Sozialgericht Duisburg S 9 KR 195/97

Sozialgericht Duisburg

Urteil vom 21.01.2000 (rechtskräftig)

  • Sozialgericht Duisburg S 9 KR 195/97

 

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin die in der Zeit vom 22.12.1995 bis zum 09.05.1996 angefallenen Kosten für die stationäre Behandlung des bei der Beklagten versicherten Beigeladenen in der Lungenfachklinik in Q zu erstatten hat.

Der am 11.09.1932 geborene Beigeladene leidet seit 1990 an einer Tuberkulose, die in der Vergangenheit bereits 8 x stationär behandelt werden musste. Die Reaktivierung der Tuberkuloseerkrankung war jeweils auf die unregelmäßige Medikamenteneinnahme während der Nachbehandlungsphase zurückzuführen. Darüber hinaus besteht bei dem Beigeladenen eine Alkoholkrankheit.

Nachdem bei dem Beigeladenen wiederum eine offene Tuberkulose festgestellt worden war, verfügte das Amtsgericht Duisburg/Ruhrort mit Beschluss vom 20.11.1995 (Az: 11 XIV 1484 nach Maßgabe der Vorschriften des Freiheitsentziehungsgesetzes in Verbindung mit dem Bundesseuchengesetz die zwangsweise Einweisung des Beigeladenen in das Bezirkskrankenhaus Q I, Fachklinik für Lungen- und Bronchialheilkunde, sowie die Unterbringung auf der geschlossenen Abteilung der Tuberkulosestation. Der Beigeladene wurde mittels Seuchenwagen dorthin verbracht und am 22.12.1995 aufgenommen. Die Entlassung erfolgte am 09.05.1996.

Unter dem 27.12.1995 zeigte der Verwaltungsleiter des Bezirkskrankenhauses Q I der Beklagten die Aufnahme des Beigeladenen an und beantragte die Kostenübernahme. Die Klägerin erteilte eine vorläufige Kostenzusage bis zum 21.01.1996. Mit Schreiben vom 01.02.1996 meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach Maßgabe der §§ 102 ff des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – SGB X – an, den sie in der Folgezeit in den Schreiben vom 12.06. und 11.07.1996 auf insgesamt 54.993,10 DM bezifferte. Sie wies darauf hin, dass der Beigeladene als chronischer Alkoholiker zu dem Personenkreis gehöre, bei dem eine Tuberkuloseerkrankung nur stationär behandelt werden könne.

