Sozialgericht Lüneburg S 9 KR 192/15

Sozialgericht Lüneburg

Urteil vom 08.02.2018 (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Lüneburg S 9 KR 192/15

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.144,41 EUR sowie Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 12. Mai 2015 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

Die klagende Krankenhausträgerin behandelte den bei der Beklagten Versicherten G. vom 29. Januar bis 1. Februar 2015 stationär und berechnete hierfür nach der DRG D12B (Andere Eingriffe an Ohr, Nase, Mund und Hals) eine Vergütung in Höhe von 2.776,22 EUR ab. Der MDK zeigte der Klägerin mit Schreiben vom 3. März 2015 an, dass er mit der Begutachtung beauftragt worden sei zu der Fragestellung, ob die Überschreitung der unteren Grenzverweildauer bzw. das Erreichen der unteren Grenzverweildauer medizinisch begründet sei. Mit Schreiben vom 4. März 2015, das bei der Klägerin am 10. März 2015 einging, forderte der MDK verschiedene Unterlagen an und bat um deren Übersendung bis zum 1. April 2015. Mit Schreiben vom 13. April 2015, das beim MDK am 15. April 2015 einging, übersandte die Klägerin die angeforderten Unterlagen. Der MDK sandte der Klägerin die Unterlagen zurück und verwies darauf, dass diese nach Ablauf der 4-wöchigen Versandfrist gemäß § 7 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1 c – Prüfverfahrensvereinbarung (in der Fassung ab 1. September 2014 – PrüfvV 2014) eingegangen seien. Der Begutachtungsauftrag sei bereits an die Krankenkasse zurückgegeben worden. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, der MDK habe sie informiert, dass eine Prüfung nicht habe durchgeführt werden können, weil die Klägerin die angeforderten Unterlagen nicht eingereicht habe. Aus diesem Grunde habe sie die Rechnung storniert und nur den unstrittigen Abrechnungsbetrag überwiesen. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, die Restsumme in Höhe von 1.144,41 EUR zu zahlen. Dies verweigerte die Beklagte unter Hinweis auf § 7 Absatz 2 Sätze 3 und 4 PrüfvV 2014.

