Sozialgericht Duisburg S 31 KR 696/11

 

Kernpunkt:

  • Wenn eine Herzinsuffizienz zur Aufnahme führt, diese aber durch Überwässerung durch Verschlechterung der Funktion eines Nierentransplantates entstanden ist, ist die Verschlechterung der Funktion des Nierentransplantates (T86.10) Hauptdiagnose.

 

 

Sozialgericht Duisburg

Urteil vom 19.08.2015

Sozialgericht Duisburg S 31 KR 696/11
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 674/15

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 25.687,32 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die für eine stationäre Behandlung maßgebliche Hauptdiagnose und den daraus resultierenden Rechnungsbetrag.

Entsprechend dem Arztbrief der Beklagten vom 20.01.2011 ist die bei der Klägerin Versicherte Frau A. St. seit Jahrzehnten bei Zustand nach Nierentransplantation im Jahr 1989 und im Vorfeld bestehender Dialysepflichtigkeit in der Klinik und Nephrologischen Ambulanz der Beklagten bekannt.

Am 10.11.2010 wies der die Versicherte in der nephrologischen Ambulanz der Beklagten behandelnde Arzt diese zur stationären Behandlung ein. Die Aufnahme erfolgte wegen Dyspnoe bei kardiopulmonaler Dekompensation und COPD-Exazerbation bei bekannter chronischer Transplantatniereninsuffizienz im Stadium III. Seit 4 Wochen bestünden zunehmend bronchitische Beschwerden, seit einer Woche zunehmende Ödeme an den Beinen, zunehmende Dyspnoe, am Aufnahmetag Orthopnoe, seit drei Tagen wenig zähes, gelbliches Sputum. Nachdem zunächst erfolglos versucht worden war, die bei der Versicherten aufgetretene Überwässerung durch eine konservative, medikamentöse Therapie mit forcierter Diurese zu behandeln, wurde zwischen dem 21.11.2010 und dem 21.12.2010 eine Hämodialysebehandlung eingeleitet. Im Zeitpunkt der Aufnahme hatte die Versicherte mehr als 94 kg gewogen, nach Durchführung der Hämodialysebehandlung betrug ihr Gewicht zwischenzeitlich 69 kg, im Zeitpunkt der Entlassung am 17.01.2011wieder 77 kg.

Mit Schlussrechnung vom 26.01.2011 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin einen Gesamtbetrag in Höhe von 45.484,39 Euro für die stationäre Behandlung der Versicherten im Zeitraum 10.11.2010 – 17.01.2011 geltend, wobei als Hauptdiagnose T86.11 (Chronische Funktionsverschlechterung eines Nierentransplantates) und als DRG L36Z (Intensivmedizinische Komplexbehandlung ) 552 Aufwandspunkte bei Krankheiten und Störungen der Harnorgane) ausgewiesen wurden. Die Klägerin überwies den Rechnungsbetrag zunächst vollständig mit Zahlungsziel 10.02.2011 an die Beklagte.

Der von Seiten der Klägerin beauftragte Medizinische Dienst der Krankenkassen kam in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 20.06.2011 zu dem Ergebnis, dass als Hauptdiagnose nicht T86.11, sondern I50.14 (Linksherzinsuffizienz: mit Beschwerden in Ruhe) und daraus folgend die DRG F62A (Herzinsuffizienz und Schock mit äußerst scheren CC, mit Dialyse oder Reanimation oder komplizierender Diagnose) zum Ansatz hätten gebracht werden müssen. Mit Schreiben vom 27.06.2011 forderte die Klägerin den sich aus der Änderung der DRG L36Z in die DRG F62A ergebenen Differenzbetrag in Höhe von 25.687,45 Euro von der Beklagten zurück.