Die Beklagte teilte dem Bezirkskrankenhaus Q I im Schreiben vom 07.03.1996 mit, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei, da der stationäre Aufenthalt des Beigeladenen vornehmlich der Isolierung diene. Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung beurteile sich dagegen allein nach medizinischen Gesichtspunkten. Sie hänge davon ab, ob die angezeigte Behandlung ausschließlich mit den Mitteln und Einrichtungen eines Krankenhauses durchgeführt werden müsse. Eine Tuberkulose brauche dem Grunde nach nicht klinisch behandelt zu werden. Da der Freiheitsentziehungsbeschluss sich auf das Bundesseuchengesetz stütze, weil der Beigeladene wegen der Infektiosität ein Risiko für die Öffentlichkeit darstelle, handele es sich im vorliegenden Fall um eine Absonderung entsprechend den Vorschriften des Bundesseuchengesetzes. Die Kosten für die Durchführung solcher Schutzmassnahmen seien aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten, soweit nicht anderweitige gesetzliche Vorschriften Dritte zur Kostenübernahme verpflichteten. Als Dritte in diesem Sinne gälten die Krankenkassen aber nur, wenn die versicherungsrechtlichen und medizinischen Voraussetzungen zur Leistungsgewährung erfüllt seien. Dies treffe hier wegen der dem Grunde nach ambulant möglichen Behandlung nicht zu. Die Beklagte zog ärztliche Zwischenberichte des Bezirkskrankenhauses Q I vom 24.01., 29.02. und 11.04.1996 bei, worin über den Behandlungsverlauf einer fakultativ offenen, reaktivierten Lungentuberkulose bei Zustand nach Oberlappenresektion rechts im August 1995 berichtet wird. Als weitere Diagnosen sind angegeben: chronisches Lungenemphysem, beidseits Karotisstenose mit vertebragenem Schwindel, Zustand nach Magenoperation (Billroth II), chronischer Nikotinabusus. Des weiteren wird eine bei Zugang erfolgte Behandlung mit Distraneurin in absteigender Dosierung mitgeteilt. Eine Entlassung in ambulante Behandlung wurde wegen der bestehenden Ansteckungsgefahr verneint. In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 28.03.1996 führte der ärztliche Direktor des Bezirkskrankenhauses Q I Dr. N ua aus: In Anbetracht der vorliegenden Begleiterkrankungen und der in der Vergangenheit wiederholten Reaktivierungen der Lungentuberkulose sei aus ihrer Sicht die jetzige stationäre Behandlung des Beigeladenen durchaus notwendig zur Gewährleistung der regelmäßigen, kontrollierten Tabletteneinnahme, der Beseitigung einer möglichen Ansteckungsfähigkeit und somit zur Vermeidung der Erkrankung Dritter. In ihrer Stellungnahme vom 09.01.1996 führte die Internistin Frau Dr. K vom Gesundheitsamt der Stadt E aus, da eine Behandlung in einer geschlossenen Abteilung eine letzte Chance zur Ausheilung der Tuberkulose sei, habe sie die Unterbringung des Beigeladenen im Bezirkskrankenhaus Q I beantragt. Die Beklagte holte zur Frage der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung eine gutachterliche Stellungnahme von Frau Dr. L vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung – MDK – Nordrhein ein, die in ihrem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 24.04.19997 in Kenntnis der Krankenakte des Beigeladenen ua darlegte: Der Beigeladene habe bei Aufnahme offenbar keine besonderen Beschwerden geklagt; er habe sich in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand befunden: die körperliche Untersuchung habe keine wesentlichen auffälligen Befunde ergeben, die eine stationäre Behandlung des Beigeladenen medizinisch begründen könnten. Nach der stationären Aufnahme sei eine Entziehungstherapie mit Distraneurin in absteigender Dosierung durchgeführt worden. Ohne dass der Beigeladene subjektiv offenbar unter besonderen Krankheitssymptomen gelitten habe und ohne dass bei stationärer Aufnahme wesentliche stationär behandlungsbedürftige Krankheitserscheinungen objektivierbar gewesen seien, sei die Einweisung zu stationärer Aufnahme aufgrund eines Freiheitsentziehungsbeschlusses zur Absonderung wegen bestehender Ansteckungsgefahr erfolgt. Dass diese Gefahr konkret bestanden habe, hätten der bisherige Krankheitsverlauf und das Verhalten des Beigeladenen gezeigt. Hätte sich der Beigeladene an die gegebene Auflage der regelmäßigen Vorstellung beim zuständigen Gesundheitsamt gehalten und wäre von einer regelmäßigen, konsequenten Medikamenteneinnahme auszugehen gewesen, wäre eine stationäre Unterbringung des Beigeladenen aufgrund seines Gesundheitszustandes medizinisch nicht erforderlich gewesen. Auch sei nicht erkennbar, dass die erforderliche medikamentöse Therapie nur unter stationärer Überwachung erfolgen konnte wegen einer besonders schweren Beeinträchtigung der befallenen Organe durch die Tuberkulose selbst bzw. wegen bestehender Zweiterkrankungen oder zu befürchtender unter ambulanten Bedingungen nicht beherrschbarer Nebenwirkungen der Therapie. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen sei davon auszugehen, dass die stationäre Unterbringung des Beigeladenen allein aus seuchenhygienischen Gründen stattgefunden habe. Gleichzeitig habe hierdurch die regelmäßige kontrollierte Tabletteneinnahme sichergestellt werden können.

Im Schreiben an die Klägerin vom 28.08.1997 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung unter Hinweis auf das Ergebnis der Begutachtung durch den MDK ab.

