Sozialgericht Leipzig S 8 KR 276/11

SOZIALGERICHT LEIPZIG

 Verkündet am: 09.07.2013

S 8 KR 276/11

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

In dem Rechtsstreit

die 8. Kammer des Sozialgerichts Leipzig auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2013 in Leipzig durch den Richter am Sozialgericht Pretzel-Friedsam, die ehrenamtliche Richterin Lachmann und den ehrenamtlichen Richter Pries für Recht erkannt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, 9/10 der Kosten des Verfahrens zu tragen, der Kläger trägt 1/10.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5%-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 3.663,26 Euro vom 27.01.2011 bis 20.03.2012 zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind noch die Kosten des Verfahrens und die Zahlung einer Aufwandspauschale.

Ursprünglich standen die Kosten einer Krankenhausbehandlung für eine multimodale Schmerztherapie in Streit. Das Krankenhaus des Klägers nahm die bei der Beklagten versicherte E. … , geboren am . .1958, stationär in seinem Krankenhaus vom 18.01. bis 25.01.2010 zur multimodalen Schmerztherapie bei Schmerzen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule mit intermittierenden Blockierungen, Zustand nach viermaliger Operation der Lendenwirbelsäule, Implantation von Elektroden in die Lendenwirbelsäule und Th8 auf. Hierfür stellte er der Beklagten in der Endabrechnung vom 03.02.2010 3.663,26 € unter der DRG 142Z in Rechnung (multimodale Schmerztherapie bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe), OPS war die 8-918.00.

Auf Prüf anzeige vom 09.02.2010 bezüglich des OPS 8-918.00 und der Notwendigkeit der stationären Aufnahme teilte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) durch Frau Dr. Deutrich am 21.06.2010 mit, dass nicht alle Kriterien nachvollziehbar seien; eine Behandlung wäre auch ambulant/teilstationär möglich gewesen.

Unter dem 05.07.2010 unterrichtete die Beklagte den Kläger darüber, dass keine Indikation für eine stationäre Behandlung vorgelegen habe. Die Kriterien für eine Kodierung der multimodalen Schmerztherapie seien nicht komplett nachvollziehbar.

Dem widersprach der Kläger am 08.07.2010 unter Nachweis einer zusätzlichen Dokumentation aus pain detect.

In dem daraufhin eingeholten Gutachten des MDK führte Frau Dr. #### am 09.11.2010 aus, dass die Dokumentation nunmehr zwar ausreiche, die medizinische Notwendigkeit einer vollstationären Schmerztherapie könne den Unterlagen allerdings nicht entnommen werden.

Mit Schreiben vom 06.12.2010 wies die Beklagte darauf hin, dass sie keine fachärztliche Begründung für die vorausgegangene und ausgeschöpfte ambulante/teilstationäre Behandlung sehe; die medizinische Notwendigkeit für eine multimodale Schmerztherapie sei nicht plausibel.

Am 27.01.2011 zog sie daraufhin den vollen Rechnungsbetrag ein.

Der Kläger hat deswegen am 01.08.2011 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Er habe der Beklagten bzw. dem MDK alle abgeforderten Unterlagen übersandt. Demgegenüber sei ihm das Gutachten des MDK nicht zur Kenntnis gelangt, sodass er nicht erkennen könne, welche Kriterien für die Beklagte nicht nachvollziehbar seien. Aus der pain-detect-Dokumentation sei erkennbar, dass bei der Patientin seit 2004 eine Schmerzbehandlung erfolglos durchgeführt worden sei. Dass diese 2008 einen SCS-Generator erhalten habe, zeige, dass sie sich nicht am Anfang einer Schmerztherapie befunden habe. Des Weiteren habe sie sich Operationen an der Wirbelsäule unterzogen, obwohl trotz Ausschöpfung der unimodalen Behandlungsansätze die Schmerzen fortbestanden hätten.

Am 02.03.2012 hat die Beklagte die Hauptforderung anerkannt.