Die Klägerin hat am 27.10.2011 Klage erhoben.
Sie hält die Kodierung der Hauptdiagnose mit I50.14 Linksherzinsuffzienz mit Beschwerden in Ruhe für zutreffend und sieht sich durch die Patientenakte der Beklagten bestätigt. Der Großteil der insgesamt 14 Entlassungsberichte würde die Linksherzinsuffizienz als Hauptdiagnose ansehen. Die Nierenproblematik sei auf dem Aufnahmebogen nicht erwähnt, die Aufnahme sei auf der Nephrologie erfolgt, da die Versicherte mit Nierentransplantat als Risikopatientin zu sehen sei. Im EKG vom 10.11. sei das Herz linksbetont vergrößert und es liege eine periphere Lungenstauung vor. Der Kreatinwert von 1,20 sowie der nur mäßig erhöhte Harnwert stütze die Aussage des MDKs. Es sei davon auszugehen, dass die Behandlung der Herzinsuffizienz im Vordergrund gestanden habe. Wie von Seiten des MDK begründet, hätte eine Transplantatverschlechterung keinen so langwierigen komplizierten Verlauf begründet. Der gesamte Verlauf mit Ödemen, Dialysen und erneute Gewichtszunahme sei typisch für eine dekompensierte Herzinsuffizienz. Eine Herzinsuffizienz auf dem Boden einer Niereninsuffizienz sei nicht plausibel. Sicherlich habe eine Verschlechterung des Transplantates vorgelegen, welches die Therapie der Herzinsuffizienz erschwert habe. Es sei jedoch unzulässig eine Kausalkette zu bilden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, für die Behandlung der Frau A. St. in der Zeit vom 10.11.2010 bis 17.01.2011 25.687,32 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.08.2011 zurückzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie geht davon aus, das die kardiale Dekompensation der Patientin nicht Ursache, sondern Auswirkung der vorgängigen chronischen Transplantatfunktionsverschlechterung gewesen sei. Wäre die Transplantatniere funktionstüchtig gewesen, wäre eine adäquate Entwässerung der Patientin mittels medikamentöser Behandlung mit Diuretika möglich gewesen. Tatsächlich sei die Entwässerung jedoch erst nach Einleitung der Dialysetherapie gelungen. Ohne die zugrundeliegende chronische Transplantatniereninsuffizienz wäre die anschließend festgestellte kardiale Insuffizienz überhaupt nicht zum Tragen gekommen. Die Versicherte habe an einer schweren Überwässerung gelitten, welche erst die Symptome einer massiven kardiopulmonalen Dekompensation verursacht habe. Die Überwässerung ihrerseits sei wiederum Folge der verminderten Diurese über die Transplantatniere gewesen. Die Versicherte hätte zum Zeitpunkt der Aufnahme ein dekompensiertes chronisches renokardiales Syndrom Typ IV und eine Stauungspneumonie, alles auf Grundlage einer progredienten chronischen Transplantatniereninsuffizienz gehabt, welches die Kodierung der Hauptdiagnose T 86.11 rechtfertige. Hilfsweise wären in rechtlicher Hinsicht beide Diagnosen gleichermaßen als Hauptdiagnose anzusehen.

Das Gericht hat zur Frage der zutreffend zu kodierenden Hauptdiagnose ein Gutachten des Sachverständigen Herr Dr. W. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 22.05.2012 anhand der seit 31.03.2010 bis 08.01.2011 vorliegenden Kreatininwerten, Harnstoffwerten, der GFR–Wert (glomeruläre Filtrationsrate) sowie der notierten Urinmengen dargelegt, dass zunächst die Nierenfunktion im Vergleich zu den Vorbefunden aus der ambulanten Transplantationsnachsorge stabil gewesen sei. Erst nach Abschluss der primären intensivmedizinischen Behandlung im Zeitraum 10.11. bis 18.11.2010 habe sich nach einer forcierten Diurese mit Negativ-Bilanzierung bei ausreichender Ausscheidung im weiteren Verlauf nach Verlegung auf die Normalstation eine zunehmende Verschlechterung der Nierenfunktion mit Reduktion der Urinmenge pro 24 Stunden ergeben. Die im Verlauf zunehmende Verschlechterung der Nierenfunktion und der Ausscheidungsmenge habe die erneute intensivmedizinische Behandlung ab dem 22.11.2010 veranlasst. Zunächst habe die kardiopulmonale Dekompensation bei im Aufnahmezeitpunkt noch unverändert stabiler Transplantatniereninsuffizienz im Vordergrund gestanden. Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz wurden medizinisch einen komplexen bidirektionalen Pathomechanismus bilden, bei dem akute und/oder chronische Einschränkungen eines Organsystems das jeweils andere ungünstig beeinflusse. Als Hauptdiagnose sei I50.14 (Linksherzinsuffizienz: Mit Beschwerden in Ruhe) zu wählen.