Die Klägerin hat am 10.12.1997 Klage erhoben, mit der sie an ihrem Erstattungsanspruch festhält. Im Klageverfahren macht sie geltend: Die stationäre Behandlung des Beigeladenen sei medizinisch notwendig gewesen, weil die Tuberkuloseerkrankung aufgrund der gleichzeitig vorliegenden Alkoholabhängigkeit nur im Rahmen eines stationären Aufenthaltes habe behandelt werden können. Insoweit sei eine ärztliche Beaufsichtigung rund um die Uhr erforderlich gewesen, zumal die zur Behandlung einer offenen Tuberkulose notwendigen Medikamente gesundheitsschädigende Auswirkungen im Zusammenhang mit der Alkoholkrankheit hervorriefen. Die ständige ärztliche Überwachung sei nur durch einen stationären Krankenhausaufenthalt zu gewährleisten. Insoweit stellten sich die stationären Maßnahmen als Heilbehandlung dar, für die die Beklagte leistungspflichtig sei. Wegen der erheblichen Zweiterkrankungen seien die besonderen Mittel eines Krankenhauses benötigt worden, um die Erkrankung zu heilen. Die Klägerin hat eine Stellungnahme von Frau Dr. K vom 24.06.1997 beigefügt, in der sie ausführt: Die Ursache der jeweiligen Rückfälle sei die Folge der unregelmäßigen Medikamenteneinnahme und des Alkoholmissbrauchs. Aufgrund der bestehenden Abhängigkeit sei eine konsequente ambulante Behandlung nicht möglich. Überdies bestehe bei chemotherapeutischer Therapie der Tuberkulose bei gleichzeitigem Alkoholmissbrauch immer die Gefahr einer schweren Leberschädigung. Die Therapie sei nicht nur wegen der Ansteckungsfähigkeit erfolgt, sondern vor allem im wohlverstandenen Interesse des Beigeladenen, der so erstmals seit Jahren von seiner Tuberkulose habe geheilt werden können. Die Klägerin hat des weiteren ein Aktengutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. T sowie eine Stellungnahme vom 19.08.1999 vorgelegt, worin er die Krankengeschichte darstellt und darlegt: Bei dem Beigeladenen habe aufgrund der chronischen Alkoholkrankheit in dem streitigen Zeitraum Behandlungsbedürftigkeit sowie die Notwendigkeit einer stationären Behandlung bestanden, da er aufgrund seiner Suchterkrankung nicht in der Lage gewesen sei, die erforderliche medikamentöse Behandlung konsequent durchzuführen. Auch die zunächst nach Aufnahme erfolgte Entziehungstherapie mit Distraneurin sei an eine stationäre Behandlung gebunden. Erst im Anschluss daran, habe die tuberkulosespezifische Therapie beginnen können. Da diese Medikamente lebertoxisch seien, sei unter der Therapie Alkoholkarenz einzuhalten; anderenfalls sei ein schwerer Leberschaden bis hin zum Leberversagen zu befürchten. Entsprechend den Empfehlungen des Dt Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose sei bei dieser Sachlage die Indikation zu einer stationären Behandlung gegeben. Aufgrund der Gesamtkonstellation sei eine stationäre Behandlung als individualmedizinische Maßnahme erforderlich gewesen. Die zwangsweise Durchsetzung des stationären Aufenthaltes entbinde die Beklagte deshalb nicht von ihrer Leistungspflicht.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 54.993,10 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verbleibt demgegenüber bei ihrer bisher vertretenen Rechtsauffassung. Sie trägt vor: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 07.03.1977, Az: 1 C 36.70) richte sich die Frage der Zuständigkeit des Kostenträgers nach der Qualität der Behandlung im Krankenhaus. Demzufolge sei die öffentliche Hand bei Absonderung, die Krankenversicherung bei Krankenhausbehandlung zuständig. Eine Sicherstellung der Medikamenteneinnahme unter stationären Bedingungen sei unter keinem Gesichtspunkt erforderlich; die Überwachung der Medikamenteneinnahme hätte ggf. im Rahmen häuslicher Krankenpflege zur Sicherstellung der ärztlichen Behandlung durch einen Pflegedienst erfolgen können. Das Bundessozialgericht – BSG – (Urteil vom 25.09.1979, Az: 3 RK 92/78) habe bereits entschieden, dass eine Medikamentengabe keine stationäre Krankenhausbehandlung erfordere. Eine gezielte Behandlung, wie sie nur mit den Mitteln eines Krankenhauses unter Einsatz der personellen und apparativen Ausstattung möglich ist, sei nicht erfolgt. Dem Beigeladenen seien während der Unterbringung Medikamente zur Bekämpfung der Tuberkulose verabreicht worden; darüber hinaus sei dafür gesorgt worden, dass er nicht mit Alkohol in Berührung kam. Letztlich sei der Beigeladene nur verwahrt worden; ebenso hätte er in einer anderen Einrichtung untergebracht werden können. Die Beklagte hat ein weiteres Gutachten von Frau Dr. L vom MDK vom 06.07.1999 vorgelegt, worin sie bei ihrer bisher vertretenen Beurteilung verblieben ist. Sie hat darauf hingewiesen, dass die Alkoholkrankheit im Zeitpunkt der Einweisung in das Krankenhaus Q I zu keinen stationär behandlungsbedürftigen Krankheitserscheinungen geführt habe.