Sie sei indes nicht bereit, die Kosten des Verfahrens und die Zinsen zu tragen. Erstmals im gerichtlichen Verfahren sei durch Vorlage der vollständigen Patientenakte und der darin enthaltenen aussagefähigen Dokumentation sachverhaltserklärend die medizinische Notwendigkeit der stationären Behandlung nachgewiesen. Gutachten des MDK von Frau Dr. #### vom 29.12.2011 und 29.08.2012 fügte sie bei.

Der Kläger hat das Teil-Anerkenntnis insoweit angenommen.

Er macht ferner die Zahlung einer Aufwandspauschale geltend.

Er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.663,26 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%- punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2011 bis 20.03.2012 (219,81 Euro),
sowie weitere 300,00 Euro Aufwandspauschale zu zahlen,
hilfsweise im Unterliegensfalle die Berufung zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Akteninhalt, eine Gerichtsakte, ein Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie Patientenunterlagen des Klägers, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange Erfolg.

Danach hat die Beklagte im Hinblick auf die von ihr im gerichtlichen Verfahren anerkannte Krankenhausvergütung für die multimodale Schmerztherapie in Höhe von 3.636,26 € 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz vom 27.01.2011 bis 20.03.2012 zu zahlen.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht hierbei auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sind entsprechend anzuwenden (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger, einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolgern nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind.

Dies ist hier nicht der Fall, weil der Kläger nicht als Versicherter oder Leistungsempfänger, sondern als Leistungserbringer im Wege der Leistungsklage gegen die Beklagte vorgegangen ist. Gemäß § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG ist eine Kostenerhebung nach den Vorschriften des GKG geboten, ohne dass die §§ 184 bis 195 SGG Anwendung finden. Nach der entsprechend anzuwendenden Bestimmung des § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Da die Beklagte sich im Wege eines (T eil-) Anerkenntnisses bereit erklärt hat, die im Wege der Leistungsklage ursprünglich geltend gemachte Hauptforderung anzuerkennen, hat sie insoweit grundsätzlich die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nach dem, über § 197a SGG geltenden, Grundsatz des § 156 VwGO fallen dem Kläger dennoch die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat. Ein sofortiges Anerkenntnis hätte somit nur dann keine Kostentragung seitens der Beklagten ausgelöst, wenn nach dem allgemeinen kostenrechtlichen “Veranlassungsprinzip” der Rechtsstreit seinerseits von dem Kläger ausgelöst worden wäre.

Vorliegend hat indes die Beklagte den Rechtsstreit veranlasst. Mangels Vorlage der MDK-Gutachten konnte der Kläger nicht erkennen, welche Kriterien für eine multimodale Schmerztherapie nicht erfüllt gewesen sein sollen. Der Kläger hatte insoweit zunächst alles Erforderliche vorgelegt. Bei Zweifeln an der erforderlichen Nachweisführung für den erhobenen Anspruch hätte es andererseits nach dem, auch im Leistungserbringungsrecht geltenden, Grundsatz von Treu und Glauben dem MDK bzw. der Beklagten oblegen, frühzeitig auf die Vorlage weiterer Unterlagen – noch im vorgerichtlichen Verfahren – zu dringen.

Hier hatte der MDK bzw. die Beklagte aber zunächst die Notwendigkeit der vollstationären Behandlung für eine multimodale Schmerztherapie in Zweifel gezogen, nicht indes die Notwendigkeit einer multimodalen Schmerztherapie als solcher (vgl. MDK Stellungnahme Frau Dr. Deutrich vom 21.06.2010, MDK Gutachten Frau Dr. #### vom 09.11.2010). Mithin konnte der Kläger vor Klageerhebung nicht davon ausgehen, dass die Voraussetzungen für die multimodale Schmerztherapie im anschließenden gerichtlichen Verfahren von der Beklagten erneut in Zweifel gezogen werden könnten, zumal dem Kläger das entsprechende Gutachten nach unwidersprochenen Angaben vorgerichtlich nicht vorgelegt worden war. Bei Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen für die bei im Hause des Klägers vorgenommenen Maßnahmen hätte die Beklagte indes – wie ausgeführt – ohne Weiteres weitere Unterlagen anfordern können. Dies hat sie aber unterlassen, sodass das Klagerisiko zu ihren Lasten geht, und sie insoweit die für das (Teil) Anerkenntnis entstandenen Kosten zu tragen hat; denn nach § 156 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), der über § 197a SGG auch für das sozialgerichtIiche Verfahren gilt, fallen dem Kläger die Prozesskosten nur dann zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat.