Nachdem die Beklagte unter anderem darauf verwiesen hat, dass die durchgeführte Therapie final auf die Nieren ausgerichtet gewesen sei und nicht auf das kardiale Geschehen hat der Sachverständige nochmals betont, dass erst nach Abschluss der primären intensivmedizinischen Behandlung im Zeitraum 10.11. bis 18.11.2010 eine zunehmende Verschlechterung der Nierenfunktion mit Reduktion der Urinmenge pro 24 Stunden die zweite Verlegung auf die Intensivstation am 22.11.2010 begründet habe. Nach Verlegung auf die Normalstation sei es nach dem 18.11.2010 zu einer Verschlechterung der kardiopulmonalen Situation, vor allem nunmehr begleitet von einer weitergehenden Einschränkung der vorbestehenden Niereninsuffizienz mit insbesondere Harnstoffanstieg und Reduktion der Urinausscheidung gekommen. Dies spiegele auch der 2. Verlegungsbericht der Intensivmedizinischen Behandlungsperiode vom 22.11.2010 bis 30.11.2010 wieder, welcher als Diagnose eine akute Funktionsverschlechterung des Nierentransplantates (NTx) bei Low Output Syndrom und Diuretika Therapie nennt. Auf konkrete Fragestellung der Beklagten hat der Sachverständige in seiner zweiten ergänzenden Stellungnahme vom 17.06.2013 unter anderem ausgeführt, dass die Nierenfunktion, welche durch die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) abgebildet werde, erst zu einem Anstieg des Serumkreatinins führe, wenn die GFR um mehr als die Hälfte gemindert sei. Dies bedeute, dass bei einer Einschränkung der Nierenfunktion bis zu 50 % kein Anstieg des Serumkreatinins auftrete. Es könnten in weiten Bereichen Verschlechterungen der Nierenfunktion eintreten, die nicht mit einem Anstieg des Serumkreatinins verknüpft seien. Bei Frau St. hätte eine Erhöhung des Serumkreatinins, somit eine Reduktion der glomerulären Filtrationsrate um mehr als 50 % vor Beginn der stationären Behandlung bereits vorgelegen. Insofern hätten zunächst stabil erhöhte Werte des Serumkreatinins im benannten Behandlungsfall vorgelegen, so dass von einer stabil eingeschränkten Nierenfunktion auszugehen sei.

