation ausschließlich zu notfallartigen Behandlungen im Krankenhaus beigezogen wird. Es ist jedoch nicht gewährleistet, dass – bei Eintreten eines solchen Notfalls – innerhalb der vom DIMDI vorgegebenen fünf Minuten eine ärztliche Überwachung der auf der Intensivstation befindlichen Patienten stattfindet. Die Beklagte führt insoweit selbst aus, dass der Hintergrunddienst 15-20 Minuten benötigt, um den von dem auf der Intensivstation diensthabenden Anästhesisten übernommenen Notfall zu übernehmen. Diese Zeitspanne hält das Gericht nicht mehr für ausreichend, um das Merkmal “ständige Anwesenheit eines Arztes” zu gewährleisten. Dabei kann es auch nicht entscheidend sein, dass die von dem Anästhesisten wahrzunehmenden Aufgaben in anderen Bereichen des Krankenhauses im Monat wohl eher selten vorkommen. Vielmehr setzt die Beklagte den auf der Intensivstation tätigen Anästhesisten planmäßig in anderen Bereich – hier Notfallbereich – ein.

Auch aus der Ergänzung, die das DIMDI im Februar 2011 zur Klarstellung dieses Kodes vorgenommen hat, ergibt sich nach Auffassung der Kammer entgegen dem Vorbringen der Beklagten kein anderes Ergebnis. Denn eine Ergänzung, die im Februar 2011 vorgenommen worden ist, kann nicht rückwirkend für Behandlungsfälle gelten, die im Jahr 2007 stattgefunden haben. Insoweit haben auch die von der Beklagten vorgelegten Zeugenaussagen in der Berufungsschrift zum Urteil der 9. Kammer des SG Düsseldorf keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles, wenn dort von den Zeugen ausgeführt wird, dass aus heutiger Sicht (2011) ein Wandel bei der Auslegung des OPS-8-980 festzustellen sei.

Soweit die Beklagte ausführt, dass die Klägerin aus den Verhältnissen bei der Begehung im Jahre 2010 nicht auf die Verhältnisse im Jahr 2007 schließen können, trägt diese Begründung nicht. Zum einen hat die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst keine anderen Umstände vorgetragen, die andere Verhältnisse im Jahr 2007 rechtfertigen würden. Zum anderen wäre insoweit die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass sich die Verhältnisse im Jahr 2007 zu denen im Jahr 2010 verändert haben. Das Gericht geht insoweit von einer Beweislastumkehr aus, da die Klägerin aufgrund der Begehung im Jahr 2010 substantiierte Tatsachen vorgetragen hat, die nicht durch einfaches Bestreiten seitens der Beklagte widerlegt werden. Allein die Beklagte ist in der Lage, die Verhältnisse in ihrem Krankenhaus im Jahr 2007 darzustellen.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin eine Einzelfallprüfung der Abrechnung durch den MDK innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1c SGB V hätte einleiten müssen. Die Klägerin ist deshalb mit ihren Einwendungen gegen die erfolgte Abrechnung des Behandlungsfalls nicht ausgeschlossen. Denn wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 18.07.2013, B 3 KR 25/12 R, Rdn. 21, festgestellt hat, ist die Frage, ob in einem Krankenhaus die ständige ärztliche Anwesenheit im oben dargestellten Sinne gewährleistet ist, als strukturelle Abrechnungsvoraussetzung des Kodes 8-980 unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall aufgrund der allgemeinen Organisation und Dienststruktur des Krankenhaues zu beurteilen. Es geht also nicht um eine medizinische Sachfrage des konkreten Einzelfalls, zu deren Klärung der MDK einzuschalten ist.

Der Anspruch der Klägerin ist schließlich nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG Urteil vom 12.11.2013 – B 1 KR 56/12 R – Juris RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 264 Nr 4 vorgesehen; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN), etwa wenn eine Nachforderung eines Krankenhauses nach vorbehaltlos erteilter Schlussrechnung außerhalb des laufenden Haushaltsjahres der Krankenkasse erfolgt (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27). Ein solcher Fall liegt indes nicht vor.

Die Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Sie setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden “besonderen Umstände” liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (stRspr; vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37; BSGE 109, 22 = SozR 4-2400 § 7 Nr 14, RdNr 36; BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 31; BSG SozR 4-2600 § 243 Nr 4 RdNr 36; BSG SozR 4-4200 § 37 Nr 1 RdNr 17; BSG SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 13; BSG Urteil vom 30.7.1997 – 5 RJ 64/95 – Juris RdNr 27; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f; BSG Urteil vom 1.4.1993 – 1 RK 16/92 – FEVS 44, 478, 483 = Juris RdNr 23; BSG SozR 2200 § 520 Nr 3 S 7; BSG Urteil vom 29.7.1982 – 10 RAr 11/81 – Juris RdNr 15; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSG Urteil vom 25.1.1972 – 9 RV 238/71 – Juris RdNr 17; vgl auch Hauck, Vertrauensschutz in der Rechtsprechung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, in Brand/Lembke (Hrsg), Der CGZP-Beschluss des Bundesarbeitsgerichts, 2012, S 147 ff, 167 f).

An solchen die Verwirkung auslösenden Umständen fehlt es vorliegend. Es gab keine Vereinbarung zwischen den Beteiligten, die die Geltendmachung des Erstattungsanpruchs ausschloss. Aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechnung ohne Erklärung eines Vorbehaltes zahlte, ergibt sich nichts anderes. § 15 Abs. 1 Satz 1 des Sicherstellungsvertrages schreibt ein Begleichen der Rechnung innerhalb von 15 Kalendertagen vor. Nach § 15 Abs. 4 des Sicherstellungsvertrages können Beanstandungen auch noch nach der Bezahlung geltend gemacht werden. Die Regelung fordert keine vorausgegangene Beanstandung oder die Erklärung eines Vorbehalts bei der Zahlung.

Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 01.07.2014, B 1 KR 2/13 R, entschieden, dass allein der bloße Zeitablauf kein die Verwirkung begründendes Verhalten darstelle. Der Umstand, dass die Klägerin bis kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit der Geltendmachung ihrer Forderung gewartet hat, genügt deshalb nicht. Hierdurch unterscheidet sich die Verwirkung von der Verjährung (s ferner ergänzend zu den bereits oben genannten Entscheidungen BSGE 51, 260, 262 = SozR 2200 § 730 Nr 2 S 4; BSG Urteil vom 30.10.1969 – 8 RV 53/68 – USK 6983 S 345 = Juris RdNr 23; BSGE 38, 187, 194 = SozR 2200 § 664 Nr 1 S 9; BSGE 34, 211, 214 = SozR Nr 14 zu § 242 BGB; BSGE 7, 199, 200 f; vgl auch BGH NJW 2011, 445, 446). Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen in Ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (vgl BSG Urteil vom 19.6.1980 – 7 RAr 14/79 – USK 80292 S 1312 = Juris RdNr 32; BSGE 47, 194, 197 f = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55). Dafür gibt der vorliegende Sachverhalt jedoch keine Anhaltspunkte.

Die Klägerin hat Anspruch auf Prozesszinsen auf den Erstattungsbetrag ab dem Tag der Rechtshängigkeit, hier 27.12.2011. Für die Rechtsbeziehung der Krankenkassen zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in den Verträgen nach § 112 SGB V etwas anderes geregelt ist. Die sinngemäße Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 3 Sicherstellungsvertrag entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2014, B 1 KR 2/13 R).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3 GKG.