Am 18. August 2015 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie trägt vor, die Beklagte sei nicht berechtigt, den streitbefangenen Betrag endgültig einzubehalten. Die Vereinbarungspartner der PrüfvV2014 seien nicht befugt gewesen, Regelungen über Anspruchsverluste festzuschreiben. § 17c Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) enthalte keine Ermächtigungsgrundlage, durch die dem Krankenhaus nach Ablauf einer Frist zur Vorlage von Unterlagen Zahlungsansprüche endgültig abgeschnitten werden könnten. Es handelte sich hierbei nämlich um keine Verfahrensregelung, sondern um einen materiellen Anspruchsuntergang. Dies gehe über die Ermächtigung, Regelungen zum Verfahren zu treffen, weit hinaus. Die 4-Wochen-Frist sei im Text der PrüfvV 2014 nicht ausdrücklich als Ausschlussfrist benannt, daher könne die in § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV 2014 genannte Sanktion nur als Zurückbehaltungsrecht der Krankenkasse verstanden werden. Die Beklagte habe in der Prüfanzeige auch nicht den unstrittigen Betrag benannt. Nur wenn dieser benannt werde, wäre die Beklagte überhaupt berechtigt, einen Betrag als strittig zu benennen und einzubehalten. Außerdem habe der MDK in seinem Schreiben vom 4. März 2015 die Frist falsch benannt. Fristende wäre nicht der 1. April 2015, sondern der 7. April 2015 gewesen, da die Unterlagen-anforderung erst am 10. März 2015 zugegangen sei. Analog § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) müsse dieser Fehler, der geeignet gewesen sei, über die richtige Frist in die Irre zu führen, verlängert werden. Außerdem ende die Existenz des Prüfauftrages nicht mit dem Ablauf der 4-Wochen-Frist, sondern werde für den Zeitraum der Fristüberschreitung “auf Eis gelegt”. § 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verpflichte sowohl die Beklagte als auch den MDK, den Sachverhalt von Amts wegen weiterzuverfolgen. Die Behandlung des Patienten sei während des gesamten stationären Aufenthaltes notwendig gewesen. Dies werde durch das eingeholte Sachverständigengutachten bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.144,41 EUR sowie 2 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 12. Mai 2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass der Klägerin aufgrund von § 7 Abs. 2 Sätze 3 und 4 PrüfvV 2014 nur der unstrittige Rechnungsbetrag zustehe. Durch den Ablauf der 4-Wochen-Frist habe die Klägerin unabhängig von der Begrifflichkeit der Frist als eine Ausschlussfrist nur einen An-spruch auf den unstrittigen Rechnungsbetrag. Dieser unstrittige Rechnungsbetrag sei ihrer Auffassung nach auf den Betrag von 1.631,81 EUR beschränkt. In § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 sei eine ausdrückliche Regelung für die Nichteinhaltung der Frist vorgesehen. Das Begehren der Klägerin sei nicht mit dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV 2014 übereinzubringen. Vom Wortlaut der Regelung in § 17c Abs. 2 KHG her könne in der PrüfvV 2014 das Nähere zum Prüfverfahren geregelt werden. Nach der Gesetzesbegründung seien die Änderungen in Bezug aus § 17c KHG darauf ausgerichtet, Konflikte zwischen den Vertragspartnern bei der Abrechnungsprüfung im Krankenhausbereich zu vermeiden, die Modalitäten der Konfliktlösung stärker in die Eigenverantwortung der Vertragspartner zu legen und um Bürokratie abzubauen. Da die Benennung der zu verabredenden Regelungsinhalte in Satz 2 nicht abschließend sei, könnten auch Vereinbarungen zu anderen regelungsrelevanten Sachverhalten getroffen wer-den. Hieraus folge ein recht weitgehender Raum der Vertragsparteien im Rahmen der zu führenden Verhandlungen, die Modalitäten für die Abrechnungsprüfungen festzulegen. Um die Einhaltung der Frist durch die Vertragsparteien sicherzustellen, erscheine es zudem von der Ermächtigungsnorm auch erfasst, entsprechende Folgen bei der Fristversäumnis zu vereinbaren. Das Gericht hat ein Sachverständigengutachten erstellen lassen. In seinem Gutachten vom 14. Juli 2017 führt der Sachverständige H. aus, dass die Überschreitung der unteren Grenz-verweildauer im vorliegenden Fall ausreichend begründet und fachlich vollständig nachvollziehbar sei. Die Behandlung bis zum 1. Februar 2015, wie von der Klinik im vorliegenden Fall durchgeführt, sei korrekt. Wegen der Ausführungen des Sachverständigen im Einzelnen wird auf Blatt 84-88 der Gerichtsakten verwiesen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Sachvortrags der Beteiligten sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Voraussetzungen des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von 1.144,41 EUR Krankenhaus-vergütung für die Behandlung des Versicherten im Zeitraum vom 29. Januar bis 1.Februar 2015 sind dem Grunde nach erfüllt. Die Klägerin berechnete auch die Höhe zutreffend mit der Fallpauschale DRG D12B ohne Kürzung wegen Unterschreitens der unteren Grenzverweil-dauer. Sie ist durch die Regelungen in der PrüfvV2014 nicht daran gehindert, ihren Anspruch gegenüber der Beklagten geltend zu machen.

Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die vollstationäre Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs. 1 S 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr., vgl. z.B. BSG Urteil vom 21.4.2015 – B 1 KR 9/15 R – Juris Rn 9; BSG Urteil vom 23.6.2015 – B 1 KR 20/14 R – juris, Rn 9).

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 S 3 SGB V iVm § 7 Abs. 1 S 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz sowie die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2015 (Fallpauschalenvereinbarung 2015 – FPV 2015) iVm § 17 KHG, ergänzt durch den Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 S 1 Nr. 1 SGB V.

Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (stRspr., vgl. BSG Urteil vom 23.6.2015 – B 1 KR 26/14 R – juris, Rn 35). Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt (stRspr., vgl. nur BSGE 117, 82). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (stRspr., vgl. zum Ganzen Beschlusses des Großen Senats des BSG vom 25.9.2007 – GS 1/06; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 3/08 KR; Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 18/15 R –, juris).

Für die Beurteilung der Erforderlichkeit stationärer Krankenhausbehandlung kommt es dabei auf die medizinischen Erfordernisse im Einzelfall und nicht auf eine abstrakte Betrachtung an (BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 18/15 R –, juris, Rn 13) Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung. Das gilt auch dann, wenn der Versicherte zur Sicherstellung der ambulanten Behandlung einer Betreuung durch medizinische Hilfskräfte in geschützter Umgebung bedarf und eine dafür geeignete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses (noch) nicht zur Verfügung steht (vgl. BSG, Großer Senat, a.a.O.). Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern (§ 1 S 1 SGB V). Es geht dabei um die Bereitstellung der für diese Zwecke benötigten medizinischen Versorgung.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der stationäre Aufenthalt des Versicherten in vollem Umfang notwendig war. Der Sachverständige H. führt in seinem Gutachten überzeugend aus, dass die Überschreitung der unteren Grenzverweildauer aufgrund der bestehenden Tumorerkrankung und des postoperativ geschwollenen Kehlkopfes des Patienten medizinisch notwendig gewesen ist. Wäre der Patient entlassen worden und wäre es zu einer Art Notsituation gekommen, wäre dieses Verhalten nach Auffassung des Sachverständigen insbesondere vor dem Hintergrund des dokumentierten Larynxbefundes als grob fehlerhaft zu werten gewesen. Sachliche Einwände hat die Beklagte gegen das Sachverständigengutachten nicht vorgebracht.

Der Forderung der Klägerin kann nicht entgegengehalten werden, dass die Frist des § 7 Abs. 2 PrüfvV2014 überschritten worden sei. Nach Überzeugung des Gerichts kann § 7 Abs. 2 PrüfvV in der Fassung von 2014 nicht dahingehend ausgelegt werden, dass bei Überschreiten der 4-wöchigen Frist zur Vorlage der Unterlagen ein endgültiger Verlust des Anspruchs eintritt.

Die Formulierung § 7 Abs. 2 Satz 4 “Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag” schließt vom Wortlaut weder einen Verlust des Anspruchs noch ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 173 BGB aus. Dass diese Formulierung auch nach dem Verständnis der Beteiligten nicht zwingend den Verlust der materiell-rechtlichen Forderung beinhaltet, geht aus der Neuformulierung der neuen PrüfvV vom 3. Februar 2016 (PrüfvV 2016) hervor. Unter Verwendung der selben Formulierung für die Konsequenzen einer Fristversäumnis (” …hat das Krankenhaus nur Anspruch auf den unstrittigen Betrag”) wird dort den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, bei Nachlieferung von Unterlagen innerhalb einer bestimmten Frist das Prüfverfahren weiterzuführen. Wäre die Forderung bereits bei Ablauf der ersten Frist untergegangen, käme eine Weiterführung des Verfahrens nicht in Betracht. In der PrüfvV 2014 bleibt das weitere Verfahren für den Fall, dass doch noch die Unterlagen vorgelegt werden, dagegen offen. Nicht zuletzt diese Unklarheit bzgl. des weiteren Verfahrens dürfte die Vertragsparteien dazu bewogen haben, die detaillierten Regelungen in § 7 Abs. 2 PrüfvV 2016 aufzunehmen.