Der bei der Beklagten angestellte Oberarzt Herr V. hat in einer Stellungnahme vom 11.10.2013 die Auffassung vertreten, dass das Transplantatnierenversagen im vorliegenden Fall Hauptdiagnose sei, da diese die Herzinsuffizienz (und Exzerbation der COPD) erst ermöglicht habe bzw. letztere Folge der durch das progrediente Transplantatversagen entstandene Überwässerung gewesen sei. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die gemessenen Werte, etwa die glomuläre Filtrationsrate auch bei einer tatsächlichen Funktionsverschlechterung der Niere zunächst stabil bleiben würden, da niereneigene Ausgleichsmechanismen, die zu einer Hyperfiltration der noch funktionsfähigen Nephrone führen, zu einer “scheinbaren” Verbesserung der Nierenfunktion führen würden. Zudem werde durch ein vermehrtes Flüssigkeitsangebot wie bei einer Überwässerung eine vermehrte Diurese mit Auswascheffet induziert. Auch die durch Diuretika erhöhte Diurese führe zu einem vermehrten Spüleffekt, welcher die Nierenwerte “schönen” würde. Bei erhöhtem Volumenhaushalt seien die gemessenen Serumspiegel zudem verdünnt und würden niedriger bestimmt. Die Nierenfunktion sei erst bei Normalisierung des Volumenhaushaltes und des Volumendurchsatzes exakt zu bestimmen. Des Weiteren sieht Herr Vogelbusch die bereits seit dem 10.10.2010 bestehende Verschlechterung der Nierenfunktion auch durch die berechenbaren Werte des Kreatinin-Clearance bestätigt. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass die Versicherte bereits zu Beginn des stationären Aufenthaltes die Höchstdosen an Diuretika in intravenöser Form brauchte, um eine halbwegs adäquate Diurese zu erzielen. Eine solche Diuretikaresistenz lasse sich vorliegend nur durch eine fortgeschrittene akute oder chronische Niereninsuffizienz erklären. Eine ursächliche Herzerkrankung, die zu einer Herzinsuffizienz hätte führen können, lege bei der Versicherten nicht vor. Die Versicherte habe – so Herr V. – entsprechend des echokardiographischen Befundes vom 23.11.2010 wohl eine Herzhypertrophie mit Verdickung der Herzwände aufgrund einer Hochdruckschädigung des Herzens. Letztlich sei das Ausmaß der Überwässerung der Patientin, welche im Verlauf des stationären Aufenthaltes ca. 25 kg verlor, mit der vorliegenden kardialen Erkrankung allein nicht erklärbar. Auch sei es nicht plausibel, dass sich das Ausmaß der Herzinsuffizienz bei einer zugrundeliegenden Herzerkrankung bessert, die bereits bei überhöhtem Volumenhaushalt akut dekompensiert war, wenn noch weiter erheblich Volumen hinzukommt. Hier seien andere Mechanismen zu fordern, als die kardiale Erkrankung als Ursache der Überwässerung. Erst nach langsamem kontinuierlichem Volumenentzug habe sich die kardiale Situation wirklich gebessert und die kardiale Insuffizienz sei komplett verschwunden. Die Überwässerung sei nicht die Folge der Herzinsuffizienz, sondern die Ursache der Herzinsuffizienz sei Folge der Niereninsuffizienz. Ohne die progrediente Niereninsuffizienz wäre es nicht zur Manifestation der Herzinsuffizienz gekommen. Im Zeitpunkt der Aufnahme der Versicherten habe das Bild der kardialen Dekompensation im Vordergrund gestanden. Im Hinblick auf die Kodierrichtlinien seien aber sehr wohl die pathophysiologischen Zusammenhänge relevant.

Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. W. blieb in seiner abschließenden Stellungnahme vom 04.01.2014 bei seiner Auffassung, dass die von Herrn V. dargestellte Nierenfunktionsstörung zu Beginn der stationären Behandlung nicht dokumentiert sei. Im Rahmen der Kodierung der Hauptdiagnose dürften nicht pathophysiologische Zusammenhänge der Ätiologie in Bezug auf eine zugrunde liegende Krankheit perpetuiert werden. In dem vorliegenden Behandlungsfall sei die bei Aufnahme bestehende kardiopulmonale Dekompensation nicht als Symtom der Niereninsuffizienz zu verstehen, sondern vielmehr als ein eigenständiges Krankheitsbild, auf das gleichwohl die Niereninsuffizienz Einfluss habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Klägerin und die Patientenakte der Beklagten Bezug genommen. Alle Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als “echte” Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei der vorliegend begehrten Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Vergütung handelt es sich um einen sogenannten Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R mwN).

Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat zu Recht den von der Beklagten in Ansatz gebrachten Rechnungsbetrag vollumfänglich in Höhe von 45.484,39 Euro ausgeglichen. Ein Anspruch auf Rückerstattung besteht nicht.

Der von der Klägerin geltend gemachte und seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (st. Rspr., so schon BSG Urteil vom 30.01.1962, 2 RU 219/59). Die Klägerin hatte der Beklagten 45.484,39 Euro als Vergütung für die stationäre Behandlung der Frau A. St.im Zeitraum 10.11.2010 bis 17.01.2011 überwiesen. Diese Zahlung erfolgte nicht ohne Rechtsgrund, denn die Beklagte hatte Anspruch auf Zahlung dieser Behandlungskosten durch die Klägerin.

Rechtsgrundlage der von der Beklagten mit Rechnungsdatum vom 26.01.2011 geltend gemachten Forderung ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgeltG und § 17b KHFG, die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2010 und die von den Vertragsparteien auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2010.