Im Übrigen hatte der Kläger vorgerichtlich auf Aufforderung des MDK die Epikrisen aller Abteilungen, Behandlungskurven, Assessment- und Behandlungsplan sowie ein Protokoll der Schmerztherapie mit Therapieeinheiten, Fachdisziplinen und Teambesprechungen übersandt. Ferner waren nach unstreitigen Angaben des Klägers der Arztbrief vom 25.01.2010, ein Screening-Bogen zur multimodalen Schmerztherapie vom 18.01.2010, ein Aufklärungsbogen zur minimalinvasiven Wirbelsäulentherapie, eine Verlaufsdokumentation der MMST, eine Dokumentation der Leistung/Teambesprechung für MMST, die Injektionstherapie multimodale Schmerztherapie, die physikalische Therapie und Rehabilitation sowie die Kurvenblätter pain-detect übersandt worden, ebenso der psychische Befund der Patientin vom 25.01.2010 und das Kurvenblatt. Bereits im Arztbrief vom 25.01.2010 an die Hausärztin, Fachärztin für Allgemeinmedizin Tänzer, wies der Kläger unter Diagnosen auf ein chronisch- rezidivierendes Cervikobrachialsyndrom, ein Postnukleotomiesyndrom L5/S 1, ein lumbales Facettensyndrom L4/5, einen Zustand nach Implantation eines interspinösen Spreizers 04/2007 und den Zustand nach Elektrodenplatzierung eines SCS-Systems und Implantation eines SCS-Generators 0812008 hin. Unter Anamnese war ausgeführt, dass die Patientin über Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule, sowie über Kopf- und Nackenschmerzen und das Einschlafen der Hände nachts klagte, über intermittierende Blockierungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule. Es gab danach eine 4-malige Operation der Lendenwirbelsäule NCH in domo und die Implantation von Elektroden in die Lendenwirbelsäule und Th8. Ohne dass laut Befund verifizierbare sensomotorische Defizite vorlagen, bestand ein ausgeprägter Druckschmerz occipital und eine im Verlauf der gesamten verhärtenden paravertebralen Halswirbelsäule und Muskulatur und eine hochgradig eingeschränkte Halswirbelsäulenbeweglichkeit. An der Lendenwirbelsäule fand sich eine reizlose Narbe nach mehrfachen Operationen. Unter Therapien erlauf ist ausgeführt, dass “chronische Beschwerden” der Patientin bestanden. Auch im pain-detect, das der Kläger bereits mit seinem Widerspruch vom 08.07.2010 vorgelegt hatte, war in der Schmerzanamnese eine Schmerzbehandlung “vor 2004” vermerkt, die nur zu einer geringen Besserung geführt habe. Seit Jahren sei die Patientin auf Schmerzmittel angewiesen und beziehe eine Rente.

Hieraus allein konnte bereits auf die Erfolglosigkeit der unimodalen Schmerzbehandlung geschlossen werden, ohne dass es der Einleitung eines zusätzlichen Klageverfahrens bei Gericht bedurft hätte.