Die Verknüpfung eines materiellen Rechtsverlusts mit einer Frist bedürfte – so sie denn überhaupt zulässig wäre – wegen der erheblichen Folgen einer eindeutigen Regelung. Solche finden sich in § 6 Abs. 2 PrüfvV 2014 sowie § 8 der PrüfvV 2014, wo ausdrücklich formuliert ist, dass es sich bei den dort geregelten Fristen um Ausschlussfristen handelt. Die Frist in § 7 Abs. 2 PrüfvV 2014 wird demgegenüber nicht als Ausschlussfrist bezeichnet. In der Neufassung der PrüfvV sind die Fristen nicht nur erheblich verlängert worden. Es ist nunmehr auch detailliert geregelt, wie bei Überschreitung der Frist vorgegangen werden kann. Solche detaillierte, zumindest aber eindeutige Regelungen für die Folgen einer Fristversäumnis sind als Mindeststandard zu fordern, wenn an einen Fristablauf der Verlust einer materiell-rechtlichen Forderung geknüpft sein soll.

Für eine zurückhaltende Auslegung der Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 im Sinne eines Zurückbehaltungsrechts spricht auch der Umstand, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an die Verwirkung eines Anspruchs hohe Anforderungen zu stellen sind. Denn um eine solchen würde es sich bei Auslegung der Norm als Ausschlussnorm handeln. In seiner Entscheidung vom 19. April 2016 (B 1 KR 33/15 R) führt das BSG aus, dass ein Krankenhaus nach Rechnungstellung jede Vergütung für die Behandlung Versicherter bis zum Ab-lauf der vierjährigen sozialrechtlichen Verjährung nachfordern kann, solange sein Recht nicht verwirkt ist. Die Verwirkung setzt nach der Rechtsprechung des BSG als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden “besonderen Umstände” werden angenommen, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (stRspr; vgl z.B. BSG, Urteil vom 05. Juli 2016 – B 1 KR 40/15 R –, juris, Rn. 20) Die Nichteinhaltung einer 4-Wochen-Frist für die Übersendung von Unterlagen dürfte gemessen an diesen Anforderungen nicht geeignet sein, eine Verwirkung zu rechtfertigen.

§ 17c Abs. 2 KHG ermächtigt den Spitzenverband der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft, Regelungen zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 c SGB V zu vereinbaren. Ob damit eine Ermächtigung besteht, im Rahmen einer Vereinbarung solcher Verfahrensregeln über im SGB V ausdrücklich geregelte materielle Einwendungs- und Aus-schlussfristen hinauszugehen, ist streitig (ablehnend SG Kassel, Urteil vom 25. November 2016, S 12 KR 594/15, juris; a.A. Sozialgerichts Köln, Urteil vom 4. Mai 2016, S 23 KN 108/15 KR, juris).

Die PrüfvV 2014 ist auf Grund der Ermächtigung des § 17c Abs. 2 KHG mit Wirkung zum 1.September 2014 in Kraft getreten (§ 12 Abs. 1 S 1 PrüfvV 2014). Welche Prüfgegenstände eine PrüfvV haben kann, wird durch § 275 Abs. 1c SGB V vorgegeben. Anlass zur Schaffung einer PrüfvV hatte der Gesetzgeber gesehen, weil die Vertragsparteien auf Landesebene nicht in allen Bundesländern Verträge insbesondere zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung geschlossen haben und weil bestehende Regelungsinhalte – nach Auffassung des Gesetzgebers – nur sehr allgemein gehalten und oft veraltet waren (vgl BT-Drucks 17/13947 S 38). Die einzige in § 275 Abs. 1c SGB V geregelte Frist, an die Konsequenzen geknüpft sind, ist die 6-Wochen-Frist, innerhalb der die Prüfung einzuleiten ist. Der ungenutzte Ablauf der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c S 2 SGB V bewirkt nach Auffassung des BSG schon vom rechtlichen Ansatz her jedoch keinen Einwendungsausschluss. Er führt lediglich dazu, dass Krankenkassen und MDK bei einzelfallbezogenen Auffälligkeits-prüfungen nach Ablauf der Frist auf die Daten beschränkt sind, die das Krankenhaus der Krankenasse im Rahmen seiner Informationsobliegenheiten bei der Krankenhausaufnahme und zur Abrechnung – deren vollständige Erfüllung vorausgesetzt – jeweils zur Verfügung gestellt haben. Dies hindert das Krankenhaus nach Fristablauf nicht daran, dem MDK angeforderte Sozialdaten aus freien Stücken zur Verfügung zu stellen. Es ist bloß berechtigt, entsprechende Anforderungen zu verweigern und ggf. abzuwehren. Ebenso bleibt das Recht der Krankenasse unberührt, für eine Prüfung andere zulässige Informationsquellen zu nutzen. Der ungenutzte Ablauf der Frist des § 275 Abs. 1c S 2 SGB V hindert hingegen die Krankenkasse nicht, die Abrechnung des Krankenhauses auf dieser Grundlage wegen Auffälligkeit zu prüfen (BSG, Urteil vom 19. April 2016 – B 1 KR 33/15 R –, juris, Rn. 21).