Vorliegend ist die Grundvoraussetzung eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung unstreitig erfüllt. Streitig ist allein, welche Hauptdiagnose die Beklagte unter Berücksichtigung der Kodierrichtlinien zur Ermittlung der abrechenbaren DRG (Diagnoses Related Groups) kodieren durfte.

Gemäß Punkt D 002 f der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten ist Hauptdiagnose definiert als “die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist”. Der Begriff “nach Analyse” bezeichnet die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des statioinäre Krankenhausaufenthaltes war. Die nach Analyse festgestellte Hauptdiagnose muss nicht der Aufnahmediagnose oder Einweisungsdiagnose entsprechen (vgl. mit Auslassungen D 002f DKR).

Die Kammer hat vorliegend keinen Zweifel daran, dass vorliegend zu Recht als Hauptdiagnose die chronische Funktionsverschlechterung eines Nierentransplantates (T86.11) kodiert wurde. Die Nierenfunktionsverschlechterung lässt sich nach Auffassung des Gerichts unschwer im Sinne der Kodierrichtlinien als diejenige Diagnose feststellen, welche hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes von Frau St.verantwortlich war.

Am 10.11.2010 lag bei der Versicherten eine nach Überzeugung der Kammer durch die Niereninsuffizienz verursachte massive Überwässerung vor, die ihrerseits eine Kardiopulmonale Dekompensation auslöste. Die Kammer schließt sich damit bezüglich der Kausalitätsfolge – erst Nierenfunktionsverschlechterung, dann Überwässerung, dann Kardiopulmonale Dekompensation – den in sich schlüssigen Ausführungen des Arztes Herrn V. an und lehnt die gutachterliche Sichtweise von Herrn Dr. W. – erst Herzinsuffizienz, dann Überwässerung, dann Nierenfunktionsverschlechterung – ab. Dr. W. hat zwar schlüssig dargestellt, dass es sich bei einer Herzinsuffizienz und einer Niereninsuffizienz um zwei unterschiedliche, eigenständige Krankheitsbilder handelt, die sich lediglich gegenseitig beeinflussen. In Abweichung zu den Ausführungen von Dr. W. hält es die Kammer jedoch für nachgewiesen, dass tatsächlich bereits zu Beginn des stationären Aufenthaltes am 10.11.2010 die Nierenfunktionsverschlechterung die auftretenden Wassereinlagerungen verursachte. Herr Oberarzt V. hat in seiner Stellungnahme vom 11.10.2013 auch für Laien nachvollziehbar dargestellt, dass Faktoren wie ein deutlich erhöhter Volumenhaushalt und die Einnahme von Diuretika zu einer Verfälschung, nämlich zu einer “Schönung” der gemessenen Nierenfunktionswerte führt. Die zu Beginn des Krankenhausaufenthaltes gemessenen Werte hätten demnach gerade nicht im Vergleich zu den vorausgegangenen Monaten gleichbleiben dürfen, sie hätten angesichts der deutlichen Überwässerung der Versicherten und der Einnahme höchstdosierter Diuretika besser sein müssen, um eine gleichbleibend (schlechte) Nierenfunktion widerzuspiegeln. Herr Dr. W. hat diese Ausführungen nicht kommentiert, insbesondere nicht in Zweifel gezogen. Darüber hinaus hat Herr V. ebenfalls nachvollziehbar auf die Ausgleichsmechanismen der Nieren hingewiesen, die trotz faktischer Funktionsverschlechterung über einen gewissen Zeitraum konstante Nierenwerte aufrechterhalten. Auch dies wurde von Herrn Dr. W. nicht in Abrede gestellt. Ebenfalls unkommentiert blieb die Aussage von Herrn Vogelbusch, dass die bei der Versicherten gegebene Diuretikaresistenz sich vorliegend ausschließlich durch eine fortgeschrittene akute oder chronische Niereninsuffizienz erklären ließe. Herr V. hat auch ausgeführt, dass eine ursächliche Herzerkrankung, die zu einer Herzinsuffizienz hätte führen können, vorliegend nicht ersichtlich sei. Es liege vielmehr – insofern