Des Weiteren war darauf hinzuweisen, dass es mit den Grundsätzen von Treu und Glauben, der auch im Leistungsrecht der Krankenhausvergütung gilt, problematisch erscheint, dass die Beklagte dem Kläger MDK-Gutachten nicht (mehr) zur Verfügung stellt. Dem Kläger werden insoweit nur die in der Regel zusammenfassenden Kurz-Mitteilungen der Sozialversicherungsfachangestellten der Beklagten übersandt, ohne dass den behandelnden Ärzten der Einrichtung Gelegenheit gegeben wird, sich fachärztlich mit den medizinischen Stellungnahmen und Gutachten des MDK auseinandersetzen zu können. Mithin war für ihn nicht erkennbar, welche Dokumentation nicht ausreichen solle, bzw. welche Unterlagen der MDK noch benötigen könnte, um die vorstationäre Behandlungsnotwendigkeit einer multimodalen Schmerztherapie nachvollziehen zu können. Hinzu kam, dass die Beklagte zunächst nicht die Notwendigkeit der multimodalen Schmerztherapie mangels Ausschöpfung der unimodalen Schmerztherapie in Zweifel gezogen hatte, sondern vorrangig die Notwendigkeit einer vollstationären Behandlung. Insoweit musste es bei dem Grundsatz verbleiben, dass derjenige, der einen Anspruch anerkennt, auch die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Der Zinsanspruch beruht auf vertraglicher Grundlage nach Maßgabe des § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V i.V.m. § 13 Abs. 3 der Vereinbarung zu den allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gern. § 112 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB V. Danach hat die Beklagte 5 % Zinsen ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Werktag zu entrichten.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine Aufwandspauschale zu (so bereits: SG A. … , Urteil vom 14.02.2012, Az.: S 8 KR 323/10 – noch nicht rechtskräftig -, Urteil vom 25.06.2013, Az.: S 8 KR 323/11). Gern. § 275 Abs. 1c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach Abs. 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens 6 Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, hat die Krankenkasse nach Satz 3 der Vorschrift dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 € zu entrichten.

Nach der amtlichen Begründung liegt dieser Regelung zu Grunde, dass in der Vergangenheit die Krankenkassen die Prüfungsmöglichkeiten in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt hätten, was zu unnötiger Bürokratie geführt habe. Für einzelne Kassenarten gäbe es Hinweise auf Prüfquoten im Rahmen der Einzelfallprüfung in Höhe von 45 % der Krankenhausfälle, was zu einer erheblichen Belastung der Abläufe in den Krankenhäusern geführt und für zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand gesorgt habe. Da eine zeitnahe Prüfung nicht immer gewährleistet gewesen sei, habe die Überprüfung von – teilweise weit zurückliegenden – Fällen zu Unsicherheiten bei Erlösausgleichen und Jahresabschlüssen geführt, sodass zum angestrebten Bürokratieabbau Anreize gesetzt wurden, um Einzelfallprüfungen zukünftig zielorientierter und zügiger einzusetzen.

Zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber eine Aufwandspauschale eingeführt, um einer ungezielten und übermäßigen Einleitung von Begutachtungen entgegen zu wirken. Bestimmungsgemäß ist die Aufwandspauschale für alle diejenigen Krankenhausfälle zu zahlen, in denen die Einzelfallprüfung zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrags durch die Krankenkassen gerührt hat. Die in § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V vorgesehene Pauschalierung des Krankenhausmehraufwandes bei ungeändertem Rechnungsbetrag soll zu einer vereinfachten unbürokratischen Regelung führen, ohne dass deswegen ein Anspruch auf Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall besteht (so: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 09.07.2009, Az: L 5 KR 90/09 NZB). Krankenkassen, die sich – Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmung folgend – auf gezielte Einzelfallprüfungen beschränken, können dadurch Mehrausgaben in Form von Aufwandspauschalen weitgehend vermeiden.

Allein nach dem Gesetzeswortlaut reicht es demzufolge für den Anspruch auf eine Aufwandspauschale aus, dass sich nach Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Rechnungsbetrag des Krankenhauses als zutreffend erweist, und zwar unabhängig davon, ob die Kodierung im Einzelfall mit der des Krankenhauses übereinstimmt.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat diesen weitgehenden Wortlaut des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V indes einschränkend interpretiert (vgl. B 1 KR 29/09 R; B 1 KR 1/10 R; B 1 A 1/09 R sowie B 3 KR 12/08 R): Danach ist eine Aufwandspauschale dann nicht zu zahlen, wenn das Krankenhaus die Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlasst hat. Eine Aufwandspauschale soll es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht beanspruchen dürfen, wenn es selbst die Ursache für die von der Krankenkasse eingeleitete medizinische Überprüfung durch eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung gesetzt hat.