Die Frage, ob § 17c Abs. 2 KHG zur Vereinbarung materielle Ausschlussfristen berechtigt, bedarf im hier zu entscheidenden Fall jedoch keiner Entscheidung. Denn wie bereits ausgeführt, enthält § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 keine solche.

Das Bundessozialgericht hat sich zu der hier streitigen Frage bislang nicht geäußert, hält den Anwendungsbereich der PrüfvV 2014 jedoch für beschränkt (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2016 – B 1 KR 18/16 R –, Rn. 29, juris). Dies lässt vermuten, dass auch hinsichtlich materiell-rechtlicher Konsequenzen im Zusammenhang mit den Regelungen der PrüfvV 2014 eher eine zurückhaltende Auslegung zu erwarten ist.

Dem Beschleunigungsgedanken, der in § 17c Abs. 2 KHG zum Ausdruck kommt, wird auch durch die Annahme eines Zurückbehaltungsrechts ausreichend Rechnung getragen. Auch ein Leistungsverweigerungsrecht dient der Verfahrensbeschleunigung, da das Krankenhaus ein Interesse daran haben muss, zeitnah Klarheit über die ihm zustehende Vergütung zu erhalten. Solange keine abschließende Entscheidung der Krankenkasse vorliegt, das Prüfverfahren also wegen mangelnder Unterlagen noch nicht abgeschlossen werden konnte, besteht keine Sicherheit für das Krankenhaus. Ein Zurückbehaltungsrecht schließt auch eine Aufrechnung nicht aus, da die Krankenkasse im Umfang des Zurückbehaltungsrechts nicht zur Zahlung verpflichtet ist.

Das Gericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch seiner Entscheidung zugrunde gelegt, weil dieser sich aus den vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage unter Berücksichtigung des für das Krankenhaus der Klägerin maßgeblichen Basisfallwerts und weiteren Rechnungsposten errechnet. Wenn – wie hier – Rechnungsposten von (normen)vertraglichen Vereinbarungen zahlenförmigen Inhalts mit abhängen und beide Beteiligte insoweit eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen, wenn die Berechnungsergebnisse keinem Streit zwischen den Beteiligten ausgesetzt sind und sonstige konkrete Umstände keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung ergeben (BSG, Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 9/15 R –, BSGE 118, 225-238, SozR 4-2500 § 109 Nr. 45, Rn. 29) So liegt der Fall hier. Die Beteiligten haben die Höhe des aus der DRG D12B resultierenden Betrags zu keinem Zeitpunkt im Verfahren in Zweifel gezogen.

Der Zinsanspruch folgt dem Grunde nach aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Beklagte befand sich ab Vornahme der Verrechnung im Verzug. Die Höhe der Verzugszinsen folgt aus § 13 Abs. 7 des Nieder-sächsischen Landesvertrages (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 08.09.2009 – B 1 KR 8/09 R -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Sprungrevision war nicht zuzulassen, da die Klägerin ausdrücklich ihre Zustimmung hierzu verweigert hat.