stimmt Dr. W. zu – eine Hochdruckschädigung des Herzens vor. Herr V. hat zudem nachvollziehbar ausgeführt, dass das Ausmaß der Überwässerung (ca. 25 kg) nicht durch eine Herzinsuffizienz zu erklären sei und es zudem nicht plausibel erscheine, dass die Herzerkrankung sich bessert, obwohl die durch sie angeblich verursachte Überwässerung zunimmt. Herr Dr. W. hat seine Auffassung maßgeblich mit einer aus seiner Sicht unzureichenden Dokumentation im Rahmen der Patientenakte begründet, welche eine akute Nierenfunktionsverschlechterung erst deutlich nach stationärer Aufnahme der Versicherten erkennen ließe. Tatsächlich hält die Kammer es insoweit für schwierig, die zwischen dem Gutachter Dr. W. und dem Oberarzt der Beklagten Herr V. geführte Diskussion um die Ableitbarkeit und Aussagekraft von Nierenfunktionsparametern nachzuvollziehen. Dem gegenüber ist jedoch nach Auffassung der Kammer sehr gut nachzuvollziehen, dass zu Beginn des stationären Aufenthaltes angesichts der Überwässerung und der Einnahme der Diuretika im Vergleich zu den letzten Monaten bei gleichbleibend (schlechter) Nierenfunktion bessere Werte hätten ermittelt werden müssen. Ebenfalls erscheint es plausibel, dass niereneigene Ausgleichmechanismen die gemessenen Werte trotz faktischer Verschlechterung eine Zeitlang konstant halten. Letztlich erscheint es auch dem Gericht nicht nachvollziehbar, dass eine Herzinsuffizienz, in deren Folge eine Überwässerung eintritt, sich bessert, während die Überwässerung noch weiter ansteigt. Hier scheint es tatsächlich schlüssig von einer Überwässerung infolge einer Nierenfunktionsverschlechterung auszugehen. Lag jedoch eine progredierende Nierenfunktionsverschlechterung zu Beginn der stationären Behandlung vor, die letztlich die Herzinsuffizienz verursachte und zudem maßgeblicher Ansatzpunkt der Behandlung war, sieht die Kammer keinen Grund, warum diese nicht als Hauptdiagnose kodiert werden könnte. Allein das Argument, eine Herzinsuffizienz sei ein eigenständiges Krankheitsbild überzeugt nach Auffassung der Kammer nicht, zumal die maßgebliche Begleiterscheinung der Überwässerung wie von Herrn Vogelbusch schlüssig dargelegt, der Niereninsuffizienz und nicht der Herzinsuffizienz zuzuschreiben ist. Die Kammer sieht sich hier auch nicht im Widerspruch zu der Forderung einer streng am Wortlaut orientierten Auslegung der Kodierrichtlinien (vgl. BSG Urteil vom 21.04.2015, B 1 KR 9/15 R). Die Formulierungen in den Allgemeinen Kodierrichtlinien zur Hauptdiagnose (PD002f) “nach Analyse” werden in den Kodierrichtlinien gerade dahingehend erläutert, dass es sich um eine Befundevaluation am Ende des stationären Aufenthaltes handelt. Das Gericht sieht sich dementsprechend im Einklang mit den Kodierrichtlinien, wenn in rückschauender Betrachtungsweise die bereits am Tag der stationären Aufnahme vorliegende Niereninsuffizienz als maßgebliche Ursache der Überwässerung, der Herzinsuffizienz und damit letztlich auch des stationären Aufenthaltes gewertet wird.

Die Beklagte hat dementsprechend zu Recht als Hauptdiagnose chronische Funktionsverschlechterung eines Nierentransplantates (T86.11) kodiert und im Rahmen des Grouping-Ergebnisses die DRG L36Z (Intensivmedizinische Komplexbehandlung ) 552 Aufwandspunkte bei Krankheiten und Störungen der Harnwege) angesetzt. Die Klägerin hat zu Recht die von der Beklagten gestellte Rechnung in voller Höhe ausgeglichen. Eine ungerechtfertigte Bereicherung liegt nicht vor. Ein Anspruch auf Rückforderung eines Teilbetrages ist entsprechend obiger Ausführungen zu verneinen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 3 GKG in Höhe der eingeklagten Geldsumme festgesetzt.