Auf Anfrage des Gerichts hat der Stationsarzt Dr. H vom Bezirkskrankenhaus Q I unter dem 04.10.1999 ua ausgeführt: Der festgestellte chronische Alkoholismus sei nach Aufnahme im Rahmen einer entzugshemmenden Therapie mit Distraneurin 9 Tage in absteigender Dosierung behandelt worden. Die aufgetretene offene Lungentuberkulose habe offenbar aufgrund der Krankheitsuneinsichtigkeit nicht ambulant medikamentös behandelt werden können. Im Zeitpunkt der Aufnahme sei der Beigeladene stationär behandlungsbedürftig gewesen und habe der Behandlung mit den Mitteln eines Krankenhauses bedurft. Er sei während der streitigen Zeit nicht überwiegend bettlägerig gewesen. Die Frage, ob die stationäre Aufnahme vornehmlich der Gewährleistung der regelmäßigen, kontrollierten Tabletteneinnahme sowie der Beseitigung einer möglichen Ansteckungsgefahr und somit der Vermeidung der Erkrankung Dritter diente, hat er bejaht.

Die Klägerin sieht sich durch die eingeholte Stellungnahme in ihrer bisher vertretenen Auffassung bestätigt. Die Beklagte weist demgegenüber darauf hin, dass Krankenhausbehandlung lediglich für den Zeitraum der Entgiftungsbehandlung erforderlich gewesen sei. Insoweit habe sie ihre Leistungspflicht erfüllt. Im Übrigen seien die knappen Antworten des Krankenhauses nicht geeignet, das Klagebegehren zu stützen. Das Gericht hat mit Beschluss vom 17.04.1998 den Versicherten beigeladen. Der Beigeladene hat sich am Verfahren nicht beteiligt und auch keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und den der beigezogenen Akte des Bezirkskrankenhauses Q I, die sämtlich vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte in Abwesenheit des Beigeladenen die Streitsache verhandeln und entscheiden, denn der Beigeladene ist in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden. (vgl. hierzu: BSG inSozR § 110 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – Nr 5)

Die nach § 54 Abs 5 SGG zulässige allgemeine Leistungsklage ist nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin die ihr im Zusammenhang mit der stationären Krankenhausbehandlung des Beigeladenen im Bezirkskrankenhaus Q I entstandenen Kosten zu erstatten. Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs der Klägerin liegen nicht vor. Gem § 104 Abs 1 S 1 SGB X ist für den Fall, dass ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist nachrangig verpflichtet ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre.

Dieser gesetzliche Tatbestand ist im vorliegenden Sachverhalt nicht erfüllt, insbesondere ist eine vorrangige Leistungspflicht der Beklagten nicht gegeben. Die Klägerin ist als Sozialhilfeträger im Verhältnis zur Beklagten als Krankenversicherungsträger nicht nachrangig zur Leistungserbringung gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, sondern ist mit der Kostenübernahme für die stationäre Krankenhausbehandlung einer ihr obliegenden Leistungsverpflichtung nachgekommen und hat nicht etwa stellvertretend eine an sich der Beklagten zugewiesene Leistungspflicht erfüllt. Das Erstattungsbegehren der Klägerin kann nur zum Erfolg führen, wenn und soweit ein ihrer Leistungserbringung entsprechender Sachleistungsanspruch des bei der Beklagten versicherten Beigeladenen gegenüber der Beklagten auf Gewährung einer stationären Krankenhausbehandlung im Rahmen des Anspruchs auf Krankenbehandlung nach §§ 27, 39 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch – SGB – besteht.