Vertragswidriges Verhalten, beispielsweise eine unzutreffende falsche Kodierung, soll nicht im Nachhinein sanktioniert und pauschaliert, unter Bezugnahme auf den vom Gesetzgeber intendierten Bürokratieabbau, durch eine Aufwandspauschale zusätzlich vergütet werden.

Wenn aber – entgegen den vom Bundessozialgericht entschiedenen Fällen – zwischen den Beteiligten bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Dissens über die ,,richtige” Kodierung und Übereinstimmung “lediglich” im Hinblick auf den Rechnungs-Endbetrag besteht, bleibt die Krankenkasse grundsätzlich zur Zahlung der Aufwandspauschale verpflichtet; denn der Nachweis einer treuwidrigen Pflichtverletzung des Krankenhauses dürfte im Regelfall n:cht zu erbringen sein. Das Gericht ist in diesen Fällen nicht gehalten, gegebenenfalls medizinisch allein unter dem Gesichtspunkt zu ermitteln, ob die Kodierung – bei unverändertem Rechnungsbetrag – zutreffend gewesen ist (so: SG A …. , Urteil vom 15.11.2011, Az: S 8 KR 124/10 – rechtskräftig -).

Vorliegend war zwar 1m Endergebnis keine Änderung des Rechnungsbetrages festzustellen; denn die Beklagte hat nach Klageerhebung ein sofortiges (Teil-) Anerkenntnis im Hinblick auf die Hauptforderung abgegeben, und die Klägerin hat dieses angenommen. Gleichwohl hat die vorangegangene Prüfung durch den MDK, die mit dem Ziel einer Verminderung des Rechnungsbetrages eingeleitet worden war, vorgerichtlich nicht nur zu einer anderen Kodierung und daraus resultierend zu einem anderen Rechnungsendbetrag geführt, sondern zu einer vollständigen Rückbuchung des zunächst in voller Höhe geleisteten Rechnungsbetrages. Insoweit war der Abrechnungsbetrag gemindert, bzw. vollumfanglieh bestritten, sodass zu diesem Zeitpunkt der Anspruch auf eine Aufwandspauschale nicht entstehen konnte. Ein pauschaliert höherer Aufwand in Gestalt eines höheren Verwaltungsaufwandes für das Krankenhaus entstand dem Kläger erst dadurch, dass er sich im Klagewege mit der beabsichtigten Rechnungskorrektur und den auf medizinischen Gutachten! Stellungnahmen des MDK basierenden Schriftsätzen der Beklagten und deren rechtlichen Ausführungen auseinandersetzen musste. Diesbezüglich waren die jeweils beteiligten Ärzte anzuhören und Patientenunterlagen zu sichten. Zu diesem Zeitpunkt aber war das Prüfverfahren bereits abgeschlossen. Das im Klageverfahren abgegebene (Teil-) Anerkenntnis war damit nicht mehr im Rahmen des Prüfverfahrens erfolgt, sondern erst nach Klageerhebung. Es bedurfte mithin erst der Einleitung gerichtlichen Rechtsschutzes, damit der Kläger seine Forderung doch noch durchsetzen konnte.

§ 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V ist indes sinngemäß dahingehend auszulegen, dass eine Aufwandspauschale den beteiligten Krankenhäusern nur zusteht, wenn nach Abschluss des vorgerichtlichen Verfahrens eine zutreffende Kodierung festgestellt, bzw. der Rechnungsbetrag nach Überprüfung durch den Medizinischen Dienst unverändert (“nicht gemindert”) bleibt. Die Zahlung einer Aufwandspauschale nach Klageerhebung und dann angenommenem (Teil-) Anerkenntnis im gerichtlichen Verfahren ist hingegen von Gesetzes wegen nicht vorgesehen.