Hiervon kann indessen nicht ausgegangen werden, denn die medizinische Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung in dem hier streitbefangenen Zeitraum ist nicht hinreichend nachgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Aufenthalts des Beigeladenen im Bezirkskrankenhaus Q I nicht schon deshalb zu übernehmen, weil der Beigeladene auf einer geschlossenen Abteilung untergebracht sein musste und ärztlicher Behandlung bedurfte. Die Unterbringung des Beigeladenen in der genannten Klinik begründet daher nicht schon deshalb einen Anspruch auf Krankenhauspflege, weil sie wegen einer Krankheit und darauf beruhender Verhaltensstörungen erfolgt und nur in einer geschlossenen Abteilung möglich ist und allein Krankenhäuser über solche Abteilungen verfügen. Die Unterbringung und Versorgung eines Kranken in einer geschlossenen Abteilung ist für sich keine medizinische Behandlung. Ist sie nur aus Verwahrungsgründen erforderlich, so handelt es sich ebenso wenig um eine Krankenhauspflege im Sinne des § 39 SGB V wie bei einer Unterbringung zur Pflege, die lediglich dem Zweck dient, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen. Die Aufnahme unterbringungsbedürftiger Personen in einer Krankenanstalt bezweckt in erster Linie, eine Gefährdung zu beseitigen. Sie setzt nicht voraus, dass auch eines der in § 27 Abs 1 S 1 SGB V genannten Behandlungsziele angestrebt wird und erreicht werden kann. Die Notwendigkeit der Krankenhausaufnahme muss sich demzufolge aus den genannten Behandlungszielen ergeben. Besteht dieser Bedingungszusammenhang nicht, so kann Krankenhauspflege selbst dann nicht beansprucht und gewährt werden, wenn für die Unterbringung im Krankenhaus krankheitsbedingte Umstände maßgebend sind. Demgemäss setzt die Verpflichtung zur Krankenhauspflege voraus, dass die besonderen Mittel eines Krankenhauses benötigt werden, um die Krankheit zu heilen oder zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Voraussetzungen eines Anspruchs des Beigeladenen auf Krankenhauspflege lassen sich indessen nicht feststellen. Gem § 27 Abs 1 S 2 Nr 5, § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Krankenhausbehandlung in einem zugelassenen Krankenhaus nur dann, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Kammer ist unter Berücksichtigung der beigezogenen medizinischen Unterlagen und der von dem Bezirkskrankenhaus Q I eingeholten ärztlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene in der streitigen Zeit zumindest nicht aus rein medizinischen Gründen stationär behandlungsbedürftig war. Zwar ist bei einem Versicherten, der zur Behandlung einer ansteckungsfähigen Erkrankung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit in ein Krankenhaus eingewiesen worden ist, die Leistungspflicht der Krankenkasse nicht bereits aus diesem Grunde von vornherein ausgeschlossen. Die Frage der Kostentragung für eine solche Maßnahme hängt vielmehr maßgeblich davon ab, ob darüber hinaus auch Krankenhauspflegebedürftigkeit bestanden hat. Unterbringung und Versorgung eines Kranken in einer stationären Einrichtung (z. B. in einer geschlossenen Abteilung), die aus Verwahrungsgründen erfolgen (z. B. weil der Patient infolge seiner Krankheit die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sich selbst oder andere ernstlich gefährdet), begründen keinen Anspruch auf Krankenhauspflege, wenn die – begleitende – medizinische Behandlung nicht der besonderen Mittel eines Krankenhauses bedarf. Es kommt vielmehr darauf an, dass gerade die apparativen und personellen Möglichkeiten eines Krankenhauses in ihrem Zusammenspiel regelmäßig notwendig sind und deswegen Krankenhauspflege erfordern. (vgl. hierzu: Urteil des BSG vom 12.11.1985, Az: 3 RK 33/84) Krankenhauspflegebedürftigkeit ist im Falle des Beigeladenen aber zu verneinen. Ob die medizinisch unstreitig notwendige Behandlung seiner Erkrankung an Tuberkulose nur stationär in einem Krankenhaus durchgeführt werden konnte, ist anhand der besonderen, nur einem Krankenhaus zu Gebote stehenden Mittel zu prüfen. Hierzu gehören insbesondere das Vorhandensein geschulten Pflegepersonals, eine apparative Mindestausstattung sowie eine intensive Behandlung durch jederzeit rufbereite Ärzte.

Das Vorliegen dieser Merkmale war für die Behandlung des Beigeladenen indessen nicht erforderlich. Insbesondere wurde für die laufende Behandlung mittels Tabletten kein stets präsenter Arzt benötigt, um selbst einzugreifen, die Maßnahmen des Pflegepersonals sachkundig zu überwachen oder Anweisungen zu geben. Dagegen genügt es zur Begründung von Krankenhauspflegebedürftigkeit nicht, wenn nur in gelegentlichen Ausnahmesituationen die sofortige Hinzuziehung eines Arztes notwendig ist. Insbesondere liegt bei einer sich über lange Zeit erstreckenden gleichartigen Medikation – wie im vorliegenden Fall – die Notwendigkeit ständiger ärztlicher Aufsicht rund um die Uhr nicht nahe. Für die verordnete Tuberkulosemedikation ist überdies nicht ersichtlich, das diese nur bei stationär ärztlicher Präsenz verabreicht werden kann. Lässt sich eine erforderliche medizinische Behandlung ohne eine aus anderen Gründen erfolgte Unterbringung (z. B. zur Verwahrung) auch ambulant oder in einem Pflegeheim durchführen, so besteht kein Anspruch auf Krankenhauspflege. Im vorliegenden Rechtsstreit kommt es demnach darauf an, welche Behandlungsziele erreicht werden können, welche medizinischen Maßnahmen dazu erforderlich sind, ob diese Maßnahmen als solche (also unabhängig von der Unterbringung aus anderen Gründen) nur stationär erbracht werden können und ggf. für welche Zeiträume das jeweils zu gelten hat. Die Behandlung einer Erkrankung an Tuberkulose kann – insoweit besteht auch unter den gehörten ärztlichen Diensten Einigkeit – grundsätzlich ambulant erfolgen, wenn die regelmäßige Medikamenteneinnahme gesichert ist und gewisse Auflagen zum Schutz Dritter eingehalten werden. Eine ambulante Behandlung des Beigeladenen kam jedoch im vorliegenden Fall allein deshalb nicht mehr in Betracht, weil der Beigeladene sich in der Vergangenheit immer wieder krankheitsuneinsichtig gezeigt und die ihm verordneten Medikamente nicht ordnungsgemäß eingenommen hatte, so dass es jeweils zu einer Reaktivierung der Erkrankung kam. Auch hatte er sonstige ihm erteilte Auflagen nicht eingehalten und zumindest eine weitere Person angesteckt.