Dies ergibt sich aus der vorgenannten gesetzlichen Begründung, die der übermäßigen Einleitung von Prüfverfahren entgegenwirken und diese auf zielorientierte und zügige Einzelfallprüfungen beschränken wollte. Nach Klageerhebung ist ein derartiger Zweck jedoch nicht mehr erreichbar, weil zu diesem Zeitpunkt das Prüfverfahren bereits abgeschlossen war. Eine “unnötige Einschaltung des MDK” in einer Vielzahl von Verfahren ist damit ausgeschlossen, zumal sich die Krankenhäuser bei Abwägung des allgemeinen Prozessrisikos grundsätzlich nur auf die Fälle im Klagewege beschränken dürften, die aus ihrer Sicht hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten.

Ein größerer Verwaltungsaufwand liegt zwar darin, dass sich der Kläger erneut und vertieft mit den Krankenhausfällen befassen muss; dennoch ist in der Klageerhebung lediglich die Verwirklichung eines allgemeinen Prozessrisikos zu sehen, das nicht durch eine weitere Aufwandspauschale gesondert zu vergüten ist. Eine Pauschale zusätzlich zu dem, dem Krankenhaus entstehenden, Mehraufwand für die Mandatierung von Rechtsanwälten, Zahlung von Gerichtskosten usw. ist gesetzlich nicht vorgesehen. Insoweit hätte es auch einer Übernahme dieser Pauschalierung in die Vorschriften des Prozessrechts (Sozialgerichtsgesetz) bedurft, an der es hier fehlt; denn anderenfalls wäre im Leistungsstreit zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen im Obsiegensfall von den Krankenkassen stets zusätzlich noch eine Aufwandspauschale an die klagenden Krankenhäuser zu zahlen. Dies war aus den vorgenannten Gründen vom Gesetzgeber jedoch nicht beabsichtigt.

Dem Abschluss des Prüfverfahrens durch den beteiligten Medizinischen Dienst steht auch nicht entgegen, dass dieser nach Klageerhebung regelmäßig erneut zur Prüfung der geltend gemachten Mehrerlösforderung eingeschaltet wird; denn insoweit bedient sich die beklagte Krankenkasse lediglich dessen medizinischen Sachverstandes, um sich gegen die geltend gemachte Forderung der Krankenhäuser fachlich fundiert verteidigen zu können. Der Rechtsstreit im Wege der Leistungsklage stellt sich somit nicht als “verlängertes Widerspruchsverfahren” dar, sondern als ein eigenes Verfahren zur gerichtlichen Kontrolle im Leistungsstreit der Beteiligten.

So gilt nach § 14 der Vereinbarung zu den allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gern. § 112 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB V das Prüfverfahren bei Klageerhebung regelmäßig als beendet. Dies geht insbesondere aus Abs. 4 und 5 der Vorschrift hervor, wonach die Krankenkasse das Ergebnis der Erstbegutachtung sowie die Gründe der Entscheidung dem Krankenhaus unverzüglich mitzuteilen hat. Bei Einwänden hat der MDK eine Zweitbegutachtung durchzuführen, was in den vorliegenden Behandlungsfällen auch der Fall gewesen ist. Ein weiteres Gutachten, bzw. eine weitere gutachterliche Stellungnahme nach Klageerhebung im Rechtsstreit, fällt demzufolge nicht hierunter.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach ist für den Fall, dass ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, eine verhältnismäßige Kostenteilung geboten.

Das Gericht hat nach Maßgabe des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Grundsätzliche Bedeutung ist der Rechtsfrage hinsichtlich der Aufwandspauschale beizumessen, ob diese auch dann zu zahlen ist, wenn nach Klageerhebung durch sofortiges Anerkenntnis der durch die Leistungsklage geltend gemachte Rechnungsbetrag nicht gemindert wird. Die vorangegangene Entscheidung der Kammer mit Urteil vom 14.02.2012 (a.a.O.) ist noch nicht in Rechtskraft erwachsen.