Bei dieser Sachlage ist nach Auffassung der Kammer indessen nicht eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit der Tuberkuloseerkrankung für die verfügte stationäre Aufnahme auf einer geschlossenen Tuberkulosestation ursächlich gewesen. Vielmehr stand der auf diese Weise wirkungsvoll gewährleistete Schutz Dritter vor möglicher Ansteckung im Vordergrund der stationären Unterbringung im Bezirkskrankenhaus Q I. Insoweit handelt es sich um eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr i.S.d. § 37 Abs 2 des Bundesseuchengesetzes. Dies folgt auch bereits aus dem Beschluss des Amtsgerichts Duisburg/Ruhrort vom 20.11.1995, der ausdrücklich auf die entsprechenden Vorschriften des Freiheitsentziehungsgesetzes in Verbindung mit dem Bundesseuchengesetz gestützt ist und insoweit dem Interesse der Öffentlichkeit an der Vermeidung gesundheitlicher Gefahren Rechnung trägt. Allein aus diesem Grunde hat das Gericht die Unterbringung des Beigeladenen auf einer geschlossenen Station angeordnet. Rückschlüsse auf eine stationäre Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit lassen sich hieraus nicht ziehen, denn insoweit diente die Unterbringung vornehmlich der öffentlichen Sicherheit im Sinne einer Absonderung des Beigeladenen nach den Vorschriften des Bundesseuchengesetzes. Die vorzunehmende Abgrenzung einer Krankenhauspflege von einem Verwahrungsfall führt infolgedessen zur Annahme einer Absonderung. Der Beurteilung als Absonderung, für deren Kosten die Allgemeinheit und damit die Klägerin als Träger der Sozialhilfe aufzukommen hat, steht nicht entgegen, dass der Beigeladene gleichzeitig aufgrund der Erkrankung an TBC auch behandlungsbedürftig war. Demgegenüber lässt sich eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit im Sinne des § 39 Abs 1 S 2 SGB V auch unter Berücksichtigung der chronischen Alkoholkrankheit nicht belegen. Der aus den beigezogenen Krankenakten ersichtliche Aufnahmebefund des Beigeladenen lässt keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit erkennen. Der Kläger befand sich demzufolge in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand; offenkundige Beschwerden aufgrund der Erkrankung an TBC lagen nicht vor. Auch die Alkoholkrankheit verursachte zu diesem Zeitpunkt keinerlei Ausfallserscheinungen; so wird der Neurostatus als unauffällig beschrieben, gleiches gilt für den psychischen Befund. Bei dieser Sachlage hätte die TBC nach Auffassung von Frau Dr. L vom MDK, der sich die Kammer anschließt, durchaus ambulant behandelt werden können, wenn der Beigeladene über die nötige Krankheitseinsicht verfügt hätte. Allein hieran und nicht an möglichen zu gewärtigenden Komplikationen ist eine ambulante Krankenbehandlung des Beigeladenen gescheitert. Wäre bei ihm von einer ordnungsgemäßen Tabletteneinnahme unter Einhaltung von Alkoholkarenz auszugehen gewesen, hätte es der stationären Unterbringung nicht bedurft. Die von den von der Klägerin zu Rate gezogenen Ärzten geschilderten möglichen Nebenwirkungen einer Therapie der Tuberkulose sind auch einer engmaschigen ambulanten Überwachung zugänglich; überdies ist mit deren Auftreten in aller Regel nur für den Fall fehlender Alkoholkarenz zu rechnen. Bei dieser Sachlage ist nicht nachvollziehbar, dass der Beigeladene aus medizinischen Gründen einer stationären Behandlung bedurfte, denn die dokumentierte Behandlung beschränkte sich im Wesentlichen auf die Überwachung und Kontrolle der Medikamentengabe und der Einhaltung von Alkoholkarenz. Die durchgeführten behandlungsbegleitenden Untersuchungen hätten auch ambulant vorgenommen werden können. Insoweit vermag das Gericht den Ausführungen der Ärzte des Bezirkskrankenhauses Q I zur stationären Behandlungsbedürftigkeit des Beigeladenen nicht zu folgen, zumal der Stationsarzt Dr. H auf Anfrage des Gerichts ausdrücklich bestätigt hat, dass die bei dem Beigeladenen vorliegende offene Tuberkulose offenbar aufgrund von Krankheitsuneinsichtigkeit nicht ambulant behandelbar gewesen sei. Auch wird nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen der Beigeladene der Behandlung mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses bedurft hat. Zudem hat Dr. H die Frage des Gerichts, ob die stationäre Aufnahme des Beigeladenen vornehmlich der Gewährleistung der regelmäßigen, kontrollierten Tabletteneinnahme sowie der Beseitigung einer möglichen Ansteckungsgefahr und somit der Vermeidung der Erkrankung Dritter dient, bejaht. Aus diesen Ausführungen entnimmt die Kammer, dass sich der Beigeladene hauptsächlich zum Zwecke der Verwahrung während der Dauer der Behandlung der TBC in stationärer Krankenhausbehandlung befunden hat. Insoweit hat sich die Klägerin eines Krankenhauses zum Zweck der Verwahrung des Beigeladenen während der Dauer der an sich ambulant möglichen Behandlung der Erkrankung an TBC bedient. Der Umstand, dass neben der Einweisung zur Verwahrung kumulativ auch Behandlungsziele nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V verfolgt wurden, führt in einem solchen Fall nicht zu einer Leistungspflicht der Krankenkasse, wenn das Behandlungsziel, Heilung der Tuberkulose, wie dargelegt, für sich betrachtet keine stationäre Krankenhausbehandlung erfordert.

Nach alledem kann die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 SGG.